
Es riecht nach selbst gebratenen Frikadellen und Pomade. Zum ersten Rededuell um den Landesvorsitz der NRW-CDU kamen am Mittwochabend mehr als 800 Christdemokraten in die Stadthalle Münster Hiltrup. Die meisten sind über 60-jährige Männer in braunen Wildlederjacken. Könnten die Westfalen ihren neuen Landeschef alleine wählen, wäre Norbert Röttgen wohl das künftige Gesicht der CDU in Nordrhein-Westfalen. Das erste Duell mit Armin Laschet um den Vorsitz im größten Landesverband der CDU entschied der Bundesumweltminister für sich. Schon nach wenigen Worten erhielt Röttgen deutlich mehr Applaus als der ehemalige NRW-Integrationsminister. Röttgen gab präzisere Antworten und bezog klarer Stellung als sein Kontrahent und hatte den aufgeheizten Saal im Griff.
Nun haben Laschet und Röttgen noch einen Monat und sieben weitere Konferenzen Zeit, die 160 000 Mitglieder im Land zu überzeugen. Laschets stärkstes Argument ist seine Präsenz im Düsseldorfer Landtag. „Diese rot-grüne Minderheitsregierung ist so instabil, dass sie morgen zerbrechen kann. Ich bin 100 Prozent im Landtag,“ stichelte er in Richtung seines Berliner Kontrahenten.
Dem kontert Röttgen, er könne die Interessen zum Beispiel der notleidenden Kommunen in Berlin vertreten. „Die erste Aufgabe von uns ist es, die Düsseldorfer Regierung so schnell wie möglich beenden. Ich sage klar, ich möchte die kommende Landesregierung hier anführen“, sagte Röttgen.
Bislang scheint Laschets Strategie, sich die öffentliche Unterstützung der Funktionäre im Land zu sichern, nicht aufzugehen. Möglicherweise nimmt ihm die Basis seine Nähe zum abgewählten Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers übel. Der hatte in der kargen Mehrzweckhalle seinen ersten Auftritt nach der Schlappe im Mai, beschränkte sich aber darauf, als unparteiischer Moderator wortkarg auf der Bühne zu sitzen.
Rüttgers hatte sich vor mehr als einem Jahrzehnt selbst in Münster-Hiltrup der Basis gestellt – und am Ende ja bekanntlich gewonnen. Nun hat er die Landtagswahl nach nur einer Amtszeit verloren und wird den Parteivorsitz abgeben. Alle 160 000 Mitglieder an Rhein und Ruhr können bis zum 30. Oktober per Brief seinen Nachfolger wählen.
Inhaltlich waren die beiden Rheinländer Laschet und Röttgen auf einem Kurs: Beide finden Thilo Sarrazin und seine ausländerfeindlichen Thesen inakzeptabel, beide wollen verhindern, dass es eine Partei rechts der CDU gibt und natürlich befürworten sie den Mindestlohn in bestimmten Branchen, wollen eine christliche Politik durchsetzen und die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen stellen. So suchen und betonen beide nur einen formalen Unterschied – der eine arbeitet eben in Berlin, der andere in Düsseldorf. Trotzdem gehören beide dem modernisierendem Flügel der Partei an und sind zum Beispiel für schwarz-grüne Bündnisse offen.
So ist das bürgerliche Westfalen eigentlich für keinen der beiden Großstädter ein Heimspiel. Hier sind die Kreisverbände von Bauern bestimmt, die Kirchen am Sonntag noch gefüllt und nicht selten ist der Schützenkönig auch Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes. „Warum haben wir nicht einen Handwerker an der Spitze im Land?“, fragt einer. Eine andere möchte die Landesmittel für Abtreibungen streichen, ein dritter die Zuwanderung stoppen.
Für die CDU-Basis war es die erste Gelegenheit zur Aussprache nach der verlorenen Landtagswahl im Mai. Sie kam auch zahlreicher als bei den meisten Veranstaltungen der CDU im verlorenen Landtagswahlkampf. Ein Fragesteller bezeichnet die Versammlung ironisch als „erweiterte Seniorenunion.“ Auch der Speisezettel war westfälisch auf sie abgestimmt. Es gab münsterländische Frikadellen und Pfefferbeißer. Mit Senf, aber ohne Brötchen.