Die Estnische (2): Stahlhausen plus See

2010, Ruhrgebiet ist bald vorüber. Das nächste große Ding heißt Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten von der See, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

Für Arvo Pärt eine Party zu veranstalten, ist so ähnlich wie mit Wolfgang Schäuble zu kiffen. Es passt nicht.

Doch der große Komponist des kleinen Volkes wird 75. Also gibt es in Tallinn, Paide und Rakvere einen Monat lang ein Fest zu Ehren des berühmten Tonmeisters, dessen Werk man vielleicht so beschreiben kann: Man muss schon Björk sein oder aus Estland, um Pärts Musik als heiter zu empfinden. Für alle andere ist es sehr schweres Zeug. Gut, aber schwer.

Gestern sahen wir „In Principio„. Ein neogregorianisches  anschwellendes Stück für Sänger und Chor, Orgel und Orchester – Soli und Mehrstimmiges auf Latein, feine harmonische Brüche, schwere Akkorde, plötzlich schmettert der Chor aus dem Oberrang. Die Bühne ist eine schiefe Ebene bestreut mit Birkenmulch und viel Platz für Prinzipielles: Frau und Mann, 0 und 1, Feuer und Wasser, Kartoffelknollen und Zerstörung. Die kargen Klänge Pärts haben es leider etwas schwer gegen  jede Menge Projektionen und Laserstrahlen auf der Bühne. Trotzdem standing ovations – wie zuhause.

Tatsächlich fand die Aufführung in vertrauter Umgebung statt: eine Fabrik, Schiffswerft, an vielen Stellen verwildert, zerfallen. Doch es wird weiter gearbeitet im postsowjetischen Ambie nte. Suchscheinwerfer, Mauern, Natodraht schirmen es von der Außenwelt ab. An provisorischen Stegen liegen Segelyachten im einstigen U-Boot-Hafen der Stadt.

Mit Geschichten von der See wird sich Tallinn im kommenden Jahr an den ganzen Kontinent wenden. Die europäische Kulturhauptstadt setzt auf ihren Hafen, das Meer. Und hier ist wirklich viel zu tun. Nebenan wird gerade der alte Flughafen für Wasserflugzeuge aufgemöbelt. Im kommenden Jahr bekommt das maritime Museum hier den großen Auftritt. Das ganze sieht ein bisschen aus wie Stahlhausen plus See.

Auch hier gab es zur Kulturhauptstadt noch größere Pläne. Die Stadt sollte sich zur Ostsee öffnen. Nicht nur mit Geschichten, Konzerthallen, Museumshangar und anderer Software, sondern mit einem Meeresboulevard zum Flanieren. Die Pläne verschwanden in der Schublade; Finanzkrise. Und so wird 2011 wohl ein bisschen wie Ruhr 2010, wenn es gut war: Industriekultur (maritim), Zwischennutzungen, Entdeckungen an Unorten. Und dazu: das Meer.

Uwe Knüpfer wird Vorwärts-Chefredakteur

Der ehemalige WAZ-Chefredakteur Uwe Knüpfer wird ab 1. Oktober Chefredakteur des SPD-Magazins Vorwärts.

Wie dies in Fragen der Sozialdemokratie üblicherweise gut informierten  Blogs Rot-steht-uns-gut und Pottblog melden, wird der ehemalige WAZ-Chefredakteur Uwe Knüpfer ab dem 1. Oktober Chefredakteur des SPD-Mitgliedermagazins Vorwärts. Er folgt auf Uwe-Karsten Heye, der das Magazin seit 2006 leitete.

Knüpfer war bis 2005 Chefredakteur der WAZ und zuvor langjähriger USA-Korrespondent.  Ende 2006 gründetet er das Internetportal Onruhr, das 2007 eingestellt wurde.

Knüpfer engagiert sich  in der Ruhrstadt-Initiative, wohnt in Herne und war auch als Gastautor für die Ruhrbarone tätig.

Eine Sekte? Erinnerungen an die Waldorfschule

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In der Waldorfschule werden auch „unterperformante“ Schüler künstlerisch gefordert. Werden dort also alle zu kreativen Gesamtwesen? Verlebt man eine glückliche Kindheit? Glückliche Milch von glücklichen Kühen?

Das habe ich in meiner Kindheit anders erlebt. Glücklicherweise nur einige Wochen.

Meine Eltern waren finanziell aufgrund einiger betrügerischer Transaktionen Dritter in meiner Kindheit finanziell knapp gestellt: Taschengeld und Urlaub kannte ich nicht. Deshalb wollte man mir mal etwas Gutes tun: Ich durfte in den Sommerferien zur Familie meiner Patentante nach Graubünden in die Schweiz.

Die Patentante hatte sich von ihrem Mann getrennt und lebte nun mit einem neuen Herrn zusammen, einem Waldorflehrer. Dessen Name ist mir unbekannt: Wir hatten ihn MEISTER zu nennen.

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Waldorfschule: Lehrer gesucht!

In Zeiten eines dramatischen Lehrermangels suchen auch die Waldorfschulen verzweifelt Nachwuchs an „Erziehungskünstlern“. Der „Bund der Freien Waldorfschulen“ hat die Website „Waldorflehrer werden – Bildung fürs Leben“ geschaffen, um für einen Beruf zu werben, der, Zitat, „eine echte Bereicherung für Ihr Leben sein kann.“ Auch für Ihres? Von unserem Gastautor Andreas Lichte.

 

Als besonderen Service bieten die Ruhrbarone ihren Lesern einen Schnell-Eignungstest an. Sie müssen nur die folgenden Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten und schon wissen Sie, ob Sie für den Beruf des Waldorflehrers geeignet sind:

– ist Eurythmie Kunst?

– ist Rudolf Steiner ein bedeutender Naturwissenschaftler?

– ist es Wissenschaft, wenn im Waldorf-Schulgarten Kuhhörner nach dem Mondkalender vergraben werden?

Wer dreimal mit „Ja“ geantwortet hat, sollte unbedingt weiterlesen, um noch mehr über seinen Traumberuf zu erfahren.

„Wie in jeder anderen Schule geht es in Waldorfschulen um die Vermittlung wissenschaftlich gesicherten Wissens …“ schreibt der Bund der Freien Waldorfschulen, vergisst aber darauf hinzuweisen, dass anthroposophische „Geisteswissenschaft“ weit über das übliche universitäre Wissen hinausgeht. Was immer wieder zu Unverständnis führt. So schreibt der SPIEGEL im Artikel „Die Lehre von Atlantis“: „(…) Dass empirische Forschung nichts zählt, steht sogar im »Studienbegleiter« für angehende Waldorflehrer an der anthroposophischen Freien Hochschule Stuttgart. Anfänger müssen am staatlich anerkannten Seminar Steiners Buch »Theosophie« nicht nur lesen, sondern dabei auch eine »geistige Schulung« durchlaufen, bei der »Inhalte nicht kommentiert oder interpretiert« werden. Ziel ist, wortwörtlich, das »allmähliche Hinaufarbeiten zur Ebene eines produktiven Erkennens, das im Gegensatz zu den analytischen Erkenntnismethoden steht«.

In seinem umfangreichen Gesamtwerk fabuliert Steiner von Geistwesen, Äther-, Astral- und physischen »Leibern«, »atlantischen Kulturepochen« eines Erdzeitalters und vor allem von der »Akasha-Chronik«. Aus dieser geheimnisvollen Schrift wollte Steiner seine Erkenntnisse auf hellseherische Weise gewonnen haben. Praktisch, dass dieser sagenumwobene Geistesschatz ihm exklusiv zur Verfügung stand. Nahezu nichts ist im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das wusste Steiner natürlich und beschied Kritiker mit dem Satz: »Schon der Einwand: ich kann auch irren, ist störender Unglaube.« (…)“

Störenden Unglauben zeigte auch das ZDF, Frontal 21, in seinem Beitrag „Kritik an Waldorf-Lehrern – »Wir haben die meiste Zeit gesungen«“. Dort heisst es: „Ein Beleg solcher Qualifikation [als Waldorflehrer] sind Abschlussarbeiten wie diese der Freien Hochschule Stuttgart. Sie lobt ausdrücklich eine Arbeit mit dem Titel: »Verstehen von Pflanzen durch lebendige Begriffe«. Es geht um Primelgewächse, angebliche Erdkräfte und Pflanzencharaktere. Erfüllen solche Diplomschriften wissenschaftliche Maßstäbe? Josef Kraus, Präsident Deutscher Lehrerverband, antwortet: »Die erfüllen nicht mal den Anspruch, der gestellt wird an die Facharbeit eines Zwölft- und Dreizehntklässlers. Ich würde eine solche Arbeit am Gymnasium als Zulassungsarbeit, als Facharbeit zum Abitur nicht annehmen.«“

Der Deutsche Lehrerverband kennt noch mehr Diplomarbeiten, die die staatlich anerkannte „Freie Hochschule Stuttgart“ selber lobte , nachzulesen hier: Schule und Lehrerbildung im Zeichen von Atlantis und Saturn. Um den zukünftigen Waldorflehrern zu zeigen, dass wirklich alles möglich ist, hier noch ein weiteres Beispiel:

„Vom Mai 2006 stammt die Arbeit »Alternative Betrachtungen zum Krankheitsbild AD(H)S«, also zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Eine der zentralen Aussagen lautet: »Es geht hier vor allem um kosmische und irdische Einflüsse.« Anschließend folgen seitenlang Betrachtungen etwa über den Kalender der Maya, das Wassermann-Zeitalter, die Metamorphose vom Geistigen ins Physische und die in Revolutionsjahren (etwa 1789, 1848 und 1917) ausgeprägten Sonnenfleckenmaxima.“

„Sie gestalten Ihre Schule selbst – unabhängig von wechselnden Erlassen und Verordnungen, in voller Selbstverwaltung, gemeinsam mit gleich gesinnten Kollegen“ schreibt der Bund der Freien Waldorfschulen, und betont die Unabhängigkeit der Waldorfschulen von staatlichen Vorgaben. Eine staatliche Schulaufsicht gibt es – de facto – nicht. So berichtet der WDR in seinem Artikel „Wie werden die »Ersatz-Schulen« kontrolliert? – Hinter privaten Schultüren“ über ein Gewaltopfer an der Waldorfschule Schloss Hamborn, Zitat:

„Als er sich daraufhin an die Bezirksregierung Detmold wandte, habe man ihm dort erklärt, dass die Behörde für private Schulen, wie Waldorf- oder auch kirchliche Schulen, nicht zuständig sei. Auch auf eine Petition beim Landtag NRW hin bekam der ehemalige Schüler dieselbe Auskunft. Das »Verhalten der Lehrkraft«, heißt es in einem Antwortschreiben, das WDR.de vorliegt, »konnte keine schulaufsichtliche Maßnahme auslösen«, da die Lehrkraft nicht Bedienstete des Landes Nordrhein-Westfalen war, sondern in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zum Schulträger stand«.“

„In der Waldorfschule muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“ Aber welche Aufgaben hat denn nun ein Waldorflehrer?

„Als zukünftige Lehrerin“, belehrte mich Herr Klein, „haben Sie die Aufgabe, den Himmel in den Klassenraum zu bringen. Alles andere ist zweitrangig. Auch die Wissensvermittlung“ berichtet Nicole Glocke in ihrem Erfahrungsbericht „Inkarnieren zum Klavier“ aus dem „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“.

„Himmel in den Klassenraum bringen“? Na, das sollte doch für einen „Erziehungskünstler“ kein Problem sein. Und auch nicht für Sie, Sie haben ja schliesslich schon den Ruhrbarone-Eignungstest bestanden.

Info: Die Waldorfschule, Rudolf Steiner, und die Anthroposophie

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart vom Anthroposophen Emil Molt, Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, als Betriebsschule gegründet. Molt beauftragte Rudolf Steiner mit der pädagogische Leitung der neuen „Waldorf“-Schule.

Rudolf Steiner (1861–1925) promovierte 1891 mit der schlechtmöglichsten Note „rite“ in Philosophie; die 1894 versuchte Habilitation scheiterte. Um 1900 kam er in Kontakt mit Helena Petrovna Blavatskys esoterischer „Theosophie“. Von 1902 bis 1912 leitete Steiner die deutsche Sektion der „Theosophischen Gesellschaft“, die er 1912/13 abspaltete und unter dem Namen   „Anthroposophie“ neu gründete.

Steiner ist nach eigener Aussage Hellseher. Er behauptet, in der „Akasha-Chronik“, einem allumfassenden „Geistigen Weltengedächtnis“ im „Äther“lesen zu können. Steiner erklärt: „Erweitert der Mensch auf diese Art [d.h. durch Steiners Anthroposophie] sein Erkenntnisvermögen, dann ist er (…) nicht mehr auf die äußeren Zeugnisse angewiesen. Dann vermag er zu  schauen, was an den Ereignissen nicht sinnlich wahrnehmbar ist (…).“Die Anthroposophie schöpft damit aus esoterischen, okkulten Quellen, die für Nicht-Anthroposophen reine Fiktion sind.

Die Waldorfschule war für Steiner von Beginn an ein wirksames Instrument zur Verbreitung seiner esoterischen Heilslehre „Anthroposophie“. Und die „Anthroposophie“ ist bis heute verbindliche Grundlage des Unterrichts jeder Waldorfschule, Rudolf Steiner deren unangefochtene Autorität. Wie weit die Verehrung geht, mag man am Umfang der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe ermessen: Sie hat zurzeit 354 Bände.

Zum Autor: Andreas Lichte ist ausgebildeter Waldorflehrer und Grafiker, lebt in Berlin. Er ist Autor kritischer Artikel zur Waldorfpädagogik und Anthroposophie. Er erstellte für die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) ein Gutachten zur Indizierung zweier Werke Rudolf Steiners, die fortan nur noch in kommentierter Form erscheinen dürfen.

Andreas Lichte bei den Ruhrbaronen:

„Waldorfschule: Vorsicht Steiner“

Interview mit Andreas Lichte

„Kampf bis zur Erleuchtung – Lorenzo Ravagli und der Glaubenskrieg der Anthroposophie gegen Helmut Zander“

„Die Waldorfschulen informieren“

 

„Drei Gründe für die Waldorfschule“

Waldorfschule: „Detlef Hardorp, der Berlin-Brandenburgische Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“

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„Ich hab noch’n Koffer Cäsium 137 in Berlin…“


Dieser Tage geht eine Meldung durch die Medien, daß die Leute unter anderem Katzenstreu, Gebisse und Schlachtermesser im Taxi liegen lassen. Dahinter steckt ein PR-Text von „Skyscanner“, aber so lustiges Zeug wird ja immer gern genommen. Heute früh war das auch im Radio. „Katzenstreu? Die wollen wohl, daß wir jetzt Muschiwitze machen, aber wir sind doch Rocker, das ist uns jetzt zu platt“.

Ach, was haben wir gelacht. Solche Programme erträgt man nur, wenn man wirklich noch nicht wach ist…

Nun mögen ja Taxifahrgäste mitunter etwas verpeilt sein, weil schon zu besoffen, um noch den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können.

Bauarbeiter sind aber anscheinend auch nicht besser:

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Pakistan: Warum helfen wir so wenig?

Das Spendenaufkommen für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan ist aussergewöhnlich gering. Nun kommt die Debatte auf, warum das so ist. Dabei liegen die Hauptgründe dafür auf der Hand: Die Atombombe und die Taliban.

Die Bilder aus Pakistan sind erschüttert: Viele Tote, Menschen die alles verloren haben und das in einem Staat, der seinen Bürgern nicht helfen können wird. Auf Jahre hinaus haben die Überlebenden jede Perspektive verloren. Es geht nicht nur um schnelle Hilfe zum Überleben, es geht darum, eine ganze Region mit vielen Millionen Menschen wieder aufzubauen. Aber die Hilfsbereitschaft dazu ist gering. Nicht nur im Netz, wie die Zeit feststellt. Trotz zahlreicher Aufrufe laufen die Spenden der sonst gebefreudigen Deutschen immer noch in relativ geringen Maße ein. Warum ist das so?

Dafür fallen mir zwei Gründe ein. Einer ist die Atombombe. Wir alle wissen, das Pakistan ein bettelarmes Land ist. Aber wir wissen auch, es hat die Atombombe, ist für das Chaos in Afghanistan mitverantwortlich. Der Bau von Atombomben kostet viele Milliarden. Die könnte Pakistan nun für seine Bürger gut gebrauchen – aber davon, das Pakistan sein teures Atomprogramm runterfährt oder aufgibt, um Geld für die Nothilfe und den Wiederaufbau zu haben, hört man nichts. Die Atombombe blockiert die Hilfe. Die Rüstungspolitik der Pakistanischen Regierung kommt der Bevölkerung also in mehrfacher Hinsicht sehr teuer zu stehen. Sie verändert unsere Wahrnehmung auf das Land.

Und dann sind da die Taliban. Kaum eine politische Gruppierung ist im Westen dermassen verhasst. Und dafür gibt es viele gute Gründe: Sie stehen gegen die Werte des Westens wie kaum jemand sonst auf der Welt. Sie sind, auch im militärischen Sinne, „der Feind“. Jeder der nur dann und wann einmal einen Blick in eine Zeitung wirft oder die Nachrichten sieht weiß, dass die Taliban von Pakistan unterstützt werden und dass sie dort ihre Rückzugsräume haben. Und sehr viele Sympathisanten.  Und nun, in der Katastrophe, sind die Taliban da und engagieren sich für die Flutopfer. Auch das dürfte die Bereitschaft zu helfen im Westen schmälern. Die Opfer der Flut sind also auch die Opfer eines politischen Konflikts. Sie zahlen nun für ihre Regierung und die Taliban. Sie sind die Opfer  unserer Wahrnehmung Pakistans.

Das alles hilft Kindern, die ihre Eltern verloren haben nicht. Es sind auch keine guten Gründe, den Menschen nicht zu helfen. Denn durch nichts besseres als entschlossene und großzügige Hilfe können wir den Vorurteilen gegen den Westen in dieser Region entgegentreten.

Die Estnische (I) – 2:1 gegen Faröer

2010, Ruhrgebiet ist bald vorüber. Das nächste große Ding heisst Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten von der See, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

Estland gegen Faröer Inseln guckt man sich an, wenn… es nicht anders geht! Nach den ersten Tagen in Tallinn ist es zum so genannten Le Coq Stadion nur ein kurzer Spaziergang durch tiefgrüne Kastanienblätteräste. Hier spricht man eher vom Kastaaniiblaattiaesti. Zum Finnischen soll sich das Estnische wie Georgisch zum Deutschen verhalten, oder war es Albanisch? Alt-Dänisch?

Tatsächlich haben die beiden nur durch einen wenig stark entwickelten Meerbusen getrennten Nordlichtstaaten die gleiche Wurzel: einen kaukasischen Volksstamm, der sich und seine merkwürdige Sprache vor Urzeiten in zwei, drei Himmelsrichtungen verstreute. Ich weiß nicht mehr, ob mit oder vor oder nach der Völkerwanderung.

Für mich ist Estnisch ein Buch mit sieben Siegeln und mindestens 14 Fällen, die fein zu unterscheiden wissen, ob dieser jemand vorne oder hinten aus dem Haus geht.  Zum Glück gibt es im Nahversorger und Supermarkt aber „Eis-Tee“ zu kaufen oder „Vorst“ oder Brot als „Leib“ oder „Sprühsahne“, „Luftpumpen“… Tallinn hat übrigens verdammt viele Supermärkte, sogar Kaufburgen, riesige. Sogar im Le Coq Stadion, immerhin nur für Fußballsachen.

Kickend ist Estland der klein wenig größere Zwerg gegenüber den Faröer Inseln, in der ewigen Welttabelle trennen die beiden Staaten nur wenige Plätze. Dennoch gehen die Faröer Inseln in Führung, richtig muss es heißen: die Mannschaft der Faröer Inseln. Nach Kopfballkuddelmuddel schießt die Nummer 11, der immerhin bei Newcastle United spielt und an einen St. Pauli Stürmer erinnert, den Ball platziert in die rechte Torecke. Die Esten haben zwar rund 1,3 Millionen Einwohner, einige spielen als Profis in Holland, Norwegen, Dänemark, Griechenland, Azerbeidschan, Russland – doch zusammenspielen können sie nicht. Gar nicht.

Trotzdem bleiben die knapp 5.000 Zuschauer erstaunlich guter Dinge. Die Sonne scheint auf die Gegengerade, blaue Minivuvuzelas brüllen ins Spielfeld hinein, es ist warm, das Stadion ist steiler als der alte Bökelberg, es gibt dunkel geröstete Brotfinger in Bierbechern. Die Leute erleben  gerade den schönsten Sommer seit Menschengedenken – ohne Waldbrände profitiert das Land vom kontinentalen Dauerhoch, das den russischen Nachbarn im Osten so zu schaffen macht.

Ich hatte mir vor dem Spiel Sorgen gemacht, ob mir in meiner neuen kleinen postsowjetischen Teilzeitheimat ein wiederentdeckter nationaler Überschwang jeden Spaß am Fußball rauben wird – aber es war nur der eigensinnige Fußball. Selbst der Hymne wurde lässig zugehört. Ich war vor einem Jahr bei den finno-ugrischen Stammesbrüdern in Ungarn, da singen die Leute ergriffen vor jedem Ligaspiel, Hand aufs Herz.

Meine kleinen Beobachtungen über Estland werden intensiviert  – in der nächsten Folge habe ich dann auch wieder Internet und versuche zu erklären, warum alle Russen als Kleinkinder in Kokainfässer fallen und in Brombeerschnapsbecher. Warum Odinshühner wie kleine Schnepfen aussehen. Und wie sich der Nachfolger des Ruhrgebiets als europäische Kulturhauptstadt so anstellt.

Mieser Mister Blister – Verdammt die Blisterpackung!

Von unserem Gastautor Jo Frank

Blister-Verpackung: macht wahnsinnig
Blister-Verpackung: Macht wahnsinnig

Wenn ich was hasse, sind das diese blöden „Blister-Display-Verpackungen“ – die aus dickem, verschweißten Kunststoff.

Sie sind eigentlich dafür gedacht, im Ladengeschäft kleine Artikel in der Selbstbedienung möglichst groß zu machen, dafür gemacht, daß sie nicht geklaut werden können.

Beispielsweise Nägelschneider, Speicherkarten, Adapterstecker. Und schön sehen soll man halt, was drin ist. Umweltfreundlich? Scheiß drauf. Dickes Plastik – statt dünner Pappe.

Leider gibt es auch im Versandhandel, etwa von Ebay-Händlern, kaum noch was anderes.

Gleichwohl ist es kaum möglich, diese Mistdinger unfallfrei zu öffnen.

Öffnungsalternative Teppichmesser. Mit Teppichmessern ist erstmal Dein Tischtuch zerschnitten und sodann sind Deine Finger abgesäbelt. Was keiner weiß: Darin hat der Witz Fünf Bier für die Männer vom Sägewerk seinen Ursprung.

Öffnungsalternative Schere. Mit Scheren führt der komplizierte Öffnungsvorgang mindestens zu Blutergüssen an den Fingern. Und Du trittst Dir auch noch auf den Fuß vor Zorn.

Blister machen Scheren kaputt
Blister machen auch Scheren kaputt

Und dann ist auch noch die Schere kaputt. Nach dem Öffnen. Verdammt.

Und die Finger sind spätestens zerschnitten und blutig, nachdem kniffeligen Versuch, das Zeugs aus der aufgeschnittenen Blisterverpackung rauszupuhlen.

Ganz kraß war neulich die Eye-Fi-Karte:

„Die erste Wireless-Speicherkarte auf dem Markt. Sie passt in jede Kamera, sieht aus wie jede andere SDHC-Karte und speichert Daten auf dieselbe Weise. Der Clou der Eye-Fi-Karte ist ihre Wi-Fi-Funktion, mit der Sie Fotos und Videos kabellos direkt ins Netzwerk und Internet übertragen können.“

Sie hatten extra eine zweite Fake-Karte in den
Blister gelegt, damit Ladendiebe auf diese reinfallen – und die aus der Verpackung holen.

Ehrliche Käufer allerdings auch – die echte Karte ist gut versteckt.

Warum beläßt man es denn bitte bitte nicht für den Versand bei einer Pappschachtel mit Aufdruck?

Die kann man wenigstens unfallfrei öffnen. Möglicherweise.

Aber die Hersteller bieten auch für Versand nur noch Blisterverpackungen an und
bezeichnen das Mistzeug auch noch als „kundenfreundlich“.

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Waldorfschule: Physik vom Hellseher

Schlauer als Steiner: Schrödinger

Wie sorgt man in der Waldorfwelt für Ruhe? Mit „Mundzukleben“? Richtig laut wird es, wenn Detlef Hardorp Waldorfeltern die nobelpreisverdächtigen Leistungen seines Gurus Rudolf Steiner erklärt. Der soll schlauer gewesen sein als viele Physiker.  Von unserem Gastautor Tobias Maier.

Rudolf Steiner soll schon sechs Jahre vor Erwin Schrödinger (Nobelpreis für Physik 1933) die nach ihm benannte Gleichung erfunden haben. Dr. Detlef Hardorp, bildungspolitischer Sprecher der Waldorfschulen in Berlin-Brandenburg und Anthroposoph zur Rolle Rudolf Steiners als Wissenschaftler:

„Bemerkenswert ist u.a., daß er (Steiner) in einem dieser Vorträge schon im Jahre 1920 eine Differentialgleichung für Lichtwirkungen entwickelte, die erst drei Jahre später von Erwin Schrödinger »neu« entdeckt wurde. Sie spielte als Grundlage der Quantenphysik in der modernen Naturwissenschaft eine nicht unbedeutende Rolle.“

Hardorps Äußerungen stammen ursprünglich aus der Publikation „Rudolf Steiner and Schrödinger’s equation“ von Detlef Hardorp and Ulrich Pinkall, in „Mathematisch-Physikalische Korrespondenz“, Nr. 201, Johanni 2000. Im Original liest sich das so:

„Thus the third differential equation that Steiner writes down on the 12th of March in the year 1920 is not only »formally equivalent« to Schrödinger’s equation. Apart from the fact that the value of the constant is not specified as a number related to Planck’s constant, it is Schrödinger’s equation.“

Der promovierte Physiker Andreas Krämer hat sich die Steiner-Publikation und deren Interpretation von Hardorp und Pinkall genauer angesehen. Das Fazit seiner Analyse:

„Für den Physiker ist eine mathematische Formel ohne eine klare Beschreibung der enthaltenen Grössen keine Theorie. Nach meinem Verständnis der Grössen in der Steinerschen Formel (Kontext Wärmeleitung/Energieumsatz) wird daraus sogar eine falsche Theorie.“

Beide, Pinkall und Hardorp haben zur Analyse von Andreas Krämer Stellung bezogen.

Prof. Ulrich Pinkall, TU Berlin, rudert zurück:

„Ich selbst habe auch ein etwas ungutes Gefühl dabei, das ganze Thema als Munition in Debatten um die Wissenschaftlichkeit der Waldorf-Pädagogik zu verwenden.“

Dr. Detlef Hardorp schreibt in seiner Steiner-Verblendung:

„[…] Das aber just Steiner eine Gleichung intuitiv an die Tafel schreibt, die einige Jahre später in der Physik zu den bedeutsamsten Gleichungen überhaupt werden wird, erscheint mir symptomatisch für Steiner zu sein. Denn das hat er doch in vielen Bereichen gemacht: von außen betrachtet stochert er unprofessionell in allen möglichen Gebieten herum, und trifft mit unverschämter Sicherheit immer wieder Goldadern, auch wenn er nicht den wissenschaftlichen Apparat bieten kann, mit dem das dann meist später von anderen wesentlich vollständiger gemacht wird.“

Andreas Lichte, intimer Kenner und Kritiker der Anthro-Szene kommt zu folgendem Fazit:

„Wer Steiner richtig zu lesen weiss, findet dort ALLES, Antworten auf alle Fragen, auch die allerletzten. Verhält sich ähnlich wie Nostradamus: man muss nur richtig lesen können …“

Aber das Verdrehen historischer Fakten ist ja eine bekannte und beliebte Strategie der Pseudowissenschaftler, um ihren realitätsfernen Ansichten ein vermeintlich wissenschaftliches Fundament zu verschaffen.

Zum Autor: Der Artikel ist eine überarbeitete Fassung von „Rudolf Steiner und die Schrödingergleichung“, erschienen auf dem blog „WeiterGen“ von Tobias Maier.

Info: Die Waldorfschule, Rudolf Steiner, und die Anthroposophie

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart vom Anthroposophen Emil Molt, Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, als Betriebsschule gegründet. Molt beauftragte Rudolf Steiner mit der pädagogische Leitung der neuen „Waldorf“-Schule.

Rudolf Steiner (1861–1925) promovierte 1891 mit der schlechtmöglichsten Note „rite“ in Philosophie; die 1894 versuchte Habilitation scheiterte. Um 1900 kam er in Kontakt mit Helena Petrovna Blavatskys esoterischer „Theosophie“. Von 1902 bis 1912 leitete Steiner die deutsche Sektion der „Theosophischen Gesellschaft“, die er 1912/13 abspaltete und unter dem Namen   „Anthroposophie“ neu gründete.

Steiner ist nach eigener Aussage Hellseher. Er behauptet, in der „Akasha-Chronik“, einem allumfassenden „Geistigen Weltengedächtnis“ im „Äther“ lesen zu können. Steiner erklärt: „Erweitert der Mensch auf diese Art [d.h. durch Steiners Anthroposophie] sein Erkenntnisvermögen, dann ist er (…) nicht mehr auf die äußeren Zeugnisse angewiesen. Dann vermag er zu  S C H A U E N , was an den Ereignissen nicht sinnlich wahrnehmbar ist (…).“ Die Anthroposophie schöpft damit aus esoterischen, okkulten Quellen, die für Nicht-Anthroposophen reine Fiktion sind.

Die Waldorfschule war für Steiner von Beginn an ein wirksames Instrument zur Verbreitung seiner esoterischen Heilslehre „Anthroposophie“. Und die „Anthroposophie“ ist bis heute verbindliche Grundlage des Unterrichts jeder Waldorfschule, Rudolf Steiner deren unangefochtene Autorität. Wie weit die Verehrung geht, mag man am Umfang der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe ermessen: Sie hat zurzeit 354 Bände.

Waldorfschule: „Detlef Hardorp, der Berlin-Brandenburgische Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“

Jetzt ist schon wieder was passiert. Nein, keine Sorge. Der „Berlin-Brandenburgische Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“, Detlef Hardorp, hat kein Kind tot gebissen. Obwohl. Beschwören möchte ich das nicht– Von unserem Gastautor Andreas Lichte.

Waldorfschule. So wie „kreativ“. Spiel ganz wichtig:

– Helmut Meisenburg, Waldorflehrer, spielte mit seinen Schülern „Mundzukleben“, wenn es mal zu laut wurde. Kam gut an, sagt er selber.

– Angelika Gilde, ehemalige Leiterin der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung

Alte Ziegelei Rädel, führte als Schulsport Freistil-Ringen ein. Ihre Erfindung: der „Gilde-Griff“. Der Sieger stand schon vorher fest.

– „Kinder spielen im Asbest“. Muss man erst mal drauf kommen. Findet auch die Berliner Morgenpost.

– und der „Bund der Freien Waldorfschulen“ spielt „Monopoly“: Wenn man die Schulnachbarn nicht vor Gericht zum mitspielen bringt, hilft die gut gefüllte Schulkasse.

Manche Eltern natürlich Spielverderber. Dann erklärt ihnen Detlef Hardorp noch mal die Regeln. Seine Freunde, die Anwälte, helfen ihm dabei. Und danach ist wieder Ruhe. Ich persönlich finde ja, Hardorp sollte mal die Mafia coachen, Omertà durchaus noch verbesserungsfähig.

Jetzt hat sich Hardorp erst mal selber zum Schweigen gebracht. Da hatten doch Kommentatoren geschrieben, Hardorp sei „rechts“. Und als Beleg dafür einen Artikel von Hardorp verlinkt: „Unzeitgemäßes Vokabular“. Lieber Leser, klicken sie mal drauf … sorry, ich sage Ihnen jetzt nicht, wo Sie den Artikel doch noch finden können. Nichts gegen Anwälte, aber muss ja nicht sein, dass die Ruhrbarone noch mal die Regeln erklärt bekommen.

Was sagt Hardorp in „Unzeitgemäßes Vokabular“? Darf ich das jetzt ausplaudern? Fange ich doch mal mit dem SPIEGEL an, der SPIEGEL kennt bestimmt die Regeln, Zitat:

„Der umtriebige Steiner (1861 bis 1925) hat die umstrittene Anthroposophie erdacht, jene »Weisheit vom Menschen«, auf der die Waldorfpädagogik gründet. Vorwürfe, der Guru der Bewegung verbreite auch Rassismus, hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Dass sich nun aber die Bundesprüfstelle der Kritik annimmt, zeigt, dass die Waldorfanhänger zu lange in der Defensive verharrten und die Vorwürfe herunterspielten. Detlef Hardorp etwa, deutscher Vertreter beim »European Council for Steiner Waldorf Education«, kann im Werk des Ahnherrn höchstens »unzeitgemäßes Vokabular« entdecken.

Dabei spricht die Diktion für sich selbst: »Die Menschen, welche ihr Ich-Gefühl zu gering ausgebildet hatten, wanderten nach dem Osten, und die übriggebliebenen Reste von diesen Menschen sind die nachherige Negerbevölkerung Afrikas geworden«, schreibt Steiner in der »Geisteswissenschaftlichen Menschenkunde«, die nun auf den Index soll. Darin schwadroniert er auch von der »passiven Negerseele«, die »völlig ihrer Umgebung, der äußeren Physis hingegeben« sei. Die »kaukasische Rasse« dagegen soll »den Weg machen durch die Sinne zum Geistigen, denn sie ist auf die Sinne hin organisiert«.“

Was will uns der SPIEGEL damit sagen? In seinem Artikel „Unzeitgemäßes Vokabular“ bemängelt Hardorp Steiners Wortwahl, findet aber Steiners Ideen nach wie vor zeitgemäss und „interessant“. Mich erinnert das an das Politikersprech: „Wir haben unsere Ziele nicht klar genug kommuniziert.“ Ich finde ja auch, Ziele sollten so klar wie möglich formuliert werden:

„Die weiße Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse.” Rudolf Steiner

P.S.: Lieber Leser, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich nicht deutlicher geworden bin. Hoffe aber auf Ihr Verständnis. Ich hab‘ schon Respekt vor dem „Berlin-Brandenburgischen Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“, Detlef Hardorp. Ich hätte mich auch nie getraut, den „Bildungspolitischen Sprecher der Waldorfschulen in Berlin-Brandenburg“ „Bullterrier“ zu nennen. Aber das ist ein Zitat des Anthroposophen Christian Grauer, hier. Da darf ich das doch, oder? Mal sehen, was mein Anwalt sagt.

Info: Die Waldorfschule, Rudolf Steiner, und die Anthroposophie

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart vom Anthroposophen Emil Molt, Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, als Betriebsschule gegründet. Molt beauftragte Rudolf Steiner mit der pädagogische Leitung der neuen „Waldorf“-Schule.

Rudolf Steiner (1861–1925) promovierte 1891 mit der schlechtmöglichsten Note „rite“ in Philosophie; die 1894 versuchte Habilitation scheiterte. Um 1900 kam er in Kontakt mit Helena Petrovna Blavatskys esoterischer „Theosophie“. Von 1902 bis 1912 leitete Steiner die deutsche Sektion der „Theosophischen Gesellschaft“, die er 1912/13 abspaltete und unter dem Namen   „Anthroposophie“ neu gründete.

Steiner ist nach eigener Aussage Hellseher. Er behauptet, in der „Akasha-Chronik“, einem allumfassenden „Geistigen Weltengedächtnis“ im „Äther“ lesen zu können. Steiner erklärt: „Erweitert der Mensch auf diese Art [d.h. durch Steiners Anthroposophie] sein Erkenntnisvermögen, dann ist er (…) nicht mehr auf die äußeren Zeugnisse angewiesen. Dann vermag er zu  S C H A U E N , was an den Ereignissen nicht sinnlich wahrnehmbar ist (…).“ Die Anthroposophie schöpft damit aus esoterischen, okkulten Quellen, die für Nicht-Anthroposophen reine Fiktion sind.

Die Waldorfschule war für Steiner von Beginn an ein wirksames Instrument zur Verbreitung seiner esoterischen Heilslehre „Anthroposophie“. Und die „Anthroposophie“ ist bis heute verbindliche Grundlage des Unterrichts jeder Waldorfschule, Rudolf Steiner deren unangefochtene Autorität. Wie weit die Verehrung geht, mag man am Umfang der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe ermessen: Sie hat zurzeit 354 Bände.

Zum Autor: Andreas Lichte ist ausgebildeter Waldorflehrer und Grafiker, lebt in Berlin. Er ist Autor kritischer Artikel zur Waldorfpädagogik und Anthroposophie. Er erstellte für die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) ein Gutachten zur Indizierung zweier Werke Rudolf Steiners, die fortan nur noch in kommentierter Form erscheinen dürfen.

Andreas Lichte bei den Ruhrbaronen:

„Waldorfschule: Vorsicht Steiner“

Interview mit Andreas Lichte

„Kampf bis zur Erleuchtung – Lorenzo Ravagli und der Glaubenskrieg der Anthroposophie gegen Helmut Zander“

„Die Waldorfschulen informieren“

„Drei Gründe für die Waldorfschule“