Allmachtsträume auf Chinesisch: Shanghai Expo 2010

Shanghai Expo 2010, Bild: Gerhard Holzmann Nicht nur im Pott gibt es Leute, die sich unbedingt zu Lebzeiten ein Denkmal setzen wollen. Noch schlimmer als RUHR.2010 ist die Shanghai EXPO 2010.

Ein guter Freund war dieser Tage beruflich in Shanghai und nutzte die Gelegenheit, sich auch die EXPO 2010 anzusehen. Für diese wurde ein ganzer Stadtteil evakuiert und plattgemacht.

Er war nicht begeistert:

Ich war nur in drei oder 4 Pavillions…Wartezeiten von 3 bis 6 Stunden in den guten Pavillons – dafür war mir die Zeit zu schade.

Was mir aufgefallen ist – so gut wie jeder Pavillon hat einen starken Bezug zum dargestellten Land, der auch international erkennbar ist. Nur die Deutschen und die USA haben irgendein Hightechklotz hingehauen der m.E. mit Deutschland oder eben den USA so rein gar nichts zu tun hat.

Deutschland hatte übrigens weit mehr als drei Stunden Wartezeit in der Schlange um überhaupt hineinzukommen (siehe Bild, das war ca. bei dreiviertel der Warteschlange gestanden). Wenn man da auch nur annähernd alle Pavillons ansehen wollen würde, dann würde man mind. eine wenn nicht zwei Wochen Zeit benötigen…

Aber im Grunde ist es nicht mehr als eine Touristenmesse, vielleicht interessant für den ein oder anderen Architekten aber richtig technische Neuigkeiten, Erfindungen oder ähnliches waren nicht zu sehen. Dazu noch die vielen Menschen und die Hitze … Naja – ich war mal auf einer Weltausstellung und damit isses auch schon gut 🙂 wird mir wohl nicht mehr passieren, dass ich mich durch so ein Ding quäle….

Gut, das ist die Seite des Besuchers – doch auch für die Chinesen ist dieses Monsterprojekt keine Freude: Wie der Dokumentarfilm „Shanghai Dreams“ verrät, wurde ein ganzer Stadtteil Shanghais für die EXPO „entwohnt“, abgerissen und planiert. Und ich persönlich finde nicht nur den deutschen und auch den (im Film gelobten) französischen Pavillion häßlich, sondern die meisten, die mein Freund fotografiert hat.

„Die meisten Juden halten Adorno für einen Rotwein“

In seinem Buch „Der koschere Knigge“ gibt Autor Michael Jonathan Wuliger Tipps für den entkrampften deutsch-jüdischen Dialog. Im Interview spricht er über Klischees, den durschnittlichen Juden und wohlmeinende, aber auch sehr nervige Menschen – die Philosemiten.

Herr Wuliger, Ihr Buch „Der koschere Knigge“ verspricht, trittsicher durch die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen zu führen. Ist das Verhältnis zwischen Deutschen und Juden immer noch so verkrampft, dass ein solcher Leitfaden nötig ist?

Ja. Aus den bekannten historischen Gründen können offenbar die meisten Deutschen nicht unbefangen mit Juden umgehen. Lassen sie in einer Gruppe von Deutschen einen Juden los – schon verkrampft sich alles, einschließlich der Körperhaltung. „Er ist Jude, aber sehr nett“, habe ich vor einiger Zeit mal bei einer Party aufgeschnappt. Der Satz war keineswegs böse gemeint, aber er bringt die deutsch-jüdischen Verklemmtheiten voll auf den Punkt. Übrigens, dem „Knigge“ im Titel zum Trotz ist mein Buch kein ernstgemeinter Benimm-Leitfaden. Es müsste eigentlich heißen: trittsicher in die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen. Das Schöne am verkorksten deutsch-jüdischen Dialog ist ja, dass er jede Menge komplett absurder Situationen produziert und so unfreiwillig zu einer unerschöpflichen Quelle komischer Geschichten wird – und genau die sind Thema meines „Knigge“.

Dabei geben sich doch viele Deutsche so große Mühe, es ihrem jüdischen Gesprächspartner Recht zu machen.

Sie meinen die Philosemiten. Sehr wohlmeinende, aber auch äußerst nervige Menschen. Sie haben ein so positives Bild von Juden, dass man ihren Erwartungen nur sehr, sehr schwer gerecht werden kann. In den Augen solcher Leute muss jeder Jude mindestens ein Martin Buber sein. Darunter tun sie es nicht. Man wagt sich kaum in der Nase zu bohren, wenn man mit ihnen redet, weil man fürchten muss, dass dadurch ihr mühsam aufgebautes Judenbild ins Wanken geraten könnte.

Als exemplarisches Beispiel für das Verhalten von Philosemiten berichten Sie von Ihrem alten Klassenlehrer…

… der mir in der 10. Klasse, nachdem ich zum vierten Mal hintereinander ein „Mangelhaft“ in Physik auf dem Zeugnis stehen hatte, sagte, ich solle mich gefälligst mehr anstrengen. An der Begabung könne es ja wohl nicht liegen – Einstein sei schließlich auch Jude gewesen.

Das klassische Klischee: Alle Juden sind reich, gebildet und außerordentlich intelligent.

Ich empfehle allen Philosemiten den Besuch einer jüdischen Gemeinde in Deutschland, und sie werden feststellen, dass es ungemein viele strohdoofe Juden gibt. Das Gros der Juden gehört soziologisch und von der Mentalität her zur Spezies des Kleinbürgers. Sie sind genauso borniert wie die Mehrheit der Bevölkerung. Adorno halten die meisten Juden wahrscheinlich für einen italienischen Rotwein. Falls gerade Juden das lesen: Ihre Gemeinde ist natürlich nicht gemeint. Dort ist es selbstverständlich völlig anders.

Was ist der Grund dafür, dass Juden nicht als normale Menschen wahrgenommen werden, sondern zu Projektionsflächen werden?

Dafür gibt es eine schlichte statistische Erklärung: In der Bundesrepublik leben rund 80 Millionen Menschen. Von denen sind rund 200.000 Juden. Das macht gerade mal 2,5 Promille der Gesamtbevölkerung, ein Wert, der sonst nur bei Straßenverkehrsdelikten relevant ist. Der durchschnittliche Deutsche ist deshalb in seinem Leben noch nie einem Juden begegnet. Was er von Juden weiß, hat er aus den Medien oder dem Schulunterricht. Und dort tauchen Juden vor allem in zwei Kontexten vor: der Schoa und dem Nahostkonflikt. Eventuell kommt noch Religiöses dazu. Der durchschnittliche Jude in Deutschland hat aber in der Regel weder eine Nummer auf dem Arm tätowiert, noch trägt er eine Uzi. Fromm ist er meist auch nicht. Wenn er einen Bart hat, dann einen in der modischen 3-Tage-Variante.

Was also empfehlen Sie Ihren nichtjüdischen Lesern, wie sie reagieren sollen, wenn sie zum Beispiel auf einer Party einen Juden treffen?

Gehen Sie mal davon aus, dass dieser Jude höchstwahrscheinlich Ihnen ähnlicher ist, als Sie vermuten. Die Bundesliga interessiert ihn mehr als die Lage in Gaza, über die Fahreigenschaften seines Wagen denkt er häufiger nach als über die Vergangenheitsbewältigung. ABBA hört er lieber als Klezmermusik. Und öfter als den Talmud liest er den Kicker. Also nerven Sie den armen Mann – oder die Frau – nicht mit Ihrer Betroffenheit beim Besuch des Holocaustmahnmals oder Ihren Ideen zum Nahostkonflikt. Fragen Sie ihn bitte auch nicht nach komplexen Details der religiösen Speisegesetze. Er kennt sie wahrscheinlich nicht. Sie würden ja auch, wenn Sie Katholik sind, beim Bier keine Debatte über die theologischen Aspekte der Transsubstantion führen wollen. Ach und noch was: Sie müssen einen Juden auf der Fete nicht zwingend mit „Schalom“ begrüßen. Ein freundliches „Guten Tag“ reicht völlig aus.

Wie reagieren Sie selbst, wenn jemand es dennoch nicht lassen kann, Ihnen als Beleg für seine Verbundenheit zum Judentum beispielsweise ausführlich von seiner Zeit im Kibbuz zu berichten?

Ich bin heute in einem Alter, in dem ich nicht mehr versuche, den deutsch-jüdischen Dialog auf eigene Kosten voranzubringen. Es gibt Interessanteres. Wenn jemand mich damit nervt, wechsle ich mehr oder weniger höflich das Thema. Das führt natürlich auch wieder zu Verstimmungen. Da hat jemand mühsam sein gesammeltes Halbwissen über Juden hervorgekramt, um mir vermeintlich einen Gefallen zu tun – und ich bin gelangweilt. Schon ist der deutsch-jüdische Dialog wieder empfindlich gestört.

Wann glauben Sie wird der deutsch-jüdische Dialog frei von diesen Verkrampfungen sein?

Das deutsch-jüdische Verhältnis wird an dem Tag ein normales sein, wenn jemand einem jüdischen Arschloch begegnet und hinterher sagt: „So ein Arschloch“ und nicht: „Ein typisch jüdisches Arschloch.“ Ich fürchte, bis dahin dauert es aber noch eine Weile.

Das Gespräch, das auch auf „Cicero Online“ erschien, führte Philipp Engel.

Informationen zur Person: Michael Jonathan Wuliger wurde 1951 in London geboren, wuchs in Wiesbaden auf und lebt heute in Berlin als Feuilletonredakteur der »Jüdischen Allgemeinen«. Er geht so gut wie nie in die Synagoge, isst gern Serrano-Schinken und hört lieber Georges Brassens als Giora Feidman. Sein jüdisches Idol ist Krusty der Clown aus der TV-Serie „Simpsons“.

Informationen zum Buch: Michael Wuliger: Der koschere Knigge. Trittsicher durch die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen, S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, 105 S., 8 €

Die Estnische (2): Stahlhausen plus See

2010, Ruhrgebiet ist bald vorüber. Das nächste große Ding heißt Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten von der See, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

Für Arvo Pärt eine Party zu veranstalten, ist so ähnlich wie mit Wolfgang Schäuble zu kiffen. Es passt nicht.

Doch der große Komponist des kleinen Volkes wird 75. Also gibt es in Tallinn, Paide und Rakvere einen Monat lang ein Fest zu Ehren des berühmten Tonmeisters, dessen Werk man vielleicht so beschreiben kann: Man muss schon Björk sein oder aus Estland, um Pärts Musik als heiter zu empfinden. Für alle andere ist es sehr schweres Zeug. Gut, aber schwer.

Gestern sahen wir „In Principio„. Ein neogregorianisches  anschwellendes Stück für Sänger und Chor, Orgel und Orchester – Soli und Mehrstimmiges auf Latein, feine harmonische Brüche, schwere Akkorde, plötzlich schmettert der Chor aus dem Oberrang. Die Bühne ist eine schiefe Ebene bestreut mit Birkenmulch und viel Platz für Prinzipielles: Frau und Mann, 0 und 1, Feuer und Wasser, Kartoffelknollen und Zerstörung. Die kargen Klänge Pärts haben es leider etwas schwer gegen  jede Menge Projektionen und Laserstrahlen auf der Bühne. Trotzdem standing ovations – wie zuhause.

Tatsächlich fand die Aufführung in vertrauter Umgebung statt: eine Fabrik, Schiffswerft, an vielen Stellen verwildert, zerfallen. Doch es wird weiter gearbeitet im postsowjetischen Ambie nte. Suchscheinwerfer, Mauern, Natodraht schirmen es von der Außenwelt ab. An provisorischen Stegen liegen Segelyachten im einstigen U-Boot-Hafen der Stadt.

Mit Geschichten von der See wird sich Tallinn im kommenden Jahr an den ganzen Kontinent wenden. Die europäische Kulturhauptstadt setzt auf ihren Hafen, das Meer. Und hier ist wirklich viel zu tun. Nebenan wird gerade der alte Flughafen für Wasserflugzeuge aufgemöbelt. Im kommenden Jahr bekommt das maritime Museum hier den großen Auftritt. Das ganze sieht ein bisschen aus wie Stahlhausen plus See.

Auch hier gab es zur Kulturhauptstadt noch größere Pläne. Die Stadt sollte sich zur Ostsee öffnen. Nicht nur mit Geschichten, Konzerthallen, Museumshangar und anderer Software, sondern mit einem Meeresboulevard zum Flanieren. Die Pläne verschwanden in der Schublade; Finanzkrise. Und so wird 2011 wohl ein bisschen wie Ruhr 2010, wenn es gut war: Industriekultur (maritim), Zwischennutzungen, Entdeckungen an Unorten. Und dazu: das Meer.

Uwe Knüpfer wird Vorwärts-Chefredakteur

Der ehemalige WAZ-Chefredakteur Uwe Knüpfer wird ab 1. Oktober Chefredakteur des SPD-Magazins Vorwärts.

Wie dies in Fragen der Sozialdemokratie üblicherweise gut informierten  Blogs Rot-steht-uns-gut und Pottblog melden, wird der ehemalige WAZ-Chefredakteur Uwe Knüpfer ab dem 1. Oktober Chefredakteur des SPD-Mitgliedermagazins Vorwärts. Er folgt auf Uwe-Karsten Heye, der das Magazin seit 2006 leitete.

Knüpfer war bis 2005 Chefredakteur der WAZ und zuvor langjähriger USA-Korrespondent.  Ende 2006 gründetet er das Internetportal Onruhr, das 2007 eingestellt wurde.

Knüpfer engagiert sich  in der Ruhrstadt-Initiative, wohnt in Herne und war auch als Gastautor für die Ruhrbarone tätig.



Eine Sekte? Erinnerungen an die Waldorfschule

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In der Waldorfschule werden auch „unterperformante“ Schüler künstlerisch gefordert. Werden dort also alle zu kreativen Gesamtwesen? Verlebt man eine glückliche Kindheit? Glückliche Milch von glücklichen Kühen?

Das habe ich in meiner Kindheit anders erlebt. Glücklicherweise nur einige Wochen.

Meine Eltern waren finanziell aufgrund einiger betrügerischer Transaktionen Dritter in meiner Kindheit finanziell knapp gestellt: Taschengeld und Urlaub kannte ich nicht. Deshalb wollte man mir mal etwas Gutes tun: Ich durfte in den Sommerferien zur Familie meiner Patentante nach Graubünden in die Schweiz.

Die Patentante hatte sich von ihrem Mann getrennt und lebte nun mit einem neuen Herrn zusammen, einem Waldorflehrer. Dessen Name ist mir unbekannt: Wir hatten ihn MEISTER zu nennen.

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Waldorfschule: Lehrer gesucht!

In Zeiten eines dramatischen Lehrermangels suchen auch die Waldorfschulen verzweifelt Nachwuchs an „Erziehungskünstlern“. Der „Bund der Freien Waldorfschulen“ hat die Website „Waldorflehrer werden – Bildung fürs Leben“ geschaffen, um für einen Beruf zu werben, der, Zitat, „eine echte Bereicherung für Ihr Leben sein kann.“ Auch für Ihres? Von unserem Gastautor Andreas Lichte.

 

Als besonderen Service bieten die Ruhrbarone ihren Lesern einen Schnell-Eignungstest an. Sie müssen nur die folgenden Fragen mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten und schon wissen Sie, ob Sie für den Beruf des Waldorflehrers geeignet sind:

– ist Eurythmie Kunst?

– ist Rudolf Steiner ein bedeutender Naturwissenschaftler?

– ist es Wissenschaft, wenn im Waldorf-Schulgarten Kuhhörner nach dem Mondkalender vergraben werden?

Wer dreimal mit „Ja“ geantwortet hat, sollte unbedingt weiterlesen, um noch mehr über seinen Traumberuf zu erfahren.

„Wie in jeder anderen Schule geht es in Waldorfschulen um die Vermittlung wissenschaftlich gesicherten Wissens …“ schreibt der Bund der Freien Waldorfschulen, vergisst aber darauf hinzuweisen, dass anthroposophische „Geisteswissenschaft“ weit über das übliche universitäre Wissen hinausgeht. Was immer wieder zu Unverständnis führt. So schreibt der SPIEGEL im Artikel „Die Lehre von Atlantis“: „(…) Dass empirische Forschung nichts zählt, steht sogar im »Studienbegleiter« für angehende Waldorflehrer an der anthroposophischen Freien Hochschule Stuttgart. Anfänger müssen am staatlich anerkannten Seminar Steiners Buch »Theosophie« nicht nur lesen, sondern dabei auch eine »geistige Schulung« durchlaufen, bei der »Inhalte nicht kommentiert oder interpretiert« werden. Ziel ist, wortwörtlich, das »allmähliche Hinaufarbeiten zur Ebene eines produktiven Erkennens, das im Gegensatz zu den analytischen Erkenntnismethoden steht«.

In seinem umfangreichen Gesamtwerk fabuliert Steiner von Geistwesen, Äther-, Astral- und physischen »Leibern«, »atlantischen Kulturepochen« eines Erdzeitalters und vor allem von der »Akasha-Chronik«. Aus dieser geheimnisvollen Schrift wollte Steiner seine Erkenntnisse auf hellseherische Weise gewonnen haben. Praktisch, dass dieser sagenumwobene Geistesschatz ihm exklusiv zur Verfügung stand. Nahezu nichts ist im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das wusste Steiner natürlich und beschied Kritiker mit dem Satz: »Schon der Einwand: ich kann auch irren, ist störender Unglaube.« (…)“

Störenden Unglauben zeigte auch das ZDF, Frontal 21, in seinem Beitrag „Kritik an Waldorf-Lehrern – »Wir haben die meiste Zeit gesungen«“. Dort heisst es: „Ein Beleg solcher Qualifikation [als Waldorflehrer] sind Abschlussarbeiten wie diese der Freien Hochschule Stuttgart. Sie lobt ausdrücklich eine Arbeit mit dem Titel: »Verstehen von Pflanzen durch lebendige Begriffe«. Es geht um Primelgewächse, angebliche Erdkräfte und Pflanzencharaktere. Erfüllen solche Diplomschriften wissenschaftliche Maßstäbe? Josef Kraus, Präsident Deutscher Lehrerverband, antwortet: »Die erfüllen nicht mal den Anspruch, der gestellt wird an die Facharbeit eines Zwölft- und Dreizehntklässlers. Ich würde eine solche Arbeit am Gymnasium als Zulassungsarbeit, als Facharbeit zum Abitur nicht annehmen.«“

Der Deutsche Lehrerverband kennt noch mehr Diplomarbeiten, die die staatlich anerkannte „Freie Hochschule Stuttgart“ selber lobte , nachzulesen hier: Schule und Lehrerbildung im Zeichen von Atlantis und Saturn. Um den zukünftigen Waldorflehrern zu zeigen, dass wirklich alles möglich ist, hier noch ein weiteres Beispiel:

„Vom Mai 2006 stammt die Arbeit »Alternative Betrachtungen zum Krankheitsbild AD(H)S«, also zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Eine der zentralen Aussagen lautet: »Es geht hier vor allem um kosmische und irdische Einflüsse.« Anschließend folgen seitenlang Betrachtungen etwa über den Kalender der Maya, das Wassermann-Zeitalter, die Metamorphose vom Geistigen ins Physische und die in Revolutionsjahren (etwa 1789, 1848 und 1917) ausgeprägten Sonnenfleckenmaxima.“

„Sie gestalten Ihre Schule selbst – unabhängig von wechselnden Erlassen und Verordnungen, in voller Selbstverwaltung, gemeinsam mit gleich gesinnten Kollegen“ schreibt der Bund der Freien Waldorfschulen, und betont die Unabhängigkeit der Waldorfschulen von staatlichen Vorgaben. Eine staatliche Schulaufsicht gibt es – de facto – nicht. So berichtet der WDR in seinem Artikel „Wie werden die »Ersatz-Schulen« kontrolliert? – Hinter privaten Schultüren“ über ein Gewaltopfer an der Waldorfschule Schloss Hamborn, Zitat:

„Als er sich daraufhin an die Bezirksregierung Detmold wandte, habe man ihm dort erklärt, dass die Behörde für private Schulen, wie Waldorf- oder auch kirchliche Schulen, nicht zuständig sei. Auch auf eine Petition beim Landtag NRW hin bekam der ehemalige Schüler dieselbe Auskunft. Das »Verhalten der Lehrkraft«, heißt es in einem Antwortschreiben, das WDR.de vorliegt, »konnte keine schulaufsichtliche Maßnahme auslösen«, da die Lehrkraft nicht Bedienstete des Landes Nordrhein-Westfalen war, sondern in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis zum Schulträger stand«.“

„In der Waldorfschule muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“ Aber welche Aufgaben hat denn nun ein Waldorflehrer?

„Als zukünftige Lehrerin“, belehrte mich Herr Klein, „haben Sie die Aufgabe, den Himmel in den Klassenraum zu bringen. Alles andere ist zweitrangig. Auch die Wissensvermittlung“ berichtet Nicole Glocke in ihrem Erfahrungsbericht „Inkarnieren zum Klavier“ aus dem „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin“.

„Himmel in den Klassenraum bringen“? Na, das sollte doch für einen „Erziehungskünstler“ kein Problem sein. Und auch nicht für Sie, Sie haben ja schliesslich schon den Ruhrbarone-Eignungstest bestanden.

Info: Die Waldorfschule, Rudolf Steiner, und die Anthroposophie

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart vom Anthroposophen Emil Molt, Besitzer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, als Betriebsschule gegründet. Molt beauftragte Rudolf Steiner mit der pädagogische Leitung der neuen „Waldorf“-Schule.

Rudolf Steiner (1861–1925) promovierte 1891 mit der schlechtmöglichsten Note „rite“ in Philosophie; die 1894 versuchte Habilitation scheiterte. Um 1900 kam er in Kontakt mit Helena Petrovna Blavatskys esoterischer „Theosophie“. Von 1902 bis 1912 leitete Steiner die deutsche Sektion der „Theosophischen Gesellschaft“, die er 1912/13 abspaltete und unter dem Namen   „Anthroposophie“ neu gründete.

Steiner ist nach eigener Aussage Hellseher. Er behauptet, in der „Akasha-Chronik“, einem allumfassenden „Geistigen Weltengedächtnis“ im „Äther“lesen zu können. Steiner erklärt: „Erweitert der Mensch auf diese Art [d.h. durch Steiners Anthroposophie] sein Erkenntnisvermögen, dann ist er (…) nicht mehr auf die äußeren Zeugnisse angewiesen. Dann vermag er zu  schauen, was an den Ereignissen nicht sinnlich wahrnehmbar ist (…).“Die Anthroposophie schöpft damit aus esoterischen, okkulten Quellen, die für Nicht-Anthroposophen reine Fiktion sind.

Die Waldorfschule war für Steiner von Beginn an ein wirksames Instrument zur Verbreitung seiner esoterischen Heilslehre „Anthroposophie“. Und die „Anthroposophie“ ist bis heute verbindliche Grundlage des Unterrichts jeder Waldorfschule, Rudolf Steiner deren unangefochtene Autorität. Wie weit die Verehrung geht, mag man am Umfang der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe ermessen: Sie hat zurzeit 354 Bände.

Zum Autor: Andreas Lichte ist ausgebildeter Waldorflehrer und Grafiker, lebt in Berlin. Er ist Autor kritischer Artikel zur Waldorfpädagogik und Anthroposophie. Er erstellte für die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) ein Gutachten zur Indizierung zweier Werke Rudolf Steiners, die fortan nur noch in kommentierter Form erscheinen dürfen.

Andreas Lichte bei den Ruhrbaronen:

„Waldorfschule: Vorsicht Steiner“

Interview mit Andreas Lichte

„Kampf bis zur Erleuchtung – Lorenzo Ravagli und der Glaubenskrieg der Anthroposophie gegen Helmut Zander“

„Die Waldorfschulen informieren“

 

„Drei Gründe für die Waldorfschule“

Waldorfschule: „Detlef Hardorp, der Berlin-Brandenburgische Bullterrier der anthroposophischen Öffentlichkeitsarbeit“

„Ich hab noch’n Koffer Cäsium 137 in Berlin…“


Dieser Tage geht eine Meldung durch die Medien, daß die Leute unter anderem Katzenstreu, Gebisse und Schlachtermesser im Taxi liegen lassen. Dahinter steckt ein PR-Text von „Skyscanner“, aber so lustiges Zeug wird ja immer gern genommen. Heute früh war das auch im Radio. „Katzenstreu? Die wollen wohl, daß wir jetzt Muschiwitze machen, aber wir sind doch Rocker, das ist uns jetzt zu platt“.

Ach, was haben wir gelacht. Solche Programme erträgt man nur, wenn man wirklich noch nicht wach ist…

Nun mögen ja Taxifahrgäste mitunter etwas verpeilt sein, weil schon zu besoffen, um noch den öffentlichen Nahverkehr nutzen zu können.

Bauarbeiter sind aber anscheinend auch nicht besser:

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Pakistan: Warum helfen wir so wenig?

Das Spendenaufkommen für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan ist aussergewöhnlich gering. Nun kommt die Debatte auf, warum das so ist. Dabei liegen die Hauptgründe dafür auf der Hand: Die Atombombe und die Taliban.

Die Bilder aus Pakistan sind erschüttert: Viele Tote, Menschen die alles verloren haben und das in einem Staat, der seinen Bürgern nicht helfen können wird. Auf Jahre hinaus haben die Überlebenden jede Perspektive verloren. Es geht nicht nur um schnelle Hilfe zum Überleben, es geht darum, eine ganze Region mit vielen Millionen Menschen wieder aufzubauen. Aber die Hilfsbereitschaft dazu ist gering. Nicht nur im Netz, wie die Zeit feststellt. Trotz zahlreicher Aufrufe laufen die Spenden der sonst gebefreudigen Deutschen immer noch in relativ geringen Maße ein. Warum ist das so?

Dafür fallen mir zwei Gründe ein. Einer ist die Atombombe. Wir alle wissen, das Pakistan ein bettelarmes Land ist. Aber wir wissen auch, es hat die Atombombe, ist für das Chaos in Afghanistan mitverantwortlich. Der Bau von Atombomben kostet viele Milliarden. Die könnte Pakistan nun für seine Bürger gut gebrauchen – aber davon, das Pakistan sein teures Atomprogramm runterfährt oder aufgibt, um Geld für die Nothilfe und den Wiederaufbau zu haben, hört man nichts. Die Atombombe blockiert die Hilfe. Die Rüstungspolitik der Pakistanischen Regierung kommt der Bevölkerung also in mehrfacher Hinsicht sehr teuer zu stehen. Sie verändert unsere Wahrnehmung auf das Land.

Und dann sind da die Taliban. Kaum eine politische Gruppierung ist im Westen dermassen verhasst. Und dafür gibt es viele gute Gründe: Sie stehen gegen die Werte des Westens wie kaum jemand sonst auf der Welt. Sie sind, auch im militärischen Sinne, „der Feind“. Jeder der nur dann und wann einmal einen Blick in eine Zeitung wirft oder die Nachrichten sieht weiß, dass die Taliban von Pakistan unterstützt werden und dass sie dort ihre Rückzugsräume haben. Und sehr viele Sympathisanten.  Und nun, in der Katastrophe, sind die Taliban da und engagieren sich für die Flutopfer. Auch das dürfte die Bereitschaft zu helfen im Westen schmälern. Die Opfer der Flut sind also auch die Opfer eines politischen Konflikts. Sie zahlen nun für ihre Regierung und die Taliban. Sie sind die Opfer  unserer Wahrnehmung Pakistans.

Das alles hilft Kindern, die ihre Eltern verloren haben nicht. Es sind auch keine guten Gründe, den Menschen nicht zu helfen. Denn durch nichts besseres als entschlossene und großzügige Hilfe können wir den Vorurteilen gegen den Westen in dieser Region entgegentreten.



Die Estnische (I) – 2:1 gegen Faröer

2010, Ruhrgebiet ist bald vorüber. Das nächste große Ding heisst Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten von der See, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

Estland gegen Faröer Inseln guckt man sich an, wenn… es nicht anders geht! Nach den ersten Tagen in Tallinn ist es zum so genannten Le Coq Stadion nur ein kurzer Spaziergang durch tiefgrüne Kastanienblätteräste. Hier spricht man eher vom Kastaaniiblaattiaesti. Zum Finnischen soll sich das Estnische wie Georgisch zum Deutschen verhalten, oder war es Albanisch? Alt-Dänisch?

Tatsächlich haben die beiden nur durch einen wenig stark entwickelten Meerbusen getrennten Nordlichtstaaten die gleiche Wurzel: einen kaukasischen Volksstamm, der sich und seine merkwürdige Sprache vor Urzeiten in zwei, drei Himmelsrichtungen verstreute. Ich weiß nicht mehr, ob mit oder vor oder nach der Völkerwanderung.

Für mich ist Estnisch ein Buch mit sieben Siegeln und mindestens 14 Fällen, die fein zu unterscheiden wissen, ob dieser jemand vorne oder hinten aus dem Haus geht.  Zum Glück gibt es im Nahversorger und Supermarkt aber „Eis-Tee“ zu kaufen oder „Vorst“ oder Brot als „Leib“ oder „Sprühsahne“, „Luftpumpen“… Tallinn hat übrigens verdammt viele Supermärkte, sogar Kaufburgen, riesige. Sogar im Le Coq Stadion, immerhin nur für Fußballsachen.

Kickend ist Estland der klein wenig größere Zwerg gegenüber den Faröer Inseln, in der ewigen Welttabelle trennen die beiden Staaten nur wenige Plätze. Dennoch gehen die Faröer Inseln in Führung, richtig muss es heißen: die Mannschaft der Faröer Inseln. Nach Kopfballkuddelmuddel schießt die Nummer 11, der immerhin bei Newcastle United spielt und an einen St. Pauli Stürmer erinnert, den Ball platziert in die rechte Torecke. Die Esten haben zwar rund 1,3 Millionen Einwohner, einige spielen als Profis in Holland, Norwegen, Dänemark, Griechenland, Azerbeidschan, Russland – doch zusammenspielen können sie nicht. Gar nicht.

Trotzdem bleiben die knapp 5.000 Zuschauer erstaunlich guter Dinge. Die Sonne scheint auf die Gegengerade, blaue Minivuvuzelas brüllen ins Spielfeld hinein, es ist warm, das Stadion ist steiler als der alte Bökelberg, es gibt dunkel geröstete Brotfinger in Bierbechern. Die Leute erleben  gerade den schönsten Sommer seit Menschengedenken – ohne Waldbrände profitiert das Land vom kontinentalen Dauerhoch, das den russischen Nachbarn im Osten so zu schaffen macht.

Ich hatte mir vor dem Spiel Sorgen gemacht, ob mir in meiner neuen kleinen postsowjetischen Teilzeitheimat ein wiederentdeckter nationaler Überschwang jeden Spaß am Fußball rauben wird – aber es war nur der eigensinnige Fußball. Selbst der Hymne wurde lässig zugehört. Ich war vor einem Jahr bei den finno-ugrischen Stammesbrüdern in Ungarn, da singen die Leute ergriffen vor jedem Ligaspiel, Hand aufs Herz.

Meine kleinen Beobachtungen über Estland werden intensiviert  – in der nächsten Folge habe ich dann auch wieder Internet und versuche zu erklären, warum alle Russen als Kleinkinder in Kokainfässer fallen und in Brombeerschnapsbecher. Warum Odinshühner wie kleine Schnepfen aussehen. Und wie sich der Nachfolger des Ruhrgebiets als europäische Kulturhauptstadt so anstellt.

Mieser Mister Blister – Verdammt die Blisterpackung!

Von unserem Gastautor Jo Frank

Blister-Verpackung: macht wahnsinnig
Blister-Verpackung: Macht wahnsinnig

Wenn ich was hasse, sind das diese blöden „Blister-Display-Verpackungen“ – die aus dickem, verschweißten Kunststoff.

Sie sind eigentlich dafür gedacht, im Ladengeschäft kleine Artikel in der Selbstbedienung möglichst groß zu machen, dafür gemacht, daß sie nicht geklaut werden können.

Beispielsweise Nägelschneider, Speicherkarten, Adapterstecker. Und schön sehen soll man halt, was drin ist. Umweltfreundlich? Scheiß drauf. Dickes Plastik – statt dünner Pappe.

Leider gibt es auch im Versandhandel, etwa von Ebay-Händlern, kaum noch was anderes.

Gleichwohl ist es kaum möglich, diese Mistdinger unfallfrei zu öffnen.

Öffnungsalternative Teppichmesser. Mit Teppichmessern ist erstmal Dein Tischtuch zerschnitten und sodann sind Deine Finger abgesäbelt. Was keiner weiß: Darin hat der Witz Fünf Bier für die Männer vom Sägewerk seinen Ursprung.

Öffnungsalternative Schere. Mit Scheren führt der komplizierte Öffnungsvorgang mindestens zu Blutergüssen an den Fingern. Und Du trittst Dir auch noch auf den Fuß vor Zorn.

Blister machen Scheren kaputt
Blister machen auch Scheren kaputt

Und dann ist auch noch die Schere kaputt. Nach dem Öffnen. Verdammt.

Und die Finger sind spätestens zerschnitten und blutig, nachdem kniffeligen Versuch, das Zeugs aus der aufgeschnittenen Blisterverpackung rauszupuhlen.

Ganz kraß war neulich die Eye-Fi-Karte:

„Die erste Wireless-Speicherkarte auf dem Markt. Sie passt in jede Kamera, sieht aus wie jede andere SDHC-Karte und speichert Daten auf dieselbe Weise. Der Clou der Eye-Fi-Karte ist ihre Wi-Fi-Funktion, mit der Sie Fotos und Videos kabellos direkt ins Netzwerk und Internet übertragen können.“

Sie hatten extra eine zweite Fake-Karte in den
Blister gelegt, damit Ladendiebe auf diese reinfallen – und die aus der Verpackung holen.

Ehrliche Käufer allerdings auch – die echte Karte ist gut versteckt.

Warum beläßt man es denn bitte bitte nicht für den Versand bei einer Pappschachtel mit Aufdruck?

Die kann man wenigstens unfallfrei öffnen. Möglicherweise.

Aber die Hersteller bieten auch für Versand nur noch Blisterverpackungen an und
bezeichnen das Mistzeug auch noch als „kundenfreundlich“.