Groundhog

Marmota monax, Bild WikipediaMir reicht’s, ich will nicht mehr, ich will, wenn schon nicht den Klima- (das wäre unkorrekt), den sofortigen Wetterwandel. Erst Schnee, dann Eis, Schneematsch, und schließlich irgendeine undefinierbare vereiste Pampe. Alles was ich bei diesem Wetter machen kann ist durch die Gegend schliddern, mich hin und wieder gepflegt auf die Fresse legen (Lederschuhe mit Ledersohlen) oder mit Zwiebeln (altes Hausmittel) die Streusalzränder von meinen Schuhen entfernen (s.o.). Alles Gründe für mich, um heute mit großer Spannung einen Blick nach Amerika zu werfen.

Genauer gesagt, geht dieser Blick in die Vereinigten Staaten, noch genauer, nach Punxsutawney, Pennsylvania. Zu dieser Jahreszeit, um 7.26 Uhr Ortszeit, geht in diesem Örtchen die Sonne auf und gegen 7.30 Uhr verlässt Phil für gewöhnlich seine Wohnung, meistens jedenfalls. Vielleicht ist er ein wenig schüchtern oder einfach davon genervt, daß seit Stunden zig Leute vor seiner Hütte frierend und nüchtern herumlungern und auf ihn warten, keine Ahnung, dann lässt er sich vielleicht ein wenig mehr Zeit, ist dann aber auch schon beinahe egal, schließlich muß er keinen Bus erwischen…

Dank Zeitverschiebung findet dieses also bequem Ereignis so gegen 13.30 mitteleuropäischer Eiszeit statt. Meine mobilephoneweatherapp (nicht ganz so smart, ist nur S60 3rd edition und hat von daher keine direkte Anbindung an IHN himself) sagt mir für diesen Zeitpunkt einen bewölken Himmel für das Kaff voraus. Ich bin also guter Hoffnung, daß Phil seinen Schatten nicht sehen wird und wir demnächst einen tollen Frühling bekommen.

Für diejenigen die zu faul sind, um den links zu folgen (soll ja vorkommen), hier noch ein paar Zusatzinformationen. Die Wahrscheinlichkeit, daß Phil die richtige Prognose liefert, liegt, den Daten von US Wettererxperten zufolge (aber die sind ja auch nicht immer zuverlässig), bei 59 Prozent, in den letzten 20 Jahren, damit schlägt er deutlich den Hahn auf dem Misthaufen.

Mehr Hilfe für Haiti

width="250"Auf gleich zwei Veranstaltungen kann man heute den Erdbebenopfern in Haiti helfen. Und am kommenden Wochenende geht es weiter…

Das ist erst einmal heute Nachmittag ab 15.00 Uhr der Run 4 Haiti – Spendenlauf. Natürlich auf einem Laufband und in geschlossenen Räumen. Mehr infos gibt es hier…Klack

Heute abend  veranstalten dann Bochumer Künstler in der Christuskirche ein Benefizkonzert für die Opfer des Erdbebens auf Haiti. Die Veranstaltung beginnt um 19.00 Uhr. Mehr Infos hier…Klack

Und am kommenden Samstag findet im Riff ein weiteres Benefizkonzert statt. Dann treten Tommy Finke, Doris Klit und viele andere im Riff für den guten Zweck auf: Die Einnahmen gehen an Ärzte ohne Grenzen.

Lasst meine Mutter in Ruhe!

Ein bekannter Online-Abzocker will an das Geld meiner Mutter ran. Bekommen wird er es nicht.

Eine Rechnung hat meine Mutter nie bekommen, dafür eine Mahnung. Sie soll, so geht aus dem Schreiben hervor, bei Online-Downloaden.de einen Vertrag über einen 12-Monats-Zugang abgeschlossen und dann nicht bezahlt haben. Kosten soll der 86,00 Euro inklusive der Mahngebühr.

Beides kann nicht sein: Meine Mutter zahlt ihre Rechnungen immer sofort, und sie ist nicht so blöd, einen solchen Vertrag abzuschließen.

Wenn man sich die Firma Online-Downloaden.de etwas genauer anschaut, merkt man schnell, dass dahinter bekannte und erfahrene Online-Abzocker stehen. Laut Chip werden die Kunden über Googles-Textanzeigen für Allerweltsprogramme wie den Adobe Reader oder Google-Earth, die eigentlich gratis sind, angelockt, und geraten dann auf eine Seite, auf der sie nur ganz klein auf Kosten hingewiesen werden und sind schon in der Falle, wenn sie ein Programm runterladen.

Hinter der Firma, der Online-Downloaden-Service Limited, steht Michael Bardenhagen. Der nennt sich bescheiden Director und ist in der Abzocker-Szene kein Unbekannter. Er steckte auch hinter 99 Downloads, die in der Vergangenheit massiv gegen kritische Berichterstattung vorgegangen ist.

Nach der Lektüre des Chip-Artikels habe ich meiner Mutter geraten, zur Verbraucherzentrale zu gehen und mal mit ihrem Anwalt zu reden und auf gar keinen Fall zu zahlen.  Sie ist sich übrigens sicher, nie auf der Seite Online-download.de gewesen zu sein.

Online-Downloaden.de ist natürlich nicht die einzige Abzocker-Seite. Im Moment bekommt man, wenn man über Google nach dem Adobe Reader sucht, eine Anzeige der Antassia GmbH präsentiert, die dafür, dass man den kostenlosen Reader über ihre Seite herunterladen kann, über zwei Jahre jeden Monat acht Euro haben will – insgesamt 192 Euro. Abzocknews warnt schon vor Antassaia.

Es ist peinlich, dass Google solche Anzeigen veröffentlicht und viele andere Webseiten die Werbung für solche Firmen verbreiten, ohne  zu wissen wer da auf ihren Seiten wirbt. Weil es von diesen Unternehmen zu viele gibt und niemand mal nebenbei den Überblick behalten kann, wer da gerade als Abzocker unterwegs ist, ist es nicht zumutbar, dass die Webseiten-Betreiber sie einzeln sperren. So einen Service erwarte ich von Google. Das würde Google Geld kosten? Sicher, aber noch mehr Geld wird es Google kosten, wenn sich herum spricht, dass man besser nicht auf eine Google-Anzeige klickt, weil man nie sicher sein kann, dass man nicht auf eine Abzocker-Seite gerät.

Ich hätte Bardenhagen übrigens gerne angerufen und ein wenig beschimpft.  Und ihm gesagt, es soll meine Mutter in Ruhe lassen.  Aber bei nic.de ist nur eine 0180er Nummer angeben – 14 Cent die Minute aus dem deutschen Festnetz.  Zuviel Geld für ein Gespräch mit „Director“ Bardenhagen.

Pleitestädte: Die Schuld der Kommunalpolitiker


Die Städte sind pleite. Nicht nur im Ruhrgebiet. Das ist auch die Schuld der Kommunalpolitiker.

Wolfgang Pantförder, (CDU), ist Bürgermeister von Recklinghausen. Und er ist sauer. Seine Stadt ist, wie viele in Deutschland, pleite. Nichts geht mehr. Und Pantförder fühlt sich allein gelassen: Vom Bund und vom Land, die den Kommunen immer mehr Aufgaben zuweisen, aber die bei der Finanzierung alleine lassen. Es geht um das Konnexitätsprinzip: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“, verwies Pantförder zum Beispiel auf den großen Bereich der Kinderbetreuung. „Der Ausbau im Bereich U 3 ist richtig, aber jeder Platz wird aktuell mit 50 % aus dem städtischen Haushalt bezuschusst. Das summiert sich auf rund 10 Millionen Euro,“ sagte Pantförder der Recklinghäuser Zeitung.

Pantförder ist mit seiner Kritik am Bund und an den Ländern nicht alleine. Immer, wenn eine Stadt in die Überschuldung rutscht, Nothaushalte ankündigt, und das geschieht in Krisenzeiten wie heute mehrfach täglich, mahnen Kommunalpolitiker an, Bund und Länder müssten sich endlich mehr um eine faire Finanzierung der Kommunen kümmern.

Die hängt vor allem von der Gewerbesteuer ab. Einer stark schwankenden Einnahmequelle, mit der sich nicht verlässlich über einen auch nur mittleren Zeitraum rechnen lässt.

Der Bund kümmert sich, unabhängig von der Regierungskonstellation, kaum um eine stabile Finanzbasis der Städte: „Die Kommunalfinanzen müssen auch künftig auf einer soliden Basis stehen.“ hatten SPD und CDU zu Beginn der großen Koalition in ihren Koalitionsvertrag (PDF) geschrieben. Auch CDU und FDP lieben es blumig und unverbindlich (PDF) : „Wir beabsichtigen, den Ländern vorschlagen, eine gemeinsame Bestandsaufnahme zu erarbeiten und Handlungsempfehlungen zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vorzulegen. Dabei sind auch Fragen der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (Konnexitätsprinzip) und der Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes einzubeziehen…“ Schön, dass man mal darüber geredet hat.

Die Unverbindlichkeit in den Koalitionsverträgen ist auch die Schuld der Kommunalpolitiker – sie verpassen es regelmäßig ihre Positionen verbindlich durchzusetzen, wenn es darauf ankommt. Sie zwingen auch nicht ihre  Abgeordneten auf eine stadtfreundliche Linie. Denn die Macht in den Parteien gehört den „Kommunalos“: Sie stellen auf allen Parteitagen den größten Teil der Delegierten und es sind auch die Männer und Frauen der Parteibasis, die sich traditionell in der Kommunalpolitik engagieren, welche die Direktkandidaten für den Bundestag aufstellen und wenn es um die Wiederwahl geht ja mal fragen könnten: „Was hast Du für die solide Finanzierung der Städte getan?“ Fällt die Antwort unbefriedigend aus, muss man denjenigen ja nicht wiederwählen.

Aber sie tun es nicht. Sie tun es nicht auf den Parteitagen und sie tun es kaum in den Programmkommissionen. Sie haben die Macht in den Parteien und nutzen sie nicht. Und so lange dass so ist, dürfen sich die Kommunalpolitiker nicht beschweren, wenn die Finanzen ihrer Städte zusammenbrechen.

Werbung

Bielefelder Studie beweist Langzeitwirkung von Killerspielen

Nach Abschluss einer Bielefelder Studie, die heute mit der Anwesenheit aller Beteiligten veröffentlicht wurde,  steht es nun fest: Killerspiele haben auch nach langen Jahren der Abstinenz noch ihre fatalen Auswirkungen.

Wie einer der Probanden, der sich unter der Kontrolle professioneller Gutachter heute einem Teil der Öffentlichkeit stellte, sagte, habe er in jungen Jahren über ca. 2 Jahre relativ regelmäßig ein so genanntes MMG gespielt. Obwohl alternative Experten schon vor langer Zeit vor den gesellschaftlichen Spätfolgen dieser Massenspektakel gewarnt hatten, war die Kritik an den immer regelmäßiger erschienenen Updates in letzter Zeit eher abgeflaut.

Foto. Flickr.com / 96dpi

Die Verharmlosung der so genannten MMGs, das zeigen die heute veröffentlichten Ergebnisse, führen aber nicht nur zu möglichen Zwangshandlungen und Kollateral-Schäden, sondern machen zukünftige Studien eventuell noch schwieriger. Denn beinahe hätte die Studie auf die Aussagen von 81 „Zeugen“ verzichten müssen. Schließlich führte nur ein Fehler in der Software des 83-jährigen MMG-Veteranen dazu, dass es zu einer vernünftigen Auswertung der Studie mit Hilfe aller Beteiligten kommen kann: Er hatte vor Antritt seines Einsatzes gegen die „Gotteskrieger“ vergessen, seinen Weapon-Patch zu überprüfen.

Zuschauer billigten dem MMG-Recken deshalb nur einen Steinhäuser-Faktor von 3,5 (wg. Veteranen-Status) zu und waren sich einig „Mit Steam wäre das nicht passiert“. Die geladenen Experten werden demnächst wohl eine andere Empfehlung aussprechen: Sie werden den zuständigen Admins raten, den Zugang des rüstigen Action-Junkies zu weiterer Real-Live-Performance womöglich zu sperren.

Kritiker solcher Entscheidungen warnen jetzt schon: „Es steht zu befürchten, dass sich die Player in Länder zurückziehen, die nicht mehr unter unsere Kontrolle fallen – wenn das nicht gerade schon geschieht.“

Sieg für Blogger. Abmahnanwalt erlebt Desaster in Sachen Wagenknecht

sahra-wagenknecht_pressefoto1Der Abmahnanwalt der Fotografin Helga Paris hat bei seinem Vorgehen gegen Blogs wegen der Verwendung eines alten Pressebildes von Sarah Wagenknecht (Die Linke) ein Desaster erlebt. Das Amtsgericht Charlottenburg in Berlin lehnte einen Eilantrag gegen den Blogger Thomas Rodenbücher, xtranews.de ab, diesen zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung – und damit zur Zahlung der Abmahnkosten –  zu verpflichten. Rodenbücher bleibt damit vorerst straffrei. Der Abmahner kann nun überlegen, ob er in die Hauptsache geht. Bei der erlittenen Klatsche ist aber nicht davon auszugehen.

Andere betroffene Blogger dürfen dank dieser Entscheidung aufatmen, wenn sie ebenfalls von dem Abmahnanwalt Ronald Schmidt aus der Kanzlei Haupt aus Berlin in Sachen Sarah angegriffen wurden. Es dürfte diesem nun extrem schwer fallen, Blogs an die Wäsche zu gehen.

Der Blogger Rodenbücher hatte eines der meist verbreiteten Bilder von Wagenknecht benutzt, um damit einen Beitrag über die Politikerin zu illustrieren. Das Bild stand wahrscheinlich jahrelang frei und kostenlos zum Download auf der Seite der Linken bereit. Dort war es in verschiedenen Varianten als Pressefoto ausgewiesen. Fast jeder Deutsche kennt es.

Abmahnanwalt Schmidt hatte argumentiert, dass die Fotografin Paris das Bild vor elf Jahren nur für die Verwendung in einem Wahlkampf freigegeben hätte. Sarah Wagenknecht habe das Bild also nicht im Internet verbreiten dürfen. Es sei also widerrechtlich in Blogs verbreitet worden. Und aus diesem Grund hätten sich die Blogger einer Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht. Weitere Hintergründe siehe hier: klack

Der Blogger Rodenbücher sah diese Argumentation, wie die Ruhrbarone, nicht ein und weigerte sich eine kostenpflichtige Abmahnung zu unterschreiben. Seiner Ansicht nach, verbarg sich hinter dem ganzen Prozeßgehansel das Geschäftsmodell eines Abmahnanwaltes.

Das Gericht urteilte nun:

Da die Fotografin Paris und ihr Abmahnanwalt Kenntnis davon hatten, dass Sarah Wagenknecht das Foto zum download bereitgestellt hatte, und dies nicht unterbanden, mussten die Blogger davon ausgehen, dass die Fotos zum Abdruck freigegeben waren.

Zudem habe die Fotografin elf Jahre dabei zugesehen, wie das Foto zu einem der meist verbreiteten Fotos von Sarah Wagenknecht im Internet geworden ist – ohne etwas zu unternehmen.

Aus diesem Grund hätten:

„sich Dritte darauf verlassen können, dass es sich hierbei um ein Foto handelt, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung die Antragstellerin als Berechtigte einverstanden ist.

Alle Blogger, die in der Vergangenheit das Sarah-Wagenknecht-Foto von Paris benutzt haben, können aufatmen. Der Beschluss ist eindeutig. Hier gibt es ihn zu download, falls der Abmahner auch zu Euch kommt und ihr Argumente braucht: klack

Aber Achtung: Wer das Foto jetzt noch weiter ohne Einwilligung von Paris benutzt, kann trotzdem abgemahnt werden. Denn nun könnte ein Gericht sagen, seit dem Rechtsstreit ist bekannt, dass dieses Foto unter Urheberrecht steht und nicht frei ist.

Unser Tipp also: Jetzt löschen, keine Angst haben. Lassen wir das Sarah-Pic und damit Helga Paris samt ihrem Abmahnanwalt aus dem Netz verschwinden. Auf Wiedersehen.

P.S. Mich freut, dass vom Gericht die Argumente so gewogen wurden, wie wir es für richtig befanden, und nicht so, wie es sich Rechtsanwalt Markus Kompa ausgeknobelt hat. Gott sei Dank hat der uns nicht vertreten. Leider ist bei ihm die Kommentarfunktion ausgeschaltet, sonst hätte ich bei ihm Stellung bezogen, aber das ging ja leider nicht. 😉

Wem die Sanktionen gegen den Iran nützen – im Iran

Im Iran gab es diese Woche neue Proteste, offensichtlich größer als im Sommer. Gleichzeitig fordert der Westen neue Sanktionen nach dem Scheitern des Uranium-Deals. Man fragt sich irgendwann: Warum schottet sich das Land eigentlich ab? Warum verzichtet es auf Handel und dringend benötigte Investitionen in seine Energie-Wirtschaft, indem es Sanktionen in Kauf nimmt?

Tehran besteht auf seinem Atomprogramm, weil es eine regionale Großmacht sein will. Es geht aber nicht nur um Macht, sondern auch um (noch) mehr Geld für die, die sie ausüben. Denn ein leicht übersehener Grund ist, dass – wie bei Bürgerkriegen, die Jahrzehnte andauern – wirtschaftliche Interessen hinter den Sanktionen stehen; Gruppen, die sich in ihnen eingistet haben, die ihre Macht auf die durch Sanktionen entstehenden wirtschaftlichen Strukturen stützen.

Die Revolutionären Garden sind wichtiger Teil des iranischen Sicherheitsapparats. Sie sichern dem Regime die Macht, falls die reguläre Armee eines Tages nicht mehr mitzieht. Aber die Garden haben auch viele Firmen. Baufirmen vor allem, kaum ein großes Infrastrukturprojekt im Iran wird nicht von ihnen gebaut. Im Oktober haben sie sich die Mehrheit an einem Telefonanbieter gesichert, und mittlerweile haben sie auch ihre eigene Bank

Das ist erst einmal nichts besonderes, in vielen Ländern im Nahen Osten kontrolliert das Militär mehr oder wenig große Teile der Wirtschaft. Zum Beispiel in Ägypten. Schließlich sind im Nahen Osten meistens die Militärs an der Macht, auch wenn man das bei den (mittlerweile) alten Männern an der Spitze in ihren zivilen Anzügen leicht übersieht. Vor allem aber kontrollieren die Garden den iranischen Außenhandel, und wegen der Sanktionen besteht der aus verschiedenen Stufen von Schmuggel.

Rainer Hermann von der FAZ mag der beste deutsche Nahost-Korrespondent (neben denen der NZZ) sein, und das liegt daran, dass er Wirtschaft studiert hat und eigentlich Wirtschaftsjournalist ist. In den arabischen Ländern wird die Politik entweder von intransparenten Familienclans kontrolliert (Golf) oder Generälen (Ägypten, Algerien, Syrien etc). Man sollte daher westliches, institutionengebundenes Politikverständnis hinter sich lassen und sollte wenig Zeit mit Wahlen und Scheinparlamenten vergeuden. Die Wirtschaftsinteressen dieser Herrscher und ihre alliierten Geschäftsleute bieten am ehesten Einblicke in instransparente Herrschaftszirkel.

Im Juni hat Hermann das geschrieben: "Ein früherer Handelsminister zuckte jüngst mit den Schultern und erklärte, die Regierung sei nicht für alle Häfen zuständig. In einigen Häfen wachen keine Zollbeamten über den Import. Die See- und Flughäfen, über welche die nicht erfassten (und damit nicht verzollten) Waren ins Land kommen, unterstehen den Revolutionswächtern. Keine Überraschung war es daher, als jüngst an die Spitze des größten iranischen Containerhafens in Bandar Abbas, der nach dem "Märtyrer Radschai" benannt ist, ein General der Revolutionswächter berufen wurde."

Als 2004 der neue Flughafen in Tehran eröffnet wurde, haben ihn die Revolutionären Garden am nächsten Tag wieder zu gemacht. Bis sie die Verwaltung unter ihre Kontrolle hatten. Sie sorgten sich, dass der neue Flughafen ohne ihre Kontrolle zu einer Konkurrenz für ihre eigenen Flugfelder wird, über die sie ungestört von Zoll- und Steuerbehörden Güter ein- und ausfliegen konnten. Die Kontrolle des Schmuggels mag auch der Grund dafür sein, dass die Garden die iranische Marine bei der Kontrolle des Golfs ausgebootet haben und die Küstenwache unter ihrem Kommando steht.

Der Iran ist nicht von der Außenwelt abgeschlossen. Jedem Taxifahrer am Grenzübergang zwischen der Türkei und dem Iran ist die billige Verfügbarkeit von Whiskey anzusehen. In die andere Richtung gehen Pistazien. Über das Schmuggeldrehkreuz Dubai werden billige asiatische Konsumgüter auf die andere Seite des Golfs geliefert. Andersrum wird iranisches Geld in Dubai angelegt und über das Emirat sonstwohin  in die Welt transferiert. Niemand kontrolliert, wo nach Kuweit und dem Irak gelieferte Waren am Ende landen. Iranisches Schweröl wird in indischen Raffinerien verarbeitet.

Jedes Verbot bringt einen Schwarzmarkt mit sich, denn Waren und Dienstleistungen finden immer vom Verkäufer zum Käufer. Verbote ändern nur, wer der Handel kontrolliert. Im Mindesten steigen ihre Gewinne. Ein freier Außenhandel wäre transparenter und von den Garden viel schwieriger gegenüber anderen Gruppen im Iran abzuschirmen. Die Sanktionen bedeuten also: Geld fließt in die Kassen der Revolutionären Garden. Sie und die angeschlossenen Unternehmen werden alles dafür tun, Stimmen im Iran zu schwächen, die für eine Öffnung des Landes plädieren. Denn eine Annäherung an den Westen könnte ein Ende der Sanktionen mit sich bringen.

Sanktionen halten die an der Macht, gegen die sie gerichtet sind. Nach Zahedi, dem Schah, Saddam und Iran-Contra wissen die USA vielleicht selber nicht mehr, wen sie im Iran eigentlich an der Macht haben wollen. Die Revolutionären Garden werden es nicht sein.

Werbung

Der neue Theo

Das Ruhrgebiet im Kino war selten so abgerockt, liebenswert und erfolgreich wie in den "Theo"-Filmen. Die zwei Streifen mit Marius Müller Westernhagen atmeten den Versuch ohne Pütt zu überleben, weiter zu machen – jung, bekloppt, neu, schnell, hartnäckig, loser with attitude. Damals war das Revier in einem Aufbruch als die Kreativwirtschaft noch kein Cluster war. Und jetzt ist Theo wieder da…

Nee, natürlich ist das …

Theo 2010.

Adam Bousdoukos spielt Zinos Kazantsakis. Besitzer einer alten Lederjacke und Industriehalle in einem Gewerbegebiet, in der er die "Soul Kichen" betreibt. "Das ist ein romanisches Kaffee, die Leute werden euch die Bude einrennen", sagt der Meisterkoch zu dem speziellen Ambiente, das wir im Ruhrgebiet ja ganz gut kennen.

Doch der nette Film von Fatih Akin übers Weiterleben, über DAS Projekt, übers Durchwursteln, zur Not auf der letzten Bandscheibe, dieser neue Theo-Streifen mehr als dreißig Jahre später spielt nicht mehr im Ruhrgebiet, sondern irgendwo in Hamburg. Schade. Aber auch kein Wunder.

Im Ruhrgebiet jenseits von Wanne, Eickel oder Herne werden nächste Woche Bundespräsidenten auf Zeche Zollverein die Kulturhauptstadt vor 1.200 Ehrengästen eröffnen. Mit Damenprogramm, wochenlanger Vorbereitung, einem Sicherheitsaufwand und Protokollstab rund um Horst Köhler, als ob er Angst hat, dass ihn sonst keiner bemerken würde. Und so Unrecht hat er ja nicht damit. Im größten Freilichtmuseum der Welt freuen wir uns auf die Eröffnung des Berthold-Beitz-, pardon, Folkwang-Museums, auf die Erweiterung der Küppersmühle im Innenhafen, auf das U in Dortmund. Auf Volksfeste, Fischerchöre, Theaterfestspiele. Und haben damit auch nicht ganz Unrecht.

Nur Theo Gromberg, Schmutz, Dreck, Gosse, der "Kinderschänder von Herne", der ewige Zocker, der doch nur seinen eigenen Laster haben will und sein Ding machen, die Keimzelle von allem, der ist nicht mehr hier.

Fürchte, da hilft auch keine "kreative Klasse". 

PS: Wotan Wilke Möhring (Bild 1) sieht nur so aus wie Theo, spielt in Soulkitchen einen fiesen Audifahrer; wuchs aber im wirklichen Leben immerhin in Herne auf, heute, natürlich, Köln.

Die EU braucht die Türkei, nicht anders rum

Jetzt ist schwarz-gelb. In der Außenpolitik wird ein wesentlicher Unterschied zur vorherigen Regierung in der Haltung zur Türkei liegen. Eine wichtige strategische Entscheidung. Es geht um unsere Interessen: Europa braucht die Türkei in der EU, um einen eigenen außen- und sicherheitspolitischen Pfeiler im Nahen Osten zu haben.

Die AKP-Regierung betreibt seit einigen Jahren eine aktive regionale Außenpolitik. Nicole Pope hat in der jüngsten Ausgabe von Middle East International geschrieben, dass die Türkei seine von Generälen und sakulärer Elite über Jahrzehnte geschnürte Zwangsjacke endlich abgestreift hat: "Long constrained by rigid policy laws drawn by the army and the secular establishment, Turkey is now bursting out of its straight-jacket and developing its potential."  Von der neuen Bewegungsfreiheit macht Ankara auch Gebrauch: es hat die Beziehungen zum Irak nach Saddam gepflegt, unter anderem durch einen historischen Besuch in Erbil. Auch ihr Verhältnis mit anderen Nachbarn wie Syrien und Armenien hat die Türkei verbessert und ihre Beziehungen zum Iran weiter gepflegt. Einige Beobachter fragen sich schon, ob sie damit ihre West-Orientierung aufgegeben hat. Das glaube ich nicht, und vor allem: je weiter die Türkei auf diesem Weg in den nächsten Jahren kommt, desto mehr gibt es für die EU zu gewinnen: 

  • Israel: Durch den Gazakrieg hat das Verhältnis gelitten, aber die Türkei hat grundsätzlich gute Beziehungen zu Israel, zum Beispiel in der Sicherheitspolitik. Bis zum Gazakrieg hat es zwischen Syrien und Israel vermittelt.
  • Syrien: Wenn Damaskus eines Tages seine Außenwirtschaft komplett öffnet, werden türkische Firmen da den Laden schmeißen. Als EU-Land hätten wir damit dort erheblich mehr Einfluss als jetzt, und könnten Saudi-Arabien und dem Iran, die jetzt um Syriens Gunst wetteifern, etwas entgegen setzen.
  • Iran: Die türkische Diplomatie hat gute Kanäle nach Tehran. Das würde der EU dringend benötigte Einblicke verschaffen, und letztlich auch mehr Einflußmöglichkeiten. Wir brauchen iranisches Gas, und mehr Bewegungsfreiheit abseits der amerikanischen Iran-Politik, die zu viel Rücksicht auf Saudi-Arabien nimmt und einfach zuviel Gepäck aus dem 20. Jahrhundert mit sich herum schleppt.
  • Russland: Die Türkei ist ein wichtiger Energie-Korridor, durch den Europa Gas aus dem Kaspischen Meer und dem Iran beziehen kann. Das würde unsere Abhängigkeit von Russland reduzieren. (Wenn die EU die Türkei ablehnt, läuft es andersrum, dann wird sich die Türkei stärker an Moskau anlehnen.)
  • Kaukasus: Georgien ist ebenfalls Teil eines Korridors vom Kaspischen Meer in den Westen. Die Türkei hat hier weniger Einfluss, ist aber zumindest Nachbarland. Russland sieht den Kaukasus seit dem 19. Jahrhundert als sein natürliches Einflußgebiet, und nimmt blutige Konflikte in Kauf – siehe Tschetschenien. Die Türkei und Armenien haben sich zuletzt stark angenähert und die Beziehungen fast normalisiert. Das zeigt, dass die Türkei beweglich ist, und damit gerät das gesamte Gefüge im Kaukasus ins Rutschen, und zwar in Richtung Europa und von Russland weg.

Über andere Themen kann man diskutieren: Rolle der Armee, Frauen- und Kurdenrechte. Aus sicherheitspolitischer Sicht ist ein EU-Beitritt der Türkei im nächsten Jahrzehnt unerlässlich, zumal die arabischen Despoten, auf die sich die EU-Nahostpolitik zur Zeit stützt, immer schwächer werden.