„Musketiere am Rhein“

Gestern trafen sich Wirtschaftsförderer, Stadtplaner und Verbandsfunktionäre in Düsseldorf. Eines ihrer Themen: Wie soll man auf das Ruhrgebiet reagieren?

Gestern Abend trafen sich auf Einladung des Vereins "Düsseldorfer Jonges" im Saal des Düsseldorfer Kolpinghauses   Victoria Appelbe, Wirtschaftsförderung Bonn,  Dr. Walter Borjans, Wirtschaftsdezernent Köln, Wilfried Kruse, Wirtschafsdezernent Düsseldorf
Jürgen Dressler, Duisburgs schillerneder Stadtentwicklungsdezernent und der Verwaltungswissenschaftler Prof. Dieter Grunow von der Uni Duisburg/Essen um nach einem Impulsreferat von  Dr. Udo Siepmann, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf über das Thema "Musketiere am Rhein" – Die Antwort auf die Ruhrstadt." zu diskutieren.

Ein Ergebnis der Gesprächsrunde:  Es soll in Kürze ein Gipfeltreffen am Rhein geben: Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg wollen sich zusammen setzen um eine Marke Rheinland zu etablieren. Auch im Kulturbereich soll künftig verstärkt kooperiert werden – auch um den Preis das einzelne Verzicht üben werden. Einig waren sich die meisten der Teilnehmer auch darin, dass das Rheinland von einem eigenen Rheinbezirk profitieren könnte. Auch über einen Gewerbesteuerpool, wie ihn einige Ruhrgebietsstädte etabliert haben, soll nachgedacht werden. Vor allem IHK-Hauptgeschäftsführer Siepmann geht die Zusammenarbeit nicht weit genung – er sieht einen großen Vorsprung des Ruhrgebiets, was das Thema Kooperation angeht. 

Laut einem Besucher soll sich vor allem Jürgen Dressler als begeisterter Rheinländer geoutet haben, was verwundert, wollte Dressler doch noch vor einem guten Jahr eine Ruhrgebietspartei gründen. Im Gespräch bestritt Dressler hingegen  sein Rheinländer-Outing und verwies auf die besondere Scharniersituation Duisburgs:  Die Stadt gehöre zugleich zum Rheinland, dem Niederrhein und dem Ruhrgebiet und solle sich je nach Bedarf Kooperationspartner suchen. Ohnehin sei er gegen jede Form der vom Staat aufgezwungenen Kooperation, auch im Planungsbereich.

Wenn auch das Rheinland einen statt zweier Bezirke (Köln und Düsseldorf) will, sind wir ein ganzes Stück weiter: Gegen das Ruhrgebiet und das Rheinland wird die Landesregierung kaum Politik machen können. Und Zusammenarbeit im Rheinland macht ebenso viel Sinn wie im Ruhrgebiet. Perspektivisch sollten dann das Revier und das Rheinland da wo es Sinn macht kooperieren – im Nahverkehr ebenso wie bei Unternehmensansiedlungen. Aber dafür müssen beide Seiten auf Augenhöhe miteinander umgehen und der Weg dahin führt über eine Stärkung des Ruhrgebiets, denn keine unserer Städte kann alleine mit Köln oder Düsseldorf mithalten. Und Duisburg und Jürgen Dressler? Die Stadt hat eine Scharnierfunktion und tut gut daran mit  allen Nachbarn zu kooperieren – aber das ist eine Binsenweisheit. Duisburg alleine wird nie von Köln und Düsseldorf für voll genommen werden – nur als Teil des Ruhrgebiets wird es in der Lage sein, seine Bedürfnissen gegenüber diesen Städte durchzusetzen. Und Dressler leidet wie alle Planungsdezernenten darunter, bald mit dem RVR kooperieren zu müssen – aber je eher er und seine Kollegen aufhören zu quengeln und beginnen, sich konstruktiv an der Planung  im Ruhrgebiet zu beteiligen, um so besser wird es für ihre Städte sein.        

 

Was ist ein Clement gegen die Wiesbaden Four?

Foto:flickr.com

Nun darf er doch bleiben: Wolfgang Clement kommt mit einer Rüge davon. Die SPD-Bundesschiedskommission hat sich gegen einen Parteiausschluss des einstigen Superministers entschieden. Auch der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme ist einverstanden mit dem Urteil, wie sie mir gerade bestätigten. Was nun alles gar kein Wunder mehr ist – denn die Luft ist raus aus der Causa Clement.

Clement sollte ja rausfliegen, weil er seinerzeit indirekt zur Nichtwahl der hessischen SPD unter Spitzenkandidatin Andrea Ysilanti aufrief. Aber was ist ein indirekter Antiwahlaufruf aus Nordrhein-Westfalen gegen die angekündigte Verweigerung der vier Ypsilanti-Gegner und (Noch-)Landtagsmandatsträger?

Was ist das bisschen energiepolitische Kritik eines politischen Untoten gegen die Verweigerung der Gefolgschaft, nachdem drei der vier Abweichler erst ihre Zustimmung signalisiert hatten? Was ist das bisschen Altmännermeckerei gegen einen Mitunterhändler, der bockig seiner Vorsitzenden ins Knie schießt, weil er nicht das Ministerium bekommen sollte, das er wollte?

Die SPD hat mittlerweile echt andere Sorgen als WC. Die Parteiloyalität liegt auf dem Scherbenhaufen. Da kommt es auf einen renitenten Politrentner ohne politische Mandate mehr oder weniger nicht mehr an. Außerdem: Statt Ypsilanti darf Hessen ja jetzt diesen ausgeschlafenen Jungpolitiker zum Ministerpräsidenten machen. Oder auch nicht.          

Die Beichte eines Journalisten

Foto: flickr.com

Gestern Abend musste ich mich schämen. Ich sah einen Bericht des NDR-Medienmagazins Zapp. Es ging um Presse-Rabatte, also um die Frage warum Journalisten von Kühlschrank-Herstellern, Fluglinien oder Telefongesellschaften besondere Angebote unterbreitet bekommen. Als Zeuge diente der PR-Papst Klaus Kocks, der mal wieder aussah wie ein Circusbesitzer und ähnlich viel mit Journalismus zu tun hat. Andere Zeugen waren die um den Ruf der Branche besorgten Anbieter von Internetseiten, die Presserabatte erst unters scheibende Volk bringen. Sie tun dies aber nur, sagten sie Zapp, weil sie für Transparenz sorgen wollen. Ganz bestimmt. Trotzdem horchte ich in mich. Wie halte ich es mit den Pressekonditionen? Weil es auch mir um Transparenz geht, hier mein Gewissenstest:

A) Mein Handy läuft immer noch über einen uralten Journalistenvertrag. Das verhindert nicht, dass ich oft mehr als 100 Euro im Monat zahle. Das Angebot erscheint mir unbedenklich, weil es auf eine Berufsgruppe zielt, die viel telefoniert. Unterm Strich lohnt sich das für die Gesellschaft, zumal die Neuanschaffung von Geräten nur mäßig subventioniert wird. Gewissensbisse: Null.

B) Vor ein paar Jahren war ich mal auf einem Konzert von Brad Mehldau, hatte das Konzert vorher als Tagestipp auf der Kulturseite der Tageszeitung angekündigt. Obwohl ich Auftritte des wichtigsten Jazzpianisten unserer Zeit nur empfehlen kann, habe ich seinerzeit auch aus Eigeninteresse gehandelt. Ich habe zwar keinem geschadet – Leser bekamen eine wertvolle Anregung, Veranstalter kriegten Aufmerksamkeit und ich erlebte einen wunderbaren Abend – trotzdem sind da Gewissensbisse: Würde ich nicht mehr machen.

C) Von vergünstigten Autos, Flügen, Elektrogeräten oder Premiere-Presseabos habe ich aus gutem Grund immer die Finger gelassen. Gewissensbisse? Bin mit mir im Reinen.   

D) Nun wird es schwieriger: Ich habe früher für die taz über den VfL Bochum berichtet. Seit anderthalb Jahren nicht mehr, trotzdem habe ich meinen Platz auf der Pressetribüne. Wenn es auch nicht so wahnsinnig viele Menschen gibt, die mich dafür beneiden, bei Bochum und Nullgrad auf der Haupttribüne zu sitzen – es ist ein Vorteil. Zwar blogge ich ab und zu über Fußballthemen, manchmal berichte ich über Sportkrams. Doch regelmäßige Sportberichterstattung ist das nicht. Kleine Nagerzähne haben sich in meinem Gebissen verhakt, aber so schlimm ist die Scham doch nicht. Das hat einen einfachen Grund: Auf der Pressetribüne ist kein Zuckerschlecken.

Abstiegskämpfe – der Bochumer Normalzustand – sind wie offene Operationen am Fanherzen, trotzdem gilt es im Medienblock Haltung zu bewahren. Kein überlautes Schimpfen, kein wilder Torjubel. Und gegenüber den Kollegen der Auswärtsmannschaften, bemüht man sich auch noch um Fairness. Wie ein guter Gastgeber. Also erkläre ich die Aussprache von Spielernamen, verrate Geheimnisse der Lokalpresse und manchmal helfe ich auch bei der Benotung der Bochumer Spieler für BamS oder WamS. Marcel Maltritz: 5.

Welcher andere Stadionbesucher muss so was machen? Wer muss auch gegenüber bumsdummen Berliner Boulevardschreiberlingen die Ruhe bewahren, die sich ihre Meinung schon in Zehlendorf zurechtgebogen haben, um sie im "Ruhrpott" bestätigt zu bekommen. Welcher Stadionbesucher würde buddhistisch gleichmütig Blitzbirnen ertragen, die keinen Spieler des Gegners erkennen. Die nach dem zweiten Berliner Tor zwanzig Minuten bis zum Halbzeitpfiff mit der Heimatredaktion telefonieren, um herauszufinden, ob es wirklich das erste Hertha-Ecke-Tor-Tor nach der 209. Ecke war. Die nach dem 0:3 wenige Minuten vor der Pause nicht davon abzubringen sind, dass die meisten Bochumer Zuschauer jetzt nach Hause gehen, dabei war es im VIP-Raum geheizt. Kurz gesagt: Die beiden Vollfritzen hätten etwas anderes verdient, als eine kollegiale Richtigstellung und die Flucht auf andere Plätze. Gewissenbisse: Also eher klein.

Ruhrbarone: „Wir sind Opel!“

Nach Solarworld und den versammelten Opel-Händlern geben nun die Ruhrbarone ein Angebot für Opel ab. In einem uns natürlich vorliegenden Schreiben an den angeschlagenen Opel-Mutterkonzern GM heißt es:

"Die Ruhrbarone wollen das Sagen bei Opel. Wir haben  fast keine Bedingungen. Außer diese: Wie Solarworld zahlen wir auch eine Milliarde an Sie, liebes GM-Management, wenn Sie uns im Gegenzug umgehend 40.000 Euro Mitgift für jeden ihrer rund 25.000 Opel-Mitarbeiter zahlen. Wie bitte? Das bringe Ihnen unterm Stich ja gar nichts?! Liebe GM-Chefs, meinen Sie denn, wir haben was zu verschenken? "        Super-Foto: flickr.com

Werbung

US-Wahl: Die Erlösung

Die Wahl in Amerika ist noch ganz frisch, die Ergebnisse im letzten Bundesstaat Missouri sind noch nicht ausgezählt, da konkretisiert sich immer mehr, was die Welt von Barack Obama will: Die Wirtschaft und den Mittelstand, die Banken und die Hausbesitzer soll er retten, Kriege verhindern oder abschaffen, sogar die Weltwirtschaft umkrempeln. Wer ist hier gefordert ein Staatsmann oder ein  Messias?

Es ist einige Jahre her, als der Sozialpsychologe Erich Fromm in einem Zeitschriften-Interview von der Morbidität der westlichen Welt sprach – und davon, dass irgendwann eine Person mit messianischen Zügen auftreten könnte, die der Welt eine neue Perspektive geben würde. Einer, der der Morbidtät etwas Positives entgegensetzt. Dass so jemand aus der Politik und nicht aus der Religion kommen könnte, war damals kaum vorstellbar.

Barack Obama sitzt zwar zwischen allen Stühlen aber ebenso ist er ein Politiker, der die ganze Welt zu repräsentieren scheint: Jeder fühlt sich von ihm angesprochen, ob schwarz oder weiß, amerikanisch, hispanisch, asiatisch oder afrikanisch. Als möglicher Mittler zwischen den Interessen und Kulturen. Er hat das Aussehen, die Stimme, vermittelt die Zuversicht, die auch Europa gefällt. Er hat das junge Alter, er bringt Hoffnung. Wie ein Übermensch erscheint der Weltpräsident, bedient sich dabei der geballten Medienmacht und nutzt das Internet als Instrument der Massenbegeisterung. Ist er noch Politiker oder schon der Erlöser aus dem Übel, der Messias, von dem Fromm sprach?

Wo steht die Welt, wenn sie einen Präsidenten braucht, der weniger als (Real-)Politiker und mehr als Heilsbringer erscheint?

 

Ruette: „Wir sollten Obama helfen“

Gestern erhielten wir doch diese SMS von Jürgen Rüttgers, dass unser Ministerpräsident heute sein "Statement" zu den US-Wahlen geben wird. Und zwar schwer bundespräsidential vor der Villa Hammerschmidt. Wir konnten es kaum aushalten, so gespannt waren wir. Euch wird es ja genauso gegangen sein, deshalb hier der besondere Service. Das hat R. heute morgen gesagt: "Barack Obama muss jetzt anpacken, aber darin besteht eine Chance und wir sollten ihm helfen». Natürlich geht Ruette selbst mit gutem Beispiel voran. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wird er jetzt Hilfssheriff in New York. Congratulations!

Foto: Mediendatenbank.NRW.de

Der unwahrscheinliche Präsident: Obama im Weißen Haus

Vorläufiges Wahlergebnis um 7:00 Uhr deutscher Zeit: Obama gewinnt mit einem komfortablen Abstand auf John McCain mit 338 Wahlmännerstimmen.

Sieben Staaten sind noch nicht ausgezählt aber Barack Obama steht bereits jetzt als Gewinner und neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika fest. Er wird am 20. Januar ins Weiße Haus einziehen. Die Demokraten verfügen über eine Mehrheit in Senat und Repräsentatenhaus.

Werbung

USA: Do the right thing

Die Ruhrbarone frohlocken: Der Wandel nähert sich, smart, romantisch und stylisch, gepflastert mit politischen Plattitüden – aber was soll man machen? Wer den Wahlkampf zu differenziert bestreitet, muß mit Wählern rechnen, die schnell abschalten.

obama wahl

Ist man zu ehrlich, also zu unbequem, kriegen sie’s mit der Angst. Dürfen wir also tatsächlich erwarten, dass ein guter Mensch in Amerika gute Politik macht? Fern aller Sachzwänge, fern des angestammten Großmachtstrebens innerhalb des sich zu Ungunsten der USA verschiebenden Machtgefüges? Jedenfalls immerhin etwas, wenn ein Demokrat Präsident würde. Eine richtige Alternative zu Barack Obama haben die amerikanischen Wähler aus unserer Sicht ja auch gar nicht. Da ist George Bush, der den hässlichen Amerikaner verkörpert. John McCain steht zu sehr in dessen Tradition, wirkt politisch ungelenk und hätte für den Posten des Vize ein sorgfältiges Assesment-Center durchführen sollen. Aber wie wäre das: Von jedem ein bißchen? Die Coolness von Obama? Die Klarheit von Bush? Die Unbeirrbarkeit von McCain? Stellen wir uns mal vor, wie dann das politische Personal aussehen könnte…