Boris Pofalla beschreibt in seinem Debütroman LOW die Desillusionierung der Partyfraktion, dass ihr Berlin doch kein kultiges Dorf ist, sondern auch nur eine gewöhnliche Metropole. Von unserem Gastautor Daniel Kasselmann.
Low (engl: niedrig, tief, leise, gering) hat zwei Protagonisten; den namenlosen Ich-Erzähler und Moritz: Die beiden sind nach ihrem Schulabschluss gemeinsam nach Berlin gezogen, leben dort zusammen in einer WG und studieren zumindest auf dem Papier Geisteswissenschaften und Philosophie und in der Realität angewandte Partylogie und Betäubungsmittel im Mischkonsum. Der Roman beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem Moritz eines Tages spurlos verschwindet und der Erzähler seinen Freund einerseits sucht und sich andererseits darüber Gedanken macht, was das eigentlich war, das gemeinsame Leben und was es eigentlich bedeutet hat. Anna, eine gute Freundin, mit der er eine Zeitlang mal irgendwie etwas hatte ohne es richtig mitzubekommen, bringt ihm gegenüber im Gespräch das merkwürdig symbiotische Verhältnis der beiden auf den Punkt:
„Ihr seid nicht wie normale Freunde. Auch nicht wie Brüder. Irgendwie… seltsam. Sowas kann ja nicht gutgehen auf Dauer. (…) Ich hatte immer das Gefühl, dass ich in etwas eindringe, wenn ich bei dir war. Diese Wohnung… viel zu groß für zwei Studenten und fast ohne Möbel. Wie ein Schloss auf dem Land, das schon leergeräumt ist und bald versteigert wird, weil die Familie es sich nicht mehr leisten kann, und im Turmzimmer sitzt der exzentrische Lord und betreibt private Studien und nimmt Morphium und dann ist da der stille Verwalter, der sich um alles kümmert und ihm die Welt vom Leib hält.“