„Stärker hinschauen, auch hinhören, bei den Fragen, die im globalen Süden die Menschen bewegen“

Johannesburg in Südafrika. Blick vom Carlton Center in westliche Richtung Foto: Zakysant Lizenz: CC BY-SA 3.0


In seiner gestrigen Rede zur Eröffnung der Kunstausstellung Documenta in Kassel sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „Trotz alledem müssen wir stärker hinschauen, auch hinhören, bei den Fragen, die im globalen Süden die Menschen bewegen.“ Das ist natürlich richtig. Sieben Milliarden Menschen leben auf diesem Planeten und bald werden es zehn Milliarden sein. Der Kommunikationstheoretiker Marshal McLuhan schrieb bereits vor 60 Jahren, dass die Welt durch moderne Kommunikationstechnologien zu einem Dorf wird. Es macht also Sinn, auf das zu hören, was der Nachbar sagt.

Nun ist globale Süden ein schillernder Begriff. Alan Posener schreibt im Blog Starke Meinungen „Der „globale Süden“ ist ein ideologischer Begriff, der selbsternannte Vertreter jener Länder und Völker meint, die von linkem Kongress zu linkem Kongress oder wie die indonesische Gruppe Ruangrupa, die zurzeit die Documenta – selbstverständlich ohne israelische Künstlerinnen – kuratiert, von Kunstschau zu Kunstschau jetten und aus dem schlechten Gewissen der Privilegierten ein Geschäft machen.“ Und wenn diese Gruppen vom globalen Süden reden, meinten sie, sagt Posener, nie die Länder, die ein gutes Verhältnis zu Israel haben.

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Die vom Bundespräsidenten angestoßene Pflichtdienst-Diskussion ist unehrlich!

Bergmann übergibt das letzte Stück Kohle an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (re.).  Foto: Ina Fassbender/RAG Lizenz: Copyright

Der Vorschlag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Bundesrepublik eine soziale Pflichtzeit für junge Menschen einzuführen sieht auf den ersten Blick interessant aus. Es erscheint durchaus nachvollziehbar, wenn der Bundespräsident den großen Wert für die Gesellschaft unterstreicht, den ein solcher Dienst unzweifelhaft hätte. Und auch für die Persönlichkeit des Einzelnen mag eine solche Tätigkeit ebenfalls durchaus vorteilhaft sein.

Dass die Idee nicht überall gut aufgenommen wird, ist auch logisch. Pflichten werden halt immer auch kritisch gesehen. Meist von den direkt von ihnen Betroffenen. Viel spannender an der laufenden Debatte über Sinn oder Unsinn eines solchen Pflichtdienstes erscheint mir dann auch ein anderer Aspekt, den Steinmeier nicht anspricht. Wohl aus gutem Grunde.

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„Das Ruhrgebiet ist ein riesiger Kraftraum – nutzen wir ihn!“

Ina Scharrenbach Foto: Land NRW

Das Ruhrgebiet hat alle Chancen. Es muss sie nur nutzen. In vielen Städten des Ruhrgebiets boomt es. Angezogen von Wissenschaft, Innovation und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen ziehen immer mehr junge Menschen ins Ruhrgebiet. Wie kann dieses Potential genutzt werden, um dem Ruhrgebiet noch mehr Strahlkraft zu verleihen? Ein Gastbeitrag von Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen

Seit 2018 ist Schicht im Schacht. Die Steinkohleförderung hat ausgedient. Mit Prosper Haniel stellte im Dezember 2018 das letzte Steinkohlenbergwerk im Ruhrgebiet die Förderung ein. Die Frage nach den Folgen des Strukturwandels war das Gebot der Stunde. Seit Jahrzehnten oftmals genutzt als Erklärung für soziale und wirtschaftliche Missstände in den Städten des Ruhrgebiets, zeigte sich in den letzten Jahren, was das Ruhrgebiet wirklich ausmacht: Das Ruhrgebiet ist ein riesiger Kraftraum.

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Spargel- und Erdbeerkrise: Das große Gejammer der Landwirte ist nur bedingt nachvollziehbar

Lecker Spargel. Quelle: Wikipedia, Foto: Elya (talk), Lizenz: CC BY-SA 3.0

Dass Landwirte gerne jammern, ist grundsätzlich nicht neu. Schon in meiner Kindheit in den 1980er-Jahren, als ich häufiger für einige Wochen bei meinen auf dem Lande lebenden Großeltern zu Gast und im Zuge dessen regelmäßig bei benachbarten Bauern zu Gast war, klagten diese mir häufig ihr Leid.

Die Schweinezucht würde sich für sie wirtschaftlich inzwischen einfach nicht mehr lohnen, das Wetter sei in diesen Jahr ganz besonders ‚beschissen‘, sie hätte immer so ungünstige Arbeitszeiten, es fehle ihnen an öffentlicher Wertschätzung und die schlechte Entlohnung ihrer Mühen sei überhaupt ein einziger Skandal usw.. Was mir da schon als Kind alles erzählt wurde, klang so verbittert wie vielschichtig.

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Sozialverband sieht in Mietsteigerungen „gewaltigen sozialen Sprengstoff“

Vonovia Hauptverwaltung in Bochum Foto: Laurardnk Lizenz: CC BY-SA 4.0

Der Sozialverband VdK in Nordrhein-Westfalen hat die Ankündigung möglicher Mietererhöhungen des Wohnungskonzerns Vonovia heftig kritisiert. In einem Gespräch mit der Neuen Westfälischen (Freitagausgabe) sagte der Landesgeschäftsführer des VdK, Thomas Zander, er sehe in einer Steigerung der Mietpreise „gewaltigen sozialen Sprengstoff“. Der Zeitpunkt der Nachricht von Deutschlands größtem Immobilienunternehmen sei „für viele unserer Mitglieder hochproblematisch“.

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Tradition schießt keine Tore

Das neue Buch von Marco Bode und Dietrich Schulze-Marmeling ist so spannend wie ein wichtiges und lange Zeit unentschiedenes Bundesligaspiel.
Das Lesen dauert zwar etwas länger als 90 Minuten, aber das merkt man gar nicht. Ich habe es jedenfalls in kürzester Zeit verschlungen, ohne mich auch nur eine Sekunde zu langweilen. Natürlich geht es in dem Buch um den SV Werder Bremen, den ich seit meinen Kindheitstagen begleite, aber ich denke auch jeder andere Fußballinteressierte wird gefallen an ihm finden, denn es geht nicht nur um Werder, sondern auch um die Bundesliga und viele andere Vereine, nicht nur in Deutschland. Und selbst die, die mit Fußball oder Sport nicht soviel anfangen können, werden viele interessante Aspekte in dem Buch finden, die ihren Arbeitsplatz oder sogar ihr Leben betreffen, so begegnen wir Einstein, Bob Dylan, John Lennon oder Marc Twain. Alle mal ist es ein Buch für Manager oder CEOs kleiner wie großer Unternehmen.

Quintessenz des Buches ist die Analyse, also wissenschaftliches Denken in einem Fußballverein einzuführen. Anders als viele andere Fußballbücher mit ähnlichen Themen, steht die Vernunft im Mittelpunkt und nicht der Effekt. Ganzheitliche und systematische Betrachtungen anstelle von Eklektizismus, meist in Form von Anekdoten vorgebracht, die nicht wirklich hilfreich sind. Wie also schaffe ich heutzutage einen sogenannten Traditionsverein wie Werder durch schwere Gewässer zu führen? Die Autoren antworten mit Sachlichkeit und nüchternen Realismus. Etwas was dem Unterhaltungsgeschäft Fußball
quasi diametral entgegen gesetzt ist. Das auf Emotionen setzt, wie kaum ein anderes und deswegen bei den Anhängern, den Medien und den Sponsoren aus publizitätsabhängigen Unternehmen so gut ankommt. Witziger Weise sprechen die beiden Autoren diesen Widerspruch nicht direkt aus. Aber, und das wird in dem Buch deutlich, unterscheiden die Beiden in Innen- und Außenpolitik eines Vereins. Nach innen hin so vernünftig wie möglich, um sachgemäße Entscheidungen treffen zu können, nach außen so affektiv wie nötig, um den emotionalen Bedürfnissen der Fans gerecht zu werden.

Was die Fans betrifft, sind die Beiden meines Erachtens nicht ganz eindeutig. Mal werden sie gelobt, mal kritisiert, am Ende sind es aber die Anhänger, die einen Proficlub ausmachen. Ohne sie wäre Werder irgendein Sportverein an der Weser. Aber natürlich gehen auch mir all diese Kleingeister auf die Nerven, die immer weg, raus und ein Opfer fordern, wenn es mal nicht so gut läuft. Davon gibt es in Bremen meines Erachtens zu viele. Besonders im Internet unter den Sportseiten der Lokalpresse oder in den Fanclubseiten auf Facebook treiben diese ihr vereinsschädigendes Unwesen, glauben allerdings mit diesem Gebaren auch noch hilfreich zu sein. Zum gefährlichen Problem wurde das Ganze, als Altvordere anfingen in den Chor einzustimmen und verlangten, dass Werder quasi wieder der alte, große Verein werden solle. Ein Ballast, den jeder Traditionsverein mit sichherumschleppt, so die beiden Autoren, denn ein Zurück wird es für Werder nicht mehr geben, nur ein nach vorne und zwar ein realistisches, den Umständen angepasstes und nicht von Wunschvorstellungen getrieben: Werder könne wieder zu alter Glorie vergangener Zeiten gelangen, ohne darauf zu achten wie es heute in der Bundesliga zugeht und wie es um die wirtschaftliche Situation des Clubs steht. Darin sehen die Beiden das eigentliche Problem für Vereine wie Werder, sie müssen eine Balance schaffen zwischen den wirtschaftlichen Gegebenheiten und dem sportlichen Erfolg und das bedeutet womöglich besonders erfolgreiche Spieler verkaufen zu müssen, was wiederum dazu führt, dass von den Fans erwartete sportliche Ziele eben nicht erreicht werden können und diese enttäuscht reagieren. Ein insolventer Verein allerdings, wäre das Ende von jeglichen sportlichen Erfolg.

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Importpreise gehen durch die Decke

Schiffsverkehr auf der Elbe in Hamburg Foto: Frank Liebig Lizenz: CC BY-SA 3.0 de


Die Importpreise waren im April 2022 um 31,7 % höher als im April 2021. Eine höhere Vorjahresveränderung hatte es zuletzt im September 1974 im Rahmen der ersten Ölkrise gegeben (+32,6 % gegenüber September 1973). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hatte die Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr im März 2022 bei +31,2 % gelegen, im Februar 2022 bei +26,3 %. Gegenüber dem Vormonat März 2022 stiegen die Importpreise im April 2022 um 1,8 %. Die aktuellen Daten spiegeln auch die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine wider.

Energieeinfuhren waren im April 2022 um 157,4 % teurer als im April 2021 (-0,4 % gegenüber März 2022). Der hohe Anstieg im Vorjahresvergleich ist weiterhin vor allem durch die stark gestiegenen Preise für Erdgas begründet. Diese lagen im April 2022 viermal so hoch wie im April 2021 (+301,2 %). Im Vergleich zum Vormonat März 2022 stiegen die Importpreise für Erdgas um 2,1 %.

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Ruhrkonferenz: Wer keine dicken Bretter bohren will, kann keinen Erfolg haben.

Ernennung von Minister Stephan Holthoff-Pförtner Foto: Foto: Land NRW / R. Sondermann


Die Ruhrkonferenz war von Anfang an eine Showveranstaltung. Die großen Probleme packte sie nicht an.

Wie zahlreiche ihrer Vorgänger nahm sich auch die schwarz-gelbe Landesregierung dem Ruhrgebiet an. Die Ruhrkonferenz war für sie das Mittel, nach Lösungswegen für die Region zu suchen. Verantwortlich für das Projekt war mit Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales des Landes Nordrhein-Westfalen, ein Leichtgewicht in den Regierungen der Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) und Hendrik Wüst (CDU). Besondere Strahlkraft entwickelte die Ruhrkonferenz nie, obwohl viele mit vielen redeten und irgendwas machten, dürften die meisten noch nie etwas von ihr gehört haben. Es gab blumig klingende

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Wieder knapp 6,4 Millionen Minijobber in Deutschland

Die Minijo-Zentrale ist der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in Bochum angegliedert Foto: LordToran Lizenz: Gemeinfrei

Die Zahl der Minijobber im gewerblichen Bereich ist gestiegen: 6.192.894 Minijobber sind bei der Minijob-Zentrale in dieser Kategorie gemeldet. Ein Jahr zuvor, im März 2021, waren es bedingt durch die Auswirkungen der

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RWI-Präsident Christoph M. Schmidt erhielt NRW-Innovationspreis

Christop M. Schmidt, Präsident des RWI Essen Foto: RWI

Professor Dr. Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen, ist Träger des NRW-Innovationspreises 2022. NRW-Innovationsminister Professor Dr. Andreas Pinkwart lobte Schmidt als herausragenden Ökonomen von internationalem Rang, der es verstehe, seine wissenschaftliche Expertise gewinnbringend in die politischen und gesellschaftlichen Debatten unserer Zeit einzubringen. Ihm gelinge es immer wieder, theoretische Expertise empirisch zu untermauern und für die Wirtschaftspolitik umsetzbare Vorschläge zu entwickeln.

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