Eckart von Hirschhausen: Katastrophen vor acht

Eckart von Hirschhausen Foto: Martin Kraft Lizenz: CC BY-SA 4.0


Erinnert sich noch jemand an die 11.000 Pestizidtoten, die auf einer dubiosen „Studie“ beruhten, die schon auf den ersten Blick unglaubhaft erschien und inzwischen zurückgezogen wurde? Sie wurde landauf, landab wiedergegeben, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Dass die Redaktion der Zeitschrift die Veröffentlichung zurückzog, weil die Daten nicht plausibel waren, hat kaum ein Medium berichtet. So ist die Zahl bis heute in der Welt und niemand hinterfragt sie mehr. Von unserem Gastautor Ludger Weß.

Oder erinnert sich noch jemand an die Angstbotschaft von den nur noch 60 Ernten, die wir erzielen können, bevor unsere Böden unfruchtbar geworden sind? Die Zahl wurde von grünen Europaabgeordneten und zahllosen Medien verbreitet und der

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Forschungprojekt: Wenn der Gerichtssaal zur Bühne wird?

Fahndungsplakat des NSU

Was passiert, wenn Terrorismus vor Gericht verhandelt wird? Nicht nur juristisch, sondern gesellschaftlich? Ein neues, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 1,2 Millionen Euro gefördertes Projekt geht genau dieser Frage nach – und zwar mit einem kritischen Blick auf die Praxis deutscher Justiz. Unter dem Titel „Judging Terror“ untersuchen Wissenschaftlerinnen der Universitäten Köln, Bielefeld und Marburg die Dynamiken in Terrorismusprozessen gegen Angeklagte aus dem rechtsextremen und dschihadistischen Spektrum.

Drei Jahre lang wollen sie beobachten, analysieren und deuten: Wie wird über Schuld und Ideologie gesprochen? Welche Rolle spielen Geschlecht, Religion oder Herkunft bei der Urteilsbildung – und wie werden diese Zuschreibungen medial verstärkt oder abgeschwächt? Der Gerichtssaal ist dabei nicht bloß ein Ort der Rechtsprechung, sondern

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Adolescence: Wenn Kinder töten und Erwachsene wegsehen

Adolescence (Symbolbild: Sebastian Bartoschek/ Midjourney)

Er hat ein Mädchen brutal ermordet. Er hat geweint, als er hierhergebracht wurde. Er sitzt im Verhörzimmer. Darum geht es in Adolescence, einer vierteiligen Netflix-Miniserie. Ist es richtig, mit Tätern Anteil zu nehmen? Sind Eltern nicht ohnehin hilflos?
In einem Podcast diskutierte ich genau dies mit der Sozialpädagogin Ruth Habeland, gemeinsam mit der Familienrechtlerin Aline Strutz – und habe mir anschließend weitere Gedanken gemacht.

Spoiler: Im folgenden Artikel geht es um Kinder und Jugendliche. Wen schon der Spielplatz bei sich um die Ecke stört, sollte lieber nicht weiterlesen – es könnte seinen faktenfreien Kinderhass stören.

„Einsperren und den

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Es könnte so einfach sein: Rote Radwege senken Konflikte

Fahrradwege – rote Farbe kann viel bringen. (Foto: Roland W. Waniek)

Manchmal reicht ein Eimer Farbe. Und es gibt weniger Streit. Das zeigt eine aktuelle Studie der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag der Stadt Düsseldorf. Der Lehrstuhl für Verkehrswesen – Planung und Management untersuchte, wie sich die Roteinfärbung von Radfurten auf das Verhalten an Ampelkreuzungen auswirkt. Das Ergebnis: Mehr Sicherheit, weniger Konflikte – und das ganz ohne Umbaumaßnahmen oder technische Spielereien.

Im Fokus der Untersuchung standen sieben stark genutzte Kreuzungen an der Bundesstraße 8. Dort analysierten die Forschenden Unfallstatistiken, befragten rund 300 Radfahrer und werteten 60 Stunden Videomaterial aus. Der Effekt war deutlich:

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Vortrag am 23.4. in Köln: Brooke Harrington über Offshore-Finanzen und Kleptokratie

Am 23. April 2025 spricht die Wirtschaftssoziologin Prof. Dr. Brooke Harrington (Dartmouth College) am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) über „Secrecy and Kleptocracy“.

Der öffentliche Vortrag analysiert das globale Offshore-Finanzsystem, über das laut Harrington rund 12 % des weltweiten BIP außerhalb regulierter Strukturen zirkulieren – mit Folgen für Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Wirtschaft.

Auf Basis ethnografischer Forschung und Netzwerkanalysen zeigt sie, wie Vermögensverwalter zu zentralen Akteuren einer schwer kontrollierbaren Elite werden. Der Vortrag basiert u. a. auf ihrem Buch Offshore. Stealth Wealth and the New Colonialism, das 2024 erschien und international hohe Beachtung fand. Anmeldung unter: in**@***fg.de. Beginn: 16:30 Uhr, Ort: MPIfG Köln.

Wenn Stille gefährlich wird: Zur politischen Instrumentalisierung psychischer Erkrankung

Wenn der Staat sich anschickt, sich die Psyche des Menschen gläsern zu wünschen. (Symboildbild: Sebastian Bartoschek/ Midjourney)

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) warnt sie vor der politischen Entwicklung in den USA – und den Folgen für psychisch erkrankte Menschen wie für die internationale Forschungsfreiheit.

„Neben Budgetkürzungen bei medizinischen Leistungsanbietern spielen hier eine Politisierung, Stigmatisierung und Instrumentalisierung psychischer Erkrankungen eine Rolle“, heißt es in der Erklärung. Und weiter: „Die Frage, wer als gesund oder als krank gilt, wird immer mehr Gegenstand politischer Betrachtungen.“ Diese Entwicklung gefährdenicht nur die Versorgung in den USA – sondern

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Was das Gehirn tut, wenn wir scheinbar nichts tun

Was macht das Gehirn, wenn wir nichts tun? Eine neue Studie des Forschungszentrums Jülich zeigt: Es ist erstaunlich aktiv – und zwar in einem speziellen Netzwerk, das gerade dann arbeitet, wenn wir nicht auf äußere Aufgaben fokussiert sind. Dieses sogenannte „Default Mode Network“ (DMN) ist beteiligt, wenn wir nachdenken, Erinnerungen durchgehen oder über Zukünftiges grübeln.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Institute INM-1 und INM-7 haben nun genauer untersucht, wie dieses Netzwerk aufgebaut ist – und wie es mit der Umwelt interagiert. Dabei fanden sie heraus, dass das DMN keineswegs ein einheitlicher Block ist. Stattdessen besteht es aus Bereichen mit unterschiedlichen Aufgaben: Einige sind eng mit unseren Sinnesregionen verknüpft. Sie reagieren etwa auf Geräusche, Gerüche oder andere Reize – und können Erinnerungen oder Gefühle auslösen. Andere Bereiche

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NRW-Forscher gewinnen Preis für EU-Digitalmarkt-Analyse

Mit dem Antitrust Writing Award 2025 ausgezeichnet (von l. nach r.): Ökonom Prof. Dr. Paul Heidhues vom Düsseldorf Institute for Competition Economics sowie der Jurist Prof. Dr. Rupprecht Podszun vom Institut für Kartellrecht. (Fotomontage: HHU / Paul Schwaderer)

Große Digitalkonzerne wie Google, Apple oder Amazon kontrollieren zentrale Zugänge im digitalen Raum. Sie entscheiden, welche Anbieter auf Plattformen sichtbar sind, welche Geschäftsmodelle Chancen haben – und wo der freie Wettbewerb endet. Um genau hier gegenzusteuern, hat die EU den Digital Markets Act (DMA) geschaffen. Er soll sogenannte „Gatekeeper“ an Regeln binden, um offene Märkte und fairen Wettbewerb zu sichern.

Zwei Wissenschaftler aus Nordrhein-Westfalen haben nun dafür eine zentrale Frage gestellt: Reichen juristische Regeln allein – oder braucht es mehr wirtschaftliches Know-how? Für ihre Antwort wurden sie nun ausgezeichnet. Prof. Dr. Paul Heidhues, Ökonom am Düsseldorf Institute for Competition Economics, und Prof. Dr. Rupprecht Podszun, Jurist am Institut für Kartellrecht der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, erhielten gemeinsam mit einem internationalen Team den renommierten Antitrust Writing Award 2025. Ihr Aufsatz wurde als bester Beitrag in der Kategorie „General Economics“ prämiert.

Der Kern ihrer Analyse:

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Corona traf Jugendhilfeeinrichtungen besonders hart

Für die meisten in Deutschland ohnehin ein Ärgernis: Jugendliche. (Foto von Martin Guido auf Unsplash)

Fünf Jahre nach dem ersten Lockdown rücken neue Daten eine Gruppe in den Blick, die bislang in Debatten kaum vorkam: Jugendliche in stationären Jugendhilfeeinrichtungen. Laut einer qualitativen Studie der Universität Münster waren sie während der Coronapandemie deutlich stärkeren Einschränkungen ausgesetzt als Gleichaltrige in Familien. Befragt wurden 40 junge Menschen aus Wohngruppen, betreutem Einzelwohnen und Pflegefamilien.

Die Studie zeigt, dass besonders im betreuten Einzelwohnen Isolation zur Regel wurde. Kontakte zur Herkunftsfamilie waren zeitweise untersagt, persönliche Treffen mit Gleichaltrigen oft unmöglich. Auch die digitale Ausstattung war vielerorts unzureichend: fehlende Endgeräte, schwaches Internet, kaum Unterstützung beim Lernen auf Distanz. Die Folgen:

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