Wir sind das Ruhrgebiet – Im Gespräch mit Franz Lehner

„Ich sehe auch nicht, dass man von Seiten der Wirtschaftsförderer systematisch Anstrengungen unternimmt, die einheimische Industrie zu einem starken Wachstumspol zu entwickeln.“
„Ich sehe auch nicht, dass man von Seiten der Wirtschaftsförderer systematisch Anstrengungen unternimmt, die einheimische Industrie zu einem starken Wachstumspol zu entwickeln.“

Der gebürtige Schweizer Franz Lehner lebt und arbeitet seit vielen Jahren im Ruhrgebiet. Er ist emeritierter Professor für angewandte Sozialforschung der Ruhr-Universität Bochum und ehemaliger Präsident des Instituts Arbeit und Technik. Er ist als wissenschaftlicher Berater und Publizist tätig. Gemeinsam mit Hans-Peter Noll hat er jetzt ein Buch über die vermeintliche Metropole Ruhrgebiet geschrieben.

Michael Voregger: Der Titel lautet „Ruhr: Das Zukunftsprojekt – Von der eingebildeten zu wirklichen Metropole“. Einen Titel für ein Buch zu finden ist ja immer schwierig. Warum dieser Titel?

Franz Lehner: Weil uns immer geärgert hat, dass in der Region überall „Metropole Ruhr“ geschrieben wird. Das Ruhrgebiet ist zwar groß, aber es ist deshalb noch lange keine Metropole. Man lügt sich da gerne in die Tasche. Was mich ebenso stört, ist, dass viele sagen: „Wir sind Metropole Ruhr“, aber dann tun sie nichts mehr. Und denken, die anderen seien zu blöd, das zu merken. Statt zu überlegen: „Wie werden wir attraktiver?“ gehen sie auf ihren Trampelpfaden weiter. Das war der Hintergrund für den Titel, aber der Schwerpunkt liegt bei „Ruhr: das Zukunftsprojekt“. Wir haben es konstruktiv und nicht nur negativ benannt.

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Wissenschaft: Mit Leibniz in die düstere Zukunft

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Eine Broschüre der Leibniz-Gemeinschaft zeigt, welche einseitigen Vorstellungen heute in der Wissenschaft propagiert werden. Politik soll menschliche Gestaltung einschränken. Von unserem Gastautor Christoph Lövenich.

Deutschlands Wissenschaft sollen große Forschungsgesellschaften wie die Helmholtz- und die Leibniz-Gemeinschaft voranbringen, finden ihre staatlichen Finanziers. Ob das Steuergeld in riesigen Zusammenschlüssen außeruniversitärer Forschungseinrichtungen besser angelegt ist als bei den Hochschulen und in kleineren Einheiten, mag aus verschiedenen Gründen bezweifelt werden. Ein Leserkommentator warnte vor Jahren schon vor einer weiteren Gefahr: „Wohl versorgte Forschungskombinate […] sind zum Teil so weit von der gesellschaftlichen Realität isoliert, dass unserem Gemeinwesen Himmelangst werden sollte.“

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Ruhrbarone lesen in Wien

13669455_586448574850526_6509904205296450342_oIn eigener Sache:

Am morgigen Donnerstag, den 4.8., findet in Wien (Österreich) – nicht zu verwechseln mit Wien (Wisconsin) – eine Lesung von Ruhrbaron Sebastian Bartoschek und Wienbaron Christoph Baumgarten (auch: Balkan Stories) statt. Beide lesen aus diesen und jenen Texten und sind danch auch noch für ein Gespräch zu haben.

Um 19 Uhr geht es los, in Amons Gastwirtschaft, Schlachthausgasse 13.

Der Eintritt ist frei.

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In eigener Sache: Ab heute gibt es einen ruhrbarone-Podcast.

„Autoren von Ruhrbarone.de im Gespräch miteinander, übereinander, durcheinander, gegeneinander, füreinander – zu irgendwie-sowas-wie-aktuellen Themen aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Geografie. Manchmal auch Gäste.“

Der Podcast wird auch in den gängigen Verzeichnissen gelistet werden. Das kann aber noch bis zu 14 Tagen dauern. Viel Spaß mit diesem neuen Format. Wir freuen uns über Rückmeldungen, Anregungen und alles dies interaktive-hippe-Feedback-Ding.

Die „Nullnummer“ findet ihr unter diesem Artikel. Die erste „richtige“ Folge erscheint morgen, am Samstag, den 30. Juli 2016.

Holocaust for sale!

(Screenshot ebay-Kleinanzeigen)
(Screenshot ebay-Kleinanzeigen)

Internetfundstück – Im Internet soll es alles zu kaufen geben. Und all das, was man nicht  im sichtbaren Teil des Internet erhält, soll man im sog. „Darknet“ bekommen. Drogen, Waffen, Kinderpornos, illegal gehandelte Kunst. Das ist hier anders. Es geht hier auch nicht um Neonazis, die aus antisemitischen Motiven versuchen den Holocaust zu relativieren oder seine Opfer zu verhöhnen. Es geht vielleicht irgendwie um Anstand und Moral. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist es nur eine bizarre Randgeschichte der Gegenwart, vielleicht Ausdruck einer Geschichtsvergessenheit, wie ich sie nicht erwartet hätte. Vielleicht geht es um die Fragen nach Illegalität oder Illegitimität. Vielleicht ist diese Geschichte aber auch völlig irrelevant.

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Der Beginn des europäischen Kolonialismus Teil 3 – Soziale Spannungen und interne Verwicklungen

Osmanen belagernWien
Osmanen belagernWien

Wie ich schon im Teil 2 der Serie „Beginn des europäischen Kolonialismus“ herausgearbeitet habe, grenzt es in gewisser Hinsicht an ein Wunder, dass die beiden westlichen europäischen Mächte Spanien und Portugal ihre Kolonialisierung in Amerika, Afrika, dem indischen Ozean, und darüber hinaus bis nach Ostasien durchführen konnten, während im Mittelmeerraum die Europäer selbst in Deckung gehen mussten. Von unserem Gastautor Helmut Junge.

Denn all ihre nautischen und kriegstechnischen Neuerungen haben im Mittelmeerraum nicht zu ähnlichen Erfolgen geführt.

Spanier und Portugiesen konnten in den nächsten Jahrzehnten in den Teilen der Welt, die sie für sich beanspruchten, mehr oder weniger ungestört schalten und walten, wie sie wollten. Es dauerte Jahrzehnte, bis Frankreich das Auge auf den amerikanischen Kontinent richtete und seinerseits begann dort Kolonien anzulegen. Die Briten störten zwar durch Piraterie den transatlantischen Transport, aber bis sie mit den Niederländern gemeinsam so weit waren, Spanier und Portugiesen militärisch zu verdrängen, vergingen noch etliche weitere Jahrzehnte.

Man sollte also denken, dass das, was Spanien im Westen, und Portugal im indischen Ozean so unangefochten treiben konnten, auch für das Mittelmeer Gültigkeit haben müsste.

Aber das Gegenteil war der Fall, Europa drohte selber zur kolonialen Beute eines mächtigen Feindes zu werden, was dann auch für Griechenland und den Balkan, bis nach Ungarn tatsächlich geschehen ist. Und das lag daran, dass im östlichen Mittelmeer so nach und nach

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Wie Oman ist Deutschland?

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Internetfundstück – Was ist größer: Ecuador oder Rumänien? Wieviel größer ist Texas als Spanien? Manchmal fragt man sich sowas. Schaut man dann auf eine 2D-Karte hat man das Problem, dass die Verhältnisse nicht richtig stimmen. Das hat mit der Umwandlung einer Kugeloberfläche zu einer einfach Karte zu tun. Am häufigsten wird dafür die sog. Mercator-Projektion genutzt, deren Namensgeber übrigens in Duisburg verstarb– was soll man in Duisburg auch sonst tun?. Nun gibt es im Netz eine wunderbare Seite, die ich heute entdeckte, auf der man Länder auswählen und über die Karte ziehen kann, und diese dann verhältnisgetreu verändert werden. Hier ist sie.  Wie so oft gilt: der ökonomische Nutzen geht wohl gegen null – aber man kann Stunden damit verbringen.

Der Beginn des europäischen Kolonialismus 2. Teil: Die Aufteilung der Erde

 

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Unser Gastautor Helmut Junge hat sich mit der Geschichte des  europäischen Kolonialismus beschäftigt. Hier nun der zweite Teil. Die Reihe hatte ihren Ursprung in verschiedenen Diskussionen hier im Blog.

Als König Manuel I von Portugal im Jahre 1497 Vasco da Gama den Auftrag erteilte, jetzt doch endgültig um Afrika herum, Indien anzusteuern, war er schon sehr genau darüber informiert, welche Städte in Ostafrika angefahren werden konnten, und von wo die Fahrt über den indischen Ozean die günstigsten Voraussetzungen boten. Ferner war er darüber informiert welche Städte in Indien für den Handel mit Portugal von besonderem Interesse waren, und wie die Herrscher in diesen genannten Städten tituliert wurden. Das hatte seinen Grund darin, dass der Vorgänger von Manuel I, König Johann II bereits 10 Jahre zuvor, 2 Kundschafter beauftragt hatte, auf irgendeine Weise einen Hafen in Arabien zu finden, von dem aus sie mit einem

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