Corona und Katastrophenschutz: Nach dem Brückenlockdown ist vor der Kanditatenkür

Corona in einer Bearbeitung von K. Gercek

Zum 53. Mal seit dem 15. März 2020 unterhalten sich die Ruhrbarone mit Magnus Memmeler.  Bis heute sind 52 Interviews entstanden, die auf den Katastrophenschutz blicken und die Corona-Krise nachzeichnen. Im 53. Interview geht es um das unendliche Regierungschaos, um überfüllte Intensivstationen,  um betriebliche Tests, um einen zackigen Heimatschutz und einiges mehr. 

Ruhrbarone: In der kommenden Woche hätte wieder eine Ministerpräsidentenkonferenz stattfinden sollen. Haben sich die Damen und Herren plötzlich nichts mehr zu sagen? Ist die Lage so stabil, dass es nichts mehr zu regeln gibt? Oder erleben wir nun den von Ihnen bereits angesprochenen Kindergarten der 16 aufmüpfigen Ministerpräsidentinnen und Präsidenten?

Memmeler: Die Lage ist alles andere als stabil. Das RKI registrierte am Freitag 24.097 Corona-Neuinfektionen und somit lag die Inzidenz bei 120,6. Am Donnerstag registrierte das RKI 25.464 Corona-Neuinfektionen und 296 neue Todesfälle. Damit lagen die Werte erneut über denen der Vorwoche und die durch die Ostertage verfälschten Zahlen von Dienstag bis Mittwoch wurden als das relativiert, was sie immer waren – Makulatur, da wir nach über einem Jahr Pandemie noch immer nicht konsequent durch testen und Registrieren.

Wochenenden und Feiertage sind dem Michel halt heilig. Man stelle sich vor, dass Rettungsdienst und Pflegepersonal so handeln würde.

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Corona und Katastrophenschutz: Frohe 2. Corona-Ostern…

Corona in einer Bearbeitung von K. Gercek

Zum 52. Mal seit dem 15. März 2020 unterhalten sich die Ruhrbarone mit Magnus Memmeler.  Bis heute sind 51 Interviews entstanden, die auf den Katastrophenschutz blicken und die Corona-Krise nachzeichnen. Im 52. Interview geht es um die Impfreaktionen bei AstraZeneca, das zu beschleunigende Impftempo , die kostenproduzierende Corona-Warn-App, den möglichen Kollaps der Intensivmedizin und einiges mehr. 

Ruhrbarone: Bei uns gibt es keine verordnete Osterruhe, denn wir denken, dass wir weiterhin deutlich warnen müssen. Was bewegt die Bevölkerungsschützer in dieser Woche und in welcher Lage befinden wir uns aktuell?

Memmeler: Sie haben Recht. Wahrscheinlich ist es erforderlich, das wir hier die Ostermärsche zusätzlich digital bereichern, damit eventuell doch mal ein Signal in die Parlamente dringt, welches zum Nachdenken anregt. Der NRW Ministerpräsident hat ausgerechnet am 1. April verkündet, dass er über Ostern nachdenken möchte. Die Kommentare fielen angesichts dieser Ankündigung und des Datums der Verkündung dieser Revolution entsprechend aus. Während die Inzidenzwerte in Deutschland stetig steigen, will sich CDU-Chef Armin Laschet Gedanken darüber machen, welche Maßnahmen die dritte Welle eindämmen könnten. Tu Dir ruhig die Ruhe an lieber Ministerpräsident Laschet. Das Virus kreuzigt weiter und feiert auch über Ostern täglich Auferstehung.

„Deshalb müssen wir jetzt gemeinsam über die Ostertage nachdenken, was ist denn eine Ersatzmöglichkeit, wo können wir weitere Schutzmechanismen einführen, wo können wir das Leben herunterführen, darüber muss gesprochen werden. Es gibt nur noch nicht die Lösung, wenn Sie mich fragen.“

– Armin Laschet –

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„Multidirektionales Erinnern“: Michael Rothberg und das Barbie-Setting

Palais de Justice in Lyon, Ort des Barbie-Settings | by A.Cilia cc 3.0

Lassen sich Holocaust und Kolonialismus gemeinsam erinnern, die Verbrechen des Antisemitismus und die des Rassismus? „Multidirektionale Erinnerung“, das Buch von Michael Rothberg, wird als „revolutionäre Theorie“ gehandelt. Und dann das.

„Wie hat er uns die Augen geöffnet.“ Aleida Assmann über Michael Rothberg und dessen Einsicht, dass sich Erinnerung vielseitig zusammensetze: „Er hat uns herausgeholt aus einer Mentalität des Denkens, wo eine Erinnerung gegen die andere antritt“, berichtet die Koryphäe der Erinnerungsforschung. Bis 2009, als das Buch des kalifornischen Professors für Literaturwissenschaft [1] in den USA erschien, habe man in ihren Kreisen einen „Kampf der Erinnerungen“ geführt „im Sound des Kräftemessen und der gegenseitigen Auslöschung.“ Dann aber habe Rothberg es ihnen allen ermöglicht, dass „man sich diese globale Ikone des Holocaust aneignen kann, um seine eigene Geschichte besser zu formulieren“.

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Wider den Propheten der Unfreiheit: Richard David Precht

Richard David Precht Foto: Ji-Elle Lizenz: CC BY-SA 4.0

Seit einem Jahr erlebt die Menschheit eine historische Zäsur. Seit einem Jahr erteilt ein Virus eine Lektion in Prioritäten und Wertigkeit. Wohl nie seit dem zweiten Weltkrieg war der weltweite Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung größer als nach einem Jahr Pandemie. Und während es zahllose Menschen unternehmen, schrittweise Möglichkeiten zur Rückkehr in die Normalität zu erarbeiten, wittern auch die Propheten des Zwangs Morgenluft.

Im NDR äußerte der Prophet und Philosoph Richard David Precht, dass er ein „soziales Gesellschaftsjahr“, ein Synonym für eine staatlich verordnete Zwangstätigkeit, gut fände.

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Unstatistik des Monats: Wie wirksam und sicher ist die AstraZeneca-Impfung?

Impfstoff von AstraZeneca Foto: gencat cat Lizenz: CC0


Der Impfstoff von AstraZeneca und der Universität Oxford steht für die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Lockdowns. Er lässt sich in einem normalen Kühlschrank lagern, ist preiswert und hat Großbritanniens Impfkampagne beschleunigt. Doch Mitte März setzte Gesundheitsminister Jens Spahn Impfungen mit AstraZeneca auf Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts vorübergehend aus. Seit der erneuten Zulassung erscheinen zahlreiche Patienten nicht zu den eigentlich knappen Impfterminen. Und nun wurde der Stopp der Standardimpfung bei jüngeren Menschen angeordnet. Diese Unstatistik erklärt, was die Zahlen über Wirksamkeit und Sicherheit bedeuten, was wir noch nicht wissen, und wie man sich selbst ein Bild machen kann.

Die Unstatistik des Monats November setzte sich bereits mit der Frage auseinander, wie Angaben zur „Wirksamkeit“ von Impfstoffen richtig zu verstehen sind. Wir haben eine Flut von Nachfragen erhalten und werden hier anhand der neuesten Studiendaten zur Impfung von AstraZeneca noch einmal vertieft auf diesen schwierigen Begriff eingehen.

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Wenn Anerkennungspolitik zur Einbahnstraße wird


Vor ein paar Tagen schrieb 
Stefan Laurin auf diesem Blog eine allgemeine Kritik über Identitätspolitik, in der er auch kurz die Transgender-Thematik angesprochen hat.
In den letzten Wochen kam es allerdings zu einem Eklat, als ein junger Amerikaner sich herausnahm eine neue Sexualität zu erfinden. Unter anderem deswegen verdient das Thema eine genauere Betrachtung.

Anfang des Monats teilte der 16jährige Kyle Royce auf der Plattform TikTok ein Video, in dem er erklärte warum er keine Transfrauen datet. Mit einem kleinen Augenzwinkern und als Seitenhieb auf Genderidentitäten verwendete er dabei den Begriff „super straight“.
Nach wenigen Tagen musste er das Video jedoch wieder löschen, da nach eigenen Angaben sowohl er als auch seine Mutter Morddrohungen erhalten hatten.

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Pater Tobias: „Wer etwas bewegen will, muss sich bewegen.“

Der Marathonpater - 60000 Kilometer gegen die Armut - Tobias Breer mit Jutta Hajek
Der Marathonpater – 60000 Kilometer gegen die Armut – Tobias Breer mit Jutta Hajek

Donnerstag, 4. Februar 2021: Die Anspannung und der Stress wegen den Auswirkungen der COVID-19-Krise, die in Deutschland vor einem Jahr begann, war Pater Tobias an diesem Abend deutlich anzumerken. Der Optimismus für seine Projekte im Stadtteil, der bei unserem ersten Treffen vor fast zwei Jahren beinahe physisch greifbar war, fehlte.

Was nicht verwundert: Besonders die Gastronomie ist von den Restriktionen wegen der Pandemie betroffen. Der zweite Lockdown, der seit dem 2. November 2020 das Infektionsgeschehen eindämmen soll, fordert seinen Tribut. Die Verluste durch fehlende Kunden, die nicht durch Außerhaus-Verkauf ausgeglichen werden können, treffen auch Pater Tobias und die Projekte der von ihm ins Leben gerufenen LebensWert gGmbH.

Das Herz des Projektes „LebensWerter Stadtteil“, das syrisch-deutsche Restaurant Sham, schwächelt wegen Umsatzeinbrüchen seit Beginn der Coronakrise. Spektakuläre Marathon-Events, wichtig um Spenden für Projekte zu sammeln, fallen aktuell wegen COVID-19 aus.

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Corona und Katastrophenschutz: Nichts läuft und alle drehen frei

Corona in einer Bearbeitung von K. Gercek

Zum 51. Mal seit dem 15. März 2020 unterhalten sich die Ruhrbarone mit Magnus Memmeler.  Bis heute sind 50 Interviews entstanden, die auf den Katastrophenschutz blicken und die Corona-Krise nachzeichnen. Im 51. Interview geht es natürlich um die Dritte Welle, um das sich verstätigende Unvermögen der politisch Verantwortlichen, um infektiösen Mallorca-Urlaub, selbstredend um den Katastrophenschutz  und einiges mehr. 

Ruhrbarone: Das war doch eine bemerkenswerte Woche, nicht wahr? Kann es sein, dass Ihnen einige zusätzliche graue Haare gewachsen sind? Da wir beide gar nicht mehr wirklich sortieren können, was uns am meisten in dieser Woche bewegt hat – Feuer frei. Wie sieht es aus, sind wir noch zu retten?

Memmeler: Nachdem ich im letzten Interview in den ersten Sätzen bereits eine recht eindeutige Aussage zur Performance unserer Politik abgegeben habe, muss ich nach dieser Woche direkt feststellen, dass die Bundesrepublik und die Länder bei der Pandemiebewältigung versagt haben. Wir werden aktuell vom Klerus und dem Kapital, aber nicht von Menschen geführt, die dem Volk dienen.

Das ZDF Politbarometer hat festgestellt, dass sich die Politik vollständig vom Meinungsbild der Bevölkerung und dem Rat der Wissenschaft entkoppelt hat. Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen des ZDF sagte:

„Wir hatten noch nie eine Mehrheit für Lockerungen.“

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Michael Rothbergs verkürzter Blick auf die Geschichte

Marienburg: Mittelalterliche Ordensburg des Deutschen Ordens im heutigen Polen Foto: DerHexer Lizenz: CC BY-SA 3.0

In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ zeigt der amerikanische Literaturwissenschaftler Michael Rothberg, dass er bei zwei Themen erhebliche Wissenslücken hat: Antisemitismus und Kolonialismus. Das ist ungünstig, wenn man als Experte für Antisemitismus und Kolonialismus wahrgenommen werden möchte.

Michael Rothbergs 2009 veröffentlichtes Buch „Multidirektionale Erinnerung“ erschien Ende Februar in deutscher Übersetzung. Rothberg und sein Konzept der „Multidirektionale Erinnerung“ wurden im vergangenen Sommer im Rahmen der Debatte um den Auftritt des Historikers und Philosophen Achille Mbembe als Eröffnungsredner, der schließlich wegen Corona abgesagten Ruhrtriennale von jenen zitiert, die Mbembe vor dem Vorwurf der

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Ist Annalena Baerbock die logische, kommende Bundeskanzlerin?

Annalena Baerbock hat Grund zur Freude. Quelle: Wikipedia, Foto: Scheint sinnig, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Dass die politische Stimmung in diesem Lande gerade massiv kippt, dürfte wohl niemandem entgangen sein. Waren ‚die Deutschen‘ über viele Monate hinweg mehrheitlich bis zum Jahreswechsel sehr zufrieden mit der Corona-Politik der Bundesregierung, macht sich aktuell mehr und mehr Frust breit, stürzen die Zustimmungswerte der ‚Regierenden‘ in Berlin massiv ab.

Die aktuellen Umfragewerte, insbesondere der CDU/CSU, spiegeln das deutlich wieder. Doch wo die Union verliert, da muss es eben auch Gewinner geben. Die Unzufriedenheit der Bürger, muss sich ja irgendwo bei der Konkurrenz wiederspiegeln. Und auch wenn ein Teil der Frustrierten in Zukunft zu Nichtwählern werden dürfte, müssen viele ihr Kreuz bei kommenden Wahlen dann woanders setzen, wenn sie denn mit ihrer Wahlentscheidung politische Veränderungen in diesem Lande herbeiführen wollen.

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