Wie in zahlreichen Städten findet auch in Bochum heute eine Gedenkfeier für die von islamistischen Terroristen ermordeten Journalisten des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo und die Polizeibeamten statt. Eine gute Idee, wenn sie nicht so fürchterlich überfrachtet und zaghaft daher käme:
*Gegen Islamismus UND gegen Islamhass. Wir trauern mit den Kollegen und
Angehörigen der Opfer des Pariser Anschlages!*
Unsere Mahnwache ist Bochums demokratische Antwort auf den feigen Anschlag auf die Redakteure von »Charlie Hebdo«. Wir wollen einen Raum bieten für alle jene, die mit ihrer Trauer, ihrer Wut nicht allein sein wollen. Wir setzen ein Zeichen wider den Hass, gegen die Hetze und für die Meinungsfreiheit. Wir sind in Gedanken bei den Opfern, bei ihren schwer verletzten Kollegen, bei den trauernden Freunden und Verwandten.
Wir grenzen uns klar ab von einer pauschalisierenden Verurteilung »der Muslime«. Willkommen sind uns alle, die religiösen Fanatismus ebenso ablehnen wie den rassistischen Müll der »Pegida«-Bewegung, alle, die mit uns einstehen wollen für Demokratie und gleiche Rechte.
Treff: Donnerstag, ab 17 Uhr vor der Glocke am Rathaus
Bochum gegen Fanatismus und Gewalt.
Gestern gingen überall auf der Welt Menschen auf die Straße um den Toten zu Gedenken und sich für die Freiheit einzusetzen. Meistens stand nur ein Satz auf den Plakaten: „Je suis Charlie„. Auf der Homepage des Magazins kann man sich entsprechende Plakatvorlagen in zahlreichen Sprachen herunterladen. Und mehr als diesen einen Satz braucht es auch nicht, um seine Trauer und Solidarität zu zeigen. Er sagt alles, er reicht vollkommen aus. Gestern gab es in Paris einen Anschlag auf die freie Presse. Er hat einen islamistischen, keinen antiismlamischen Hintergrund. Von daher macht es keinen Sinn, heute gegen „Antiislamismus“ auf die Straße zu gehen. Dafür gibt es genug andere Gelegenheiten – heute ist nicht der Tag dafür.
Aber ab morgen kann und muss man sich eine Frage stellen: Warum protestieren diejenigen, die aus guten Gründen gegen Nazis und Rassisten auf die Straße gehen, nicht auch, wenn Salafisten und Islamisten offen auftreten? Warum wurde dieses Thema denjenigen überlassen, die die Freiheit genau so hassen wie die Islamisten?
Das Problem ist doch die Distanzierung. Wie soll man als generell religionskritischer Mensch gegen Islamismus demonstrieren UND sich von Antiislamischen Menschen distanzieren? Ich hätte keine Lust mit Antiislamischen zusammen zu demonstrieren. Egal wie sehr ich den Islamismus verachte.
[…] Überfrachtetes Gedenken – In Bochum soll heute der Opfer des Pariser Attentats gedacht werden. Stefan Laurin von den Ruhrbaronen schreibt darüber wie überfrachtet diese Veranstaltung ist. Anstatt in bewusst einfacher und menschlicher “Ich bin Charlie” Manier zu gedenken, versucht man die Veranstaltung mit einer Botschaft gegen “Islamismus UND gegen Islamhass” zu verbinden. […]
Ich bin auch ein generell religionskritischer Mensch, weil ich die Annahme, dass es einen Gott oder welches andere höher Wesen auch immer gibt, nicht annehme. Andere nehmen sie an, und das gehört für mich genauso zur Religionsfreiheit wie meine Nichtannahme. Jeder kann annehmen, was er will. so lange er daraus nicht für andere, in diesem Falle als für die, die nicht an Gott glauben, Vorschriften ableitet und nicht behauptet, dass Gott eine absolute und damit undiskutierbare Wahrheit darstellt. Mit Leuten die ihre Religion so sehen, demonstriere ich gerne zusammen für die Religionsfreiheit.
Heute allerdings ist mir nicht danach zu Mute, denn offensichtlich haben gestern wieder einmal Menschen gewütet, die Religionsfreiheit so verstehen, dass sie ihnen Gewalt gegen nichtreligiöse Menschen erlaubt, ja geradezu erfordert, wenn sie durch diese ihren Gott und/oder Propheten beleidigt oder verlästert sehen. Solche Menschen sind meine Feinde, und wenn ich heute überhaupt demonstrieren wollte, dann ausschließlich gegen sie.
Noch nie sind sich islamistische Terroristen und islamophobe Radikale so nahe gewesen wie in dem Schlachthaus, in das die Mörder das Redaktionsgebäude von „Charlie Hebdo“ verwandelten. Was sie verbindet, ist ihr Hass auf die „Lügenpresse“, dem die Demonstranten in Dresden Montag für Montag grölend Ausdruck verleihen – nichts anders trieb die Attentäter an, die versuchten, die Lügenpresse zum Schweigen zu bringen.
Auch ich bin gegen Fanatismus und Gewalt. Und ich bin absolut erschüttert über den islamistischen Terroranschlag von Paris. Aber genau aus dem Grund, dass hier neben dem Islamismus auch gegen den Islamhass protestiert werden soll, bleibe ich dieser Veranstaltung fern!
So entgeht mir sicher auch der Anblick derjenigen, deren Hauptsorge ist, dass durch den islamistischen Terror der Islam in Misskredit gebracht werden könne…
#Roger,
beide Gruppen eint mehr als nur die „Lügenpresse“, jede der beiden Gruppe sucht nach einfachen Schemata, hängt an Traditionen und harten Strafen.
In beiden Weltbildern haben Freigeister, Homosexuelle, „Feministinnen“, etc. keinen Platz.
@Stefan,
eine ähnliche Frage stelle ich mir („Warum protestieren diejenigen, die aus guten Gründen gegen Nazis und Rassisten auf die Straße gehen, nicht auch, wenn Salafisten und Islamisten offen auftreten? “ + „Und mehr als diesen einen Satz braucht es auch nicht, um seine Trauer und Solidarität zu zeigen. „) in einem anderem Bericht auch die ganze Zeit bzw. an 2 andere auch immer wieder.
Es hätte der Stadt gut angestanden, wenn die Journalisten zu einer Demonstration aufgerufen hätten.
Ansonsten habe ich den Ausführungen von Arnold Voss nichts hinzuzufügen.
@Volker Steude: Zu der Demonstration hat ein Journalist aufgerufen. Wir haben aber der Gedenkveranstaltung in Köln den Vorzug gegeben.