Die „Souveränitätskonferenz“ des Compact-Magazins am vergangenen Samstag könnte ein juristisches Nachspiel haben. Chefredakteur Jürgen Elsässer hatte auf der Konferenz an der Freien Universität Berlin (FU) offen gegen ein zuvor ausgesprochenes Verbot von Ton- und Filmaufnahmen verstoßen. Er spricht von „Zensur“ – die FU von Vertragsbruch.
„Die FU-Leitung hatte wenige Tage vorher versucht, uns ein Audio- und Videoaufzeichnungsverbot aufzudrücken – und andernfalls mit Räumung gedroht. Ein finsterer Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit (…)“ schreibt Jürgen Elsässer auf seinem Blog. Das Verbot sei „grundgesetzwidrig“. Liegt hier tatsächlich Zensur vor? Bei der FU klingt das anders.
„Der Mietvertrag der Freien Universität mit dem Compact-Magazin sah eine Genehmigungspflicht für Ton- und Bildaufnahmen vor“, lässt die FU auf Anfrage der Ruhrbarone mitteilen. „Der Veranstalter hat erst kurz vor der Konferenz eine solche Genehmigung beantragt, die nicht erteilt wurde.“ Schon bei seiner Eröffnungsrede auf der umstrittenen Konferenz kündigte Elsässer nach eigenen Angaben an, das Verbot zu umgehen: „Compact jedenfalls wird sich nicht beugen, nicht erpressen lassen, das verspreche ich Ihnen“, sagte er vor Publikum.
Klagt die FU?
Dem ließ er Taten folgen. Er habe beschlossen, „sich das nicht bieten zu lassen“ und ließ „die Kameras trotz des Verbots laufen“, wie er selbst berichtet. Nun steht Ärger ins Haus. Laut Elsässer ließ die Uni-Leitung „schließlich mitteilen, dass sie auf eine Räumung des Saals verzichtet. Allerdings behält man sich Klagen gegen Compact und insbesondere gegen Jürgen Elsässer vor.“ Die FU sagt den Ruhrbaronen dazu: „Zurzeit wird geprüft, ob und welche Schritte die Freie Universität aufgrund der Nichteinhaltung des Vertrags einleiten wird.“
Bei der Konferenz am Samstag kamen laut Jürgen Elsässer rund 700 Leute in der FU Berlin zusammen, um die Frage „Wie wird Deutschland wieder souverän?“ zu diskutieren. Gekommen sind teils hochrangige Gäste wie etwa der als Nahost-Experte bekannte Journalist Peter Scholl-Latour. Dies sorgte im Vorfeld für Irritationen, sind Jürgen Elsässer und sein Compact-Magazin doch für die Verbreitung kruder Verschwörungstheorien und dem Hochjubeln von Diktatoren bekannt. Mitte des Jahres traf er den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Doch warum stellt die FU ihre Räumlichkeiten für solch eine Veranstaltung zur Verfügung?
„Gesellschaftspolitische Neutralität“
An der Uni gibt man sich eher zerknirscht: Um die „gesellschaftspolitische Neutralität“ des Campus‘ zu wahren, würden Räumlichkeiten der FU für Veranstaltungen „mit politischem oder religiösem Hintergrund grundsätzlich nicht bereitgestellt.“ Im Falle des Compact Magazins sei es zu einer Verkettung unglücklicher Umstände gekommen. Wegen eines „Personalengpasses“ in der zuständigen Dienststelle sei eine gründliche Überprüfung von Raumanfragen externer Interessenten nicht möglich gewesen. „In dieser Zeit ist auch die Anfrage einer Mitarbeiterin des Compact-Magazins eingegangen. Bei der Vermietung des Raumes im Henry-Ford-Bau wurde es leider versäumt, den genauen Hintergrund der Veranstaltung und der Veranstalter zu prüfen.“
Erst kürzlich sei man „durch einen Hinweis auf den nicht unumstrittenen politischen Hintergrund des Veranstalters aufmerksam“ geworden. „Leider war es zu diesem Zeitpunkt jedoch zu spät, um von den vertraglichen Verpflichtungen zurückzutreten.“ Für Jürgen Elsässer ist dies Wasser auf seine Mühlen. Er bekommt so die Gelegenheit, sein Blättchen als von Zensur bedrohtes Oppositionsorgan zu inszenieren. In seinem Nachbericht vergleicht er sein Heft mit der DDR-Bürgerbewegung und der ‘48er Revolution. Aus den verbotenerweise angefertigten Filmaufnahmen will Elsässer übrigens DVDs pressen lassen und zum Verkauf anbieten. Ob diese dann wieder eingestampft werden müssen, wird sich zeigen.
Lieber Martin Niewendick –
die FU-Leitung hat einen Fehler gemacht – sie hat nicht hin gekuckt. Diesen Fehler hat sie mit einem zweiten Fehler versucht auf zu fangen. Nette Idee – hat aber beim Elsässer nicht funktioniert.
Dumm gelaufen.
Warum das erste ein Fehler wirklich passierte – kann ich nicht beurteilen. Aber jemandem der für eine Konferenz ein Finanzierungsmodell hat – zu dem eben auch nachträglicher Video-Träger-Verkauf gehört, dem im Nachhinein das filmen zu verbieten – sorry – aber das ist ne typische Verwaltungsschikane. Das ist albern – und vor allem – unfair.
Da darf man sich nicht wundern wenn Jürgen Elsässer sich als Opfer sieht – und muss nicht noch ein „sein Blättchen“ hinterher werfen.
Seid doch ein wenig großzügiger. Obwohl ich in Düsseldorf wohne hab ich das Compact-Heft noch nie irgendwo im Handel gesehen. Über Euer „Ruhrbarone“ stolpert man, kaum hat man die Stadtgrenze von Ratingen hinter sich gelassen an fast jedem Bahnhof. Ist doch super.
Oder glaubt ihr (hab grad den Preis nachgeschaut) es gibt viele, die in Zeiten von YouTube, die fünfzig Euro für ein Konferenz-CD bezahlen?
Lasst uns doch lieber schauen, was da inhaltlich passiert ist – wie „identitär“ ist „souverän“ – was hat ein Gaullist uns zu erzählen … usw. – und soll Elsässer seine Vertragshändel mit der Uni selbst ausmachen.
@H.J. Valjent: Heft und Blog gehen bei den Ruhrbaronen seit dem letzten Heft, erschienen im Frühjahr, getrennte Wege. Wir sind befreundete Projekte, haben aber direkt miteinander nichts mehr zu tun. Es gibt auch nur noch geringe personelle Überschneidungen.
https://plastic-bomb.eu/cms/index.php/artikelkolumnen/aus-dem-leben/3424-ruhrbarone-magazin-sucht-dichbzw-deine-jacke
Um Herrn Valjents Kommentar besser würdigen zu können sollte man wissen das er und Herr Elsässer zumindest in Facebook seit längerem gut miteinander bekannt sind.
Lach, mit Dir bin ich doch auch „gut bekannt“.
Aber, würdigen find ich immer gut -g-
(vielleicht sollten die Weicheier die sich nicht trauen mit ihrem Namen für ihre Sprüche grade zu stehen, sich meine Kennliste mal genauer ansehen – da stehen noch viel -problematerischere- als Elsaesser und er selbst.
Und im übrigen – mein Profil stammt aus einer Zeit, da gab es noch kein „Abonnieren“ – da musste man „freundeln“ wenn man wissen wollte wo was an Infos laeuft. Aber – das weiss „Informant“ natuerlich, da kennen sich VT´ler ja aus -g- )
Mal so als Tipp – man kann auch zur Sache was sagen –
und nicht nur schlechte Luft verbreiten.
An der FU Berlin ist ein Gebäude nach dem antisemitischen Hetzer, Nazi-Aufrüster und Hitler-Inspirator Henry Ford benannt?
@#5, so hab ich das noch gar nicht gesehen.
@#4, sich die Ergebnisse der „Konferenz“ anzusehen ist müßig. Da treffen ein paar 9/11-Spinner (Compact: „CIA-Agent Osama Bin Laden“) und Antisemiten (KenFM: „ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat”) auf abgehalfterte Sowjet-Funktionäre und „Experten“ jenseits der 80. Und die wollen Deutschland wieder zur „Souveränität“ führen? Das ist gruselige Realsatire.
@ #2 | Stefan Laurin
Warum die Trennung, aber Beibehaltung des gleichen Namens? Was ist denn die Ausrichtung des Heftes? Finde da leider keine Webseite zu, die mehr verrät.
@Norbert: Beide Projekte sollten Eigenständig bleiben, die enge Bindung hätte zu Kompromisse geführt, auf die keiner Lust hatte. Und der Name bleibt, weil es ja das Ruhrbarone -Magazin ist.
Hatte im Kopf immer gespeichert, dass das Magazin ein Best-of des Blogs sei … da habe ich wohl was falsch verstanden.
Sind etwa jetzt schon Politiker und Diplomaten unterschiedlichster Herkunft, wie z.B. Helmut Schäfer (früher Staatsminister im AA) oder der ehem. russische Botschafter Falin, für die Ruhrbarone zu suspekt?
Und: Was genau ist mit „solch eine(r) Veranstaltung“ gemeint?
Greifen da nicht alte Zuordnugnsmechanismen – von Euch unbemerkt – ins Leere? Ein Kampf gegen eingebildete bzw. herbeigeredete Feindbilder?
Lasst doch mal Eure verstaubten Schubladen zu und macht dafür den Geist ein bisschen auf!
@ Waldfee # 10
Auch auf der politischen Resterampe gibts unterschiedliche Qualitäten. Aber Resterampe bleibt trotzdem Resterampe. 😉
@#6: Die Vergangenheit des O.B. Laden ist ja nun bei weitem nichts Exotisches mehr – genügend Quellen belegen diese nicht gerade exklusiven Bande zu den USA samt Geheimdiensten. Zur Zeiten der Mudshaheddin in Afghanistan waren die Zusammenhänge ja sogar Bestandteil hiesiger Nachrichten – öffentlich-rechtlich.
Zu Ken Jebsen: Das Zitat, seinerzeit von Broder aus dem Zusammenhang gerissen, hat als Objekt der Aussage die PR (Grammtik und so, ganz schön schwer, das).
Übrigens ein Thema, dem sich Tom Segev ebenfalls widmet, mit einem ganzen Buch. Aber der ist ja Israeli und eignet sich somit nicht für so arg kurzgreifende und plumps!te Polemik, gell?
https://de.wikipedia.org/wiki/Tom_Segev
Einmal unabhaenging von der Veranstaltung zeigt sich die FU-Verwaltung doch etwas sehr 20. Jahrhundert: ‚Erst kürzlich sei man „durch einen Hinweis auf den nicht unumstrittenen politischen Hintergrund des Veranstalters aufmerksam“ geworden. „Leider war es zu diesem Zeitpunkt jedoch zu spät, um von den vertraglichen Verpflichtungen zurückzutreten.“ ‚
Ach so, die koennen nicht eigenstaendig googlen, sich ueber Antragsteller informieren und dann im Zweifelsfall eine fadenscheinige Ausrede erfinden, wenn der Veranstalter nicht passt? Ne, erstmal Antrag annehmen und dann ins Schwimmen kommen, wenn es einen ’nicht unumstrittenen politischen Hintergrund des Veranstalters‘ gibt…gerade bei der FU muesste man doch mit der Zeit sensibilisiert worden sein, denn es gibt doch immer wieder Gruppen die politisch umstritten sind. Oder man winkt alles durch-aber dann muss man nicht mit juristischen Finten kommen, wenn es Videoaufnahmen gibt…
„Durch ihre Unglaubhaftigkeit entzieht sich die Wahrheit dem Erkanntwerden.“
Schon Heraklit von Ephesos hat um 500 vor Christus mehr gewusst, als der Verfasser dieses Textes über die Compact-Konferenz. Schon wieder einmal zeigt sich, dass sich die Oberflächlichkeit des Denkens und Handelns unserer Gesellschaft auf fast alle Bereiche ausgedehnt und nun auch Teile der Journalisten erreicht hat. Wer sich über die Außenumstände so einer Konferenz echauffiert, ohne sich den Inhalten zu stellen – um die es sich zu kämpfen lohnt(!) – der wird die Wahrheit erst dann zulassen, wenn es für den Prozess des Erkanntwerdens viel zu spät ist.
Ich fühle mich zunehmend bloß noch auf solchen Vernastaltungen wohl,weil hier perspektivisch einiges zurechtgerückt wird.
Wie ein Kommentator schrieb…. “ An der FU Berlin ist ein Gebäude nach dem antisemitischen Hetzer, Nazi-Aufrüster und Hitler-Inspirator Henry Ford benannt? “
Aber natürlich Heerscharen von Intellektuellen und Proffesoren und Journalisten erklären schon warum das in ordnung ist…..
Nee Compact Magazin ist kein „Blättchen“ und Elsässer kein Diktatorenfreund genauso wenig wie der Heute Journalist,der auch Ahmadinschad interviewt hat,jedenfalls solange nicht,bis man es dieser Sprechpuppe befiehlt.
Elsässer ist nur bemüht dem Iran auch ein Gesicht zu geben damit man hier nicht wieder so leichtfertig drüberbomben kann wie seinerzeit den Irak u.a.
Was von solchen Regimen perse zu halten ist,muss Elsässer seinem Publikum nicht wie ein Kindergärtner vorkauen.
Dafür haben wir ARD/ZDF Spiegel,die bereiten das Feld für die Akzeptanz ganze Länder zu zerstören.
Das wird aber dank Elsässer zunehmend schwerer.
Es sind mittlerweile zwar ein paar Tage ins Land gegangen. Trotzdem hänge ich mich hier noch mal dran.
Elsässer und sein Dunstkreis haben die Verbreitung von politischen Verschwörungstheorien zu ihrem Geschäftsmodell gemacht. Offenbar finden sich tatsächlich genügend Wirrköpfe die für Merchandise-Artikel Elsässers zumindest so viel Geld ausgeben, dass er über die Runden kommt. Eigentlich könnte man sagen, lass ihn doch quatschen und vergiss es. Doch wenn man sich z.B bei Youtube die Kommentare zu seinen und den Videos seines Haus- u. Hoffilmers Frank Höfer (alias Hartmut Beyerl?) ansieht, kommt einem das blanke Grauen. Da sind auch Links- u. Rechtsaußen friedlich vereint und breiten ihre krude Weltsicht aus. Will sagen, wenn sich genügend geneigtes Publikum (sh. auch einige der obigen Kommentare) findet, eignet sich Ellsässer schon zum Führer.
[…] dazu führte, dass die FU die reaktionäre Versammlung auslud. Die Uni reagierte lediglich mit wachsweichen juristischen Drohungen, die hinterher nicht umgesetzt […]
Die haben ernsthaft im „Henry-Ford-Bau“ getagt?
Na dann: passt doch. 😀
Und irgendwie bezeichnend, dass die FU einen solchen Bau hat.
Zum Aspekt „Henry-Ford-Bau“: Die FU-Verantwortlichen haben sich schon vor Jahren darauf herausgeredet, dass das Gebäude nicht nach dem Antisemiten und Hitler-Fan Henry Ford, sondern nach dessen Enkel Henry Ford II benannt sei. Über des letzteren politische Ansichten ist meines Wissens wenig bekannt.
Seien wir froh, dass Himmler keine Enkel hat 😉