Die Europäische Union ist nach wie vor eine wunderbare Idee. Politiker wie Ursula von der Leyen schaden ihr. Sie ist die schlechteste Spitzenkandidatin, die sich die Union aussuchen konnte.
Seit vielen Jahren gehört der Slogan „Leistung muss sich wieder lohnen“ in verschiedenen Varianten zum festen Wahlkampfrepertoire der Unionsparteien. Bei der Europawahl im Sommer werden sie ihn kaum verwenden können, denn die Entscheidung mit Ursula von der Leyen, vorbehaltlich der Zustimmung der Europäische Volkspartei, zur Spitzenkandidaten zu küren, passt nicht mit dem Leistungsgedanken zusammen. Während der Coronapandemie zog von der Leyen, die Beschaffung der Impfstoffe an sich. Nicht eine Gruppe von Staaten, wie es der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon auf den Weg gebracht hatte, sondern die EU sollte für alle die Impfstoffe kaufen. Das Ergebnis war eine Katastrophe, ein typisches Beispiel von von der Leyens Hang zum Großsprech, der meist nicht zum Erfolg führt. Das Einkaufsmanagement der EU war eine miserabel: Im Februar 2022 waren bereits 52,4 Prozent der Israelis geimpft, in Großbritannien lag die Impfquote bei 26,39 Prozent und in den USA bei 13,32 Prozent. In Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich waren hingegen nur zwischen 3,8 und 4,2 Prozent der Menschen geimpft. Von der Leyen war es nicht gelungen, ausreichend Impfstoff für die Bürger der Europäischen Union zu kaufen. Der Merkur schrieb damals: „Dass die Impfquoten in vielen Ländern höher sind als in Deutschland, liegt insbesondere daran, dass früher mit dem Impfen begonnen wurde. Deutschland setzte auf eine gemeinsame Strategie aller EU-Staaten. Die Beschaffung von Impfstoff wurde somit an Brüssel delegiert. Ein Überbietungswettbewerb um die Erstzulassung sollte vermieden werden. Die 27 Mitgliedsstaaten der EU setzten auf Gemeinschaft statt Alleingänge – ein Schritt, der von vielen Beobachtern im Sinne des europäischen Geistes gelobt wurde, mittlerweile aufgrund von teils eklatanten Fehlern der EU-Kommission jedoch in der Kritik steht.“
Man muss davon ausgehen, dass dieses Versagen das Leben vieler Menschen gekostet hat. Für von der Leyen kein Grund, Konsequenzen zu ziehen.
Von der Leyens großes Projekt war und ist der European Green Deal. Europas Wirtschaft soll klimaneutral umgebaut werden. Doch wo andere Staaten auf neue Technologien setzen, ist die Antwort von der Leyens auf die Herausforderung des Klimawandels mehr Bürokratie und Regulierung. Nicht Leistung, das Schwingen von Behördenstempeln wird so auf Kosten der europäischen Wettbewerbsfähigkeit belohnt.
Im Jahr 2000 klang das noch anders: Damals wollte die EU mit der Lissabon-Strategie zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt“ werden. Wer ähnlich ambitionierte Pläne in der Zeit von der Leyens von der EU erwartete, wurde enttäuscht. Der technologische Abstand Europas zu China und den USA wächst, Europa arbeitet unverdrossen an einem grünen Bullerbü mit gestrengen Bürokraten.
Die Union präsentiert sich mit von der Leyens nicht als Alternative zur Ampel, sondern stützt das Gefühl vieler Bürger, es sei sowieso egal, wen sie wählen, weil sich ohnehin nichts ändert. Von der Leyen als Spitzenkandidatin ist nicht gut für die Union, Europa und den Glauben an die Wirksamkeit von Wahlen.