Corona ist nicht vorbei!

Immer noch bringt Corona den Tod. (Symbolfoto. Foto von The Good Funeral Guide auf Unsplash)

Vor zweieinhalb Wochen konnte ich nicht richtig denken. Einige hier werden sagen, dass das bei mir keine Veränderung ist, subjektiv war es das aber. Ich konnte nicht fokussieren, meine Gedanken nicht ordnen, sie nicht richtig formulieren, hatte starke Kopfschmerzen. Ich hatte Corona. Die rein körperlichen Symptome waren deutlich weniger: es fühlte sich durchgehend so an, als hätte ich eine leichte Erkältung. Nun bin ich seit Mitte letzter Woche negativ, aber es ist nicht vorbei: ich bin kurzatmig, schnell erschöpft, und gestern abend fiel es mir schwer, das, was ich dachte stringent in die Formung der richtige Worte zu übersetzen.

Im ÖPNV ist nun die Maskenpflicht gefallen, und verschiedene Berichte überbieten sich in Aussagen dazu, was alles während der Lockdowns und in der Folge nicht zielführend war. Querdenker jubeln, und ich bekomme Mails und tauche in Internetforen auf, in denen ich gefragt werde, ob ich nicht bereue, was ich die letzten Jahre über Corona und die Querdenkertrolle geschrieben habe. Nein, ich bereue nichts, und nein, Corona ist nicht vorbei.

Schaut man in die Zahlen des RKI vom 26.1.23 so gab es allein in der ersten Woche des Jahres 732 Corona-Todesfälle. In den beiden Wochen davor waren es 913 bzw. 1012 Tote – durch eine Krankheit, von der viele glauben, es gäbe sie eigentlich nicht mehr. 2657 Tote in drei Wochen. Es interessiert schlicht niemanden mehr. Ja, dann sterben die halt, aber das soll uns doch unsere gute Laune nicht vermiesen. Die Angehörigen der 2657 Toten werden das anders sehen, aber die sollen sich nicht so anstellen.

In meinem erweiterten Umfeld bekomme ich immer mehr die Haltung mit, dass Corona eine knappe Woche bis 10 Tage dauert, mehr oder minder wie eine schwere Erkältung verläuft, und gut ist. Dann ist man wieder voll arbeitsfähig – gefälligst. Denn wir haben es ja hinter uns. In meinem näheren Umfeld häufen sich indes die Berichte insbesondere von Schäden nach der Infektionszeit. Menschen übernehmen sich. Ich kann das für mich nur bejahen. Kaum war ich negativ, trieb ich wieder Sport, arbeitete viel, sah nicht, dass ich Auszeiten brauchte. Das war falsch. Denn Corona ist und bleibt ein Arschloch. 2657 Tote in drei Wochen.

Wir haben nach wie vor keine Impfung, die zuverlässig vor Corona schützt. Die vorhandenen Impfungen verringern im Durchschnitt die Symptome deutlich, und die Bilder der Särge in Italien und des Chaos auf den Krankenstationen erscheinen weit weg. Es ist gut, dass wir dem Virus einen großen Teil seines Schreckens nehmen konnten, aber es ist nach wie vor da.

Ja, unter den Corona-Schutzmaßnahmen haben Menschen gelitten. Vor allem bei den Kindern und Jugendlichen ist das ein nunmehr wissenschaftlich evidenter Fakt. Bildungsprobleme entstanden und verschärften sich, die psychische Gesundheit wurden in einem großen Ausmaß gefährdet, Probleme in der sozialen Entwicklung kommen hinzu. Wir müssen das angehen, und wir dürfen nicht glauben, dass diese Themen einfach, gewissermaßen von alleine, verschwinden werden.

Das macht aber die Schutzmaßnahmen der Vergangenheit nicht per se falsch. Mit Blick auf die Daten, die man zum Zeitpunkt der Einführung dieser hatte, testtheoretisch war es ein Handeln unter Unsicherheit, waren die Maßnahmen nachvollziehbar. Dass es dann in der Folge zunehmendes Chaos hinsichtlich des Vorgehens gab, habe ich oft kritisiert, und auch, dass man nicht in der Lage war, Exit-Szenarien zu entwickeln.

Corona tötet. Täglich. Nach wie vor. Ich trage in vielen Kontexten nach wie vor meinen Mund-Nase-Schutz. Wie lange? Keine Ahnung, aber für mich fällt diese Maßnahme nicht automatisch weg, nur weil der Gesetzgeber sie nicht mehr vorsieht. Und sicherlich werde ich mich auch weiterhin gegen Corona impfen lassen, solange bis wir einen sicheren Impfschutz gegen das Virus haben, und werde diesen nötigenfalls auch jährlich erneuern. Bei der Grippe tue ich das auch.

Aus den Augen haben wir diejenigen verloren, die wir vor einiger Zeit noch respektvoll als „vulnerable Gruppen“ bezeichneten. Ist Corona nun für sie weniger gefährlich? Die Antwort auf diese rhetorische Frage ist natürlich ein klares Nein.

Auch wenn es viele nicht hören wollen: Corona ist noch da, und es wird noch länger da bleiben. Ja, die Situation hat sich geändert, die schweren Verläufe und Todesfälle sind dankenswerterweise – und hier gilt es der Wissenschaft und Forschung und nicht Youtube-Schwurblern oder Jana aus Kassel zu danken – deutlich weniger geworden. Aber wir müssen nach wie vor wachsam sein, und uns, und andere schützen. Nun in Eigenverantwortlichkeit. Die leise Hoffnung bleibt, dass man mittlerweile gelernt hat, was dieser Begriff bedeutet.

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Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
1 Jahr zuvor

Corona ist heute inetwa so tödlich, wie andere Erkrankungen, gegen die keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden. Corona hat das Niveau eines alltäglichen Lebensrisikos erreicht.
Natürlich waren nicht alle Coronamaßnahmen falsch. Manche überschießende Maßnahme ließ sich mit Vorsicht begründen. Es gab aber auch nach dem Stand der Wissenschaft seinerzeit glatt unsinnige wie, Ausgehverbote, Aasen mit Desi, Schulschließungen…
Diese Maßnahmen lassen sich lediglich mit Hysterie, politischem Aktivismus, Glaube an Zeichenhandlungen, Wichtigtuerei, passiv-aggresiver Grundhaltung und einer gewissen Misanthropie etc.pp. erklären.

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