Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken und die Linken fordern die Einführung einer Vermögenssteuer, um die Kosten der Corona-Krise zu schultern. Wie wollen wir die Kosten bezahlen? Esken und die Linke stellen die richtigen Fragen. Ihre Antworten sind aber Populismus pur.
Saskia Esken hat ein dickes Lob verdient. Als eine der ersten Politikerinnen hat sie die Fragen nach der Finanzierung der Corona-Krise aufgeworfen. Die anderen beschließen milliardenschwere Hilfsprogramme für die Wirtschaft, ohne sich über die Finanzierung einen Gedanken zu machen. Kein Wunder. Die Antwort auf die Frage, wer das alles bezahlen soll, könnte uns allen weh tun. Vom Hartz-IV-Empfänger bis zum Vermögenden, den Frau Esken mit einer Steuer belangen möchte.
Allein Hilfsprogramme kosten 1.200 Milliarden Euro
Wie viel uns das Virus kosten wird, steht noch in den Sternen. Doch ein paar Zahlen kennen wir schon. So kosten allein die Soforthilfe-Programme für Unternehmen 1,2 Billionen Euro. Also 1.200 Milliarden. Vorerst. Denn längst ist klar, dass weitere Programme folgen werden. Hinzu kommen Steuerausfälle, die der Bund auf 33,5 Milliarden Euro beziffert, den Kommunen fehlen schon jetzt elf Milliarden aus der Gewerbesteuer oder Einnahmen wie Hallenbad-Eintritt oder Knöllchen. Doch dabei wird es nicht bleiben. Durch steigende Arbeitslosigkeit werden auch die Sozialkosten nach der Krise steigen.
Vermögenssteuer – nicht mal Tropfen auf heißen Stein
Angesichts dieser gigantischen Summe muss sich die Politik Antworten überlegen. Die der Linken heißt: Wenn wir die Reichen belasten, kommen wir da durch, ohne dass die Ärmsten der Armen oder der Mittelstand leiden muss. Doch das ist populistische Augenwischerei. Als der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel im Herbst die Pläne der SPD zur Vermögenssteuer vorstellte, sprach er von zusätzlichen Einnahmen von zehn Milliarden Euro. Experten bezweifelten, dass sich diese Summe wirklich erwirtschaften ließ. Aber unterstellen wir mal, dass die Zahl der SPD richtig ist, dann wäre eine Vermögenssteuer nicht mal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Bei mindestens 1.245,5 Milliarden Euro Corona-Kosten kann einer Vermögenssteuer nicht einmal einen Prozent der Gesamtkosten abdecken.
Redet man mit Linken weiter bringen sie als zweiten Punkt gern die Finanztransaktionssteuer ins Spiel. Mal davon abgesehen, dass die längst für die Grundrente verplant ist und dass sie aufgrund des Widerstandes anderer europäischer Staaten ohnehin nicht kommt, wäre auch diese Summe viel zu klein. Gerade mal 1,5 Milliarden Euro Einnahmen plant SPD-Finanzminister Olaf Scholz aus der Transaktionssteuer ein.
Finanzierung über Schulden?
Immerhin muss man Esken und der Linken zugute halten, dass sie überhaupt Vorschläge unterbreiten. Das unterschiedet sie wohlwollend von anderen Politikern, die eher im Vagen bleiben und wohl hoffen, dass Geld vom Himmel regnet. Ja. Von neuen Schulden ist die Rede. Ohne wird es wohl nicht gehen. Da aber auch die irgendwann zurückgezahlt werden müssen, ist das Problem damit allenfalls aufgeschoben. Oder wird in die Verantwortung nachfolgender Generationen geschoben.
Es wird uns also nichts anderes übrig bleiben als wirklich alles infrage zu stellen. Alle freiwilligen Ausgaben von Staat und Gemeinden werden auf den Prüfstein gestellt werden müssen. Das gilt auch für Sozialleistungen. Hinzu werden empfindliche Steuererhöhungen kommen, die aber eigentlich keiner will, weil sie die Wirtschaft zwangsläufig weiter abwürgen würden. Auch deshalb wird schon jetzt über eine Reduzierung der Mehrwertsteuer diskutiert. Das würde aber ein noch größeres Loch in unsere Kassen reißen.
Rentenkürzungen, Streichung Sozialleistungen, Steuererhöhungen
Bislang drückt sich die Politik um diese unangenehmen Wahrheiten und macht weiter als wäre nichts passiert. Gestern (22.04.20) hat die Regierung die größte Rentenerhöhung seit Jahrzehnten beschlossen. Ein fatales Signal, das der Bevölkerung sagt: Ist doch alles nicht so schlimm, wir können uns sogar mehr Geld für Rentner leisten. Dabei muss der Staat schon heute 100 Milliarden Euro zuschießen, damit die Rentenkasse nicht pleite macht. So etwas werden wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können. So wie viele andere lieb gewonnene staatliche Leistungen auch nicht.
Wir müssen dringend unser Leben an den Virus anpassen und dafür schnellstens Strategien anpassen. Die Summen, sozialen Verwerfungen und gesundheitlichen Opfer bei einem weiteren Shutdown sind kaum zu ertragen.
Ebenso muss auch klar sein, dass bestimmte Bereiche für einen größeren Zeitraum nicht funktionieren werden. Hier müssen auch Anpassungen/Jobwechsel erfolgen.
Es wird immer deutlicher, dass die Politik einfach keine Exit-Strategie und keine Kriterien für Beschränkungen/Wiederzulassungen hat.
Von welchem Zuschuß ist da die Rede? Doch nicht etwa der halbherzige Ausgleich für vorher aus der Rentenkasse entnommene versicherungsfremde Leistungen? Da sind 100 Milliarden Rückzahlung wohl eher ein Witz. Schauen sie sich bitte mal die versicherungsfremden Leistungen an. Die hätten sonst aus Steuermitteln finanziert werden müssen
"So kosten allein die Soforthilfe-Programme für Unternehmen 1,2 Billionen Euro. Also 1.200 Milliarden. Vorerst."
Könnten Sie das bitte mit einer Quelle unterfüttern und angeben, auf welchen Zeitraum sich diese Ausgabe erstreckt?
Ganz abgesehen davon zeigt diese Zahl, welch Wahnsinn wir durch die völlige Vereinseitigung der Perspektive (wichtig ist nur die Eindämmung) man begeht. Uns fliegt der ganze Laden um die Ohren, dann ist das größte Problem schon bald nicht mehr, was auf Netflix läuft oder wie man sich eine schicke Corona-Maske, Pinterrest sei Dank, selber näht.
Ich habe ganz oft den Eindruck, dass die Mehrheit derer, die an vorderster Front den Lockdown herbeiwünschen und sogar noch als "Entschleunigung" wahlweise verniedlichen oder ideologisch ausschlachten, nicht auch nur einen blassen Schimmer davon haben, was da eigentlich anrollt.
Ganz schlimm, dass die Politik diese gigantischen Folgen auch noch willkürlich und wechselnd begründet, intransparent belegt, keine sichtbare Strategie verfolgt ("auf Sicht fahren", ergo "Blindflug") und es keine der Größe der Situation angemessene Form zur demokratischen Partizipation gibt.
@Psychologe. Ganz Ihrer Meinung… Die 1,2 Billionen hat Olaf Scholz selber mal genannt. Ist aber auch in verschiedenen Quellen nachzulesen. Zum Beispiel im Handelsblatt
gestern Abend noch etwas tv geschaut, gezappt, eine Diskussion bei PHOENIX, Prof. Sinn war zugeschaltet, ein tv-Korrespondentin (ARD ?) aus Rom auch
Sinn wies darauf hin, dass Italien Kredite in Frankreich aufgenommen habe und das man ja auch Schuldenschnitte in Betracht ziehen könne. Sonst würden durch Gelder aus der EU nur die Kredite bedient, nicht aber die italienische Wirtschaft gerettet, bei den Betrieben vor Ort käme ja nichts an.
Schuldenschnitte.
Vielleicht eine Lösung für Städte (z.B. im Ruhrgebiet)?
Wie sonst können diese Städte die Ausfälle an Einnahmen (Gewerbesteuer wird z.Z. gestundet usw.) verkraften?
@ Michael Westerhoff:
Getragen wird diese Situation auch noch von einer grundsätzlich wirtschaftsfeindlichen Haltung als typisch deutschem Kulturelement. Das macht auch vor schlauen Leuten nicht halt. So erklärte der bekannte Astrophysiker Harald Lesch gegenüber dem „Focus“ jüngst:
„ Ich kann Deutschland und fast die ganze Welt nur beglückwünschen. Ich halte das, was passiert ist, für eine zivilisatorische Hochleistung. Wir fahren unser globales Wirtschaftssystem fast auf Null herunter, um unsere Gesundheitssysteme so zu schützen (…) Für mich ist es vor allem auch ein Sieg der Moral über die Ökonomie.“ (Quelle: https://www.focus.de/wissen/mensch/zdf-professor-harald-lesch-beim-coronavirus-hat-sich-wirklich-der-poebel-entladen_id_11900003.html).
Die Wirtschaft als amoralische Entität, über die zu Siegen eine zivilisatorische Höchstleistung darstellt.
Diese Denke dürfte weit verbreitet sein. Wirtschaft ist da etwas, bei dem vielen Menschen nicht mehr als Buzzwords wie „Bosse“, „Cum-Ex“ und „Fette Gewinne“ einfallen. In jedem Fall sind „die Menschen“ und „die Wirtschaft“ getreu dieser Denke voneinander verschieden, wenn nicht gar letztere eine Form der unnatürlichen Entartung darstellt. Eigentlich DIE populistische Blaupause schlechthin.
Meine Befürchtung ist, dass ein gewisses Erwachen erst dann eintritt, wenn der strukturelle Schaden schon erheblich geworden ist. Im Moment erzählen mir noch viele Menschen, dass das meiste doch ganz normal weiterlaufen würde („die paar Geschäfte“). Aspekte wie der zeitliche Verzug oder die Verstrickung des eigenen Wohlstands mit internationalen Wertschöpfungskreisläufen, kommen in der Wahrnehmung nicht vor. Wenn es dann aber knallt, werden Schuldige gesucht werden. Ich prognostiziere, dass dann nicht die Stunde der politisch gemäßigten schlägt.
Wer das bezahlen soll? Natürlich der kleine Mann durch "Solidaritätsabgaben" und eine steigende Inflationen, gegen die man sich nicht wehren kann. Wer kann hat sein Vermögen längst in einer Steueroase vor dem Zugriff des Fiskus versteckt.