Da: Testcard # 21

Ausgabe 21 von Testcard ist erschienen. Testcard Redakteur Christian Werthschulte stellte das neue Heft gestern in Bochum vor.

„Überleben – Pop und Antipop in Zeiten des Weniger“ ist das Schwerpunktthema der neuen Ausgabe des Popkulturmagazins Testcard. Testcard Redakteur Christian Werthschulte stellte das Heft gestern Abend im Rahmen eine Lesung im Sozialen Zentrum in  Bochum vor und las aus der aktuellen Ausgabe.

Testcard selbst beschreibt wie folgt :

Popkultur, das war lange Zeit Rebellion gegen alles ­Bürgerliche – Rebellion lebte im und aus dem Überfluss. Junge und schöne Menschen führten vor, dass Leben intensiver, cooler, freier und glamouröser sein kann! Wer dabei zu Tode kam, starb als jugendlicher Märtyrer im Dienste des Vitalismus. »Live fast, die young«, wer dieses Ziel verfehlte, kaufte sich dann eben später doch eine Villa nebst Treppenaufgang für die Platinschall­platten.

Sicher war es früher nicht nur so, und sicher ist es heute nicht nur anders. Aber das Klima seit dem ›Golden Age of Pop‹ hat sich kulturell, sozial und ökonomisch fundamental verändert. Damit ist ein Pop-Tabu berührt. Denn Teil der Geschäftsgrundlage von Pop war es, die Frage nach der eigenen Lebensgrundlage immer als Nebenwiderspruch zu behandeln. Letztendlich sollte sie sich von selber regeln: durch wirtschaftlichen Erfolg, solidarische Netzwerke oder undergroundige Bedürfnis­losigkeit. Und ist die aktuelle Konjunktur von Über­lebens-Fragen nicht vielleicht nur die Bestätigung dafür, dass der allgemeine Sicherheitswahn nun auch Pop- und Subkulturen erreicht hat?

Überleben – in vielen der Texte und Interviews  geht es dann auch darum, wie die wirtschaftlichen Perspektiven derjenigen sind, die versuchen in dieser Branche zu arbeiten und die nicht davon leben, sie, ausgestattet mit staatlichen Subventionen und ohne viel Ahnung, zu als Heilsbringer der wirtschaftlichen Erneuerung zu  propagieren.

Der  Beitrag des US-Wissenschaftlers Chuck Kleinhans »Creative Industries«. Neoliberale ­Fantasien und die harten ­Fakten der ­weltweiten Rezession wirft einen Blick auf die Situation der Brache in den USA. Seit 2007 wurden dort 10 Prozent aller Jobs abgebaut. Die Arbeit gibt es natürlich noch: Sie wird jetzt nur nicht von Angestellten gemacht, sondern von Freien, die sich von Job zu Job hangeln, schlecht abgesichert und gezwungen sind ihre technische Ausstattung und die Fortbildungskosten selbst zu tragen.

Mehrere Artikel beschäftigen sich auch mit der sowohl spannenden als auch ungelösten Frage, wie und ob Musiker in Zukunft noch von ihrer Musik leben können. Und wie das gehen soll. David Schertgens schlägt in seinem Artikel Arts Gratia Artis vor, das Urheberrecht beizubehalten, aber über ein Lizenzsystem vom Creative Commons verschiedene Nutzungsmöglichkeiten anzubieten, die sowohl den Bedürfnissen der Künstler als auch der Nutzer mit ihren Unterschiedlichen Interessen gerecht werden – verbunden mit dem freiwilligen Verzicht auf Raubkopien.

Schön auch die Imaginäre Diskussion mit Marilyn Monroe, Karl Marx, Theodor W. Adorno, 2Pac Shakur, amy Winheouse, Curt Cobaine Elvis Presley, John Lennon und Frank Zappa über die Frage des Tauschwerts von Pop. abgedrehtes Zeug.

Nach der Lesung gab es noch eine Diskussion zum Thema: Wieso reden die Kreativen eigentlich ständig über alles, nur nicht über ihre wirtschaftlich oft problematische Situation? Gute Frage, kann man ändern.

Testcard 21 kostet 15 Euro, hat 334 Seiten und wo man es bekommen kann steht hier.

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