Heute erscheint der umstrittene Kriminalroman der Bochumer Autorin Gabriele Brinkmann. Der Düsseldorfer Droste-Verlag hatte sich geweigert das Buch zu drucken, weil es islamfeindlich sei und die Verlagsmitarbeiter und ihre Familien gefährde. Mit dem Leda-Verlag aus Niedersachen hat sich nun aber doch jemand gefunden, der in den letzten Tagen das Buch gedruckt und am Freitag öffentlichkeitswirksam auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt hat.
Gabriele Brinkmann und der Droste-Verlag. Das war bisher eine Erfolgspartnerschaft. Erst im September erschien ihr Roman "Für kein Geld der Welt". Außerdem hat Droste Brinkmann als Teil des Autorenduos Minck & Minck unter Vertrag, das mit den skurrilen Maggie-Abendroth-Ruhrpottkrimis hohe Auflagen erzielt.
Im August vergangenen Jahres hat Droste mit Brinkmann den Vertrag über einen neuen Kriminalroman geschlossen. Damals war schon klar, dass es um das Thema Ehrenmord gehen würde. Im August dieses Jahres sollte das Buch dann in Druck gehen, doch Verlagsleiter Felix Droste nahm den Roman aus dem Programm. Brinkmann hatte sich nach heftigem Streit geweigert folgende Textpassagen zu ändern. "Die stehen vor dir und heulen und lügen das Blaue vom Himmel herunter – und haben zehn Minuten vorher ihre Frau abgestochen, weil der Prophet es so wollte." oder "Schiebt euch euren Koran doch …". Droste befürchtete ähnliche Reaktionen wie bei den Mohammed-Karikaturen. In einem TAZ-Interview berichtet er sogar von Morddrohungen, die er erhalten habe. Brinkmann kann die ganze Aufregung nicht verstehen: "Wir haben in Deutschland eine Demokratie, künstlerische Freiheit und Meinungsfreiheit", sagte sie im Gespräch mit mir. "Wenn eine Figur im Roman islamfeindlich ist, dann muss ich das auch so schreiben". Brinkmann sagt übrigens, sie habe bisher – abgesehen von Herrn Droste – keine negativen Rückmeldungen auf ihr Buch bekommen. Auch Meldungen, die Polizei stehe bei ihr vor der Tür um sie zu schützen, stimmen nicht.
Was bleibt ist viel Aufregung um ein Buch, das es zumindest deutschlandweit in die Medien geschafft hat. Den Verdacht, sie habe das alles als clevere PR-Kampagne eingefädelt, weist Brinkmann von sich: "Manche meinen ich hätte das mit irgendwelchen dunkeln Hintermännern eingefädelt. Das ist Blödsinn"
Und was auch bleibt ist folgende Frage, die sich die Bochumer Autorin stellt: "Man muss sich doch fragen, in welcher Gesellschaft wir leben, dass Herr Droste sich gezwungen sieht, ein solches Buch nicht zu veröffentlichen, weil er Angst hat".
Ängstlichkeit ist der Standard und Mut die Ausnahme und das in jeder Gesellschaft. Antireligiös zu sein oder auch nur zu schreiben oder zu verlegen bzw. eine antireligiöse Figur zu erfinden erfordert in diesem Land offensichtlich wieder Mut.
Es wird höchste Zeit, dass denen Einhalt geboten wird,die dafür sorgen. Egal welcher Religion sie angehören.Mit allen Mitteln die in einer demokratischen Gesellschaft zur Verfügung stehen.
Die Medienkampagne der Autorin scheint aufzugehen…
Es gibt Bevölkerungsgruppen, die es nicht schätzen, als Kriminelle dargestellt zu werden. Da muss man Rücksicht drauf nehmen.
Ein Krimi, der diese Klippen auf ganz hervorragende Weise umschifft, ist der ZDF-Krimi „Lutter“. Letzten Samstag kam die neueste Folge.
Wenn man sich den anschaut, könnte man den Eindruck bekommen, dass in Essen keine Ausländer leben. Einzig der kriminelle Zuhälter kam aus Österreich.
Nur eine türkischstämmige Staatsanwältin hat sich mal in die Serie verirrt. Sehr realistisch das Ganze!
Ich habe ja bisher nie von Gabriele Brinkmann gehört. diesen Krimi werde ich voraussichtlich auch nicht lesen.
Warum auch? Nur weil sie die Islamphobie nun auch im Krimi abreitet?
Wenn man in der Kunst ständig auf jeden Rücksicht nimmt der sich gestört fühlen könnte wird es langweilig. Die Zitate sind doch im Rahmen – würde da Bibel statt Koran stehen würde sich niemand aufregen.
Starker Verlag, das interessante Buch werde ich rasch erwerben.
Ah ja, die Reflexe funktionieren…
Warum wird eigentlich immer gleich eine Medienkampagne unterstellt? O.K. könnte daran liegen, daß in dem Artikel der Eindruck ensteht, das Buch würde, nach früherer Ablehnung, nun doch bei Droste erscheinen. Tut es aber gar nicht, glaubt man SPON, dann erscheint es im Leda-Verlag. Dolle Kampagne… Buch schreiben, dem Verleger in der Hoffnung vorlegen, er lehnt es ab, die Geschichte in der Presse breitkloppen und dann zusammen mit dem neuen Verleger abkassieren und sich totlachen, oder wie?
Dann auch mal fix was von Islamophobie unterstellt, auch doll (und das, ohne zwei zusammenhängende Sätze des Buches gelesen zu haben).
Ich will mir gar nicht vorstellen wie die Kommentare aussehen würden, würde der Held Waldorf-Salat mögen…
@ Andreas Scholz
Nicht jede Kritik am Koran bzw. an den Muslimen ist gleich Islamophobie, Herr Scholz. Die Tendenz, aus Angst vor beleidigten Religiösen lieber gleich die Klappe zu halten nimmt – jenseits des Verdachts einer in diesem Fall geschickt eingefädelten Medienkampagne – jedoch eindeutig zu. Die Tendenz, jede Religionskritik als -Phobie zu diffamieren, wie man an ihnen sieht, auch.
Sie verkündigen hier die Autorin nicht zu kennen und das Buch nicht lesen zu wollen, um gleich danach das ganze Buch als islamophobisch einzuordnen.Mir fällt dazu nur ein Begriff ein: Islamophobiephobie.
Lieber Arnold Voß,
bitte lesen Sie doch gern, was Sie mögen.
Ich mach das auch so.
Ich kann mir nun einfach nicht helfen; „Islamkritik“ ist derzeit ein Geschäftsmodell. Das mögen Sie ebenso wahrnehmen oder auch nicht. Dann können Sie die darin liegende Gefahr natürlich auch nicht erkennen.
Lieber Arnold Voß,
die Tendenz ist eben nicht … lieber mal die Klappe zu halten, sondern das gerade Gegenteil.
Es werden „Wahrheiten“ gesagt, die keine sind und Volkes Stimme jubelt, dass es mal gesagt werden mußte.
Kaum jemand traut sich öffentlich die notwendigen Einordnungen zu treffen.
Armin Laschet agiert da recht verdienstvoll, weil seine Pflicht als Repräsentant verwirklichend.
Die Klappe wird lieber gehalten, um nicht als zu gutmenschlich oder multikulti zu gelten.
@Andreas Scholz: „Islam“ dürfte allerdings im Moment das deutlich bessere Geschäftsmodell sein als „Islamkritik“.
@Stefan Laurin,
wie kommen Sie darauf?
Nur weil sich die Menschen von den bekannten Strukturen der christlich abendländischen Gesellschaft abwenden, bedeutet dies noch lange keine Hinwendung zum Islam.
Nur noch sehr eingeschränkt gelingt es Politik und Gesellschaft eine verbindende Identität zu beschreiben und zu vermitteln.
Es bleibt als Rettung nur die Negation der Outsider.
@Andreas Scholz: Nö, ich glaube unsere Gesellschaft ist ziemlich intakt und vor allem eine aufgeklärte und individualistische und längst keine christliche mehr. Als sie noch christlich geprägt war lebten wir in Lehmhütten und litten unter Hungerkatastrophen – wie es in religiösen Gesellschaften halt üblich ist. Und allzu viele wenden sich von der Gesellschaft auch nicht ab.
@Stefan Laurin,
ich finde unsere Gesellschaft im Wesentlichen auch durchaus intakt.
Das ändert aber gar nichts daran, dass sich immer weniger Menschen aktiv einbringen.
Vereine, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen verlieren Mitglieder. Das sind die Strukturen von denen sich die Menschen abwenden.
Wenn sie sich anderen zuwendeten, wäre das gemeinschaftsfördernd. Soweit ersichtlich tun sie dies aber nicht.
Aufgeklärtheit und Individualismus sind auch mir sehr wichtige Werte; nur bleibt eine Lücke hin zur Gestaltung der Gesellschaft, die auch notwendig ist.
Die Gestalter haben seit eh und je nach der römischen Devise „divide et impera“ verfahren.
Die aktuelle Variante ist eben „Prekariat und bildungsferne Schichten“
Bekenne mich zu einer ausgeprägten Religionsphobie. Wie kam das bloß ?
Lieber Andreas Scholz, es gibt keine Religion die sich zur Zeit weltweit so erfolgstrunken aufbläßt wie der Islam. Deren Gläubige bei jeder sich bietenden Gelegenheit die beleidigten Leberwürste spielen, wenn ihre Religion öffentlich kritisiert oder ironisiert wird.Deren Vertreter ihren Kritikern auch gerne mal mit Gewalt drohen, zumindest aber mit dem Bannfluch der absolut verachtenswerten Gottlosigkeit belegen. Dagegen ist der deutsche Stammtisch geradezu ein Hort der Friedfertigkeit.
@Andreas Scholz
Wenn ich das recht verstanden habe, sind die im Roman vom Verleger beanstandeten Passagen Dialoge, die einer fiktiven Person in den Mund gelegt werden.
Einer islamophoben Person womöglich.
Sowas kommt vor in Romanen. Jedenfalls in solchen, die entfernt mit der Realität zu tun haben.
Ihre umfassende Inschutznahme unserer islamischen Mitbürger in allen Ehren, aber womöglich brauchen die Sie und Ihre Fürsorge gar nicht. Vielleicht sind die – was Sie offenbar nicht für möglich halten – durchaus in der Lage, zwischen der Äußerung einer Romanfigur und der persönlichen Meinung des Autors bzw. des Verlagsinhabers zu unterscheiden.
Klar, es gibt Bekloppte, die diesen Unterschied nicht erkennen, vor allem deshalb nicht, weil sie nie ein Buch anfassen, das nicht religiös ist.
Und einige davon scheinen sich in der islamischen Community zu tummeln.
Allerdings brauchen die gar keine Romane, um sich aufzuregen. Wie die Geschichte mit den Mohammed-Karrikaturen gezeigt hat, sind die durchaus in der Lage, sich ihren Skandal selbst zu basteln.
Wie man hört, ist das die Minderheit.
Ich nehme an, daß das stimmt.
Deshalb halte ich dem Rückzieher des Droste-Verlages für mehr als blamabel und auf eine sehr subtile Weise rassistisch, die dem Inhaber womöglich nicht bewußt ist.
Wenn ich mich irre, ist allerdings noch weniger angesagt, in vorauseilendem Gehorsam einzuknicken. Dann geht es nämlich tatsächlich um Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst, für die zu lange und unter zu großen Opfern gestritten wurde, um sie leichtfertig aufzugeben.
Sie finden das alles sehr theoretisch?
Gut, bemühen wir ein praktisches Beispiel.
In Mülheim an der Ruhr wird gerade mit weit ausholender Geste ein Theaterstück von Fassbinder aufgeführt, das nach einhelliger Kritikermeinung eher mittelmäßig ist, allem Anschein nach auch noch antisemitisch eingetönt, aber offenbar unbedingt auf die Bühne gehört, weil die Freiheit der Kunst auf dem Spiel steht.
Das ist eine ganz dolle KOmbination: Freiheit der Kunst und Antisemitismus. Da sind ob des mutigen Tabubruchs die Feuilletons der Zeitungen so voll wie die Theatersitze, zum moralischen wie gefährdungstechnischen Nulltarif, aber so wollen die Protagonisten das natürlich nicht verstanden wissen.
Den Vorwurf, daß sie ihre Eitelkeit mit dem kitzeligen Haut-gout des Antisemitismus befriedigen können, ohne befürchten zu müssen, daß die jüdische Gemeinde ihnen eine Bombe vor die Rampe wirft, weisen die selbstverständlich weit von sich.
Und um seine Weltläufigkeit und Toleranz zu beweisen, kann Herr Ciulli ja nächstes Jahr wieder ein völkerverbindendes Konzert in Teheran veranstalten, der Applaus für den mutigen Tabubruch ist ihm gewiß.
@Puck,
ich mag mich da jetzt ja täuschen; aber lese ich aus ihren Zeilen vielleicht, dass Ihnen der eine Tabubruch lieber als der andere ist?
Bei Antisemitismus wissen wir alle, womit wir es zu tun haben, bei islamophober Fremdenfeindlichkeit findet der Intelektuelle noch Raum für Tabudiskussionen.