Neben dem in der Fußball-Bundesliga scheinbar alles überstrahlenden Themas ‚Jürgen Klopp‘, dem auch wir uns hier im Blog in den letzten Tagen ja schon einige Male gewidmet haben, beschäftigt ein Ereignis aktuell Fußballdeutschland, welches bei näherer Betrachtung durch einen vielleicht nur weniger mit der Bundesliga vertrauten Beobachter doch sehr seltsam erscheinen mag. Und das wohl auch irgendwie zu recht.
Da verlässt der Mannschaftsarzt, Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, beim FC Bayern München, auf eigenen Wunsch hin, seinen Posten, und man könnte fast den Eindruck gewinnen, der Club stehe nun kurz vor der Auflösung. Schon irgendwie bizarr.
Was war geschehen: Da verliert der FC Bayern München sein Champions League-Viertelfinalhinspiel beim FC Porto überraschend mit 1:3, was das Nervenkostüm der ambitionierten Erfolgstruppe und ihrer Funktionäre offenbar überaus beanspruchte.
Noch in der Mannschaftskabine in Porto soll der Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge den Teamarzt nach der 1:3-Niederlage, u.a. wohl auch wegen der zur Zeit ellenlangen Verletztenliste beim Rekordmeister, indirekt für die Pleite verantwortlich gemacht haben. Für Müller-Wohlfahrt, dem ohnehin ein seit längerem deutlich angespanntes Verhältnis zum Trainer Pep Guardiola nachgesagt wurde, war das offenbar der Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen brachte. Er kündigte am Donnerstag, nach der Rückkehr nach München, seinen sofortigen Rücktritt an.
Ein Ereignis, welches in wohl jedem anderen Bundesligaverein nur eine wenig beachtete Randnotiz wert gewesen wäre. Bei den Bayern aber, bestimmt das Thema seit nun schon vier Tagen das Geschehen. Ein Ende ist aktuell noch nicht abzusehen. Und da weder der Verein noch der Doc bisher wirklich Licht in die Angelegenheit bringen wollten, indem man die Vorgänge wirklich zu erläutern bereit war, diskutiert man im Lande noch immer, was die Zukunft der Bayern in dieser Richtung bringen werde. Schon etwas sonderbar.
Natürlich ist Müller-Wohlfahrt auch durch seine Tätigkeit für die DFB-Auswahl vielen Sportfans seit Jahren ein Begriff. Doch warum nun scheinbar der Eindruck erweckt worden ist der FC Bayern stünde in der schlimmsten Krise seit Menschengedenken, das erschließt sich, bei näherer Betrachtung nicht wirklich.
Natürlich ist ein guter Teamarzt, auch und gerade bei den viel beanspruchten Bayern wichtig, doch dürfte sein Rücktritt den Verein in seiner Substanz nicht wirklich belasten. Zum einen weil der Club sicherlich in der Lage sein dürfte einen guten Ersatz zu verpflichten, und zum anderen auch, weil man bei freier Arztwahl auch als Bayern-Spieler, wenn man denn mag, nach wie vor den Rat von ‚Mull‘, wie seine Vertrauten ihn offenbar nennen, in die Behandlung mit einfließen lassen kann.
Warum also dieses scheinbar die Zukunft des Clubs in Frage stellende Geheul im Umfeld?
Ist an dem Machtkampf Guardiola/ Müller-Wohlfahrt doch mehr dran, als man ihm eigentlich von der Logik her zuschreiben könnte?
Steht Pep Guardiola inzwischen so sehr in der Kritik, dass man seine Zukunft beim FC Bayern tatsächlich ernsthaft diskutieren müsste? Offensichtlich!
Zum Einen zögert der Spanier seinen noch bis Sommer 2016 laufenden Vertrag vorzeitig zu verlängern, zum Anderen bringt die Hinspiel-Niederlage von Porto und der aktuell arg dezimierte Bayern-Profi-Kader den Verein samt Trainer offenbar schon so unter Druck, dass auch die souveräne Bundesliga-Tabellenführung und das aussichtsreiche Pokalhalbfinale daheim gegen den BVB nicht mehr ausreichen um dem Club das Selbstvertrauen und die Zufriedenheit zu geben, die der sportlichen Situation eigentlich gerecht würde.
Schon verrückt, wenn man doch grundsätzlich sportlich so dominant und erfolgreich ist, das das schwer zu toppen ist. Da reichen dann offenbar trotzdem schon der Rücktritt des Mannschaftsarztes und eine Hinspiel-Niederlage in der Königsklasse um den ganzen Verein in seinen Grundfesten zu erschüttern.
Auch als Bayern-Fan hat man es offenbar nicht immer leicht… Die Art der Krisen unterscheidet sich allerdings, wie man in dieser Woche wieder mal miterleben durfte, doch etwas von der der anderen 17 Bundesliga-Clubs. Und wenn es sportlich, trotz der einen Niederlage nun in Portugal (welche man ja übrigens mit einem keinesfalls unmöglich erscheinenden 2:0-Erfolg im Rückspiel nächste Woche auch noch drehen kann), im Grunde so gut läuft, dann beschäftigt man sich halt mit teaminternen, menschlichen Reibereien. Und plötzlich erinnert man sich auch als Beobachter wieder an den Namen ‚FC Hollywood‘, welcher seit ein paar Jahren eigentlich in der Schublade verschwunden zu sein schien. So kann man sich täuschen!
Abseits des Theaterdonners, was soll man über Bayern sonst schreiben, sind die interessanten Fragen alle unbeantwortet. Gibt es wirklich den Vorwurf an den Arzt, er sei für das Fehlen der Verletzten verantwortlich ?
Fordert der Trainer wirklich das letzte Wort über die Einatzfähigkeit der Spieler ?
Ist Rumenigge wirklich unangemessen ausfällig geworden ?
Im Sieg und in der Niederlage sollte seine Worte besonders sorgfältig wählen…..allerdings sollte man unter Männern, ein in der Wut gesagtes unbedachte Wort doch auch klären können….
Der Rest ist Theaterdonner, denn eigentlich gibt es sonst nur wenig zu berichten….
viel interessanter sind die Schiedrichterentscheidungen pro Bayern auf nationaler Ebene (Pokalspiel in Leverkusen und letzte Bundesliagpartie in Hoffeneinm). Wieder einmal Bayerendusel, oder steckt doch mehr dahinter.
Das Aus in der CL am kommenden Dienstag werde ich genüsslich verfolgen, dann gehe ich von einer Demission des Trainers aus (geht wohl zu Man City im Sommer) und der weg ist frei für Herrn Klopp…
Robin,
das Spiel des FCB gegen Porto am Dienstag ist für die Bayern ein außerordentlich Wichtiges:
a.) Es geht darum, ob man dem eigenen Anspruch gerecht werden kann, nämlich fußballerisch
mindestens zu den besten 4 Mannschafen n Europa zu gehören oder gar die „Besten“ zu sein.
b) Je nachdem, ob man in fußballerischer Hinsicht den eigenen Ansprüchen gerecht werden wird oder
nicht, dürfte -so oder so-mit Spielschluß am Dienstagabend nicht nur über die Zukunft von Guardiola,
sondern auch über die Stärken oder die Schwächen des jetzigen Führungspersonales bei den
Bayern diskutiert werden.
Insofern ist auch für Ncihtbayern-Fans der Dienstagabend ein besonderer.
(Wem ich die Daumen drücke? Ich habe mich schon im Hinspiel über den Sieg des FC Porto gefreut!)
Die Niederlage in Porto ist insofern keine allzu große Überraschung, als die Bayern gegen Spitzenmannschaften schon seit mehreren Wochen nicht mehr die Dominanz spielen können, die man mit ihnen verbindet. Sie wackeln.
Die Niederlage zu Hause gegen Gladbach, das Spiel in Dortmund, das sie mit etwas Pech auch hätten verlieren können, der Dusselsieg gegen Leverkusen … – der FC Bayern spielt derzeit nicht sein Spiel, sondern biederen Konterfußball, weil man die schnellen Außen Ribery und Robben nicht ersetzen kann. Wer hätte das bei diesem Superkader gedacht?
Das relativiert doch wenigstens etwas den großen Frust auf Schalke und in Dortmund, wo man auch aufgrund großen Verletzungspechs ins Hintertreffen geraten ist.
Außerdem: Guardiolas Problem war schon bei Barca, dass seine Mannschaften zwar den Ballbesitzfußball fast perfekt beherrschen, aber die Mischung mit anderen Stilen bzw.
den Systemwechsel deutlich schlechter oder gar nicht. Mit Bayern ging der gute Pep deswegen auch schon Ende der letzten CL-Saison gegen Real Madrid sang- und klanglos unter, weil die Königlichen eine fantastische Mischung aus Defensiv- und Offensivfußball hinlegten, dem die Bayern nichts entgegenzusetzen hatten.
Dieser Hang zum perfekten Eindimensionalen scheint mir übrigens auch ein Problem zu sein, dass Jürgen Klopp zuletzt mit seiner Mannschaft beim BvB hatte. Die Jungs konnten nur den leidenschaftlichen Hurra-Fußball wirklich gut, sobald der nicht mehr funktionierte, häuften sich die Probleme hinten und vorne gleichermaßen.
Mich wundert der unprofessionelle Umgang der Bayern mit der Thematik. Weder auf der PK am Freitag, noch bei Interviews am Wochenende ist die Angelegenheit vom Club angemessen behandelt worden. Eine wirklich sehr ungewöhnlich unprofessionelle Art mit der Sache umzugehen, wie ich finde. Natürlich ist der Zeitpunkt jetzt, zwischen den Spielen. sehr ungünstig. Aber das so etwas scheinbar den ganzen Verein in seinen Grundfesten erschüttern zu scheint, nach all den Erfolgen in den letzten Monaten und Jahren, das ist echt bedenklich aus Sicht der Bayern. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass das Team am Dienstag gegen Porto weiterkommen kann. Warum auch nicht? Ein 2:0 würde ja schon langen.
@Robin: Vielleicht sind die Bayern einfach nur – wie vor Jahren im Sportlichen – mal wieder neidisch auf den BvB, weil der bis zumindest Freitag die Titelseiten und Portale beherrscht hat. Da erinnert man sich an der Säbener doch immer gern an alte Tratsch- und Stunkkomödien wie z.B. den Zoff mit Klinsi oder van Gal und kramt die gute, holzhammer-artige „Mia san stinkig!“-Strategie raus;-))
@Klaus: 🙂 Ganz ähnliche Gedanken sind mir aber am Mittwoch noch umgekehrt durch den Kopf gegangen. Als Klopp seinen vorzeitigen Abschied am Mittag verkündet hatte, da sprach plötzlich das halbe Land darüber und niemand schien sich mehr für das Spiel der Bayern in Porto am Abend zu interessieren, welches sonst sicherlich das Fußball-Thema des Tages gewesen wäre. 😉 😀
Seid mir nicht böse, aber die schwarz-gelbe Brille vernebelt vlt. doch etwas den klaren Blick.
Das Thema der Woche war nun wirklich nicht der BvB, das Thema war Jürgen Klopp.
Im anderen Falle hingegen geht es nur oberflächlich um den Dottore, sondern vielmehr wirklich um den Club FC Bayern und seine plötzliche Führungskrise. Der FC Bayern hat keinen Uli Hoeness mehr und den wird es auch nach seiner Haft und Rehabilitation nicht mehr geben. Mathias Sammer ist dagegen ein Dampfplauderer. Mir soll’s recht sein.