Sollte sich das Elektroauto im kommenden Jahrzehnt wirklich durchsetzen, ist das dass Ende der Autoindustrie wie wir sie kennen. Vielleicht werden die meisten der heutigen Hersteller auch ganz verschwinden: GE statt GM, RWE statt VW und Apple statt Mercedes.
Teslar Roadster Foto: IFCAR
Ich weiß nicht ob bald wirklich die große Ära der Elektroautos beginnt. Die war schon oft angekündigt worden und scheiterte immer an den gleichen Problemen: Hohe Preise für die Fahrzeuge und ein geringe Reichweite. Vielleicht bekommen die Hersteller ja diesmal die Probleme in den Griff und wir haben – vielleicht in zehn Jahren – halbwegs bezahlbare, alltagstaugliche Elektroautos am Markt.
Das wäre dann der Beginn einer Revolution, die nicht nur viele Zulieferer betreffen wird, weil die neuen Autos weniger Komponenten wie Auspuffrohre oder Kurbelwellen benötigen, sondern die Automobilindustrie verändern könnte.
Die Kernkompetenz der Automobilhersteller ist der Motorenbau. Wenn in Zukunft Elektroautos gebaut werden, verliert diese Kompetenz an Bedeutung: Es gibt seit über 100 Jahren zahllose Unternehmen, darunter Industriegiganten wie Siemens oder General Electric, die über eine große Erfahrung im Bau von Elektromotoren in jeder Größe und für jeden Verwendungszweck verfügen. Wahrscheinlich werden sie die Motoren der Zukunft bauen und nicht Mercedes, Toyota oder Peugeot. Die andere Kernkompetenz ist der Bau und die Entwicklung von Akkus – auch in diesem Bereich gibt es viele Unternehmen mit Jahrzehntelanger Erfahrung. Wieso sollte beispielsweise VW mit ihnen gleichziehen können, vor allem wenn es in Deutschland nicht genug entsprechend qualifizierte Ingenieure gibt? Mercdes hat das erkannt und entwickelt gemeinsam mit Evonik neue Akkusysteme.
Was den klassischen Automobilunternehmen bleibt ist der Bau und die Entwicklung von Karosserien – aber wird das reichen um eine ganze Branche am Leben zu erhalten?
Die Autos der Zukunft werden sich in ihren Kerntechnologien noch mehr ähneln als die heutigen Wagen und die Innovationen werden von Unternehmen außerhalb der Automobilbranche kommen. Warum sollten nicht auch die Autos der Zukunft außerhalb der heutigen Automobilbranche entwickelt werden? Wenn die Kerntechnologien nahezu identisch sein werden, wird es vor allem das Design, die Usebilty und die Vernetzung der Wagen mit anderen Systemen wie Kommunikationssystem, Navigationssystem etc. sein, die den Unterschied der Produkte ausmachen. Sie werden für den Käufer zum entscheidenden Kriterium. Warum sollten die technisch immer gleicher werdenden Autos in Zukunft nicht beispielsweise von Siemens oder General Electric entwickelt, von Frog designt und wie heute schon Computer und Handys von Unternehmen wie Foxconn oder einem anderen als Lohnfertiger produziert werden? Vielleicht wird es Autos von Apple geben – immerhin ein Unternehmen mit viel Erfahrung im Design und in der Entwicklung guter Benutzeroberflächen? Warum sollten Energieunternehmen keine Autos entwickeln? Oder Google, ein Unternehmen das sich massiv im Energiebereich engagiert? Mit dem Verlust der Bedeutung der Kernkompetenzen der heutigen Automobilindustrie wird vieles in Bewegung kommen. Die Karten werden neu gemischt – auf den Industriestandort Deutschland kommen aufregende Zeiten zu.
Soso… Autos von Apple… und Steve entscheidet, wohin man fahren darf, welche Ziele gut für den Fahrer sind und wohin er eh niemals wollte. Reifen werden dann im Appstore gekauft und bei Bedarf ausgedruckt.
https://reprap.org/bin/view/Main/ItemsMade
Da der durchschnittliche Nerd ja eh zwei linke Hände hat, haben wir auch schon gleich eine Aufgabe für die freigewordenen Kapazitäten, die dann die Drucker zusammenpusseln…
Abgesehen davon haben Automobilunternehmen immer noch ein paar Kernkompetenzen mehr als nur den Motorenbau 😉
@Michael: Ja – Karosseriebau und Karosserieentwicklung. Viele Komponenten werden doch heute schon von Drittanbietern entwickelt und hergestellt. Ein gutes Beispiel dafür ist Bosch. Aber DIE Kernkompetenz ist der Motor.
Das wird auch allerhöchste….Eisenbahn!
Richtig spannend wird es, wenn man das mit dezentralen Energienetzen zusammen denkt. Sprich wenn jedes Haus ein Minikraftwerk und damit auch eine kleine Tankstelle ist.
Hm… sag das mal Cosworth… die können zwar Motoren, aber mit der Fahrwerkerei hapert es eher. Hierin sehe ich eigentlich DIE Kernkompetenz, denn irgendwie muss die Kraft auf die Straße kommen und im besten Falle zur gleichen Zeit das Auto auch noch auf ihr bleiben.
Individuelles Audo fahren ist ganz ganz einfach das dümmste Bewegungskonzept von allen, die Autoindustrie hat ihren allerletzten Peak mit den SUVs erlebt – zumindest in Mittelwesteuropa.
Klug ist es natürlich, sich in den verdichteten Regionen mit kurzen Wegen dazwischen Audos zu teilen, Carsharingkonzepte also. Im Verbund mit Bahn und Rad. Und wenns denn mal sein muß, im Flieger. Mit CO2-Ablaß natürlich.
https://www.greenmiles.de/
Fiets, Taxi, Carsharing, Bahn, selten Flieger mit Ablaß – das ist durchaus günstiger durchrechenbar als schieres Audo. Und das ist ja das einzige Argument, das den Markt überzeugt.
Und Stefan, keine Sau redet zur Stunde ernsthaft von Elektroaudos. Selbst Hybridaudos in einer fordistischen Fertigung sind weltweit nicht marktfähig.
Ich glaube übrigens, daß selbst das Konzept der Hybridwagen für die nahe Zukunft noch überschätzt ist, weil es ja dieses Batterieaustausch- bzw Stromtankproblem gibt; dafür muß eine neue logistische Infrastruktur geschaffen werden, das wird dauern.
Also will ich auf die gute alte man- und woman-empowerte Technik des Velocipedierens verweisen, deren technolgische Entwicklung in den letzten Jahrzenten eine Entwicklung vollzogen hat, dazu in Relation gesetzt kann die ausentwickelte Audomobiltechnologie nur träumen.
Beispielsweise sag‘ ich nur: Fahrradhänger mit 5-Punkt-Gurt für die Kids etwa.
https://www.radforum.de/tout-terrain-singletrailer-kinderanhaenger-go-cycle-124173.html
Und überhaupt: Wenn überhaupt, dann käme mein nächstes Audo nicht mal von Apple.
Sondern von Ubuntu. (-:
https://www.ubuntu.com/
Der Unterschied zu heute wäre vernachlässigbar – Autohersteller sind schon heute hauptsächlich damit befasst, Produkte verschiedener Hersteller zu einem attraktiven Ganzen zu integrieren. Selbst in ihren Kernkompetenzbereichen Motor und Fahrwerke. So kommen die verbreitetsten Common-Rail-Diesel-Einspritzsysteme etwa von Bosch, die Kraft wird dann durch Getriebe von ZF oder Getrag mittels eines Fahrwerks aus Komponenten von Bilstein etc. auf die Straße gebracht. Nichts neues also.
Die Automobilhersteller haben fast zur Gänze versucht, den Zwang neue Wege zu beschreiten auszusitzen.
Das Elektroauto per se wird auch durch verbesserte Akku- und Elektromotorentechnologie nicht funktionieren, da die Karosserien der Benzinkutschen viel zu schwer und strömungsungünstig sind.
Neue Ideen kommen hier aus der Ecke des Leichtbaus: Der leider schon oft verschobene Loremo beispielsweise hat den richtigen Ansatz (https://www.loremo.com/).
Autofahren muss nicht so fläzbequem wie eine King-Size-Fernsehcouch sein; wenn auf der Kurzstrecke kuschelig 4 Leute ‚reinpassen reicht das meistens auch. Allerdings will Minimalismus auch an die über Jahrzehnte auf PS- und Breitreifengeilheit getrimmte Masse erstmal verkauft werden.
@ M. Kolb: Zu trollig? ich bin mir sicher, dass Apple beispielsweise ein sehr gutes eMobil (iCar?) bauen könnte. 😉
@ F. Kollege: Richtig. Da wäre ich sofort dabei.
@ Thomas: Der Individualverkehr ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Neuzeit – und Menschen haben gerne eigene Dinge. Das mit dem Bürosharing beispielsweise war mal vor 10, 15 Jahren schwer angesagt. Und hat sich als völliger Blödsinn herausgestellt.
Fahrradfahren ist bei entsprechender Witterung – gerade was die Neuentwicklungen Richtung Pedelec angeht – eine tolle Sache. Aber selbst dabei klappt das in Deutschland nicht ohne es kaputt zu regulieren. Und die meisten Fahrradwege (hier im Ruhrgebiet) sind eine reine Alibisache? unbefahrbar.
Die Entwicklung der Steuer- und Akkutechnik in Open Source? Gerne.
@Frank: Du sagst: „Der Individualverkehr ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Neuzeit […]
Ich frag mich, wie Deine These zu unterfüttern wäre; ich glaube, die ist nämlich ein Irrtum.
Die wichtigsten Verkehre der Neuzeit wären nämlich gemeinsame. Und zwar prägend noch vor der Neuzeit: Der Völkerwanderungen, der Kolonialismus, das war alles ein gemeinsamer Verkehr. Das bestimmende Muster war Neugierde oder Gier und a bisserl Gotteswahn. Später, als die Nachkommen der Pilgerväter gemeinsam im Treck nach Westen gezogen sind, folgte denen nach etwas Straßenbau die Postkutsche. Also gemeinsamer Verkehr. Wells Fargo haben damit den wilden Westen erschlossen, gemeinsam Reisende mit five Miles per Hour. Während hierzulande die Binnenland-, die Kutschenlinie zwischen den Hansestädten Köln und Venlo schon längst zweimal die Woche ab ca 1690 lief.
Es war auch die Bodenbearbeitung der Pilgerväter-Nachfahren immer eine kollektive Leistung. Wer ackert, neigt nicht zur Mobilität.
Dann kam der ottokraftbetriebene Motor mit seinen Eigenschaften Leichtgewichtigkeit, günstige Befeuerung und leicht zu drosselnde Triebkraft – im Kontrast zur Dampfmaschine: Schwergewichtigkeit, ungünstige Befeuerung, schwer zu drosselnde Triebkraft.
Dann kam Henry Ford, und die ersten Tin Lizzys waren erstmal eine Landmaschine.
https://en.wikipedia.org/wiki/Ford_Model_T
Daraus rekurrierte Nachfrage, Ford erfand die geniale Fließbandfertigung, alle wollten die Thin Lizzy haben, vor allem die in den Städten zur Distinktion – damit war das Konzept des Automobiles erfunden.
Ford hatte America on Wheels gebracht, oder wie das damals hieß.
Die Ideengeschichte des Automobiles lässt sich erklären aus dem ersten Fordismus und dessen Nachfrage, die Bauern in US hatten ihre Claims abgesteckt, brauchten die Zug- und Transportmaschine und in den Städten wollten die Gecken damit strunzen. Deren gemeinsam erwachsene Individualität gekoppelt an den Fordismus projezierte sich auf das Verkehrskonzept des Automobiles.
Durchaus keine „der wichtigsten Errungenschaften der Neuzeit.“ Eher ein materialistischer Zufall. Wie üblich: Nicht eingetretene Ereignisse lösen oft einen katastrophalen Mangel an Folgen aus.
Weiter bei Hirsch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Hirsch_(Politikwissenschaftler)
Das Auto wird bleiben. Es ist oft ein fach praktisch und für viele ein Lustobjekt und ein Symbol ihrer Unabhängigkeit. Und so oft steht man auch nicht im Stau. 🙂
Hallo zusammen,
ich glaube, dass sich der Ampera bzw. Volt von OPEL durchsetzen wird. Der hat sein Notstromaggregat an Bord und wird nicht mit leerer Batterie liegen bleiben. Damit überwindet er den wichtigsten psychologischen Einwand gegen ein Elektroauto.
Also: OPEL wird uns noch alle überraschen 😉
Guten Rutsch!
Frank