Im Blog der Ruhrbarone wurden hier, seit des Angriffs der islamistischen Terrororganisationen Hamas und PIJ auf Israel, zwei antisemitische Beiträge von Ratsmitgliedern in Duisburg dokumentiert. Levent Önder, Mitglied der Ratsgruppe SGU, verglich den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu mit Adolf Hitler und teile Hamas-Propaganda zu einer angeblichen Bombardierung eines Krankenhauses durch die israelische Luftwaffe.
Mirze Edis, Betriebsrat bei HKM und Ratsherr von „Die Linke“ in Duisburg, verneinte auf Facebook das Existenzrecht Israels und lief auf einer anti-israelischen Demonstration mit.
Wie auf der Website der Rheinischen Post aktuell zu lesen ist, ermittelt der Staatsschutz der Polizei Duisburg gegen die beiden gerade genannten Ratsherren, sowie gegen zwei andere Mitglieder des Duisburger Stadtrates.
Öffentliche Erklärungen von Mirze Edis und Levent Önder gibt es bisher nicht.
Melih Keser mag nicht schweigen
Auch seitens des Wählerbündnisses SGU – das bei der Kommunalwahl 2020 mit dem Slogan „Ummah wählen!“ besonders um islamische Wähler warb – und „Die Linke“ gibt es keine Verlautbarungen zu ihren beiden aktuellen Problemfällen.
Es gibt nur eine „Erklärung“ im nichtöffentlichen Facebook-Profil von Levent Önder, in der es aber nur am Rande um den eigentlichen Beitrag geht. Er thematisiert dort eine jüdische Zweitmutter. Ein Beitrag der mehr (neue) Fragen offen lässt, als dass er alte Fragen beantwortet. (Ruhrbarone: Keine politischen Konsequenzen nach Netanjahu-Hitler-Vergleich in Duisburg)
Was verwundert: Es gibt einen Ratsbeschluss – einstimmig verabschiedet, auch mit den Stimmen von „Die Linke“ – zum Thema Antisemitismus.
Trotzdem herrschen bei Die Linke und dem Wählerbündnis SGU in Duisburg aktuell Funkstille zu ihren Funktionsträgern.
Das Schweigen und die fehlenden Konsequenzen schmecken nicht jedem in Duisburg. Melih Keser, Vorstandsmitglied beim Kreisverband Bündnis90/Die Grünen in Duisburg, thematisierte das Schweigen zum Fall Levent Önder in Beiträgen auf Facebook und Instagram.
Melih Keser schrieb am 8. November 2023 auf Facebook:
Die Äußerungen eines Mitglieds des Stadtrats in Duisburg sind äußerst besorgniserregend. Das Schweigen vieler Politiker*innen in Duisburg zu diesen Aussagen lässt zweifeln wie viel ein ’nie wieder‘ da noch wert ist.
Hitlervergleiche relativieren den Holocaust. Es scheint ein ernsthaftes Problem mit Antisemitismus im Stadtrat von Duisburg zu geben, wenn Antisemitismus offensichtlich nicht erkannt wird. Wir sollten von allen demokratischen Fraktionen ein klares Signal erwarten. Schweigen und Untätigkeit sind keine Lösung. Es ist wichtig, dass jeder versteht, dass Antisemitismus und Rassismus inakzeptabel sind, und weder als Meinung noch als Vergleiche verpackt werden dürfen.
Ein gemeinsamer Antrag der Stadtratsfraktionen von SPD, CDU, Bündnis90/Grüne FDP, Junges Duisburg und „Die Linke“ zur Solidarität mit Jüdinnen und Juden, wurde am 14. Juni 2021 in einem Ratsbeschluss verabschiedet.
Der Rat der Stadt Duisburg verurteilt grundsätzlich jede Form von Gewalt, Antisemitismus und Feindlichkeit gegenüber jüdischen Mitmenschen. So auch die aggressiven, antiisraelischen und antisemitischen Ausschreitungen und Anschläge gegen jüdische Einrichtungen in zahlreichen deutschen Städten in den letzten Wochen. Leider mussten wir auch in Duisburg antisemitische Parolen vernehmen. Das ist völlig inakzeptabel. Wir verurteilen dies auf Schärfste. Jede Form von Aggression und Gewalt gegen unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger muss mit der ganzen Härte der hierzulande geltenden Gesetze verfolgt und bestraft werden. Es darf nirgends Raum für antisemitische Ressentiments, Hetze und Gewalt geben.
Dass ein Rat, der einen solchen Beschluss verabschiedet hat, aktuell ruhig bleibt, ist unverständlich. Nicht nur für Melih Keser.
„Ich finde es gefährlich, wenn wir Menschen, die solche Äußerungen tätigen, so hinnehmen.“
Ich hab mich vor einigen Tagen mit Melih Keser über seinen Beitrag und seine Motivation, das Thema „Antisemitismus in der Duisburger Stadtpolitik“ anzusprechen, unterhalten.
Ruhrbarone: Sie haben vor einigen Tagen auf Facebook und Instagram das Thema Antisemitismus bei Ratsleuten in Duisburg thematisiert. Wieso dieser Beitrag?
Melih Keser: In den letzten Tagen ging ein Beitrag eines Ratsherren aus Duisburg durch die Medien. Ich glaube, der ist mittlerweile bei der SGU. Es gab einen Verlgeich zwischen Hitler und Netanjahu und es wäre belegt gewesen, dass der Angriff auf das Krankenhaus in Gaza durch das israelische Militär erfolgt sei. Und genau das an sich ist eigentlich schon problematisch, weil aktuell nicht belegt ist, wer für den Angriff auf das Krankenhaus verantwortlich ist. Da gibt es unterschiedliche Quellen. Da wurde nichts, wie es im Beitrag steht, belegt.
Ruhrbarone: Es scheint Sie stärker zu stören als die Ratsgruppe der SGU…
Melih Keser: Ich finde es erstmal gefährlich, irgendwelche Fake News zu verbreiten. Beiträge, an denen nichts belegt ist, zu teilen. Das geht gar nicht. Hitler-Vergleiche gehen auch nicht. Aus unserer Geschichte wissen wir, dass Hitler dafür verantwortlich ist, dass über 6.000.000 Jüdinnen und Juden ermordet wurden, plus sieben Millionen andere Opfer. Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Kranke. So einen Menschen mit einem gewählten israelischen Politiker zu vergleichen, das ist eine Relativierung des Holocausts.
Ruhrbarone: Jetzt wurden bisher eigentlich keine Konsequenzen gezogen aus der ganzen Sache. Abgesehen von den Ermittlungen der Polizei. Levent Önder ist weiterhin Mitglied der Ratsgruppe. Was sagt das über die politische Landschaft in Duisburg im Moment aus?
Melih Keser: Ich sehe mich jetzt auch nicht als jemanden, der behauptet sich mit der Gesamtsituation im Nahen Osten zu 100% auszukennen. Was mir wichtig ist, sind die Folgen bei uns: Was passiert bei uns auf den Straßen? Was passiert in unserem Land? Was passiert bei uns in Duisburg?
Ich finde es gefährlich, wenn wir Menschen, die solche Äußerungen tätigen, so hinnehmen. Ohne Konsequenzen. Das stört mich, weil ich glaube, dass das auch das Zusammenleben von uns allen erschwert. So was erwarte ich eigentlich von der zuständigen Ratsgruppe, wenn sie sich denn ihren demokratischen Auftrag ernst nimmt. Im Rat gab es ja einen Beschluss zum Thema Antisemitismus.
Ruhrbarone: Wie würden Sie mit dem Fall umgehen, wenn es sich zum Beispiel um einen Kollegen in einer Bezirksvertretung oder im Rat handeln würde?
Melih Keser: Ich würde die Ermittlungen natürlich erstmal abwarten. Aber wenn das eine Person in meiner Fraktion wäre, würde ich auf jeden Fall ein Ausschlussverfahren in die Wege leiten. So ist das auch hier.
Was ich von der SGU-Gruppe im Rat auch erwarte ist, dass sie auch handeln. Und nicht nur sagen „Ich hab irgendwo was geschrieben und das war jetzt die einzige Konsequenz.“