Die Sommerferien 2015 stehen in NRW bekanntlich unmittelbar vor der Tür. Wem eine Fernreise in wärmere Gefilde aktuell jedoch unmöglich ist, oder wer in den kommenden Sommermonaten einfach über besonders viel freie Zeit verfügt, der möchte die Gelegenheit jetzt vielleicht in den nächsten Wochen im Idealfall auch dazu nutzen und die eigene Heimat mal wieder etwas näher erkunden, ihm persönlich noch unbekannte Ecken des Ruhrgebiets kennenlernen, seine eigene Heimat noch mehr im Detail für sich entdecken.
Zur Einstimmung und besseren Orientierung bietet sich da natürlich traditionell auch der Griff zu einem passenden Buch bzw. Reiseführer an. Und mit einer solchen Erwartungshaltung habe ich mich kürzlich dann auch mal etwas näher mit dem Werk ‚Das unbekannte Ruhrgebiet‘ von Hans-Peter Noll und Rolf Kiesendahl beschäftigt.
Leider muss ich nach der Lektüre der 128 Seiten nun aber für mich feststellen, dass gerade der in dieser Beziehung doppeldeutige Titel beim Interessenten evtl. Erwartungen weckt, die der Inhalt dann doch nicht so recht einzulösen vermag. Mag ja sein, dass viele das Ruhrgebiet als Ort für Schönes und touristisch wertvolles nicht kennen, die darin näher vorgestellten Ziele sind jedoch jedem auch nur einigermaßen ruhrgebietskundigem Leser so bereits höchstwahrscheinlich bereits bekannt.
Zeche Zollverein, die Ruhrtalbrücke über die A52, der Duisburger Innenhafen, die Villa Hügel, das Bergbaumuseum Bochum, der Landschaftspark Duisburg-Nord, Schloss Borbeck, die Dortmunder Westfalenhalle, der Gasometer in Oberhausen, die Halde Hoheward, das Schiffshebewerk Henrichenburg, die Westruper Heide in Haltern. Nur ein paar Beispiele aus dem Buch die zeigen: ‚Unbekannt‘ ist hier eigentlich nichts.
Zwar heißt es in der offiziellen Beschreibung des Verlages diesbezüglich tatsächlich noch vielversprechend: „Das klassische Revier der Zechen und Hochöfen gibt es nicht mehr. Stahl wird nur noch in Duisburg gekocht, Kohle nur noch an zwei Standorten gefördert. 2018 ist dann endgültig Schicht am Schacht. Längst hat sich das Ruhrgebiet gewandelt und eine veränderte, selbstbewusste Identität gebildet. Der Stolz auf die große Montan-Vergangenheit bleibt, doch der Blick richtet sich nach vorn. Auf alten Flächen, oft direkt neben den Denkmälern der Industriekultur, ist eine neue Vielfalt entstanden. Stadtquartiere und Gewerbeparks gehören dazu, aber auch Kreativwirtschaft und die Ansiedlung von Hightech-Firmen. Im Ruhrgebiet gibt es wieder viel zu entdecken. Dies zeigen die faszinierenden Aufnahmen der Fotokünstler, die bekannte Orte in ganz neuem Licht erscheinen lassen, zum unbekannten Ruhrgebiet eben. … Die Autoren sind Kinder des Ruhrgebiets und kennen sich in der Region zwischen Moers und Bergkamen bestens aus.“
Doch, wer wie ich, ebenfalls im Ruhrgebiet aufwuchs, der kann hier nur sehr wenig wirklich Neues entdecken. Zwar sind die eingearbeiteten Fotos wirklich ganz schön und aktuell, doch habe ich nach der Lektüre des Buches jetzt für mich selbst nur ganze zwei neue Ausflugsziele für die nächsten Wochen entdecken können. Und das, obwohl ich mich persönlich nun nicht wirklich gerade als echten ‚Experten‘ in Sachen ‚Sehenswürdigkeiten des Ruhrpotts‘ bezeichnen würde.
Da sich das Buch jedoch überwiegend auf die Orte beschränkt, die man als Anwohner der Region ohnehin schon lange kennt, würde ich das Buch nur für wirklich ortsunkundige Leser und Ruhrgebietsneulinge empfehlen wollen. Für diese könnte das Buch dann allerdings tatsächlich einen schönen Überblick über die Sehenswürdigkeiten des Ruhrgebiets geben, diese mit den bekanntesten Sightseeing-Highlights bekanntmachen. Doch wer hier auch nur ein paar Jahre selber gelebt hat, für den dürfte das Buch auch für den moderaten Preis von 16,95 Euro nicht viel Neues zu entdecken bieten. Der Titel ist daher, aus meiner Sicht, leider ziemlich irreführend gewählt. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine Art Basis-Reiseführer für die Region zwischen Xanten und Hamm, zwischen Haltern und Hagen. Und dieses Segment wird auf dem Buchmarkt eigentlich ja schon überaus reichlich bedient.
Mein Kurz-Fazit: Ein Buch aus der Kategorie ‚Ganz nett, aber beileibe kein Muss‘, leider zudem mit etwas irreführendem Titel.
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
Verlag: Ellert & Richter
ISBN-13: 978-3831905010
Preis: 16,95 Euro
Beim Durchlblättern des Buches habe ich mich gefragt, welche Geschichte die beiden Verfasser mit ihrem Buch erzählen wollten. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es üherhaupt ihre Absicht war, etwas – hier wesentlich über Bilder- erzählen zu wollen. Jedenfalls ist für mich das Aneinanderreihen von Bildern und Bildbeschreibungen keine Erzählung, keine Erzählung über "das unbekannte Ruhrgebiet".
Was ist das "Unbekannte im Ruhrgebiet" -für die Alteingesessenen, für die Zugereisten, für die Besucher? Wie kann man sich dem Unbekannten nähern, wie läßt sich das Unbekannte erfassen, beschreiben, umschreinben und mit welchen Mitteln und Methoden? Darüber zu erzählen ist der Mühe wert -der Mühe von Literaten,Fotographen, von Filmemachern, von Malern, von……………….-und Einiges ist ja schon erzählt worden.. Das hier besprochene Buch rechne ich nicht zu diesen Erzählungen über das "Unbekannte Ruhrgebiet". Ich kiann nicht einmal das (Be-)Mühen(!!) um zu eine solche Erzählung erkennen.
Robin, das von Dir vorgestellte Buch hilft jedenfalls mir, dem Alteingesessenen, nicht, wenn ich versuche, mich dem "Unbekannten im Ruhrgebiet" über Erzählungen Dritter zu nähern.
Ich habe den Eindruck das dieses Buch in jeder Ruhrgebietsbuchhandlung fehl am Platze ist. Ich verstehe dies einfach so, das man Unkundigen das Ruhrgebiet näherbringen möchte. Die Menschen, die nicht hier wohnen, aber vielleicht mal ein paar Tage hierher kommen möchten, die finden das Buch sicherlich ganz gut für einen ersten Überblick (Sollte aber auch jeder kleine Reiseführer für 8,99 € können). Der Vorteil liegt offensichtlich in der guten Bebilderung.
Da ich selbst erst ein paar Jahre hier im Ruhrgebiet wohne, kann ich mich noch gut erinnern was ich alles NICHT im Ruhrgebiet kannte. Aus der obigen Aufzählung waren dies:
Die Ruhrtalbrücke über die A52, der Duisburger Innenhafen (Das es in Duisburg einen Hafen gibt wusste ich…), der Landschaftspark Duisburg-Nord, Schloss Borbeck, die Halde Hoheward, das Schiffshebewerk Henrichenburg, die Westruper Heide in Haltern.
Einigermaßen kannte ich:
Zeche Zollverein -> ja, im Ruhrgebiet gibt es Zechen… die Villa Hügel -> Krupp sein Häuschen, das Bergbaumuseum Bochum -> irgendein Regionalmuseum, die Dortmunder Westfalenhalle -> da gibt es ab und zu gute Konzerte, der Gasometer in Oberhausen -> darin hat Christo mal bunte Fässer gestapelt.
Für mich ist das ganz klar ein Bilderbuch über das Ruhrgebiet für Menschen die nicht von hier sind. Leutz, schaut doch mal bitte nicht nur über Eure Stadtgrenze, sondern über den Tellerrand vom Pott raus. Deutschland ist nicht nur Ruhrgebiet… 🙂
Gefühlt schreibt jeder zweite Reporter bei der WAZ irgendwann in seinem Leben einmal ein Buch über das Ruhrgebiet. Die Qualität solcher Bücher ist dabei ziemlich equivalent mit der Qualität der Berichterstattung vieler Lokalredaktionen der heutigen Funke-Gruppe.
hat denn jemand bessere Buchtipps?
@TuxDerPinguin: Das hier gefiel mir z.B. besser, wenn Du mich fragst:
http://www.ruhrbarone.de/2193-kilometer-im-fluss-das-ruhr-buch/94515
danke, dass schau ich mir mal genauer an