Das „Starke- Familien- Gesetz“ ist kein effektives Instrument Kinderarmut zu bekämpfen

Der Bundestag in Berlin. Foto: Robin Patzwaldt

Auf Initiative der sozialdemokratischen Familienministerin, Franziska Giffey, verabschiedete der Bundestag das „Starke- Familien- Gesetz“, das seit dem 1. Juli 2019 in Kraft getreten ist.

Von unseren Gastautorinnen Anja Stanitzek und Jona Scholz.

Erklärtes Ziel ist es Kinderarmut zu dämpfen und Kindern aus einkommensschwachen Familien mehr Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Es setzt sich aus dem Kinderzuschlag und dem Teilhabe Gesetz zusammen.

Familien, deren Einkünfte reichen um mit Einkommen der Eltern, Kinder- und Wohngeld ihren Bedarf im Sinne des SGB II zu decken, können diesen beantragen.

Im Beispiel des Merkblatts der Agentur für Arbeit heißt es, dass ansonsten Leistungen beantragt werden müssen und der Kinderzuschlag nicht greife. Somit erhöht sich der bürokratische Aufwand für diese Familien. Dies ist außerdem der Fall bei Bezug des Kinderzuschlages.

In dem Merkblatt wird erwähnt, dass die Agentur für Arbeit nicht für die Leistungen nach dem Teilhabe Gesetz zuständig sei, sondern kommunale Stellen. Mit Verweis auf die Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, sowie dem Bürgertelefon ist es ein erhöhter Aufwand für die Antragsteller überhaupt an Informationen oder den Antrag zu kommen.

Dies kann gerade für die zu erreichende Klientel eine Hemmschwelle darstellen diesen Antrag überhaupt zu stellen oder zumindest mehr Stress bedeuten. Dieser Aufwand muss alle sechs Monate wiederholt werden, obwohl der Antragsteller dazu verpflichtet ist bei Änderungen diese auch mitzuteilen.

Das Bildungs- und Teilhabepaket sieht vor, dass die Kosten für Klassenfahrten und Tagesausflüge komplett übernommen werden. Die Fahrkarte für den Schulweg sowie die Verpflegung in Kita und Schule werden ebenso übernommen.

Ähnlich wie bei ALGII Bezug wird hier die Schulausstattung übernommen. Am Anfang des Schuljahres wird diese mit 100 Euro und im 2. Halbjahr mit 50 Euro bezuschusst. Lernschwache Schüler werden nicht erst bei Versetzungsgefährdung gefördert, sondern diese präventiv eingesetzt. Dies bedeutet aber auch, dass sehr gute Schüler nicht weiter gefördert werden und durchschnittliche Schüler nicht ohne den finanziellen Eigenaufwand der Eltern ihre Leistungen durch Nachhilfe verbessern können.

Außerdem sieht das Paket einen Betrag von 15 Euro für die Teilhabe am Sozialen- und kulturellen Leben vor. Dieser wurde zwar um 5 Euro erhöht, aber wer jemals ein Kind zum Karateunterricht geschickt hat oder selber daran teilgenommen hat, weiß dass dies lediglich den Vereinsmitgliedsbeitrag decken kann. Im besten Fall.

Neu beim Kinderzuschlag ist die sogenannte „Abbruchkante“. Dies bedeutet, dass eine Familie bis zu 100 Euro weniger als die zu deckenden Bedarfe verdienen darf und den Zuschlag dennoch beantragen kann. Sollte dies der Fall sein, haben die Familien aber u.a. keine Möglichkeit mehr sich von der Rundfunkgebühr befreien zu lassen.

Die Menschen, die von diesem Gesetz profitieren sollen, arbeiten oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen und sollten die Zeit um diesen Antrag auszufüllen eher als Regenerationszeit mit ihrer Familie verbringen und nicht in Warteschlangen in Bürgertelefonen.

Außerdem greift der Kinderzuschlag nicht bei Menschen im ALGII Bezug und ist somit im Hinblick auf die Möglichkeit des Vererbens der Armut nicht tiefgreifend genug. Das Einkommen der Kinder, zu dem im Übrigen auch Kindergeld und Unterhalt zählen und nicht wie man bei dem Wort denken könnte, aus einem Ferienjob o.ä. (zählt aber dazu) wird hier zu 45 Prozent und nicht mehr zur Hälfte angerechnet. Kindern wird somit nicht vermittelt, dass es wichtig ist für sich auch finanziell Verantwortung zu übernehmen, sondern, dass einem etwas weggenommen wird und auch die Familie darunter leidet.

Menschen, die Leistung nach dem Asylgesetz beziehen, fallen aus dem Bezug des Starke-Familien- Gesetz heraus. Dies ist der große Schwachpunkt des Gesetzes. Geflüchtete sind in der Regel diejenigen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, da ihre Zeugnisse nicht anerkannt werden oder ihre Sprachkenntnisse für eine Ausbildung nicht ausreichen. Somit sind gerade ihre Kinder, die ohnehin einen erhöhten Bedarf der sozialen und kulturellen Integration haben, davon bedroht weitere Erfahrungen von Ausgrenzungen machen zu müssen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass dies erst der Anfang sein kann. Die Anträge auf Kindergeld, Kinderzuschuss und des Bildung- und Teilhabepakets müssen an einer Stelle zu beantragen sein. Es ist wichtig auch Menschen, die Gelder nach dem Asylgesetz bekommen miteinzubeziehen. Außerdem darf im speziellen die pädagogische Wirkung dieses Gesetzes auf die Kinder nicht unterschätzt werden.

Kinder sind unsere Zukunft und somit sollten sie besonders geschützt werden und ihnen auch per Gesetz die Möglichkeit gegeben werden als Erwachsene in der Mitte der Gesellschaft stehen zu können. Darüber hinaus stellt dieses Gesetz einen ersten Schritt dar Kinder vor Armut zu bewahren, aber ist kein effektives Instrument Kinderarmut zu bekämpfen.

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