Unschulds-Lammert unter Druck: Heute soll im Ältestenrat des Bundestages seine Affäre um eine als unabhängig getarnte CDU-Wählerinitiative aus Bochum besprochen werden. Der oberste Prüfer aller Parteien und zweite Mann im Staat baut eine Mauer des Schweigens um seinen von der CDU organisierten dubiosen Fan-Club. Einige auf einem Flyer benannten Unterstützer fühlen sich getäuscht. Der Intendant des Bochumer Schauspielhauses Elmar Goerden sagte zu den Ruhrbaronen: „Ich hätte niemals eine CDU-Initiative unterstützt.“
„Die Vorgänge um Lammerts Wählerinitiative sehen auf den ersten Blick sehr seltsam aus,“ sagte der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Nachdem die Frankfurter Rundschau publik machte, dass die als überparteilich bezeichnete Initiative „Bochumer Bürger für Norbert Lammert“ von der CDU bezahlt und organisiert wurde, hat der Bochumer Abgeordnete vor wenigen Tagen die Prüfung an seinen Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD) übertragen. Auch dies ist laut Beck fragwürdig. Das Parteiengesetz sehe nicht vor, dass der Bundestagsvize diese Aufgaben übernehmen könne.
Dass Lammert als oberster Prüfer aller Parteienfinanzen nun selbst ins Visier gerät ist pikant. Transparenz über die Geldquellen der Parteien gibt er als Leitlinie aus. Sein eigenes inzwischen umstrittenes Handeln im Bundestagswahlkampf 2009 aber lässt er trotz mehrmaliger Nachfragen im Nebel. Sein Berliner Büro verweist auf die Bochumer CDU, diese wiederum lässt Fragen bis heute unbeantwortet. So verweigert sie Aussagen dazu, wie teuer letztendlich der Druck und die Konzeption der Flyer gewesen ist und wer genau die Veranstaltungen mit CDU-Prominenten wie Bernhard Vogel organisiert hat. Telefonische Nachfragen wurden zuletzt mit einem Hörerauflegen beantwortet. Eine Mauer des Schweigens umgibt das System Lammert.
Schriftlich bestätigt hat Lammerts Berliner Büro inzwischen, dass die Bochumer CDU aus ihrem Budget für den Bundestagswahlkampf 2009 die Flyer, Veranstaltungen und Zeitungsanzeigen der Initiative bezahlte. Das Budget wiederum speiste sich laut dem damaligen Bochumer Schatzmeister Roland Mitschke aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. „Gerade vor der Bundestagswahl 2009 gab es diese Zuwendungen in größerer Anzahl“, so Mitschke. Ob auch Unterstützer der Initiative womöglich ohne deren Wissen an die CDU spendeten lässt er offen. Genau dies ist aber der Knackpunkt. Sollten Mitglieder der Initiative Geld gegeben haben und dies wäre in den Parteitopf geflossen, hätte sich Lammert womöglich unrechtmäßig Parteienzuschüsse einverleibt. Jeder gespendete Euro wird vom Staat mit 38 Cent bezuschusst.
Wählerinitiativen sind ohnehin umstrittene Spieler im Wahlkampf. Auch die SPD hatte eine in Bochum. Im Unterschied zu Lammerts trat sie aber nicht als überparteilich auf. Der Christdemokrat hat seine Initiative selbst aufgebaut. Zwar fungierte als offizielles Gründungsmitglied der CDU-Kulturpolitiker Klemens Kreuzer. Aber viele der Unterstützer der angeblichen unabhängigen Gruppe, die den Werbe-Flyer unterzeichneten, wurden von Lammert angesprochen und stehen in seiner persönlichen Schuld. Menschen wie Steven Sloane, der die Bochumer Symphoniker leitet und seit Jahren auf ein eigenes Konzerthaus hofft. Lammert hatte öffentlich für den Bau geworben und zu Spenden aufgerufen. Oder Menschen wie Elmar Goerden, Intendant des Bochumer Schauspielhauses, in dessen Verwaltungsrat Kreuzer sitzt. Im vergangenen Juli erhielten diese Prominenten Briefe mit der Bitte, sich für Lammert zu engagieren. Dass es letztendlich um eine CDU-Wahlwerbung ging habe Goerden jetzt überrascht, heißt es aus seinem Umfeld.
Ähnlich ergeht es dem Bochumer Politikprofessor und Unterzeichner des Faltblattes Uwe Andersen. Er wird von Lammert regelmäßig mit seinen Studierenden im Bundestag empfangen. „Seitdem schätze ich ihn persönlich sehr“, so Andersen zur FR. Für die CDU habe er aber nicht werben wollen. „Dieser Hintergrund war mir nicht bekannt.“ Andersen kann sich sogar „vorstellen, dass Spenden eingeworben wurden.“
Die Bochumer SPD, langjährige Regierungspartei in der Revierkommune, war „vollkommen überrascht über die Liste der Unterzeichner“, so der Vorsitzende der Ratsfraktion Dieter Fleskes. Viele von ihnen hätten durchaus auch schon mal mit der SPD zusammen gearbeitet. In persönlichen Gespräche hätten sich viele dann wieder von Lammert distanziert.
Dieses widersprüchliche Verhalten ist nur mit Lammerts Macht in Bochum zu erklären. Der 61-Jährige, langjähriger Chef der Revier-CDU, gilt im organisatorisch zerfaserten Ruhrgebiet als Integrationsfigur. Regelmäßig lädt er Journalisten und einflussreiche Personen zu politischen Gesprächen ein, ist in zahlreichen Initiativen aktiv und einflussreiche Stimme im Bundestag. Der Politikwissenschaftler ist aber auch bekannt dafür, gerne in der Öffentlichkeit zu stehen und nach Anerkennung zu gieren. Legendär ist sein Lamento, die Bundestagsdebatten, die er ja leitet, müssten im Fernsehen gesendet werden. Mehrfach soll er sich beim NRW-Haussender WDR beschwert haben, nicht ausreichend medial gewürdigt worden zu sein. Und auf dem laut Insidern von ihm mit abgesegneten Flyer heißt es: „Ein Bochumer in Berlin, der nicht nur seine Stadt sondern auch das Land glänzend vertritt. Kompetent, souverän, humorvoll.“
Ich liege wirklich auf dem Boden und rolle mich vor lachen.
Wer da so nicht wußte, dass lammert was mit der CDU zu tun hat. Ich kann es nicht glauben.
Treffende Formulierung:
… Jürgen Möllemann, zu Fall gebracht …
Korrupt. Rücktritt ist fällig.
Ein Amtsträger, der in eigener Sache befangen ist, sollte das Amt niederlegen oder mindestens dessen Ausübung bis zur Klärung der Sachlage ruhen lassen, statt die Verfassung zu beugen und die Sache an seinern Stellvertreter weiterzugeben. Aber politischen Anstand, der zu Rücktritt führen würde ist bei Angehörigen der CDU offenbar genetisch nicht der Veranlagung entsprechend.
Unser TV-Star ähhh Sternchen… Lammel
Gruss
[…] Das System Norbert Lammert (Ruhrbarone) – Norbert Lammert (CDU), der Bundestagspräsident und Ehrenvorsitzende der Ruhrgebiets-CDU, steht unter Druck. […]
[…] Büro offenbar direkt kontaktiert. So erging es einigen der Personen, die schon in vorangegangenen Artikeln erwähnt wurden. „So kennen wir ihn“, heißt es aus dem […]
Leserbrief zu Artikel von Annika Joeres: Das System Norbert Lammert
Ich verwahre mich entschieden dagegen, mit aus dem Zusammenhang gerissenen
und
sinnwidrig verwendeten Zitaten gegen die Wählerinitiative zugunsten von
Bundestagspräsident Norbert Lammert instrumentalisiert zu werden. Ich kenne
und schätze Norbert Lammert seit mehr als 30 Jahren als Persönlichkeit und
als
Politiker und halte ihn für einen hervorragenden Bundestagspräsidenten. Ich
habe die Initiative aus Überzeugung unterstützt und sehe auch heute keinen
Grund, davon abzurücken. Bei einem Professor für Politikwissenschaft darf man
annehmen, dass er einen Bundestagspräsidenten nicht für ein parteipolitisches
Neutrum hält. Ich differenziere jedoch zwischen Person und Partei, und hier
ging es primär um die Person Norbert Lammert, die ich unabhängig von meiner
abweichenden parteipolitischen Präferenz unterstützen wollte, wie andere
Mitglieder der Wählerinitiative auch. Die Finanzfrage mögen andere prüfen,
ich
habe nur deutlich gemacht, dass, wäre ich persönlich auf eine Spende für den
Flyer der Wählerinitiative angesprochen worden, ich keine Bedenken gehabt
hätte, mich zu beteiligen.
Ich habe während des Telefongespräches mit Frau Joeres bereits den Eindruck
gewonnen, dass es nicht um Information ging, sondern um Skandalisierung.
Leider hat der Artikel diesen Eindruck massiv untermauert, wie nicht nur der
Umgang mit meinen Äußerungen belegt, sondern auch der in meinen Augen infame
Bezug zum „Fall Möllemann“. Ich halte eine solche „Berichterstattung“ einer
seriösen überregionalen Zeitung für unwürdig.
Prof. em. Dr. Uwe Andersen
[…] die Mutter der Nation? Dann doch lieber Vollwaise! Norbert Lammert, der diesmal nicht auf eine Wählerinitiative zählen kann? Die CSU schlägt natürlich Edmund Stoiber vor, auf dessen Reden sich alle Deutschen […]