Das Verbandsklagerecht ist eine Gefahr für die Demokratie

Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch Foto: Steffen Holzmann/Umwelthilfe Lizenz: Copyright


Wenn in Deutschland bald 500 Milliarden Euro in die Infrastruktur fließen sollen, könnte sich das Verbandsklagerecht einmal mehr als Hemmnis erweisen, das demokratische Entscheidungen blockiert.

500 Milliarden Euro sollen nach dem Willen von CDU und SPD mit Unterstützung der Grünen in den kommenden zehn Jahren in die Infrastruktur der Bundesrepublik investiert werden. Das Geld soll auch dazu beitragen, das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen.

Doch es wird nicht einfach sein, das Geld auszugeben, weil es an Betrieben und ausreichend Fachkräften für die notwendigen Baumaßnahmen an Schulen, Brücken, Schienen und Straßen fehlt. Auch rechtlich könnten viele Projekte, die in den kommenden Jahren von der Politik auf den Weg gebracht werden, blockiert werden. Der Grund dafür ist das Verbandsklagerecht, das es Organisationen wie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) oder der Deutschen Umwelthilfe ermöglicht, gegen Baumaßnahmen zu klagen. Für die zum Teil mit Staatsgeldern finanzierten NGOs ist der Kampf gegen den Ausbau von Straßen, die Ansiedlung von Unternehmen oder die Schaffung von Gewerbegebieten Teil ihres politischen Geschäftsmodells.

In Deutschland gibt es das Verbandsklagerecht seit 2002; es wurde durch die zwingende Übernahme einer europäischen Richtlinie im Jahr 2005 ausgeweitet. Egal ob betroffen oder nicht – viele grüne Lobby-Gruppen können seitdem alles in diesem Land blockieren, das ihrem extremen ökologischen Weltbild widerspricht.

Das hat nicht nur wirtschaftliche Folgen, sondern führt auch dazu, dass viele Menschen zu Recht das Gefühl haben, dass es „nicht vorwärts“ geht – mit Folgen für das Ansehen der Demokratie. Der Politologe Herfried Münkler schreibt dazu in seinem neuen Buch Macht im Umbruch: Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts:

„Was einmal unter dem Aspekt der Demokratisierung von Entscheidungen eingeführt worden ist, hat sich so zu einem zentralen Hindernis für die Umsetzung demokratischer Entscheidungen entwickelt. Der Schutz von Schnabelenten, Großtrappen sowie diversen weiteren Tierarten ist zum Hebel bei der Blockierung wichtiger Infrastrukturvorhaben geworden, sobald an die Stelle einer pragmatischen Umsiedlung der fraglichen Tierpopulation ein Rechtsstreit getreten ist, der mitunter ein Jahrzehnt in Anspruch nimmt – und dabei die Demokratie als ineffizient und handlungsunfähig erscheinen lässt. Offenbar gibt es einen Kipppunkt im Verfahren der Entschleunigung, von dem an die Fehlervermeidung in Form des Beratschlagens und eines mehrstufigen Weges bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes oder bei der Umsetzung von Projekten, die von Verwaltungsgerichten überprüft werden, in pure Langsamkeit umschlägt (…) Das raubt der Demokratie Glaubwürdigkeit und fördert Zweifel an ihrer Effektivität beziehungsweise ihrer Fähigkeit, Probleme zügig und entschlossen anzugehen.“

Die Union hat mit ihren 551 Fragen zur Finanzierung von NGOs den Versuch unternommen, deren staatliche Unterstützung offenzulegen. Der nächste logische Schritt wären Kürzungen – vor allem bei den klagefreudigen Umweltverbänden und grünen Lobbyvereinen. Doch das allein wird nicht reichen. Das eigentliche Problem ist die rechtliche Grundlage ihres Handelns. Oder wie Münkler schreibt:

„Die Anteile der demokratischen Einflussnahme müssen gegenüber denen der juristischen Prüfung und damit der rechtsstaatlichen Begrenzung des Bürgerwillens deutlich gestärkt werden, um zu verhindern, dass die Demokratie weiter an Zustimmung und Unterstützung verliert. Eine Entwicklung, bei der Entscheidungen mehr und mehr juridifiziert werden, woran auch die Regelvorgaben aus Brüssel ihren Anteil haben, muss gebremst werden, damit das populistische Aufbegehren gegen den demokratischen Rechtsstaat nicht weiter um sich greift und die Verbindung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Ganzes infrage stellt.“

Auch auf diesem Feld sollten CDU und SPD handeln. Ob sie die Kraft und den Willen dazu haben, bleibt fraglich.

 

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Es staunt der Bauklotz
Es staunt der Bauklotz
2 Stunden zuvor

Wenn das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 wirklich in das Grundgesetzt geschrieben wird, dann entmündigt sich die gesetzgebende Gewalt selbst, dann entmündigt sich der Bundestag selbst. Der Name des praktischen Bundeskanzlers wird dann nicht mehr Fritze Merz sondern Jürgen Resch sein . Die Gesetze werden dann nicht nicht im Bundestag beraten, sondern die Bistimmungen und Vorschriften werden in der Form kreiert werden, dass Herr Resch oder andere Verbandsvertreter vor Gericht ziehen, und dort erwirken, wie die Menschen zu leben haben, was ihnen erlaubt und verboten ist. Die richtende Gewalt wird die gesetzgebende Gewalt ersetzen – die demokratische Gewaltenteilung wird ausgehebelt werden:
Wenn wir schon erlebt haben, wie weit Herr Resch anhand der Gestze zur Luftreinhaltung am in Wahlen festgeltellten Volkswillen vorbei die Politik in Deutschland bestimmen konnte, wie viel mehr Macht wird Herr Resch nun erhalten, wenn er vor Gericht mit einem Grundgestzt Artikel argumentieren kann, der so allgemein gehalten ist, dass sich damit fast jede Forderung, jedes Verbot begründen ließe.
Ich habe immer auf den Boden dieses Grundgesetztes gestanden und habe mich an die Gesetze gehalten. Ich fürchte mich vor dem Moment, an denen ich mich entscheiden müsste zwischen meiner sozialen Existenz, allen für das mein ganzes Leben gearbeitet habe und einem Grundgesetz das nur noch ein Spielzeug des Herrn Resch und anderer Verbandsvertreter wäre.

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