David Wagner scheint besser zu Schalke zu passen als Lucien Favre zum BVB

David Wagner. Quelle: Wikipedia, Foto: Tobias Nüssel, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Als der FC Schalke 04 in diesem Sommer die Verpflichtung des neuen Cheftrainers David Wagner bekanntgab, da gab es so einige Gründe, die Skepsis in Bezug auf diese Entscheidung gerechtfertigt haben: Wagner verfügt über vergleichsweise wenig Erfahrung, scheiterte bei seinen jüngsten Trainerstationen stets, er warf in Huddersfield zuletzt sogar freiwillig das Handtuch und er trainierte einst die Reserve von ‚Erzfeind‘ Borussia Dortmund.

Jetzt, wo die ersten rund drei Monate seiner Tätigkeit auf Schalke hinter uns liegen, muss man jedoch zu der Erkenntnis kommen, dass Wagner vom Typ her vermutlich deutlich besser zum FC Schalke und zum Ruhrgebiet passt als sein wesentlich erfahrener Kollege Lucien Favre zum Nachbarn aus Dortmund.

Wer in den vergangenen Wochen den Aussagen von Wagner intensiv gelauscht hat, der durfte in jedem Falle feststellen, dass Wagner sich mit Klub und Region eindeutig identifizieren kann, er schon eine Beziehung zur Region aufgebaut hat. „Ich mag den Pott und die Menschen hier. Die sind klar und geradeaus, das gefällt mir und passt zu mir“, sagte der 47 Jahre alte Trainer in einem Interview bei „Sportbuzzer“. Und als Beobachter nimmt man ihm das sofort ab.

Nach zuletzt drei Siegen in Serie ist die Stimmung bei den Schalkern ohnehin gut. Vielleicht sogar etwas zu gut für die tatsächliche Lage am Tag vor dem schweren Spiel bei RB Leipzig am Samstag.

Doch der als „ambitioniert, schnell, offensiv, kämpferisch.“ beschriebene Fußball des Neutrainers in Gelsenkirchen passt offenkundig gut zum Verein. „Schalke ist zuallererst Maloche. Darauf fußt alles. Es darf nicht sein, dass sich die Gegner auf uns freuen“, ergänze Wagner und traf damit den Kern der Ruhrgebiet-Mentalität.

Wenn es den Schalkern jetzt gelingt die Träume nicht gleich völlig durch die Decke schießen zu lassen, Wagner und seinem Team die notwendige Zeit eingeräumt wird etwas zu entwickeln, dann könnte sich diese Verpflichtung im Rückblick, entgegen der ersten Bedenken, als ein echter Glücksgriff erweisen.

Eine Einschätzung, an der man nebenan bei den Schwarzgelben in Bezug auf den eigenen Cheftrainer Lucien Favre in diesen Tagen doch erhebliche Zweifel zu haben scheint. Zumindest im Umfeld des Vereins.

Nach der Niederlage bei Union Berlin (1:3) und dem Unentschieden bei Eintracht Frankfurt (2:2) herrscht dort, obwohl der BVB aktuell ebenfalls zehn Punkte auf dem Konto hat, wie die Königsblauen, gefühlte Untergangsstimmung.

Und das dürfte auch damit zu tun haben, dass Lucien Favre vom Typ her, auch nach fast 1,5 Jahren Amtszeit, eben so gar nicht zum Ruhrgebiet und seiner Mentalität zu passen scheint. Der Schweizer fremdelt von Beginn seiner Tätigkeit in Dortmund an mit Fans und Medienvertretern vor Ort, gilt als verschlossen und wortkarg. Solange der sportlich Erfolg für ihn spricht, wird er in seiner Rolle vom BVB-Anhang akzeptiert. Sobald die Ergebnisse jedoch nicht mehr passen, fällt jedermann sofort wieder auf, wie schlecht er im Grunde zum Verein passt, und es setzt entsprechende Kritik.

Im Gegensatz dazu dürften die Schalker mit Wagner, zumindest seinem Verhalten in den vergangenen Monaten nach, diesmal eine Lösung gefunden haben, die den Anhängern deutlich eher aus dem Herzen spricht, zum Verein und seiner Mentalität zu passen scheint.

Aber natürlich muss auch in diesem Fall erst noch abgewartet werden, wie sich die Lage darstellt, wenn es erste wirkliche Rückschläge auf dem Platz gibt.

Aktuell spricht vieles dafür, dass Wagner länger in Schalke arbeiten wird als Favre in Dortmund. Und das ist nach den Erlebnissen der vergangenen Jahre schon etwas Bemerkenswertes!

 

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

Robin, ist diese Einschätzung nicht etwas verfrüht?? Dass auch die blauen Fans ihre Trainer-Lieblinge bei aufkommender Erfolglosigkeit ganz schnell auf den Mond schießen, wurde doch grad noch bei Tedesco deutlich – das ist ja auch Teil des aktuellen Fazits von Friedhelm Funkel (https://www.derwesten.de/sport/fussball/s04/fc-schalke-04-friedhelm-funkel-nimmt-domenico-tedesco-auseinander-und-kreidet-ihm-diese-beiden-fehler-an-id227203039.html)

Eine Saison sehr gut abgeschlossen, dann den blauen Fans nach dem Maul geredet und *zack* verliert jeder "beste" Trainer auf Schalke erst das Erfolgsglück und dann den Job.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

Ich sehe das eher so: da Favre aufgrund seiner äußerst professionellen Berufsauffassung genau weiß, dass er kein Fan-Liebling ist und bei andauerndem Misserfolg im Nu auf der Straße sitzen wird (falls er dem nicht wieder zuvor kommt), entstehen bei uns auch gar nicht erst diese "himmelhoch jauchzend -> zu Tode betrübt"-Wechselstimmungen innerhalb kürzester Zeit, die nicht nur die Fans, sondern auch den Restverein lähmen können, was dann wiederum die Arbeit neuer Trainer mit einem fetten Klotz aus allerhöchsten Erwartungen und Heilsbringer-Visionen belastet. So entsteht ein sich immer schneller drehendes Trainer-Karussell – wie eben auf Schalke;-)

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

Ich schätze, dass bei Favre entscheidend sein wird, ob er sein bisheriges Konzept anpassen/"modernisieren" kann, also ob er nicht wieder den massiv Unbelehrbaren mimt, wenn es jetzt z.B. auch international wieder im Getriebe knirscht. Allein ausgehend von dem "Spielermaterial", welches ihm Susi diese Saison hingestellt hat, hätte er alle Möglichkeiten, um Neues zu probieren – vielleicht auch mal längere Zeit auf Reus zu verzichten.

Franz-Christian Müller
Franz-Christian Müller
5 Jahre zuvor

Scheinbar hat Robin Recht, obwohl insgesamt im Schalker Lager Ruhe bewahrt werden muss. Jetzt wurde ja auch das schwere Spiel gegen den Tabellenfüher auswärts eindeutig,verdient und klar gewonnen. Wichtig ist hier jetzt allerdings nicht der zwar angenehme Tabellenplatz sondern die ordentliche Punktausbeute vorallem in Hinblick auf die Vorsaison. Und Punkte und Platz beflügeln scheinbar.

Jannis Petros
Jannis Petros
5 Jahre zuvor

Schon der Titel ist Wahnsinn. Wagner steht erst am Anfang und hat noch keinen Blumentopf gewonnen.
Favre dauernd zu kritisieren, ist eine Frechheit. Wo war den der BVB die letzten Jahre?
War es mit Tuchel, Bosz oder Stöger besser? Favre hat die Mannschaft gut weiterentwickelt und zaubern kann er auch nicht. Beim BVB fehlt teilweise auch die Qualität.

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[…] Lucien Favre, der auf den jüngsten Pressekonferenzen schon beängstigend unengagiert wirkte, scheint sich mit […]

Jannis Petros
Jannis Petros
5 Jahre zuvor

Herr Patzwaldt

Sie scheinen da Sachen zu verwechseln. Ja ganz sicher hat Favre die Mannschaft gut weiterentwickelt! Klares Spielkonzept. Attraktiver Fussball. Technisch hochstehend und anspruchsvoll.
Und da sind Spieler die noch jung sind. Sind am Anfang Ihrer Entwicklung usw.
Auch wenn die Resultate im Moment nicht stimmen. Favre leistet gute Arbeit.
Und wieso Favre nicht zu BVB passen sollte, wie Sie schreiben (Favre hat eine ganz starke Vorsaison
abgeliefert) erschliesst sich mir überhaupt nicht. Auch ist es Lucien Favre gegenüber respektslos was Sie da in Ihrem Bericht aufführen!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

#11 Jannis Petros: "Technisch hochstehend und anspruchsvoll" Dann haben Sie gestern Abend hoffentlich ein anderes Spiel gesehen, sonst wäre evt. mal der Augenarzt gefragt. Grade die vielen individuellen Fehler halten die Mannschaft davon ab, attraktiven Fußball zu spielen *und* zu gewinnen, was für den erzwungenen Anspruch, Meister zu werden, unabdingbar wäre.

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[…] würde um nach Dortmund zu wechseln. Zudem hat Kohfeldt zwar ohne Zweifel das gewünschte Charisma, das viele bei Favre vermissen, aber er ist eben auch noch sehr unerfahren, noch ein sehr junger Übungsleiter. Ob er den […]

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[…] Favre war das immer schon anders. Seine Art passte, wie sich schnell herausstellte, irgendwie nicht zum Klub und auch nicht zur Stadt. Auch in Zeiten in denen es sportlich gut lief, blieb bei mir immer dieses komische Gefühl der […]

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[…] es aktuell widererwartend gut beim FC Schalke 04. Trainer David Wagner hat bisher offenkundig sehr gute Arbeit geleistet und die Gelsenkirchener Profikicker, nach einer Saison die fast im Abstiegskampf geendet […]

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[…] nach den Enttäuschungen gegen Leipzig und Hoffenheim ist sie wieder zurück, die Trainerdebatte. Und das zum ungünstigsten […]

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[…] Trainer Florian Kohfeldt galt, ebenso wie sein Schalker Gegenüber David Wagner, zu Beginn der Runde noch als regelrechter Glücksgriff für seinen Klub. Beide Coaches zeichneten sich durch eine hohe Eloquenz und Authentizität aus, waren über Wochen […]

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[…] für den Übungsleiter und schienen dafür reich belohnt zu werden. Alles schien zu passen. Wagners Art war erfrischend, passte hervorragend ins Ruhrgebiet und die Entscheidung schien sich zu einem großen Glücksgriff […]

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