D+D: Zu viel für den Bullshit-Detektor

Roland Düringer. (c) Daniel Weber, neuwal.com
Roland Düringer. (c) Daniel Weber, neuwal.com

Die Programmplaner des österreichischen Privatsenders Puls 4 haben einen seltsamen Sinn für Humor. Zuerst eine wunderbar kritische Diskussion zur „Freeman-Bewegung“. Gleich im Anschluss eine Sendung mit Eso-Heilguru Rüdiger Dahlke und dem scharf ins Nirvana abgebogenen Ex-Kabarettisten Roland Düringer.

Düringer und Dahlke zur gleichen Zeit im gleichen Raum bei offenem Mikrofon. Das ist zu viel für meinen von den Wiener Skeptikern geeichten Bullshit-Detektor. Der kapituliert beinah schon in der Eingangsmoderation von Roland Düringer zu seiner Sendung „Gültige Stimme“. Da ist Dahlke noch nicht mal im Raum.

Roland Düringer war bis vor wenigen Jahren einer der Stars der österreichischen Comedy und angesagter Schauspieler. War maßgeblich am Erfolg von Satiren wie „Muttertag“ und vor allem „Hinterholz 8“ beteiligt.

Dann kriegte er einen Öko/Wutbürgerrappel und bog scharf ins Nirvana ab. Einer der Arrivierten, die glauben, mit Verzicht ließe sich die Welt retten. Politisches Engagement durch Isolation. Der Satte, der dem Hungrigen sagt, er möge sich gedulden. Man kennt das. Eso-Anflüge gehören in dem Milieu zum guten Ton.

Hält ihn nicht davon ab, mit „Gültige Stimme“ eine nicht schlecht bezahlte Sendung auf Puls 4 zu haben, wo schon mal Eva Herman auftrat. Und Monika Donner, Juristin im österreichischen Verteidigungsministerium, die einmal tragischerweise in den Verschwörungstheorietopf fiel und ohne fremde Hilfe nicht mehr rauskommt.

Schicksalsschläge und die böse Medizin

Da sitzt Düringer und räsoniert über Schicksalsschläge, Medizin und das Wesen der Krankheit. Und hat einiges Wahres zu sagen über Schicksalsschläge an sich: „Auf der Wiese bei blauem Himmel vom Blitz erschlagen zu werden, das ist ein Schicksalsschlag. Beim Gewitter unter einem Baum – das ist Blödheit.“

Stimmt. Nur, wie kommt man von dort auf solche Sätze? „Unsere so genannten schweren Schicksalsschläge, unsere gesundheitlichen, sind oft von langer Hand geplant, gemeinsam mit Arzt und Apotheker“. Und: „Manchmal kann man es sich ja aussuchen, ob man sich der Schulmedizin ausliefert. Manchmal halt nicht“.

Autsch.

Ein Verschwörungstheoretiker zerlegt sich selbst

Gerade eben hatte ich am gleichen Sender die wunderbare Diskussion „Pro und Contra“ gesehen, wo der österreichische Verfassungsjurist Alfred Noll, NEOS-Abgeordneter Niko Alm (ja, DER Niko Alm) und Moderatorin Corinna Milborn dem „Freeman Austria“ Joe Kreissl lediglich assistierten, wie er sich selbst demontierte.

Sebastian Bartoschek, den der Sender extra nach Wien eingeflogen hatte, hatte eigentlich wenig zu tun. Kreissl debunken? Machte der schon von fast ganz alleine. Widersprach sich andauernd selbst. (Das wenige Erklären, das noch notwendig war, hat Sebastian natürlich wunderbar erledigt.)

Der Guru, der kein Esoteriker sein will

Die nächste Sendung ist Düringers „Gültige Stimme“. Die Programmverantwortlichen haben entweder zu lange für Amazon gearbeitet oder einen seltsamen Humor.

Rüdiger Dahlke hat Platz genommen am Tisch. Düringer serviert ihm ein Glass Wasser. Wiener Hochquellenleitungswasser, um genau zu sein und man seufzt erleichtert, dass es kein Grander-Wasser ist.

Vielleicht sind die beiden noch nicht völlig hinübergekippt. Andererseits, Dahlke, stolzer Träger des „Goldenen Bretts“ hat so viel eigenes Voodoo zu verkaufen, da muss er nicht noch Werbung für die magischen Erzeugnisse Dritter machen.

Esoteriker will er jedenfalls nicht genannt werden, sagt er Düringer. „Esoterik, das ist heute die Bezeichnung für so eine Szene, die auch was Halbseidenes hat“.

Dass ihn wikipedia als Esoteriker bezeichnet, irritiert ihn nicht im Geringsten. Das ist für den „Humanmediziner, Psychotherapeut und Autor“ ein „Ausdruck des Niedergangs. Die ganze Komplementärmedizin wird niedergemacht, alles Spirituelle wird niedergemacht. Die wollen auch gar nicht die Wahrheit drin haben“.

Was würde er erst zu den gut recherchierten Einträgen auf Psiram sagen? Die überfordern die Serverkapazitäten eines durchschnittlichen KMUs.

9/11, JFK und Chemtrails

Und hast du nicht gesehen, gerieren sich die beiden Ds als Anti-Verschwörungstheoretiker. Ein bisschen. Dahlke verleiht ja nur seinem Staunen Ausdruck. Etwa, dass laut offiziellem Autopsiebericht für ihn als Arzt John F. Kennedy aus drei Richtungen erschossen worden sei und die offizielle Version von einem Einzeltäter ausgehe.

Und die Kondensstreifen am Himmel, die sind heute anders „die bleiben heute länger“. Nur: „Da darf man gar nicht mehr drüber reden“. Das zweite D des Abends stimmt ihm zu. Mit dem Nachsatz: „Muss ja nicht sein, dass man uns vergiftet. Das kann ja auch daran liegen, dass der Treibstoff heute anders ist.“

9/11: „Da hab ich keine Theorie dazu“, sagt der „Humanmediziner, Psychotherapeut und Autor“. „Ich staune nur, wie lange Trümmer fliegen“. Und: „Ich weiß nur, so war’s nicht, wie sie’s uns erzählt haben.“

Dahlke und keine Theorie? Man höre und staune. Der Mann erzählt auch schon mal drauflos, er habe eine Patientin nur mit Psychotherapie von Krebs geheilt und Fasten kuriere eh fast alles.

Nur hier und heute abend nicht. Zu sehr erinnert 9/11 die zwei Ds an die schlechten Inszenierungen er Amis und ihren Regiefehlern, wenn sie mal wieder irgendwo irgendwas machen. „An den Brüchen wachst du auf“, sagt Dahlke.

Bin ich heilfroh, dass die zwei Ds „nur Fragen“ stellen. Nicht auszudenken, wenn sie von Verschwörungen reden würden….

Mein Bullshit-Detektor ist wegen beginnender Überlastung stark ruhebedürftig.

Immerhin, wir hören, dass Rüdiger Dahlke Österreich für ein freies Land hält, wo man ihm, dem großen Weisen, nur wenige Verbiegungen abverlangt.

Was Dahlke gerne nicht sagt

Ich darf mich als Arzt in Österreich nicht hinstellen und sagen, ich bin gegen Impfungen. Ich muss sagen: Ich muss Ihnen jetzt raten, Ihr Kind achtfach impfen zu lassen, aber ich würde es bei meinem Kind nicht tun.“ Mit dieser Verbiegung kann er leben.

Er ist eben klüger als der radikale Impfgegner Johann Loibner, dem zwischenzeitlich die Approbation als Arzt entzogen worden war.

Dem teils gefährlichen Unsinn, den Dahlke und Düringer von sich geben zum Trotz hält sich das Bedürfnis, die beiden Ds mit einem Geschichts- oder einem Anatomielehrbuch zu ohrfeigen in überschaubaren Grenzen.

Sympathie als Waffe

Das Gespräch gründet sich auf wechselseitiger Sympathie zwischen den beiden und dem kannst du dich als Zuschauer auch nicht ganz entziehen. Warum sollen Spinner auch nicht auch sympathisch sein können?

Das macht die Sendung auch gefährlich. Weniger skeptische Menschen lassen sich von so viel Harmonie leicht einlullen. Da bleibt die eine oder andere Botschaft mit Eingangsplausibilität leichter hängen.

Zum Beispiel, wenn Dahlke von seinen Schicksalsgesetzen faselt, wie dem „Prinzip der Polarität“ und dem „Prinzip des Anfangs“. Mumpitz, garniert mit Binsenweisheiten aus der Kommunikationspsychologie.

Womit man umstandslos wieder bei der Medizin ist, oder dem, was eben beide dafür halten. Düringer macht etwa um Krankenhäuser einen so großen Bogen, wie irgend möglich. Weil die Medizin ja die dritthäufigste Todesursache sei.

Lakaien der Pharmaindustrie und der böse Reduktionismus

Dahlke gibt ihm im Wesentlichen Recht. „Du müsstest ja topgesund sein, ganz fit, um sich noch in ein Krankenhaus in einem Industrieland zu trauen. Da kommen aber die Leute hin, wenn’s krank sind und ganz schlecht abwehrmäßig. Da geht halt viel schief.“

Klingt nicht mal so irrational. Ist aber vermutlich nicht so gemeint. Kurz darauf fallen, in einem anderen Zusammenhang, Sätze wie dieser: „Ich kenne viele, die als Ärzte begonnen haben, gute Mediziner sind, die zu Lakaien zu der Pharmaindustrie geworden“.

Schuld ist der Reduktionismus. Wie kann es auch anders sein? „Die können nie rausfinden, dass Brokkoli oder Apfel gesund sind, weil das können sie patentieren. Da steckt sicher ein Pharmakonzern dahinter, der Geld machen wollen“.

Das Geld sei ja eigentlich eine gute Idee, räsoniert Dahlke, nur sei es heute Machtfaktor und Selbstzweck geworden. Was irgendwie mit einem „Übergewicht der Ratio“ zu tun hat. Wie genau, verliert sich im Geschwurbel der zwei Ds.

Bingo! Und: Woran man Veganer erkennt

Der nahe an der Überlastungsgrenze schrammende Bullshit-Detektor drückt einem langsam die Augen zu. Mir fehlt es offenbar an „Bewusstheit“ und vielleicht hab ich auch zu wenig „Lebensenergien“.

Das nutzt man, um das Bullshit-Bingo komplett zu machen.

Dahlke ist, wie er nie müde wird zu betonen, Arzt: „Oft sitz ich im Zug und seh sofort, welches Mittel der braucht. Aber ich sag nix, ich bin ja nicht in Ordination“.

Veganer erkennt er sofort, er ist ja selber einer. Für ihn als Arzt haben die „eine andere Hautausstrahlung“. Und andere Gesichtsform. „Vor 15 Jahren, da hab ich schon vegetarisch gelebt, da habe ich ein viel runderes Gesicht gehabt.“

Ein unbeteiligter Beobachter könnte ihn auch als ausgemergelt bezeichnen, aber man will ja nicht so kleinlich sein. Jedenfalls, er sei ein moderater Veganer, die missionarischen mag er nicht. Was zweifelsfrei für ihn spräche.

Das Problem sind die Abstinenzler. Und die Skeptiker.

Würden da nicht andere Aussagen fallen über die Leute, die Dahlke für Radikale hält: „Der Abstinenzler, der hat das Problem. Der ab und zu was trinkt, und der säuft, die haben ein verschiedenes Problem. Aber, der sauft, der weiß meistens, dass er ein Problem hat, dem kann ich helfen als Arzt. Dem Abstinenzler, dem kann ich nicht einmal helfen.“

In einer Klinik für Abhängigkeitserkrankungen wird der Mann wohl nicht mehr anheuern.

Was ihm auch egal sein dürfte. Seine „Gesundheits“ratgeber sind in 84 Sprachen übersetzt worden. Mit so viel Geld im Hintergrund bringt einen nichts mehr aus der Ruhe.

Naja, fast nichts. Dass es Kritik an seinen Büchern und seinen Thesen gibt, das ist offenbar eine Zumutung, findet er. Besonders in diesem Land. Deswegen freut er sich so über den Auftritt bei Düringer: „In Österreich krieg ich immer einen Skeptiker dazu gesetzt. Es ist schön, dass ich heute so direkt mit dir reden kann.“

Die bösen Skeptiker. Verderben einem dubiosen Alternativ“mediziner“ auch jede Freud an seinen eigenwilligen Methoden. Um wie viel leichter und vor allem profitabler wäre das Leben ohne sie.

Der an seine Kapazitätsgrenzen gebrachte Bullshit-Detektor atmet auf, als Düringer den Raum verlässt und der Abspann zu sehen ist.

Und man fragt sich, was das in einem halbwegs seriösen Privatsender verloren hat. Liebe Programmmacher von Puls 4 – wollt ihr wirklich mit so was die Arbeit von Corinna Milborn konterkarieren?

Braucht dieser Unsinn wirklich eure Plattform? Täte es nicht ein obskurer Youtube-Kanal auch?

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Peter Stadlmaier
Peter Stadlmaier
8 Jahre zuvor

Die durchgeknallte Juristin im österreichischen Verteidigungsministerium heißt Monika *Donner*

michael
michael
8 Jahre zuvor

Sehr geehrter Herr Baumgartner,
selten so viel Bullshit gelesen, wie in Ihrem Kommentar,
kein normal denkender Mensch, der sich mit der Materie beschäftigt würde annehmen, das alle drei WTC durch Flugzeuge perfekt professionell gesprengt wurden,
Monika Donner ist nicht durchgeknallt, sondern mutig, denn sie spricht die sensiblen Beziehungen zwischen Europa und Rußland an;
Wer bezahlt Sie Herr Baumgartner? Oder glauben Sie tatsächlich, was Sie schreiben?
Wer glauben Sie hat die Geschichtsbücher, die Schulbücher lizensiert, welche Sie so gerne zweckentfremdet hätten?
Nach dem 2. Weltkrieg!
Ich gebe zu, dass die Chemtrail-Theorie abwägig klingt, aber wer sich an die Ursprünge dieser Idee i. d. USA zum Thema Aerosole herangewagt hat, z. Bsp. in der Doku,
https://www.youtube.com/watch?v=31JFDGHs5bQ , empfindet sie als nicht abwägig!
Glauben Sie wirklich die Pharma-Industrie hat es sich zum Auftrag erkoren, uns vor Krankheiten zu retten, dass ich nicht lache (manipulierte Studien-Ergebnisse, Infiltration von Universitäten, Arztpraxen, Kliniken, Lehrbüchern, was für ein "perfektes" Marketing)
Sie erdreisten sich einen Menschen zu diskreditieren, der seinem natürlichen Instinkt folgt, ein natürliches Leben führen zu wollen, der Fragen stellt, der nicht vorgefertigte Antworten widerkäut!
Ich könnte an dieser Stelle noch sehr vieles schreiben, aber ich habe nicht die Zeit hierfür!
Ich hoffe es ist Ihre tatsächliche Meinung, die Sie hier preisgeben, denn wenn dem so ist, habe ich Hoffnung, das Sie recherchieren, Fragen stellen!
Wenn nicht, ist dass, was ich hier geschrieben habe, obsolet!

michael
michael
8 Jahre zuvor

Sehr geehrter Herr Baumgarten,
das freut und beruhigt mich,
denn es nährt die Hoffnung in mir, dass Sie Ihre Kenntnisse für Zusammenhänge i. d. Weltpolitik erweitern,
ihr ökologisches Bewusstsein schärfen, Ihren Sinn für das Natürliche entdecken,
statt Medien zu vertrauen, deren Macher üblicherweise mit der "Schere im Kopf" agieren,
herzlichst,
michael
P.S.: bis jetzt wurde jede sogenannte Verschwörungs-Theorie von der sogenannten Realität, um, gelinde gesagt, "einiges" übertroffen, aber ja wir sind halt' die Frösche, die sich in unserem Siede-Wasser durch "langsame" Erwärmung wohl fühlen, bis wir . . .

IvanErtlov
8 Jahre zuvor

Bei diesem kurzen Dialog da über mir hat die Realität die Satire galoppierend überholt…

trackback

[…] in einer Renaissance der Lebensreformbewegung in sehr ähnliche Strategien geflüchtet. Hang zu Verschwörungstheorien und Esoterik wie bei Düringer […]

Frau Schwan
Frau Schwan
8 Jahre zuvor

Lieber Herr Baumgartner! Ausser, dass hier versucht wird, mit Worten wie "Bullshit-Detektor" eine negative Haltung gegenüber Düringer und Dahlke zu suggerieren, kann ich in Ihrem Artikel keinerlei konkreten Anhaltspunkte ausmachen, was an den von Ihnen erwähnten Meinungen denn nun der Bullshit sein soll. Oder sagen wir mal so: Bei Herrn Dahlke kann man durchaus alternative Lebenseinstellungen ausmachen, aber er zwingt seine Medizin ja auch niemandem auf. Bei Herrn Düringer haben Sie dann nicht einmal einen Hinweis dafür gegeben, was an seinen Aussagen nun eigentlich Bullshit sein könnte. Und solange Sie nicht anhand konkreter Fakten darlegen können, WAS denn nun an den vorgebrachten Meinungen der Beiden nun der Bullshit sei, ist Ihre Diskreditierung genauso zu bewerten, wie das Lästern eines 16jährigen Schülers mit Hollister-Klamotten (oder was halt gerade en vogue ist), der sich über das alternative Outfit von Mitschülern lustig macht. Immer schön brav mitschwimmen und auf die Andersdenkenden draufhauen, dann gehört man zur Clique, gelle? Man kann sich leider lebhaft vorstellen, wo Sie vor 75 Jahren mitgeschwommen wären um dazu zu gehören…

Davbub
Davbub
8 Jahre zuvor

@ 8: "…Man kann sich leider lebhaft vorstellen, wo Sie vor 75 Jahren mitgeschwommen wären um dazu zu gehören…"
Wenn nichts mehr geht, der gute, alte Nazi-Verdacht geht doch immer.
Billig ist hier noch zu teuer.

Frau Schwan
Frau Schwan
8 Jahre zuvor

Das war kein Nazi-Verdacht, sondern ein Mitschwimmer-Verdacht. Grosser Unterschied!! Und solange ich keine stichhaltigen Begründungen für die Bullshi-Lästereien bekomme, bleibt dieser auch bei mir aufrecht.

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