Mit dem Jahr 2024 endet bei uns in der Familie eine Ära. Seit meine Eltern mit mir als Kleinkind in den 1970er-Jahren von Dortmund nach Waltrop gezogen sind, war in unserem Haus immer mindestens eine gedruckte Lokalzeitung präsent. In Hochzeiten waren es sogar bis zu drei Abonnements.
Damit ist jetzt endgültig Schluss. In wenigen Tagen läuft das letzte Abonnement aus. Aufgrund der Kündigungsfrist werden wir zwar auch im Januar noch ein paar Ausgaben der ‚Waltroper Zeitung‘ erhalten, doch emotional haben wir uns von „unserer“ Lokalzeitung bereits distanziert. Alle Familienmitglieder, die sich in den letzten Jahren ein Exemplar geteilt hatten, haben ihren Abschied längst vollzogen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis der „Waltroper Zeitung“ stimmt schon lange nicht mehr. Vor ein paar Wochen hat auch mein 77-jähriger Vater, der den Bezug einer gedruckten Zeitung bis dahin für unverzichtbar hielt, genug gehabt. Seit 1973 war er ein treuer Leser – doch jetzt war er so enttäuscht, dass wir das letzte Abonnement endgültig gekündigt haben.
Für mich war die Zeitung seit meiner Einschulung 1977 über Jahrzehnte hinweg ein Teil meines Alltags. Als Kind interessierte mich vor allem der Sportteil, später las ich auch Politik. Mit der Zeit wurde der Lokalteil immer wichtiger für mich. Mein wachsendes Interesse an Lokalpolitik führte zu einem eigenen Abonnement und sogar zu einigen Jahren lokalpolitischen Engagements. Damals war die Zeitung ein unverzichtbares Medium für die Meinungsbildung – das ist längst vorbei.
Gerade im Bereich der lokalen Berichterstattung sind Umfang und Qualität in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen. Für Sport- und überregionale Politik benötigt man ohnehin keine gedruckte Lokalzeitung mehr, die oft nur die Nachrichten des Vortages liefert. Statt in Zeiten des medialen Wandels den Fokus auf ihre größte Stärke, das Lokale, zu legen, hat die Zeitung genau hier die stärksten Kürzungen vorgenommen – sowohl bei der Qualität der Berichterstattung als auch beim Personal.
Auch die Schließung der Geschäftsstelle vor einigen Jahren hat die Bindung zur Stadt geschwächt. Durch die Zusammenlegung von Lokalredaktionen – in unserem Fall die aus Waltrop, Datteln und Oer-Erkenschwick – wurden die spezifischen Artikel für Waltrop drastisch reduziert. Parallel dazu nahm die Seitenanzahl der Lokalberichterstattung immer weiter ab. Der Qualitätsverlust war offensichtlich. Schon lange genügte mir ein kurzer Blick ins Abonnement, wenn ich meine Eltern besuchte, die hier im Haus wohnen. Ein eigenes Abonnement kam für mich schon lange nicht mehr infrage.
In letzter Zeit waren die lokalen Leitartikel oft Themen aus Nachbarstädten. Es gab immer mehr Tage, an denen der Lokalteil für mich völlig uninteressant war. Selbst mein Vater, der als Pensionär bislang an seiner gedruckten Zeitung festgehalten hatte, erkannte schließlich die gravierenden Qualitätsmängel – verbunden mit regelmäßigen Preiserhöhungen – und stimmte der Kündigung zu.
Für mich persönlich, der ich einmal ein großer Fan unserer Lokalzeitung war und meine Ausbildung zum Verlagskaufmann auch ihrer Existenz verdankte, ist es ein ungewohntes Gefühl, bald keine Zeitung mehr im Briefkasten zu haben. Aber ich bin sicher: Ich werde sie nicht vermissen. Für über 50 Euro im Monat ein Produkt zu abonnieren, das nur aus Gewohnheit dazugehört, ist auf Dauer kein tragfähiger Grund.
Deshalb sage ich heute offiziell: Tschüss, Lokalzeitung!