››Der 1. FC Köln ist schon immer ein Verein am Rande des Wahnsinns…‹‹

Das Stadion in Köln. | Quelle: Wikipedia Foto: Raimond Spekking  |  Lizenz: CC BY-SA 4.0

Ein bisschen weg vom Ruhrgebietsfußball reden unsere Autoren Peter Hesse und Robin Patzwaldt diesmal unter anderem über Mainz 05, Hertha BSC Berlin, den 1. FC Köln und den KFC Uerdingen – ein Kessel Buntes also zum 16. Spieltag, der morgen Abend mit der Partie Union Berlin gegen Bayer Leverkusen beginnt.

Peter Hesse: Hallo Robin, schauen wir heute mal zuerst in die Hauptstadt. Bei der alten Dame Hertha hat Finanz-Investor Lars Windhorst seit Mitte 2018 runde 300 Millionen Euro in die Hertha investiert. Und was ist dabei rausgekommen? Außer einem beigefarbenen Lodenmantel für Bruno Labbadia nicht viel. Was Middelstedt, Plattenhardt, Cordoba & Co. am vergangenen Spieltag zusammenbrachten wirkte in der Partie gegen Bielefeld über weite Strecken blutarm, ideenlos und ohne große Ambition. Mit dieser Niederlage steht der Berliner Club nun auf Platz 12 in der Tabelle – 12 Plätze vom vierten Platz entfernt, der ja für die Champions League Teilnahme nötig ist. Und: bis zum Tabellenende sind es nur 5 Punkte! Dieses graue Niemandsland hätte sich Hertha-Funktionär Michael Preetz sicher anders vorgestellt. Woran liegt es? Laut Transfermarkt hat der Hertha-Kader einen Wert von fast 252 Millionen – in der Liga liegen sie damit auf Position sechs – nur die Bayern, Dortmund, Leipzig, Leverkusen und Gladbach haben noch größere Summen in ihr Team investiert. Zum Vergleich: der Kader von Union Berlin ist mit 60 Millionen der zweitkleinste der Liga. Dennoch spielen die „Eisernen“ eine sehr beachtliche Saison und haben derzeit schon neun Punkte mehr als die Hertha. Aber warum kriegt der ›Big City Club‹ nicht die nötigen Pferdestärken auf den Platz, was ist da los?

Robin Patzwaldt: Hallo Peter! Na ja, machen wir uns nichts vor, bundesweit interessiert die Hertha kaum jemanden. Da ist ja inzwischen sogar Union beliebter und angesehener, würde ich hier einfach mal frech behaupten. Hertha hat sich mit dem ‚Big City Club‘-Gelaber sehr viel kaputt gemacht. Das die Investitionen jetzt nicht so ziehen, wie sich vielleicht müssten, das zeigt uns doch nur mal wieder, dass man mit der Kohle eben auch umgehen können muss, damit sich der Erfolg einstellt. In Leipzig haben sie das alles von Anfang an geplant. Jetzt einfach mal einen bestehenden Bundesliga-Kader mit ein paar dicken Transfers an die Spitze pushen zu wollen, das ist eben nicht so einfach. Ich würde aber nicht ausschließen, dass Labbadia mit dem Verein in Kürze schon wieder erfolgreicher ist. Aber aktuell ist das schlicht enttäuschend was das Team abliefert. Da hast du schon recht. Noch bitterer finde ich aber gerade, was sich in Mainz tut. Da haben sie jetzt Christian Heidel, der Schalke in den Augen vieler Fans vor ein paar Jahren fast ruiniert hätte und Ex-Coach Martin Schmidt als Sportdirektor zurückgeholt. Was hältst du denn davon. Spannend ist das für uns ja auch, weil Mainz am Wochenende in Dortmund beim BVB zu Gast ist….

Peter Hesse: Christian Heidel ist in Mainz so etwas, was Günter Netzer für den HSV oder Rudi Assauer für Schalke 04 war: der Manager, der die goldenen Jahre des Vereins begleitet hat – und für viele Fans in der Karnevalshochburg eine ganz wichtige Figur ist. Aber packt der FSV Mainz 05 nun die Wende? Nach der Auftaktniederlage gegen Eintracht Frankfurt muss das Team jetzt liefern. In den letzten sieben Partien gab es sechs Niederlagen, darunter das bittere Aus im DFB-Pokal gegen den VfL Bochum. Momentan fehlt das Geld in der Kasse für Winter-Verpflichtungen – und sollte Mateta nun tatsächlich nach Frankreich wechseln, bräuchte man dringend Ersatz. Denn der 192 cm große Franzose ist mit seinen sieben Saisontoren der treffsicherste Schütze bei den Mainzern. Da sich der BVB in der jüngeren Vergangenheit meist mit vermeintlich schwächeren Gegnern sehr schwer getan hat, dürfte die Partie gegen Mainz vermutlich kein Spaziergang werden. Ich tippe dennoch auf einen Sieg – du auch?

Christian Heidel ist zurück bei Mainz 05  | Foto: Robin Patzwaldt

Robin Patzwaldt: Der BVB ist aus meiner Sicht noch immer in der Bringschuld. Alles andere als einen Dreier gegen das Tabellenschlusslicht wäre im Ruhrgebiet nicht zu vermitteln. Ich glaube auch, dass der BVB gewinnt. Aber wenn das nicht klappt…. Au weia! Das Spiel in Leipzig war zwar gut, aber die Borussen hatten ja schon seit Jahren Probleme ihre Leistungen auch gegen die Underdogs auf den Platz zu bringen…

Peter Hesse: Ein anderer Underdog im Tabellenkeller ist ja mittlerweile der 1. FC Köln. In den bisherigen 15 Bundesliga-Partien konnten sie nur zweimal gewinnen – und sollte sich das am Samstag im Heimspiel gegen Hertha BSC nicht ändern, könnte die Luft für Trainer Markus Gisdol auch dünner werden. Sicher, die Ambitionen in der Domstadt sind bescheiden und im DFB-Pokal haben die Domstädter auch die nächste Runde erreicht. Aber nur mit Beten und guten Worten hält man nicht die Liga. Vor allem das 0:5 gegen den SC Freiburg dürfte noch tief in den Knochen hängen, die Abwehr von Kapitän Jonas Hector muss das Spiel des Gegners besser unter Kontrolle bekommen, sonst wird Torhüter Timo Horn zum wiederholten Male Tore kassieren. Auch ihr einstiger Stürmerstar Anthony Modeste ist ins Straucheln gekommen – und hat in dieser Saison erst einmal im DFB-Pokal ein Tor erzielt. In der Offensive müsste mal mehr passieren beim FC. Auch Mittelfeldspieler Skhiri, der Ende November beide Treffer gegen den BVB erzielt hat, ist scheinbar im Winterschlaf – seit dem Sieg in Dortmund hat er in den darauffolgenden sechs Partien nicht mehr getroffen.

Robin Patzwaldt: Der 1. FC Köln ist schon immer ein Verein am Rande des Wahnsinns. Ich kenne die eigentlich immer nur überschwänglich oder zu Tode betrübt. Ruhiges arbeiten ist da eigentlich nie. Zumindest wird einem als Fan da nie langweilig. Aber im Vergleich zu früher ist der Verein nur noch ein Schatten seiner selbst. Ich kann auch mit dem Duo Heldt/Gisdol nichts anfangen. Zu Zeiten von Schmadtke/Stöger sah das Ganze noch erfolgsversprechender aus. Gisdol wollten die Fans in Köln damals ja auch nicht wirklich. Er hatte in der Vorsaison mal ne gute Phase, aber der Zauber war schnell verflogen. Mich würde es nicht wundern, wenn seine Zeit bald um ist. Aber ob es danach besser wird/würde, das weiß ich nicht. Wie gesagt, das ist ein komischer Verein aus meiner Sicht. Was ich daran mag ist die Stimmung im Stadion. Aber auch auf die müssen wir ja wohl noch eine ganze Weile verzichten. Apropos Untergang, der KFC Uerdingen geht ja immer mehr seinem Ende entgegen wie man liest. Würdest du das Ende des Drittligisten bedauern?

Peter Hesse: Zieht man den Ponomarew-Faktor ab, ist Uerdingen ein toller Club mit geilen Fans. Ich kann mich noch an ein Erstliga Spiel in der Krefelder Grotenburg Anfang der 90er Jahre erinnern, wo ich Stephane Chapuisat noch im blau-gelben Trikot sah. In den letzten fünf Jahren habe ich das Grotifanten-Team mehrfach gesehen – und vor allem von den Uerdingen-Fans bin ich immer wieder begeistert, denn sie können eine Stimmung mit tollen Gesängen verbreiten. Bei einem Spiel gegen die BVB Amateure vor zwei Jahren im Dortmunder Stadion ›Rote Erde‹ haben die Uerdinger Anhänger komplett beide Halbzeiten durchgesungen. Zwischendurch dachte ich, dass es sowas nur in 70er Jahre-Dokus über Tottenham Hotspurs oder Liverpool gibt. Die Gründe, warum sich Ponomarew zurückzieht liegen auf der Hand: der Grotenburg-Umbau zieht sich in die Länge, fast wie beim Berliner Flughafen. So gibt es kein eigenes Stadion und die Untermiete bei Duisburg ist kostspielig. Corona-bedingt dürfen keine Fans ins Stadion, da fehlt auch das Geld und dazu gesellt sich der sportliche Misserfolg. Trotzdem hat der Club laufende Kosten von geschätzten acht Millionen pro Saison, auch weil die Spielergehälter eher auf Zweitliganiveau liegen. Aus Fernsehgeldern bekommt der Club eine Million, den Rest muss der Investor deckeln – das ist ein Fass ohne Boden…

Stephane Chapuisat kam in der Winterpause der Spielzeit 1990/91 für rund 2.400.000 D-Mark zu Bayer Uerdingen | Foto: KFC Uerdingen

Robin Patzwaldt: ich kann mit Uerdingen nicht viel anfangen. Auch ich habe den BVB in den 80er- und 90er-Jahren mehrfach nach Krefeld begleitet. Für mich war das immer eines der trostlosesten Spiele der Saison. Trotzdem bedaure ich natürlich, dass der Klub jetzt offenbar endgültig vor dem Absturz steht. In Wattenscheid war das ja ähnlich rasant. Vom Erstligisten ins Nichts. Das ist traurig. Aber irgendwer muss für Hoffenheim, Leipzig, Wolfsburg & Co. halt auch Platz machen. Und dass es diese relativ kleinen und vielfach schlecht geführten Vereine sind, ist ja grundsätzlich auch logisch. Ich werde den KFC jedenfalls nicht wirklich vermissen, sollte er in Zukunft die Segel streichen müssen. Für Mitarbeiter und Spieler ist das natürlich trotzdem traurig und sehr ernst, was da gerade abläuft.

Peter Hesse: Tja, irgendwann heißt es einfach Ende im Gelände – da kann man als Außenstehender nichts machen. Das musste an anderer Stelle nun auch Fußball-Reporter Jörg Dahlmann erfahren. Ihm ist nun die Kündigung von seinem Arbeitgeber Sky ins Haus geflattert und er muss sich nun nach anderen Jobs umsehen. Der 61-Jährige Schalke-Fan hatte kurz vor Weihnachten das DFB-Pokalspiel zwischen Fußball-Bundesligist 1. FC Union Berlin und dem Zweitligisten SC Paderborn (2:3) kommentiert und dabei das Debüt von Union-Keeper Loris Karius süffisant flankiert. Karius ist ja mit dem Model Sophia Thomalla liiert, die ja schon in frühen Tagen als Stieftochter von Rudi Assauer im Fußball-Umfeld groß geworden ist. Über die wenigen Einsatzzeiten vom Union-Keeper lästerte Dahlmann im Stile eines Klatschreporters: „Das hat den Vorteil, dass er zu Hause kuscheln kann mit seiner Sophia Thomalla. Aber für so eine Kuschelnacht mit Sophia würde ich mich auch auf die Bank setzen.“ Daraufhin setzte in den sozialen Medien ein Shitstorm ein. Dahlmann entschuldigte sich, wurde jedoch von Sky für das Spiel am nächsten Tag zwischen Mainz 05 und dem VfL Bochum abgesetzt. Tja, der frühere Kommentator Rolf Töpperwien konnte im Jahr 1996 seine unbezahlten Bordell-Rechnungen noch mit ZDF-Briefpapier beanstanden. Es ist doch gut, dass in den letzten Jahren doch ein anderes Bewusstsein eingekehrt ist – und dass sich gegen diesen schenkelklopfenden Männerklüngel-Chauvinismus positioniert wird.

Robin Patzwaldt: Dahlmann redet aber schon seit Jahren so daher. Das ist ja nicht neu. Mir fiel das daher in der angesprochenen Reportage auch zunächst gar nicht weiter auf. es gab da nämlich etliche Sprüche, bei den ich die Augenbrauen hochgezogen habe. Der Shitstorm hat mich daher etwas überrascht. Offenbar war das Fass jetzt einfach übergelaufen. In der Regel schätze ich die Kommentatoren von Sky auch sehr. Aber es gibt eben ein paar Ausnahmen. Dahlmann und Buschmann gehören dazu. Auf die verziichte ich gerne. Aber wer fragt den Zuschauer da schon. Anderer seits vermisse ich noch immer Marc Hindelang, der inzwischen u.a. Pressesprecher von Eintracht Frankfurt ist. Den habe ich immer gerne gehört. Warum er damals ging…. wer weiß.

Peter Hesse: Darüber weiß ich auch nichts. Aber am Sonntag muss der FC Bayern nach Freiburg – wenn sie dann eine ähnliche Leistung wie gegen Gladbach oder Kiel hinlegen. Eine richtiges „Bayernfiasko“, was es nun seit Jahren nicht mehr gegeben hat, wäre doch auch mal wieder schön, oder?

Robin Patzwaldt: Ach ja, die Bayern. war schon interessant am Mittwoch im Pokal gegen Kiel. So etwas kommt bei ihrer Konstanz ja vergleichsweise selten vor. Thomas Müller sagte, dass es für ihn das erste Mal war, dass er so früh im Pokal ausgeschieden sei. Das sagt ja einges. Normalerweise zeigt das Team nach solchen Rückschlägen stets eine gute Reaktion. Die vermute ich auch für das Wochenende. Käme es nicht dazu, wir könnten über eine Bayern-Krise reden, nachdem der Rekordmeister ja auch schon gegen Gladbach in der Bundesliga verloren hatte. Ich persönlich hätte nichts dagegen…

 

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Franco Frazetti
Franco Frazetti
3 Jahre zuvor

Dahlmann ist echt ein schlimmer Kommentator – sein Gelaber ist echt schwer zu ertragen…

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