Der deutsche Buchhandel hat große Schwierigkeiten, einem internationalen Konzern wie Amazon die Stirn zu bieten. Dies ist durchaus kein Wunder, wie ich mittels einiger Beispiele erläutere. Fragen nach den Arbeitsbedingungen und dem Geschäftsgebaren eines Konzerns sind zwar beachtenswert, doch wenn im lokalen Handel Bestellmöglichkeiten und Lieferbarkeit eingeschränkt sind, hilft dies nicht weiter.
Als Leser benötige ich keinen Händler, der fremdsprachige Literatur bei Amazon bestellt, um sie mit Aufschlag an mich weiterzuleiten, ebenso keine persönliche Auswahl von Titeln auf einem Buchhandelstisch, weil ich längst ausgewählt habe, wenn ich nach Lieferbarkeit Ausschau halte, es sei denn, ich bin auf dem Weg zu einem Geburtstag, und mir fehlt noch ein Geschenk. Und digitale Publikationen? Welcher Händler bietet mir an, auf einem bereitstehenden Gerät eBooks auszuwählen, und zieht sie mir anschließend auf einen Stick?
Kampagnen wie ‚Vorsicht Buch‘ des Börsenvereins oder das traditionelle, wieder verstärkt hervorgehobene Angebot des lokalen Handels, einen besonderen Service zu bieten, geht an meinen Bedürfnissen vorbei. Zwar wecken Kampagnen Aufmerksamkeit, auch mag der Service, Bücher für mich auszuwählen, als eherwürdig gelten, doch eine Lieferbarkeit von Büchern meiner Auswahl wird dadurch nicht gewährleistet. Für den traditionellen Handel beibt unter solchen Bedingungen, Geschenkeläden zu betreiben. Auch hübsch!
Weshalb bietet der Handel kein einheitliches ‚System‘ im Hintergrund, das Bestellungen leicht macht, auch von fremdsprachigen Titeln, Büchern aus kleinen Verlagen und elektronischen Publikationen? Die Diskussion über ein solches ‚System‘ ist beendet, höre ich. Keine Online-Suche nach Titeln und Beschreibungen, ob im Laden oder auf der ‚Homepage‘ von zu Hause aus? Gut, dann ist der weitere Verfall des traditionellen Handels in Deutschland nicht zu stoppen! Auch Preisverleihe für lokale Händler, wie jüngst die Kulturministerin in Aussicht stellte, werden diesen Prozess nicht aufhalten können. Der Buchhandel wird seiner Aufgabe nicht gerecht.
Seit ich den Text gelesen habe, frage ich mich, was mit diesem komplett undifferenzierten Buchhandels-Bashing bezweckt werden soll. Die Bandbreite im stationären Buchhandel ist so groß, dass sie sich in diesen wenigen Zeilen sicher nicht abhandeln lässt. Es gibt diejenigen Modernisierungsverweigerer, die hier wohl gemeint sind, natürlich, aber es gibt genauso viele oder noch mehr Buchhändler, die sich zunehmend besser in der elektronisierten Buchwelt zurecht finden.
Dem Buchhandel en bloc vorzuwerfen, er werde seiner Aufgabe (wobei mich interessieren würde, welche Aufgabe dies nach Meinung des Autors genau ist) nicht gerecht, ist schlicht frech.
Ich empfinde kein Mitleid mit dem sterbenden Buchhandel. Wer sich selber nicht verbessern will weil er einen Bösewicht ausgemacht hat braucht sich nicht zu wundern. Die Kundenfreundlichkeit in bestimmten.Läden ist unterirdisch. Nur meine Comics kaufe ich noch in Comicläden
@Reinhard, ein wichtiges Thema, denn wenn es keine Buchhandlungen mehr gibt, geht uns eine gehörige Menge an Kultur verloren. Ich selber habe nie Beratung in einer Buchhandlung gewünscht, aber da meine Frau als Buchhändlerin sehr viele Kunden beraten durfte, glaube ich, daß solche Gespräche Teil des kuturellen Austausches in unserer Gesellschaft sind. Und in der Bedeutung darum so wichtig sind, wie z.B. das Theater. Es ist übrigens eine Frage, ob Buchhändler, sagen wir mal Ein-Mannbetriebe, überhaupt in der Lage sind auf neue Madien zu erweitern. Und Bestellungen bei kleinen Verlagen dauern über Amazon ähnlich lange wie über Buchhandlungen, wenn Amazon so etwas überhaupt anbietet. Bestellungen über Sortimentsbuchhandlungen dauern in der Regel einen Tag, und deren Angebot ist riesig. Bei Auslandsbestellungen ist das anders.
@ #1 Es geht im Text um mehr als ein Bashing, auch nicht nur um Papier und digital, sondern um das in Deutschland schon lange nicht mehr zeitgemäße Buchhandelssystem.
@ #3 Ich habe nichts dagegen, dass Buchhändler auch ‚beraten‘, wenn jemand um Hilfe bittet, den Text habe ich jedoch mit Absicht aus meiner Perspektive geschrieben, im Hinblick auf Lieferbarkeit.
Äh … es gibt für den traditionellen Buchhandel kein einheitliches System, Titel online zu suchen, auszuwählen und zu bestellen?
Schade, falsch, gibt es (zugegeben: nicht alle Buchhandlungen sind beteiligt, aber viele; dafür haben viele andere Buchhandlungen wieder ein eigenes, genauso funktionierendes System).
Und auch bei denen, die Online-Bestellung nicht anbieten … dann suche ich eben online (nein, nicht bei amazon), rufe in der Buchhandlung an, Buch am nächsten Tag da. Kurz vorbeizugehen ist für mich genauso einfach wie auf den Postboten warten oder zur Packstation zu gehen.
Wie wäre es mit zwei Minuten Recherche vorm abkotzen?
@Reinhard Ich bezweifle nicht, dass in vielen Bereichen dringender Handlungsbedarf im Buchhandel besteht, natürlich gerade auch angesichts der Herausforderungen der digitalen Moderne. Auf der anderen Seite möchte ich mal eine andere Branche sehen, die den weitaus größten Teil ihrer Produkte in dieser Geschwindigkeit besorgen kann, wenn sie gerade nicht vor Ort vorrätig sind. Das zum Thema „zeitgemäßes Buchhandelssystem“.
Bemühungen und Ansätze, den digitalen Wandel im stationären Geschäft abzubilden und anzunehmen gibt es zuhauf. Es ist eben schwierig, einen so grundlegenden Wandel, der alle althergebrachten Modelle umwirft, nachzuvollziehen.
@ #6 Das System umfasst einheitlich nur das VLB (Verzeichnis lieferbarer Bücher), das nur deutsche Titel integriert hat und nichts weiter als eine Datenbank ist. Die Probleme beginnen bereits mit den unterschiedlichen Grossisten, denen Verlage und Händler jeweils angeschlossen sind oder nicht. Ein Beispiel: Ein Titel, der über den Grossisten Libri lieferbar wäre, ist für einen Händler nicht zu bekommen, wenn er Libri nicht angeschlossen ist, sondern z.B. KNV. Nein, es gibt kein einheitliches System im Hintergrund!
@ #7 Im digitalen Bereich sieht es noch weitaus schlimmer aus als bei Druckwaren (#8): Ich selber (AutorenVerlag Matern) habe für eBooks einen Distributor, der Händler versorgt, jedoch nicht alle, nur diejenigen, mit denen Verträge ausgehandelt wurden. Portale wie Google und Libreka versorge ich zusätzlich selber. Es ist ein regelrechtes Chaos auf dem Markt!
Wenn man die Aufgabe des Buchhandels in der schnellen Lieferbarkeit sieht, dann ist das wohl richtig. Aber wer sieht schon den Buchhandel so?
@ #10 All diejenigen Käufer und Leser, die dem Handel verlorengegangen sind und bei Amazon bestellen und bestellen werden. Leider.
Mir ist die Schnelligkeit einer Lieferung vollkommen egal. Bei mir siegt einfach die Bequemlichkeit, dass Bücher, oftmals auch sehr schwere, bei mir vor der Haustür abgeliefert werden.
Bei mir sind Bücher mittlerweile vor allem eBooks. Wenn das Angebot an eBooks in Deutschland irgendwann so groß sein wird wie in den USA und GB, werde ich Buchhandlungen nur noch sehr, sehr selten betreten.
Der Buchhandel sollte sich mal lieber fragen in welcher Form das Buch noch eine Zukunft hat im digitalen Zeitalter. Eine Ansammlung von Wörtern in Form von Romanen und Geschichten muss ich nicht mehr auf Papier lesen…. da ist ein E-Reader einfach besser…..anders schaut das aus bei Kunst- oder Fotobüchern… die gewinnen durch die stoffliche Form…..ich brauche für ein E – Book keinen Buchhändler mehr….da reicht Wlan….
@ #14 Es gehört zum guten Ton, über Händler auszuliefern, ob im Laden oder online. WLAN als potentieller Leser zu haben, reicht in der Regel nicht aus …
Sehr schlecht recherchiert: Das deutsche Buchhandelssystem ist immer noch besser als Amazon. Es bestellt ausländische Bücher genauso wie Amazon. Inländisch sind Buchhandlungen schneller als Amazon, Amazon braucht immer einen ganzen Werktag. In der Buchhandlung bis halb sechs bestellt ist am nächsten Tag um 9 Uhr zumeist abholbereit, das schafft Amazon nicht. Wie oft habe ich lange auf Amazon-Bestellungen warten müssen, wenn Büchermal nicht lieferbar waren, das ist nicht anders als in einer Buchhandlung auch. Sie sitzen leider einer absoluten Fehlwahrnehmung auf und plappern schlicht hinterher, was Amazon und viele Blogs Ihnen vorgekaut haben. Voll aufs Marketing reingefallen.
@ #16 Es gibt einige Online-Dienstleiter, Thalia z.B., die populäre fremdsprachige Titel anbieten, ebenso einige Händler, die auch Universitäten beliefern und deshalb einen Zugang auch zu fremdsprachigen Titeln haben. Dies sind aber Ausnahmen, die zudem noch unterschiedlich zu bewerten wären. Auf weitere Probleme, die Anschlüsse und Nichtanschlüsse an Grossisten und Distributoren betreffen, habe ich bereits in der Diskussion hingewiesen. Sorry, ich bin auf kein Marketing hineingefallen, sondern spreche über Erfahrungen innerhalb des ‚Systems‘.
Ich rate allen Lesern, die sich für die verlegerischen Aktivitäten von Herrn Matern interessieren, mal zu versuchen, bei amazon dessen Publikationen in gedruckter Form zu bestellen. Und wenn das nicht klappt z.B. in der Buchhandlung Janssen in Bochum danach zu fragen. Amazon wird es wohl nicht hinbekommen, das Team von Herrn Janssen wird zumindest versuchen.
@ #18 Ich muss Sie enttäuschen. Der Verlag hat im Frühjahr 2013 auf digitale Publikationen umgestellt. Druckexemplare sind nicht mehr lieferbar.
Tja, da kann man wohl nur sagen: Der Verlag wird seiner Aufgabe nicht mehr gerecht… Was sollen bloß all die machen, die von einer Lieferbarkeit Ihrer Bücher im Print ausgehen…
Die Buchpreisbindung ist auch ein Übel, was die Buchhändler schädigt. Zumindest, wenn es mehr Leute wie mich gibt.
Ich lese größtenteils nur eBooks. Man schaue sich aber die geringen Preisnachlässe für deutsche eBooks an und die Preise für englischsprachige… also kauf ich halt im Ausland meine eBooks.
@TuxDerPinguin: Das geht mir genau so 🙂
@ #20 Ihr Kommentar ist lustig. Verwechseln sie nicht einen Anbieter mit einem Händler? Wir haben uns im Verlag entschieden, nur noch digitale Produkte zu erzeugen. Es ist durchaus beachtenswert, wie Händler und Leser darauf reagieren. Aber unserer Aufgabe, Bücher zu verbreiten, kommen wir weiterhin nach, sogar technologisch auf der Höhe der Zeit.
Wenn jedoch der traditionelle Handel unter der Konkurrenz von Amazon ächzt, unabhängig von Druck- oder Digitalwaren, dann wird das zentrale Problem beim Handel liegen, oder nicht?
@ # 21, 22 Ich muss gestehen, dass ich als Erzeuger für die Buchpreisbindung dankbar bin. Besonders Kleinverlage haben sie nötig, um überhaupt etwas auf den Markt bringen zu können. Die Preise ihrer Produkte würden aufgrund vergleichsweise geringer Absatzzahlen als erstes in den Keller rutschen. Der Aufwand würde sich nicht mehr lohnen, nicht für die Autoren, nicht für die Verlage.
Eine andere Frage wäre, wie hoch Preise von eBooks anzusetzen sind. Druckdateien (PDF, mit Druckfonts) zum selben Preis anzubieten wie Hardcoverausgaben, ist durchaus fragwürdig und hat auch innerhalb der Branche zu Diskussionen geführt.
Also buchkatalog. de, die Datenbank von KNV bietet:
450.000 deutschsprachige Titel! (davon 300.000 ständig vorrätig und sofort lieferbar!)
oder 840.000 französische
oder 2.280.000 englische
oder 720.000 italienische
oder 420.000 spanische
oder 690.000 Titel aus den USA.
Und bei Libri sieht das kaum anders aus. Damit kann jeder Buchhändler im kleinsten Ort, was Amazon kann. Und wenns nicht klappt, landet eine Anfrage nicht im Nirvana wie bei Amazon!
Wie sich jetzt in der Diskussion herausstellt, hat der Autor sehr deutliche eigene Interessen (und keineswegs nur die im Artikel herausgehobenen Interessen „als Leser“), nämlich den Vertrieb der vom ihm hergestellten e-Books, die er vom traditionellen Buchhandel nicht gut bedient sieht.
Würde es nicht zu journalistischen Minimalanforderungen gehören, solche eigenen Interessen von vorneherein kenntlich zu machen, sei es im Artikel, sei es in nachgeschobenen Informationen zum Autor, statt so zu tun, als würde man nur aus Kundensicht schreiben?
@ #25 Die Kataloge der verschiedenen Grossisten kenne ich. Doch welche davon Händlern zugängig sind, um liefern zu können, ist eine ganz andere Frage. Darüber habe ich bereits in den Kommentaren geschrieben.
@ #26 Schade, dass Sie ‚gegen den Mann‘ argumentieren. Die 40 % des Umsatzanteils am digitalen Geschäft, das Amazon schätzungsweise hat, lassen sich auf diese Weise leicht ausblenden. Wenn es Ihnen egal ist, weshalb die Leser zu Amazon gegangen sind und gehen, dann nur weiter so …
Genau: 40 Prozent wovon? Von 4 Prozent Umsatz mit digitalen Büchern zu kleinen Preisen…, gaaaaaaanz großer Markt!
@ #29 Ich kann nichts dafür, dass eBooks allmählich die Funktion von Taschenbüchern eingenommen haben. Doch wenn im Handel geglaubt wird, auf eBooks verzichten zu können, dann verliert er auch Kundschaft …
Herr Matern, das der Artikel schlecht recherchiert ist, wurde bereits in zahlreichen Kommentaren dargelegt. Entscheidend finde ich jedoch, dass Ihre Argumentation auf einer falschen Vorstellung von „wie sollte es sein“ basiert.
Sie verlangen ein allumfängliches, einheitliches „System“ zu Bestellung und Recherche und digitaler Auslieferung von E-Books, dass von allen Buchhandlungen genutzt wird. Und bestehende Systeme, die die Anforderungen erfüllen, gelten nicht, da Sie ja nicht zwangsläufig von allen genutzt werden.
Diese Forderung ist totaler Unsinn. Sie würden sicherlich auch nicht REWE und Edeka sagen, dass diese ein Einheitliches Bezugs- und Distributionssystem verwenden müssen, weil ausschließlich so gewährleistet werden kann, dass ihr Lieblingsdressing in jedem Supermarkt vorrätig ist.
Auch Buchhandlungen sind unabhängige, teilweise in Konkurrenz stehende, Wirtschaftsunternehmen. Damit steht es deren Führungspersonal frei unternehmerische Entscheidungen zu treffen – Entscheidungen wie z.B. mit einem bestimmten Großhändler nicht zusammenzuarbeiten und damit Lieferbarkeit und Dienstleistungsspektrum einzubüßen. Sollte sich diese Entscheidung dann als wirtschaftlich falsch herausstellen, dann zahlt diese Buchhandlung eben den Preis und verschwindet im schlimmsten Fall vom Markt.
Nur, und das ist der Entscheidende Punkt, dass Buchhändler solche Entscheidungen treffen können, ist nicht ein Fehler im System oder der Grund für einen Untergang des Einzelhandels, sondern schlicht Marktwirtschaft.
ES GIBT eine große Anzahl an Buchhändlern, die all Ihre Anforderungen mit Leichtigkeit erfüllen und zusätzlich noch hübsche Läden betreiben um Wünsche anderer Kundengruppen zu bedienen.
Und das schaffen diese Händler ohne das von Ihnen geforderte einheitliche System, schlicht in dem Sie andere Entscheidungen getroffen haben (was z.B. Lieferanten betrifft), als Buchhandlungen die diese Anforderungen nicht erfüllen können.
Bei einer angenommenen Zusammenarbeit einer Buchhandlung mit 2 Großhändlern gepaart mit der entsprechenden Grundhaltung und Leistungsbereitschaft, kann diese Buchhandlung z.B. (um nur auf Ihre Punkte einzugehen):
– ein ebenso umfangreiches (deutsches) Buchsortiment wie Amazon anbieten
– dieses auch Abends noch kostenlos per „Overnight Express“ besorgen
– ein sehr umfangreiches fremdsprachiges Sortiment anbieten
– E-Books auf der Website, im Smartphone, auf dem Tablet, im E-Book Reader und direkt im Laden verkaufen
– gedrucke Bücher kostenlos per Express nach Hause liefern lassen (egal ob vom Kunden online selbst oder direkt im Ladengeschäft bestellt)
– Mit winzigen Informationsschnipseln nahezu jedes Buch finden (Egal ob inhaltliche oder bibliografische Schnipsel)
Und noch eine ganze Welt von Dienst- und Serviceleistungen zusätzlich – oft in höherer Qualität als Amazon. (z.B. Geschenkverpackungen, Gültigkeitsdauer von Gutscheinen, Ansichtsbestellungen ohne 2 Besuche bei der Post, Botenservice, Bandbreite in der Akzeptanz von Zahlungsmitteln……….)
Also, bitte scheren Sie nicht eine ganze Branche über einen Kamm und verkaufen unsinnige Einheitssysteme als einzige Rettung. Ich schreibe schließlich auch keine Artikel über Online-Journalismus – weil ich davon nämlich keine Ahnung habe!
@ #31 Ich kann die Aufregung verstehen. Die Provokation war gewollt. Aber ich möchte nochmal auf den Eingang meines Beitrags hinweisen: „Der deutsche Buchhandel hat große Schwierigkeiten, einem internationalen Konzern wie Amazon die Stirn zu bieten“. Wenn einzelne größere Händler glauben, Amazon in begründbarer Weise herausfordern zu können, um so besser. In Bezug auf den Handel insgesamt und die gesellschaftliche Tendenz sind sie jedoch kaum erwähnenswert.
Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass es Entscheidungen von Händlern sind, woher sie Produkte beziehen. Mir selber haben Händler gesagt, dass dies stets auch eine Kosten – Nutzen – Kalkulation beinhaltet. Doch unter diesen Bedingungen wird der deutsche Buchhandel an Relevanz weiter einbüßen. Dies sind marktwirtschaftliche Prozesse — ein Konzern wie Amazon wusste und weiß darauf zu reagieren, ebenso viele Käufer und Leser.
Sie verwechseln etwas: Wenn ich hier über gesellschaftliche Tendenzen spreche, hat dies nichts mit ‚über einen Kamm scheren‘ zu tun. Mein Anliegen war, von den symbolischen Aktionen im Handel auf das ‚System‘ zu lenken. Dies bietet für den Handel in der Breite keine Zukunft.
@ #32 Ich möchte jetzt keine ausufernde Diskussion anzetteln, muss aber noch darauf hinweisen, dass die oben genannten Möglichkeiten exakt in dieser Weise auf für eine kleinere, einzelne Buchhandlung wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar sind – was im übrigen auch bei einer relevant großen Zahl bereits getan wird, wenn man allein die Händler mit White-Lable Lösungen zusammenrechnet.
Mit Wiederholungen kommen wir nicht weiter. Von welchem System sprechen Sie? Amazon kann zweieinhalb Dinge: Marketplace (das einzige, was ernst zu nehmen ist), Marketing (dem Sie aufsitzen) und Bücher online vielleicht ein bisschen besser auffindbar machen und präsentieren, ok, den Rest kann der Buchhandel seit 1970.
@ #33 Ihre Zuversicht vermag ich nicht einzuschätzen, ich kenne nur die Aussagen von Händlern, die selektiv vorgegangen sind. Wie schwierig ein breites Händlerangebot zu erringen ist, erkennt man auch an Ihrem Online-Shop, – immerhin haben sie einen -, der von Libri betreut wird. Andere Grossisten, auch Umbreit gehört dazu, und White-Label-Lösungen (z.B. Ceebo) fallen raus.
Amazon hat aktuell knapp 17, 5 Millionen deutschsprachiger Titel gelistet. Darunter sind mit Sicherheit einige ‚Leichen‘ und exklusive Kindle-Titel, doch wenn es nur 10 Mill. wären … Den englischsprachige Bereich führe ich erst gar nicht an …
Ich halte dieses deutsche Klein-Klein im Hinblick auf Grossisten, White-Label-Systeme und Distributoren für außerordenlich nachteilig auf dem Markt. Freuen würde ich mich über eine umfassende Lösung, die eventuell vom Börsenverein und seiner Marketinggesellschaft auf gemeinnütziger Basis betreut werden könnte. Wie Händler mit ihren Ladenräumen umgehen, was sie gesondert präsentieren wollen, bliebe ihnen selbstverständlich weiterhin frei überlassen. Aber sie erhielten mehr Möglichkeiten …
@ #34 Das ‚System‘ in Deutschland bietet das VLB als Datenbank, durch die jeder Händler die Infos erhält, um nachgefragte deutschsprachige Titel bestellen zu können. Dies kann jedoch dauern und wird nicht von jedem Händler und Kunde präferiert. Grossisten bzw. Distributoren erleichtern den Bestellvorgang, in dem sie Bücher bzw. eBooks, die nicht im Laden vorrätig sind, zwischenlagern und ausliefern. Hier differenzieren sich die Wege, weil Händler und Verlage unter Umständen selektiv vorgehen, bzw, vorgehen müssen. Damit geraten Bestellung und Lieferbarkeit in Gefahr. Zusätzlich kann es grundsätzliche Probleme im Umgang mit eBooks geben, die für nicht wenige Händler immer noch fremd oder emotional negativ besetzt sind.
Bei Amazon begegnet man all diesen Problemen kaum. Besonders Kleinverlage, darunter auch Fachverlage, schätzen die Möglichkeit, auf einfache Weise intergriert werden zu können, weil keine Vorselektion nach Grossisten / Distributoren betrieben wird. Ebenso leicht sind fremdsprachige Titel verfügbar, egal für welche Literartur und welches Fachgebiet man sich interessiert.
Mich persönlich interessiert Mainstream wenig. Avancierte Titel werden selten von größeren Verlagen publiziert, weil es sich nicht rechnen würde. Solche spezielle Literatur ist über Amazon immer noch viel leichter zu erhalten, als über den deutschen Buchhandel. — Und ich erinnere mich an eine Verkäuferin, bei der ich ein Buch aus dem eigentlich bekannten Reclam Verlag bestellen wollte. Sie schaute auf den Bildschirm und sagte mir: „Den Verlag gibt es nicht“. Spaß macht sowas nicht.
Das VLB ist die Datenbank, die alle gemeldeten Titel listet und deren Preise die Richtschnur sind.
Das mit den Distrbutoren und Grossisten kommt jetzt aber ein bisschen schwurbelig. „Vorselektiert“ spielt auf der Klaviatur der Zensur. Das hat mit Zensur nichts zu tun.
Vielleicht sollte man da dem Fachwissen etwas aufhelfen. Buchhandlungen halten ein Sortiment bereit, das ist sortiert, wie der Name sagt. „The Best of Buchhändler“ für seine Kunden. Das ist sein gutes Recht, der Kunde kann ja jedes Buch bekommen. Verlagsauslieferungen handeln im Auftrag eines Verlages, die Bücher an die Buchhändler in die Läden liefern (Konditionen besser). Grossisten bzw. Barsortimente sorgen dafür, dass ein Titel, der von ihnen eingekauft wurde, am nächsten Tag im Laden ist. Den Aufwand teilen sich Buchhändler und Barsortiment (Rabatte sind also geringer). Nicht für jeden Kleinverlag lohnt sich die Aufnahme beim Barsortiment. Wenn sie fix sind, dann kriegen die auch eine Zusendung innerhalb von Zwei Tagen hin, wenn die DHL mitspielt. Sind die Kleinverlage aber nicht immer…
Umgekehrt: Fragen Sie mal Kleinverlage, was für einen Spaß die mit Amazon haben. Der bürokratische Aufwand ist riesig. Die Gefahr, dass ganze Lieferungen zurückkommen, weil irgendwo ein Häckchen fehlt, das Gewicht nicht eingehalten wurde oder ein Liefertermin nicht möglich war, ist imens.
Derzeit ist Amazon dabei, die Margen für sich ständig nach oben zu korrigieren. Die meisten Kleinverlage sind da nur noch, weil sie damit die Druck- und Handlingskosten rauskriegen, Gewinne werden woanders gemacht. Und wenn Amazon so weiter agiert, dann lohnt sich das nicht für viele Kleinverlage. Ich zitiere Bezos, der „Verleger wie Gazellen“ jagen will.
Reclam: Kenn ich, es gibt Leute die sagen Reck-laaaam oder Diogeneeeeees Verlag, da guckt man erst mal etwas blöd, tippt man es dann falsch in den Computer, ist man aufgeschmisssen…
Ich bin seit 20 Jahren in der Branche aktiv. Ich brauche keine Kleinverlage zu fragen. Und Vorselektion hat mit Zensur nichts zu tun, lediglich mit Auswahlen, bedingt durch die verschiedenen Grossisten. Amazon diente mir lediglich als Fall, bei dem diese Auswahlen entfallen. Sie bestätigen im Grunde meine Annahmen, bis hin zur Kenntnis über Verlage (z.B. Reclam).
@ #28 Reinhard Matern Autor2. September 2014 um 08:45 Uhr
„@ #26 Schade, dass Sie ‘gegen den Mann’ argumentieren.“
Aha – es zu bemängeln, wenn Interessen des Autors in einem journalistischen Artikel verschwiegen werden, ist „gegen den Mann argumentieren“? Na dann.
@ #39 Um was es der Sache nach geht, ist im Beitrag zu lesen. Wenn Sie an diesem nichts aussetzen können … Oder findet sich für Ihren Vorwurf irgendein Hinweis im Text. Meine verlegerischen Interessen sind in anderen Texten hinreichend berücksichtigt worden. Im vorliegenden Kontext reicht es vollkommen aus, die Position von Lesern zu berücksichtigen – oder geht des dem deutschen Buchhandel so gut, dass er sich um eine Konkurrenz zu Amazon keine Sorgen machen muss?
Zur Sache habe ich was geschrieben, andere noch mehr, dem muss ich nichts hinzufügen. Aber ich darf mich doch außerdem auch noch wundern, wenn journalistische Gepflogenheiten, wie es die Offenlegung eigener Interessen beim Thema sein sollte, ignoriert werden und man das erst in den Kommentaren mitbekommt.
Ich denke die Arguemnte sind getauscht. Wenn Sie gern ein einheiltiches System haben wollen, dann sollten Sie sich klar sein, dass in Zukunft in so einem System auch einer die Daumen über kleine Verlage und ihre Produkte hebt oder senkt, egal ob das Amazon oder eine Branchenlösung ist. Die Gazellen-Jagdsaison auf Verleger ist dann eröffnet. Die Auswahl einzelner Marktteilnlehmer (übrigens die Barsortimente haben schon Titel im Programm, die sich alle ein bis zwei Jahre ein Mal drehen und halten sie zum Folgetag leiferbar, daraus bedient auch Amazon sich, da kann man von Auswahl schon nicht mehr sprechen, sondern vom flächendeckenden Angebot…) macht den Wettbewerb und der Wettbewerb macht das Buchangebot bunt. Und wenn am Ende das gleiche herauskommt, nämlich jeder kommt zu jeder Zeit an jedes Buch, dann tauschen Sie einen Einheitsbrei gegen eine bunte Buchhandelslandschaft.
@#42 Als Leser bin ich vom Buchangebot inzwischen eher frustiert, dafür ist jedoch weniger der Handel verantwortlich, dies liegt an den Autoren und Verlagen. Daran würde sich auch mit einem einheitlichen System nichts ändern. Sähe man von einer durchaus möglichen Gazellen-Jagdsaison auf Verleger ab, würde sich überhaupt wenig ändern, der Handel hätte aber ein Argument gegen Amazon in der Hand, nicht nur moralische Apelle.
[…] schreibe, hat bereits einige Male für Aufregung gesorgt. Zuletzt übrigens, als ich den Buchhandel attackierte und ‚so frech‘ war, den Beitrag auch in der Facebook-Gruppe vom Börsenverein des Deutschen […]