Der Bürgerfunk, der Bunker und der Bürgermeister

Der Autor des Textes in seiner Musiker- und Filmemachphase
Der Autor des Textes in seiner kurzen Musiker- und Filmemacherphase Foto: Rainer Rogowski

Morgen nehme ich an einer Podiumsdiskussion zum Thema Bürgerfunk der Landesanstalt für Medien (LfM) teil. Ich soll dabei über meine Erfahrungen beim bloggen berichten. Und warum ich ein Problem mit der Förderung des Bürgerfunks habe. Ich hab mir dann mal ein paar Gedanken gemacht – vor allem zum Thema Förderung von Medien und Bürgerfunk.

Beginnen wir mit einer, nein mit zwei Erfahrungen, die mein Verhältnis, was Unterstützung vom Staat betrifft, entscheidend geprägt haben.

In den 80er Jahren habe ich zusammen mit ein paar Freunden, wir gingen alle noch zur Schule, in einer Band gespielt. Unser  Proberaum war in einem Jugendzentrum in Gladbeck und dort gab es auch eine Videokamera. Heute sind Videokameras billige Gadgets. Mit fast jedem Handy kann man HD-Aufnahmen machen, jeder Mac ist schon durch die mitgelieferte Software ein halbwegs vernünftiges Gerät zum schneiden, mischen und vertonen. Das war vor über 30 Jahren anders – eine Videoausstattung lag außerhalb der finanziellen Möglichkeiten von Kids wie uns. Schon für unsere Instrumente, ich versuchte mich an der E-Gitarre, gingen wir in den Ferien jobben. Eine Kamera war nicht drin. Umso dankbarer waren wir, dass es eine Kamera im Jugendzentrum gab, die wir benutzen konnten und einen sehr netten und hilfsbereiten Techniker dazu, der uns alles erklärte. Unser von jugendlicher Hybris geprägter Plan war: Wir machen einen Film und die Musik dazu gleich mit. Die Idee hatten wir aus einer Science-Fiction-Kurzgeschichte geklaut: Ein paar Menschen stellen fest, dass der Mond in einer Nacht auf einmal sehr hell geworden ist. Ihnen wird klar: Die Sonnenstrahlung hat stark zugenommen – am nächsten Morgen werden sie alle verbrennen. Die letzte Nacht ihres Lebens hat begonnen. Apokalypse, naturwissenschaftlicher Unsinn, aber bis heute noch finde ich, es ist ein netter Plot und hey, wir reden über das Jahr 1983.

Wir waren fleißig. Wir haben monatelang im Proberaum des Jugendzentrums unsere Drei-Akkord-Stücke geübt – ich konnte am Ende sogar fast meine Gitarre stimmen – und wir lernten mit der Videokamera umzugehen. Wir haben Bücher über Kameraführung gelesen und alles ausprobiert, was uns möglich war. Und wir fingen an, nachdem wir auch ein Drehbuch hatten, eine erste Szene zu drehen. Wir waren uns sicher, dass wir dabei waren, ein phantastisches Projekt umzusetzen.

Dann war eines Tages die Kamera weg. Der Techniker des Jugendzentrums erklärte uns, der Bürgermeister habe sie. Kein Problem, dachte ich, die Kamera gehört der Stadt und wenn wir sie nutzen können, dann natürlich auch der Bürgermeister. Zum Beispiel um in einer der Partnerstädte Gladbecks einen kleinen Film über seinen Besuch zu machen. Aber dem war nicht so. Uns wurde  erklärt, die Kamera sei jetzt für immer weg, sie bleibt beim Bürgermeister, das Jugendzentrum hat keine Kamera mehr.

Wir hatten unsere Lektion gelernt: Verlass Dich nicht auf die Stadt und die Politik. Wir zogen sofort aus dem Jugendzentrum aus und suchten uns einen Proberaum, den wir selbst bezahlten. Wir erkannten in dem, was uns gestern noch großzügig vorkam, eine neue Form der Abhängigkeit, die wir nicht mehr wollten.

Kommen wir zum zweiten Erlebnis. Noch immer Gladbeck, zwei Jahre später. Wir hatten einen Proberaum, aber viele andere Bands nicht. Proberäume waren rar und sie waren teuer. Aber es gab leerstehende Bunker. Die gehörten dem Bundesamt für Liegenschaften – und mit denen redeten wir: Wir hätten da einen Bunker gesehen und würden den gerne mieten. Der Preis war ok, umgelegt auf viele Bands hätte man das locker stemmen können. Aber das Bundesamt für Liegenschaften wollte keinen Vertrag mit ein paar Jungs mit struppigen Haaren machen. Also hatten wir noch eine Idee: Die Stadt sollte als Mieter einspringen – wir würden die Kosten tragen, wollten nichts geschenkt. Wir hatten ja unsere Erfahrungen gemacht. Wir wollten ein Geschäft – die Stadt und die Politik wollten mehr: Sie machten den Deal mit dem Bundesamt für Liegenschaften, der Bunker kam und damit neue Proberäume. Und weil gerade Platz war, kam in den Bunker noch ein Schützenverein rein. Das ging, wenig überraschend, nicht gut. Nach zwei Jahren waren die Bands aus dem Bunker raus. Der Schützenverein ist glaube ich heute noch drin.

Aus diesen Erfahrungen hatte ich schon als Jugendlicher, lange bevor ich das Wort Ordnungspolitik auch nur kannte, einen Schluss gezogen: Bei nichts was ich mache, will ich den Staat mit drin haben. Ich will keine Förderung und ich will keine Abhängigkeit. Daran hat sich bis heute nichts geändert – niemand kam bei den Ruhrbaronen jemals auf die Idee, sich um eine Förderung zu bemühen. Und auch wirklich wohlmeinende Angebote aus der Politik, man könne da was drehen und hätte gute Kontakte zum Land, lehnten wir freundlich ab – zuletzt übrigens im Februar dieses Jahres.

Der Staat macht sein Ding, wir machen unseres. Der Staat soll uns in Ruhe lassen, wir werden genau das nicht tun. Klingt für mich nach einem guten Deal für ein Journalisten-Blog.

Ich habe die Geschichten aus zwei Gründen erzählt: Zum einen, weil ich sie gerne einmal niederschreiben wollte und weil sie mich wirklich geprägt haben und hier der Ursprung meiner Ablehnung für Vorhaben wie dem  Landesmediengesetz liegt – heute sind die Gründe meiner Ablehnung komplexer, aber damals nahm das alles seinen Anfang.

Zum anderen, weil sie vielleicht erklären, warum ich kein Verständnis für Gruppen oder Personen habe, die meinen, der Staat müsste ihre Aktivitäten finanzieren – vor allem wenn es um Journalismus geht, halte ich das für einen gefährliche Gedanken.

Und jetzt sind wir beim Bürgerfunk. Schon als der in den 80ern entstand, wollte ich journalistisch arbeiten. Aber ich wollte kein Geld vom Staat. Also haben wir in Gladbeck, ich war mittlerweile Student, eine Zeitung gegründet. Wir haben nicht nur Artikel geschrieben, sondern die ganze Zeitung mit Anzeigen finanziert, uns selbst um den Vertrieb gekümmert und sie selbst layoutet – mit QuarkXpress auf einem Mac-Classic mit 8-Zoll Display.

Andere bekamen damals vom Staat eine Radiowerkstatt hingestellt. Radio konnte man nicht legal selbst machen – die Technik war kompliziert und sie war teuer. Das meiste, was damals gesendet wurde, fand ich nicht spannend, aber es wurde relativ teuer produziert. Menschen hatten ein Hobby und ließen es sich von anderen bezahlen – mehr war das für mich nicht.

Und viel mehr ist für mich Bürgerfunk bis heute nicht. Nur dass sich die Zeiten geändert haben: Die Technik,  um Audiobeiträge herzustellen, läuft auf jedem Billig-PC. Podcasts online zu stellen kostet nichts. Es gibt keinen vernünftigen Grund mehr für die Politik, sich mit dem Thema Bürgerfunk zu beschäftigen – jeder, der „Radiobeiträge“ machen will, kann sie machen und veröffentlichen. Tausende tun das auch – es gibt eine große und abwechslungsreiche Podcast-Szene – und sie bekommen weder Sendezeiten noch Qualifizierungen vorgeschrieben. Die reden nicht einmal mit der Politik und bitten um Unterstützung – die machen einfach. Und sind dadurch unabhängig.  Das ist der Geist, das ist die Haltung aus der heraus neue Ideen entwickelt und mit Qualität und Begeisterung umgesetzt werden. Ob Bürgerfunker 60 oder 120 Minuten ins Nirwana senden, ist ebenso egal wie der Frage, ob sie es um 18.00 Uhr oder 23.00 Uhr tun.

Es gibt heute deutlich weniger Bürgerfunkgruppen als vor 20 Jahren – das schreiben die Bürgerfunker selbst. Es ist ein sterbendes Thema, die Politik bedient hier mit den Änderungen im Landesmediengesetz, die den Bürgerfunk wieder stärken, ihr nahestehende Gruppen, die sich gut auf Lobbyarbeit verstehen. Und eines ist auch klar: Wer von der Politik finanziert wird, ist von der Politik abhängig.

Würden diese Gruppen sich mehr Mühe geben, spannende Beiträge zu machen und sich verstärkt mit längst nicht mehr neuen Techniken auseinandersetzen, statt bei der Landesregierung zu betteln, hätten sie wahrscheinlich nicht nur mehr Hörer, sondern auch mehr Spaß an der Arbeit.

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Martin Böttger
Martin Böttger
10 Jahre zuvor

Eine Jahreszahl bei dem Foto wär‘ gut 😉

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Stefan,
bekanntlich teile ich Deine grundsätzlich Einstellung nicht, die in allem und jedem, was den Staat (und seine Kommunen) betrifft, zunächst einmal Negatives auszu- machen scheint.

In Sachen „Medien,Medienfreiheit,Medienvielfalt,Informations-Meinungsfreiheit“ teile ich jedoch Deine grunsätzlich auf „staatsferne“ ausgerichtete Überzeugung.

Dazu zählt , daß jede direkte oder indirekte finanzielle Förderung medialer Projekte durch den Staat (durch eine Kommune) zwangsläufig Nähe und damit Abhängigkeit vom Staat (von der Kommune)mit sich bringt.Und deshalb sind diesbezüglich grundsätzlich Mißtrauen und Widerstand angesagt.

Also:
Es dient der „Medienfreiheit/der Meinungsfreiheit“, wenn Du zu allen Bemühungen des Staates (der Kommunen), den Bürgerfunk aus öffentlichen Mitteln zu subventionieren, eine kritische Position vertritts, z.B. morgen bei der Podiumsdiskussion.

Ich befürchte, daß seitens der Politik im Lande, in den Kommunen, und von denjenigen, die bereits jetzt Bürgerfunk machen oder sich davon -auch für sich beruflich- ‚was versprechen, gar nicht über das Grundsätzliche im o.a.Sinne geredet wird, sondern nur darüber, w i e eine solche Subventionierung des Bürgerfunkes durch den Staat(durch die Kommune) zu gestalten wäre und dannn lediglich infolge einer solchen Diskussion darüber, wie sich staatlicher/kommunaler Einfluß minimieren läßt. Letzteres kann und wird jedoch nie zu einem problem- bzw. bedenkenlosen Ergebnis führen können, wenn es um Medienfreiheit, Medienvielfalt,Informations- Meinungsfreiheit geht, also um deren Freiheit vom Staat (von den Kommunen.)

Die morgen in der Diskussion zu erwartende Bemerkung, daß mediale Abhängigkeit von direkter/indirekter privater Subvention, folglich mediale Abhängigkeit von den Interessen Privater, ein größeres Übel sein könnte als die vom Staat/von einer Kommune, widerlegt die Begründung gegen staatliche/kommunale Subventionen örtlicher/regionaler Medien, z.B. in Form des sog.Bürgerfunkes nicht; sondern „macht lediglich ein anderes Faß auf“, mit selbstverstndlich interessantem, problematischem Inhalt.

(Beurteilen kann ich nicht, ob und inwieweit regionale und/oder kommunale Blogs, wie z.B. die Ruhrbarone, ergänzend zum regionalen/kommunalen Bürgerfunk oder an deren Stelle schon heute und/oder in Zukunft von Bedeutung sind bzw. sein werden und ihnen insofern auch morgen besondere Aufmerksamkeit zukommen muß.)

Stefan Zweers
Stefan Zweers
10 Jahre zuvor

RADIO SUNSHINE!
Die Stadt Bochum, speziell Stadtdirektor Townsend, bringt Zahlen des Haushaltsplans in falsche Zusammenhänge und verkauft dem Bürger verzehrte Realitäten, in Zeiten der Erörterung über Radio, Kultur und Co.
Als Anreiz empfehle ich, einen Fokus auf die Ergebnisse und Ansätze der Symphonie-Besucherzahlen zu legen. Durchschnittszahlen, Tarife sowie Deckungsgrade sind in Zeiten der Errichtung des Musikzentrums ebenfalls nicht unbrisant. Für die Zahlen im Sektor der Symphoniker ist in dieser Tabelle Herr Steven Sloane verantwortlich:

13.366,47 war das Ergebnis in 2012.
49.000 ist der Ansatz für 2013 und 2014.
19.967,24 war übrigens das Ergebnis für 2011.
Die Zahlen sind stark rückwärts orientiert.
Stadtdirektor Townsend spricht von 85 durchgeführten Konzerten der Bochumer Symphoniker mit 49.000 Besuchern.
Ebenso wurde es in der WDR 5 Diskussionsrunde im Schauspielhaus mit Steven Sloane, Hennes Bender etc. kommuniziert.

Haushaltsplan Stadt Bochum, Band 2, siehe 432:
https://www.bochum.de/C12571A3001D56CE/vwContentByKey/W29J7D9J939BOCMDE/$FILE/Daten_zum_Haushalt_2014.pdf
Daten zum Haushaltsplan, siehe Seite 9:
https://www.bochum.de/C12571A3001D56CE/vwContentByKey/W29J7D9J939BOCMDE/$FILE/Daten_zum_Haushalt_2014.pdf

Zusätzlich verweise ich auf Seite 407, ebenfalls HP, Band 2:
Gesamtaufwand Musikförderung 2012:
118.156,62 EURO.
Nach mehrmaliger Anfragen und Präsentation der Einzeldaten von Seiten des Kulturbüros sind final gerade mal 5000 Euro an die freie Musikszene im Jahr 2012 geflossen. Knapp 80.000 Euro konnten gar nicht erklärt werden.

Eine kleine persönliche Studie der Zahlen im Kulturbereich des Haushaltsplans plus konstruktive Fragestellung an das Kulturbüro, bringt eine völlig neue Sichtweise auf die hiesige Landschaft und das erst dadurch wahrzunehmende Desinteresse aller lokal kulturell Involvierten. Solange sich auch freie Journalisten solcher Themen nicht widmen, ist die Stadt Bochum mit 98,5 sehr gut bedient, frei nach dem Motto: Jede Zielgruppe bekommt den emotionalen Kommunikator, welchen sie verdient und versteht.

Epilog:

siehe Haushaltsplan 2013, Band 2, Seite 412 sowie Seite 438.

Ziele Bochumer Symphoniker:

„Erreichen von möglichst breit gestreuten Bevölkerungsgruppen. Dabei steht neben der Pflege des klassischen Repertoirekanons auch die Vermittlung
neuer Musik im Blickpunkt, beides mit dem Anspruch höchster musikalischer Qualität. Junge Menschen für klassische Musik, gemeinsames Musizieren und alle möglichen Formender Kreativität zu begeistern, gehört zum Bildungsauftrag und
ist eines der wichtigsten Ziele. “

Ziele Bochumer Kulturbüro:

„Existenzielle Grundsicherung der freien Kulturträger. Vorhaltung eines breitgefächerten Kulturangebotes. Gerechte Verteilung der Ressourcen im
Kulturbereich unter Berücksichtigung kulturpolitischer/wirtschaftlicher Aspekte.“

Thorsten Stumm
10 Jahre zuvor

@ laurin
An dem Foto sieht man: Das Alter ist nix für Feiglinge !

Inhaltlich hast Du völlig recht…allerdings hatten die Planer des Bürgerfunkes und der Offenen Kanäle zwar hehre Ziele : Bürgerbeteiligung und neu Formen der Öffentlichkeit schaffen.

Aber in der Realität entstanden und entstehen unerträgliche Sendungen, da fährt man mit der Kamera durch Kleinwalsertal untermalt von Volksmusik ( zu OK Zeiten) oder wenn auf do91.2 abseitiger Blödsinn zur besten Abendzeit gesendet werden muss wo man vom zuhören schon Ohrenbluten bekommt.

Die ganzen Sendungen sind bei youtube, deren Erfindung sowohl das Machen von Beiträgen als auch das Schauen von Beiträgen wirklich demokratisiert hat, denn wenn ich das nicht sehen oder hören will, dann schaue oder höre ich das nicht ohne das dafür meine Rundfunkgebühren verschwendet werden, besser aufgehoben.

Das muss man den Bürgerfunkleuten mal klarmachen : INTERNET ! Lineare Programme sind tot, und youtube gibts schon….warum sollen wir alle weiterhin einen Haufen Sozialarbeiter die sich für Medien interessieren bezahlen….

Werner
Werner
10 Jahre zuvor

Hallo,

Ich teile Deine Meinung nicht, da Du viele Zusammenhänge nicht kennst.
Bei der Partizipation von Schülern und Vereinen und Jugendlichen findet
unter anderem auch eine Medien Erziehung statt, die es so in keinem anderen Medium gibt. Weiterhin ist es nicht nur die Radiosendung selber, die dann am Ende raus kommt. Meinst Du ein Youtube Mensch hat Ahnung was er Journalistisch gesehen darf oder nicht, Gruppenzusammenarbeit, Teamwork und Koordination der Personen untereinander muss gelernt sein, das hilft dann auch später eventuell mal im Job. Diese und viele weitere Punkte blendest Du vollkommen aus.

Natürlich tut es mir Leid, das Du schlechte Erfahrungen mit Förderungen in der Jugend hattest. Das darf nicht passieren, das sich jemand am öffentlichem Eigentum einfach so bereichert.

Schau mal, wenn Du jetzt in einer Gruppe und mit einem erfahrenen Journalisten Bloggen würdest, dann hättest Du z.B. nicht so viele Rechtschreibfehler in Deinem Text weiter oben. Oder er würde Dir bei der Satzstellung helfen und Dir beibringen Texte zu schreiben, die jeder auf anhieb lesen kann ohne nochmal zurück zu gehen und zu schauen was Du meinst…

Thorsten Stumm
10 Jahre zuvor

@Laurin
Und warum in den ganzen Bürgerfunkprojekten alle Stellen von Sozialarbeitern besetzt sind….die natürlich sich sowas von im Journalismus auskennen 🙂

paule t.
paule t.
10 Jahre zuvor

Wie schon bei einem anderen Artikel zu einem ähnlichen Thema: Ich kann nicht erkennen, was grundsätzlich besser daran sein soll, sich von Werbekunden abhängig zu machen als von staatlichen Stellen. Irgendeine Abhängigkeit ist halt immer – deswegen ist es gut, dass es sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Medien gibt.

crusius
crusius
10 Jahre zuvor

@stefan ist das nicht toll, wenn man bloggt, Du? Tolle Tipps aus der Praxis, und das ganz für umsonst. 🙂

trackback

[…] Der Bürgerfunk, der Bunker und der Bürgermeister (Ruhrbarone) – Stefan Laurin schreibt (im Vorfeld der Anhörung zum neuen Landesmediengesetz), warum er von staatlicher Förderung nichts hält. […]

b
b
10 Jahre zuvor

#6
Wer im „Glas Haus“ sitzt…

SteLu
SteLu
10 Jahre zuvor

Kommentar # 6 muss der Versuch einer Persiflage oder Satire sein. Das kann nicht ernst gemeint sein…

Bürgerfunker
Bürgerfunker
10 Jahre zuvor

Als ich das erste Mal ihren Artikel über den Bürgerfunk, den Bunker und den Bürgermeister gelesen habe, erinnerte ich mich an meine Anfänge mit dem Videoschnitt, dem Bürgerfunk und die Hürden damals. Klar träumten wir als Jugendliche von Mischpulten mit Blenden, Chroma Key und anderen Raffinessen. Diese Technik war aus damaliger Sicht so teuer, dass unser Taschengeldsparen über ein ganzes Jahr nicht ausgereicht hätte, um diese Technik eigen nennen zu dürfen. Eine Kamera hat mir ein Verwandter ausgeliehen, ich sollte aufpassen, denn auch für gute Verdiener war die damalige Technik nicht ganz billig.

Ich erinnere mich an meine erste Bürgerfunksendung. Vom Chefredakteur eines Lokalradios erfuhr ich etwas über den Bürgerfunk. Wir könnten mit der Schule eine Sendung selbst produzieren und einreichen. Damals brauchten wir keine Medientrainer.

Ein Ausflug stand in der Oberstufe an, ich fragte den Lehrer, ob wir eine Sendung produzieren könnten. Die Schulleitung stimmte zu, der Lehrer war begeistert, ich nahm den eigenen mobilen DAT-Rekorder mit, zwei Mikrofone und wir führten Interviews. Danach trafen wir uns in meinem Jugendzimmer und nahmen die Moderation auf, vermischten diese mit der Musik. Nach ein paar Stunden war die Sendung fertig abgemischt. Stolz fuhr ich mit einer DAT-Kassette zum Sender. Doch dieser wollte keine DAT-Kassette abspielen. Wir sollten doch bitte auf Tonband produzieren. Ich wusste, dass der Sender einen DAT-Rekorder hatte, die Leitung ließ sich nicht überzeugen. Wir fanden also ein Studio, das uns DAT auf Tonband überspielte und die Sendung wurde ausgestrahlt. Hätte ich statt ein Bürgerfunkstudio aufzusuchen einen Piratensender aufmachen sollen? Das wäre die Alternative. Wollen Sie die Menschen zu Strafen verleiten?

Noch weitere 8 Jahre verlangte der Lokalsender Tonband statt z. B. CD, MiniDisk oder DAT. Es wurden immer neue technische Gründe ausgedacht, warum der Bürgerfunk unzureichend war. Erst wurden Inhalte bemängelt. Die Landesanstalt für Rundfunk (heute: für Medien) wurde ständig als Schiedsrichter beschäftigt. Waren es nicht die Inhalte, dann war es das technische Niveau der Sendungen. Also schraubte die LfM die Anforderungen an die Bürgerfunkstudios hoch und unterstützte die Studios finanziell. Die Technik wurde digital und an der technischen Qualität war nichts auszusetzen.

Seit 2008 gibt es keine finanzielle Unterstützung für den Bürgerfunk mehr. Gefördert werden nun Schulprojekte von Medientrainern. Die LfM stattete Schulen mit Mikrofonen aus und lieferte Schnittsoftware. Diese wurden in der Regel nur für ein einziges Projekt verwendet und die Karawane zieht weiter zur nächsten Schule. Eine neue Schule wird ausgestattet. Wie in Bad Honnef selbst viele Medientrainer zugaben, wurde aus diesen Schulprojekten kein Nachwuchs generiert. Das Medium Radio spielt für Schüler eine immer kleinere Rolle. Das verwundert mich nicht, denn es gibt keine Jugendradios, wenn man das Durchschnittalter der Hörer betrachtet. Wer ganzen Tag mit Kopfhörern in den Ohren auf dem Smartphone chattet, entwickelt andere Kompetenzen als die Fähigkeit Dialogen zu folgen.

Ich verstehe den Ansatz: Macht es doch selber ohne Staat. Doch die Nutzung der populären linearen Medien ist zurzeit immer noch höher als von Blogs. Fernsehen, Radio und Anzeigeblätter und Papierwerbung werden den Menschen geschenkt, ein Klick auf der Fernbedienung genügt bzw. sie landen im Briefkasten und wir hören und schauen durch/zu. Bei Blogs, You Tubes gehört Arbeit dazu, diese werden gezielt angesteuert.

Klar können wir in den Vorspann alle You-Tube-Videos nette Katzenbilder einbauen. Doch niedliche Katzenbilder und -video wirken nicht gut, wenn wir über ein verunglücktes Kind berichten.

Zwar ist ein Blog schneller aufgesetzt, als eine Radiosendung produziert. Rechnet man SEO dazu und die Trägheit der Suchmaschinen, bis die neuen URLs gelistet werden, sind Radio und Fernsehen eindeutig die schnelleren Medien und erreichen mehr Menschen.

Einheitsbrei
Einheitsbrei
10 Jahre zuvor

Das Thema nimmt interessante Verläufe… Der Bürgerfunk ist aktuell DER Streitpunkt bei der anstehenden Novellierung des Landesmediengesetzes. Ja, er wird sogar zur (weiteren) Belastungsprobe für die rot-grüne Kompromisskoalition.

Hintergrund: Einige wenige, aber medienpolitisch sehr aktive Mitglieder der beiden Fraktionen wollen den Gesetzentwurf der eigenen Landesregierung im Sinne des Bürgerfunks „nachbessern“. Einige ebenfalls wenige, aber gut eingesessene Bürgerfunk-Vereine hatten das gefordert. Konkret geht es um eine mögliche Ausweitung und Vorverlegung der Bürgerfunk-Sendezeiten auf 18 bis 20 Uhr – derzeit ist es werktags eine Stunde ab 21 Uhr.

Zu den einflussreichsten Unterstützern gehört Oliver Keymis, der medienpolitische Sprecher und stellvertretende Landtagspolitik. Auf Nachfrage erklärt er, dass man das Bürgerfunkern vor der letzten Wahl versprochen habe. Im rot-grünen Koalitionsvertrag findet sich dazu allerdings nur ein kurzer Hinweis „…die Bürgermedien, wir wollen sie stärken…“.

Was für ein herrlicher Anachronismus: „Die Regierungsfraktionen stellen sich der digitalen Herausforderung nicht“, kritisierte eben jener Herr Keymis anno 2007 von der Oppositionsbank die seinerzeitige schwarz-gelbe LMG-Novelle. Warum macht man es selbst dann nicht besser? Der Gesetzentwurf von SPD-Staatssekretär (Dr.?) Eumann enthält Vorschläge für eine digitale Bürgermedien-Plattform. Das hätte man ein zeitgemäße Prestigeprojekt. Bürger-Webstreams, Bürger-Blogs, Bürger-Reporter – damit könnte man sogar die Verleger richtig ärgern. Stattdessen will man aber die Uhr im wahrsten Sinne des Wortes einfach nur zurückdrehen und beschwört alte Konflikte ohne Not herauf.

Noch scheint nicht ausgemacht, auf welche Zeit für den Bürgerfunk man sich verständigt. 18, 19 oder 20 Uhr, eine oder zwei Stunden? Hinter den Kulissen wird fleißig verhandelt. Nächste Woche Mittwoch (19. Juni) berät der zuständige Medienausschuss über mögliche Änderungsanträge, zwei Wochen später soll das Gesetz im Parlament verabschiedet werden.

Die Lokalfunker protestieren jedenfalls heftig. Sollte es zu einer Bürgerfunk-Zeit vor 20 Uhr kommen, müssten zahlreiche Stationen ihr eigenes redaktionelles Angebot (Lokalnachrichten bis 19.30 Uhr) reduzieren. „Rot-Grüne Koalition verhindert Lokaljournalismus“ – das ist doch mal ne Schlagzeile. Außerdem könnten die Lokalsender weniger Werbezeiten vermarkten, was die wirtschaftliche Situation weiter erschweren würde. Bemerkenswert: Der Verband der Betriebsgesellschaften (Zeitungsverleger) und der Deutsche Journalistenverband kämpfen in dieser Sache mal gemeinsam pro Lokalfunk und contra frühere Bürgerfunk-Sendezeiten.

Doch auch das scheint Keymis, der den Lokalfunk eh nie richtig mochte, nicht weiter zu beeindrucken. Im WDR-Rundfunkrat, dem er seit Jahren angehört, dürften sie hingegen stolz sein auf den grünen Medienzar aus Meerbusch.

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