Wie ist die Lage der Liga? Der BVB reist zum Derby nach Bochum, Bayern taumelt und Union Berlin wappnet sich für die nächste Saison. Dazu diskutieren Thommy Junga und Peter Hesse über die Preise für Einlaufkinder in der Premier League und wie Fortuna Düsseldorf den umgekehrten kommerziellen Weg geht.
Peter Hesse: Nach dem 4:0 gegen Frankfurt und der Dauerkrise beim FC Bayern, sieht halb Fußball-Deutschland Dortmund jetzt schon als kommenden deutschen Meister. Was ist aber los, wenn die Schwarz-Gelben am Freitag nur wenig bis gar nichts beim VfL Bochum hinbekommen?
Thommy Junga: Das Dümmste, dass man in Dortmund jetzt machen könnte, wäre den VfL zu unterschätzen. Bochum war diese Saison mit dem Rücken zur Wand am stärksten, gute und defensiv solide Leistungen wechselten sich stets mit Auftritten als Schießbude ab. Dieser Gegner ist diese Saison eine echte Wundertüte, da musst du früh Zähne zeigen und die Kontrolle bekommen, sonst droht Dir Ungemach. Ich lege mich aber fest, sollte Dortmund in Bochum nicht gewinnen, wird die Meisterschaft trotzdem spannend bis zum Schluss bleiben, denn die Bayern taumeln derzeit ungebremst durch die Liga, so verblüfft über die eigene Unzulänglichkeit habe vor Tuchel keinen Bayerntrainer wahrgenommen.
Peter Hesse: Ehrenpräsident Uli Hoeneß hat sich mitten in der Krise des FC Bayern überraschend auf dem Vereinsgelände der Münchner gezeigt. Unmittelbar vor dem Training unterhielt sich der 71-Jährige mit Coach Thomas Tuchel. Rund 15 Minuten standen der ehemalige Bayern-Präsident, dessen Meinung an der Isar immer noch von großer Bedeutung ist, und der Nachfolger von Julian Nagelsmann auf dem Rasen. Wie kommt der FC Hollywood schnellstmöglich wieder aus den Schlagzeilen?
Thommy Junga: Wenn man ehrlich ist, diese Probleme sind allesamt hausgemacht. Wenn ein Stürmer 40 Tore schießt, dann bist per Definition von ihm abhängig. In der Folge keinen Ersatz zu verpflichten ist nichts anderes als fahrlässig. Stattdessen holst du weiter Flügelspieler um den nicht mehr vorhandenen Unterschiedsspieler mit Flanken zu versorgen. Im Übrigen fehlt nicht nur internationale Klasse auf der 9, es fehlt vor allem auch in der Zentrale. Schattenstürmer wie Musiala oder Müller sind gegen Wolfsburg oder Hoffenheim eine feine Sache, aber gerade in den Spitzenspielen unter der Woche fehlt mir der Denker und Lenker, ein Spieler, der das Spiel auch mal vor sich hat und Entscheidungen trifft oder herbeiführt. Mit Chipbällen aus dem Defensivbereich machst du keine Vitrine voll. Den Bayern hilft nur echter Glanz und echte Klasse, darunter wird Erfolg mit Medien und Fans nicht verhandelt werden können. Der FC Bayern ist kein Verein der Kompromisse.
Peter Hesse: Die sehr wahrscheinliche Teilnahme am internationalen Wettbewerb wirft beim 1. FC Union Berlin ihre Schatten voraus. Nun hat die Bild-Zeitung geleakt, dass die Köpenicker für die neue Saison den Werder Bremen-Stürmer Marvin Duksch verpflichten wollen. Wäre das ein richtiger Schritt in Richtung Zukunft?
Thommy Junga: Ein interessantes Gerücht, denn es legt einerseits nahe, dass aus dem bestehenden und eingespielten Offensivverbund mindestens ein prominenter Abgang anstehen könnte, zum anderen bedeutet die Wahl Duksch, dass sich Union in der Systematik treu bleiben will. Also weiterhin mit Offensiven, die bereit sind weite Wege zu gehen, schnell umschalten und auch über Außen gehen. Union scheint sich bei allem Erfolg weiter seiner Rolle bewusst, denn obgleich dieses Team so weit oben in der Tabelle steht, als Favorit gehen die Eisernen eigentlich nie in eine Partie und das begünstigt natürlich das beschriebene Spiel nach vorn.
Peter Hesse: Mit freiem Eintritt zu drei Spielen in der kommenden Saison will Zweitligist Fortuna Düsseldorf den Fußball revolutionieren. Ein paar Fangruppen begrüßen das spannende Konzept, andere unken, dass die Düsseldorfer unpopuläre Spiele gegen Teams der Marke Elversberg oder Sandhausen mit vollen Publikums-Rängen künstlich hypen will. Kann das sein?
Thommy Junga: Und wenn es so ist, ist es doch in Ordnung. Wirklich niemand hat etwas davon, wenn Düsseldorf gegen Greuther Fürth vor lediglich 14.000 Zuschauern stattfindet. Stand jetzt sollen diese Spiele ja zur Gegenfinanzierung der entgangenen Zuschauereinnahmen von Sponsoren getragen werden. Damit hat die Fortuna lediglich eine weitere Möglichkeit in der Schublade, um sich attraktiver im Einzugsgebiet zu positionieren. Für einen Verein mit Potential vielleicht ein guter Weg um mal aus dem Mittelmaß hervorzutreten.
Peter Hesse: Die englische Premier League ist die lukrativste Fußball-Liga der Welt. Neben Ticketpreisen, TV-Geldern und Merchandise verdienen der FC Liverpool, Manchester City und Co. aber auch an den Einlaufkindern, wie jetzt bekannt wurde. Am meisten kostet das Einlaufen bei Spielen der höchsten Preiskategorie A: Bei West Ham United bezahlen Eltern dafür rund 830 Euro und bei Aston Villa sind es immerhin auch 590 Euro. Für diese Preise muss eine alte Frau lange stricken…
Thommy Junga: Ja, unglaublich. Die einen verschenken Freikarten und die anderen verkloppen ihr letztes Bisschen Fankultur. Die Entwicklung der letzten Jahre ist schon erschreckend. Als Oliver Kahn 2002 den Softwareriesen EA erfolgreich auf Schadenersatz verklagt hat, weil dieser sein Konterfei in einem Fußballspiel zur damaligen WM verwendet hatte, da fühlte es sich irgendwie nach Zäsur an, nach der Sollbruchstelle zu einer Zukunft ohne Maßhalten und Anstand im Geschäft Fußball. Seitdem ist eigentlich in dieser Hinsicht nichts besser geworden. Verkaufte Einlaufkinder sind vermutlich auch nur eine Durchgangsstation für die nächste Perversion.
