Der Fußball der DDR (Teil 2)

Flutlichtmast. Quelle: Wikipedia Lizenz: gemeinfrei
Flutlichtmast. Quelle: Wikipedia Lizenz: gemeinfrei

Im zweiten Teil seiner Mini-Serie für die Ruhrbarone, unter dem heutigen Titel „Gold, Silber, Bronze und ein deutsch-deutscher Gipfel in der norddeutschen Tiefebene“, beschäftigt sich unser Gastautor Thomas Weigle auch heute wieder mit dem Fußball in der ehemaligen DDR:

Für die bundesdeutsche Fußballnation war es keine Frage, und am Morgen des Spieltages titelte die Hamburger Speerspitze für seriösen Journalismus und fundierte Zukunftsprognosen: „Warum wir heute gewinnen“, eine Woche zuvor hatte bereits Alfred Tetzlaff in der ARD seinem Besuch aus der so genannten DDR mitgeteilt, dass „Deutschland die Zone“ in Hamburg selbstverständlich besiegen werde. Leider erwies sich ein Magdeburger als übler Spielverderber, schoss das so genannte 1:0 und ließ 1500 rote Reisekader jubeln.

Aber war das wirklich eine Riesensensation? Gewiss nicht, die DDR verfügte von Anfang an über klasse Fußballer, hinzu kam eine hervorragende Trainerausbildung und Frühförderung. DDR-Trainer Buschner war ein mit allen (Ab)Wassern des Fußballs gewaschener Experte, die Magdeburger hatten wenige Wochen zuvor in Rotterdamer im EC2 Finale den großen AC Mailand und noch größeren Favoriten klassisch ausgekontert und 2:0 gewonnen. Zwei Jahre zuvor hatte die DDR-Olympiaauswahl die bundesdeutschen „Olympiaamateurel mit 3:2 geschlagen, in letzterer standen Hoeneß, Breitner und Hitzfeld (FC Basel), insgesamt lauter gestandene Erstligaspieler. Die DDR selbst hatte in München, wie schon in Tokio Bronze gewonnen.
Auch in den Jahren zuvor hatte die DDR-Elf immer wieder mal für Furore gesorgt. 1957 hatte man in der WM-Qualifikation den späteren WM-Viertelfinalisten Wales geschlagen, Ende 62 den frisch gekürten Vizeweltmeister CSSR aus dem Europapokal für Nationalmannschaften gekegelt, Im April 69 entkam Italien nur mit viel Glück und einem 2:2 in der WM-Qualifikation aus dem Ostberliner Walter-Ulbricht-Stadion. Sowohl dieses, als auch das Rückspiel in Neapel (0:3) waren der ARD- Sportschau damals Berichte wert. 2x auch waren es die damals spielstarken Ungarn, die den DDR-Deutschen mit einiger Mühe den Weg zu größeren Erfolgen versperrten.
Ich habe in diesem Beitrag keine Unterscheidung zwischen der Nationalmannschaft und der Olympiaauswahl gemacht, die DDR hat in ihren Statistiken zwischen beiden getrennt, obwohl es von den Aufstellungen kaum Unterschiede gab.
Die Probleme, die mangelnde Konstanz der DDR-Elf lag nicht an fehlenden Klassespielern oder schlechten Trainern, sondern schlicht daran, dass zu viele Köche fußballfremde Rezepte und Zutaten beisteuerten, die einfach kein schmackhaftes Menu für den Fußballfan Ost hinzaubern konnten. Vor allem in den frühen Jahren war nicht nur die fußballerische Qualität ausschlaggebend, auch die politische Haltung musste stimmen. Außerdem hemmte auch provinzielles Denken der Sportführung die Entwicklung des Fußballs. Als Schön den „schwarzen Peter“ Ducke zum Abschiedsspiel für Lew Jaschin einlud, kam ebenso ein „Nein“ wie bei der Einladung von Klaus Urbanczyk zur Weltauswahl. Kein „Kosmopolitismus“ im Lande des Internationalismus. DDR-Sportler hatten auch im Kampf für den Weltfrieden ihren Beitrag zu leisten. 1967 stellt ein Autorenkollektiv fest, dass dem „unpolitischen und bürgerlich-reaktionären Sport“ in der SBZ/DDR eine Absage erteilt worden war, die Autoren forderten das politische Engagement, die Sportler. Welche Auswirkungen hatte diese Einstellung auf die Nationalmannschaft der DDR? Die SED bestimmte die Richtung vor dem ersten Länderspiel der DDR 1952: „Um einen festen Stamm fähiger Spieler für internationale Aufgaben auszuwählen und um ein besseres Verhältnis zwischen dem verdienten und bewährten Kadern, die auch in politisch-ideologischen Fragen Vorbild waren, und den jungen und hoffnungsvollen Talenten zu erreichen hat man Anfang August eine größere Anzahl von Spielern zu einem Lehrgang nach Planitz ein.“

 

In den ersten sechs Länderspielen erzielte die DDR-Elf ganze zwei Tore, der beste Stürmer damals, der Zwickauer Heinz Satrapa durfte nicht mittun, da er sich gerne mit den Partei -und Sportgewaltigen anlegte, der spätere Generalsekretär Jahnsmüller legte für ihn und andere die Meßlatte hoch: „Wegen Mangel an patriotischen Denken und Handeln, Ablehnung gesellschaftlicher Arbeit, Individualismus und Zecherei wurde Abstand genommen, diese Sportfreunde einzuladen.“ Der Leipziger Siegfried Fettke entnahm nach der Wende seiner Kaderakte, dass seine Betriebsleitung damals empfohlen hat, ihn wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nicht für die DDR-Auswahl und die Leipziger Stadtauswahl zu nominieren. Der in den 50er Jahren zur DDR-Spitze zählende Rappsilber erinnert sich: „Wir waren der Meinung, dass man den DDR-Fußball nicht einseitig orientieren sollte. Wir sollten mehr die Vergleiche nach allen Seiten suchen, um mehr lernen zu können, um nicht auf einer Ebene stehen zu bleiben. Das war der Grund, warum dann einige Spieler dann nicht mehr in der Auswahl zu finden waren….Man hat die Meinung der Spieler zu wenig respektiert.“ Andere, wie der Thaler Oberländer lockte die Braunschweiger Eintracht mit 10.000 DM „Handgeld“ für einige Jahre in den Westen, ehe er wieder im Harz in der Ligamannschaft von Stahl Thale fast noch einmal die Oberliga erreichte.
Statt sich so oft wie möglich mit den spielstarken Mannschaften (West) Europas zu messen, machte die DDR-Elf schöne Reisen, z.B. im Dezember 62 nach Mali und Guinea, immer wieder waren Afrika und der ferne Osten Ziele, hohe Siege verschönerten die Bilanz der „Deutschen Fußballnationalmannschaft“, wie die Elf einige Jahre in DDR-Zeitungen und Papieren genannt wurde, so titelte die Neue Fußballwoche im August 62: „Am Wochenende wurde der Start zur Deutschen Fußballmeisterschaft 62/63 vollzogen“, im Dezember des gleichen Jahres war in der FUWO von der „Deutschen Fußballnationalmannschaft“ die Rede.
Als das erste Länderspiel der DDR 52 (0:3 in Warschau) anstand, ging man nach den politischen Vorgaben vor, allein fünf Spieler von Einheit Pankow waren dabei, dass gerade in der Oberliga zwei Siege geschafft hatte und 139 Gegentore kassiert hatte. Mielke gab auch in späteren Jahren die sportpolitische Linie der SED vor: „… Trainer müssen Erzieher sein, der Heimat und der Partei treu ergeben sein.“ Ziel in den 50ern ist auch „den Fußball in Westdeutschland zu überholen“, ein Vorhaben, dass wie wir wissen nicht wirklich erreicht worden ist. Selbst kurzfristige Planziele konnten auch in Sachen Nationalmannschaft nicht erreicht werden, die SED weiß auch warum: Man hat sich zu sehr mit fachlichen Fragen befasst und die ideologisch-politische Arbeit vernachlässigt. Für uns heute überraschend, glaubten wir doch bislang, dass in der DDR ein für allemal mit dem Faschismus aufgeräumt worden war und alle Nazis in der Bundesrepublik Unterschlupf und Auskommen gefunden hatten, steht an erster Stelle der Kritik aber: „…zu viele Funktionäre in Leitungsfunktionen mit NSDAP- und Wehrmachtsvergangenheit.“
Dieses Eingeständnis von kenntnisreicher Seite, diese Bemerkung sei gestattet, hält aber auch heute noch manch gestandenen Linkparteiler nicht davon ab, das hohe Lied der porentief vom faschistischen Schmutz gereinigten DDR zu schalmeien.
Hier zeigt sich eine der großen Schwächen der SED-Politik: mangelnde Verlässlichkeit. Zwar hatte die SED für ehemalige Nazis eine Partei gründen lassen, hatte bei den Landtagswahlen Ende der 40er gezielt die ehemals kleinen Nazis umworben, aber wenn es nützlich war, schwang man dann schnell die Nazikeule. Dann wieder wurden die Christen umworben, anschließend wieder machte man die Mitglieder der „Jungen Gemeinde“ zu westlich-faschistischer Agenten, die Im Auftrag der CIA oder des Ostbüros der SPD den sozialistischen Aufbau sabotierten und warf Terrorurteile im Schnellverfahren aus, ließ Schauprozesse der übelsten Art ablaufen. Man produzierte Sündenböcke en masse, um die eigenen Fehler nicht eingestehen zu müssen.

 

Letztlich hatten Fußballspieler auch beim Treten des Balles übergeordnete Ziele im Auge zu behalten, so der Nationalspieler Wirth, den man erklären lässt, dass „die Londoner und Pariser Abmachungen der Westmächte, die die Remilitarisierung Westdeutschlands vorsehen….die Gefahr eines neuen Weltkrieges…. entschloss ich mich der Kasernierten Volkspolizei beizutreten“ Auch Horst Assmy, der nach erfolgreicher Republikflucht für S.04 und Hessen Kassel spielte, musste sich ähnlich erklären.
Überhaupt sei die Losung vom „unpolitischen Sport“ wie ihn die „Adenauerclique“ und „die Bonner Ultras“ propagierten, um ihre friedensfeindlichen Ziele zu kaschieren, ein altes Kampfmittel der Bourgeoisie, um die Arbeiterklasse zu schwächen.
Immer wieder wird auf die Vorbildrolle der SU hingewiesen, die auch im sportwissenschaftlichen Bereichen eine Vorrangstellung einnehme, denn wer einen Sputnik ins All schießen könne, sei auch auf allen anderen Gebieten an der Spitze des Fortschrittes zu finden. Dass es genau diese Anstrengungen waren, die immense Aufwendungen erforderten, vielleicht mit dafür verantwortlich gewesen sein könnten, dass die SU und ihre Verbündeten immer weiter gegenüber dem Westen zurückfielen, kam den Verantwortlichen nicht in den Sinn. Die Ideologie hat sie im Griff, „ die fortgeschrittenste Wissenschaft auch auf dem Gebiet des Sports ist die sowjetische Wissenschaft. Sie hat den dialektischen Materialismus…. In der Verbesserung der Trainingsmethodik ist die Sowjetunion ebenso führend….“.usw, usf.
An diesen politischen Vorgaben änderte sich bis zum Ende der DDR nichts, auch die „goldenen Siebziger“ änderten daran wenig. Nun hatte natürlich eine Olympiamedaille im Fußball nicht den Glanz, den eine Medaille in anderen Sportarten ausstrahlte. Fans und Fachleute wussten sehr wohl, dass bei den Olympiaturnieren die Besten nicht vor Ort waren, weshalb die Staatsamateure des Ostblocks die Medaillen bis in die 80er weitgehend unter sich aufteilten. Im 68er Endspiel zwischen den „Bruderstaaten“ Ungarn und Bulgarien ging es allerdings recht unbrüderlich zu, drei Platzverweise für Bulgarien, einer für die Ungarn, die 4:1 gewannen.
Wie schon erwähnt, hatte die Nationalmannschaft der DDR einige erstaunliche und höchst respektable Ergebnisse eingefahren, 67 musste die Elftal überrascht feststellen, dass auch in Sachsen ein stürmischer Wind weht, 3:4 nach 2:0 Führung in der EM-Qualifikation, die Urus durften feststellen, dass die DDR-Deutschen durchaus zu Null spielen konnten- 2:0 und Jahre später 3:0 für die Deutschen in Montevideo.
Der große Bruder konnte zwar ins All fliegen und überall führend sein (s.o.), aber im Sommer 64 sorgten die DDR-Kicker für eine veritable Bruchlandung der Fußball-Sputniks als die DDR-Olympiaauswahl diese als Teil der damals noch gesamtdeutschen Olympiamannschaft im notwendigen Entscheidungsspiel in Warschau 4:1 besiegte und so auch den „ bitterbösen Klassenfeind“ schmunzeln ließ. Das wird heute gerne vergessen, die SU erreichte bei den vier Europaendrunden von 60 bis 72 immer die Final Four ( 1, 2, 4, 2), bei den WMs 58 und 62 war die SU jeweils an den Gastgebern im Viertelfinale gescheitert, in England Vierter geworden, in Mexiko war erneut im Viertelfinale Schluss, 0:1 n. V. gegen Uruguay. Vor der SU hatten die DDR-Stars völlig verdient den bundesdeutschen Amateuren in K-M-S mit 3:0 gezeigt, dass die Zettelmeier und Liebich eben nicht die Seeler und Szymaniak waren. Das 1:2 im Rückspiel in Hannover änderte nichts am insgesamt starken Auftritt der Zonenkicker, die dann im japanischen Halbfinale an der CSSR unglücklich scheiterten, im Spiel um Bronze aber nichts anbrennen ließen- 3:1 gegen die VAR..
Vier Jahre zuvor gab es ebenfalls zwei „Ausscheidungsspiele“, dass die favorisierten Ostdeutschen verloren, die bundesdeutschen Kicker scheiterten danach an Polen und Finnland, so blieben die Kicker beider Halbstaaten zu Hause als in Rom die Jugend der Welt zu Gange war.
Aber selbst das respektable Abschneiden der DDR-Mannschaft bei der bundesrepublikanischen WM mit dem Sieg in Hamburg ließ keine Ruhe in den Führungsetagen des ostdeutschen Sports in Sachen Fußball einkehren. Nach dem die Olympiakicker im Montrealer Eröffnungsspiel gegen Brasilien „nur“ ein 0:0 erzielt hatten, soll Manfred Ewald aus Verärgerung über das in seinen Augen blamable Ergebnis die Fußballer am liebsten nach Hause geschickt haben wollen. Georg Buschner kochte regelmäßig das Blut, wenn der Name Ewald fiel oder der DTSB erwähnt wurde, die er, wohl zu Recht, für die größten Feinde des DDR-Fußballs hielt.
Angesichts der begrenzten Ressourcen der DDR herrschte im DTSB ein strenges Kosten-Nutzen-Denken vor, also genau das Denken, dass man bei jeder Gelegenheit dem „westdeutschen Monopolkapital“ vorhielt. Elf bzw mehr Spieler im Fußball können nur eine Medaille gewinnen, 11 Einzelsportler im Idealfall deren elf. Dumm nur für die Verantwortlichen, dass erstens der Fußball der Lieblingssport der werktätigen Massen war, und zweitens ausgerechnet der Klassenfeind zwar nicht immer schön und fair (WM 82) unterwegs war, aber eben verdammt erfolgreich. So gesehen war auch die Moskauer Silbermedaille 80 kein Ruhepolster für Buschner und seine Mannen.
Nachdem die 70er leider schlecht endeten, die DDR hatte im alles entscheidenden Gruppenspiel im November 79 die Elftal im Leipziger Zentralstadion zu Gast, spielte überlegen, führte 2:0, der Anschlusstreffer der Niederländer brachte die DDR-Kicker völlig aus dem Konzept, 2.3 das bittere Ende. So kam es bei der italienischen EM 80 unter dem Vesuv leider nicht zur Revanche für Hamburg, statt dessen verlor unser westlicher Nachbar 2:3 dank eines Hat-Trick von Allofs, der heiße Tanz nicht auf, sondern unter dem Vulkan ebnete den Weg ins römische Endspiel gegen Belgien (2:1).
Im Herbst 81 war dann Polen Endstation in der WM-Qualifikation, auch in den EC-Wettbewerben war meist früh Schluss, besonders ärgerlich: auf dem Weg zum Europachampion räumte der HSV als erstes die Berliner Dynamos aus dem Weg, 88 reichte den Berlinern nicht mal ein 3:0 Hinspielsieg, 0:5 an der Weser, wieder war in der ersten Runde Schluss mit lustig. Erinnert sei noch an das Krefelder Drama der Dresdener Dynamos im EC2 Viertelfinale 86. 2:0 in Dresden, 3:1 zur Halbzeit in der Grothenburg geführt, am Ende nicht nur 3:7 verloren, auch personeller Abgang musste vermeldet werden.
Der DDR-Fußball ging am Stock, oder besser gesagt kroch, die beiden Finalteilnahmen der Pokalsieger 81 Jena und 87 Lok Leipzig konnten die Pein der DDR-Fans nicht wirklich lindern, selbst Isländer wurden zu Stolpersteinen. Und so schrieb ein hoch gestellter Genosse an den Fußballchef:
„Aus meiner politischen Verantwortung als Mitglied des ZK der SED und Generaldirektor des Zeiss Kombinats sehe ich es als einen nicht länger zu akzeptierenden Zustand an, wenn der Name Carl Zeiss Jena, der national und international als ein Markenzeichen für Leistung, Präzision und Qualität mit hoher Werbewirksamkeit geführt wird, durch das dauerhaft schlechte sportliche Niveau des Jenaer FC in Misskredit gebracht wird und gleichzeitig auch die Leistungen der Werktätigen des Kombinats VEB Carl Zeiss Jena, die in allen 25 Kombinatsbetrieben zur Erfüllung der Beschlüsse des 11. Parteitages eine zielstrebige und fleißige Arbeit leisten, auf unzulässige Weise herabgewürdigt werden.“ Im weiteren Verlauf fordert er die Delegierung junger, talentierter Spieler nach Jena. Ob dieses Schreiben von Anfang 88 noch gefruchtet hat? Wir wissen es nicht. Immerhin ergab sich für die DDR im Laufe der schlecht begonnenen WM-Qualifikation durch einige gute Spiele doch noch die Möglichkeit, sich für das italienische WM-Abenteuer zu qualifizieren. Die Mauer fiel etwa eine Woche zu früh, so konnten zwar erstmals eine Woche nach dem „Sieg der Konterrevolution“, 4000 Schlachtenbummler und nicht nur ausgesuchte „Reisekader“ nach Wien reisen. Diese erlebten ein 0:3 ihrer Mannschaft, deren Spieler nicht nur von Herrn Calmund, belagert und gelockt wurden, denn deren unzweifelhafte Qualitäten waren im Westen, nicht nur in der Bundesliga, bestens bekannt.
Man kann sicher darüber nachdenken, ob nicht ein erlaubter Wechsel von DDR-Kickern in den Westen die Spielstärke der DDR-Elf gesteigert hätte.
Nachdem man 90 Frankreich 3:0 besiegt, im Hampdenpark die Schotten geschlagen hatte, folgte als vorletztes Hurra ein 3:3 in Rio. Das Ende ist bekannt: ein 2´:0 im September 90 in Brüssel, die Tore schoss ein uns allen wohlbekannter Herr Sammer. Das letzte Jahr war das beste Jahr der DDR-Fußballnationalmannschaft. Sechs Siege und das Remis unter dem Zuckerhut. Und sogar den obersten und bösesten aller Klassenfeinde geschlagen- 3:2 gegen die USA. Sechs schallende Ohrfeigen für die SED-Sportideologen. Die hatten da aber schon ganz andere Sorgen.
PS: Als zu Beginn des 90er Jahres die EM-Qualifikationsgruppen ausgelost wurden, stellte ein deutscher Funktionär fest: „Wir spielen gegen uns.“
Mit dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes hatte sich das erledigt.
In der dritten Folge geht es dann um die DDR-Vereine im Europacup, um erstaunliche Siege und herbe Niederlagen, einen dümmlichen Boykott der Nato- Länder gegen die DDR und die Eiszeit im deutsch-deutschen Sportverkehr nach dem Mauerbau.

 

Hier noch eine kurze Ergänzung (03.11.14, 21.20 Uhr):

Gottfried Fuchs, der Spieler aus Karlsruhe, der als einziger deutscher Fußballnationalspieler 10 Tore in einem Länderspiel schoss, gegen Russland bei den OS in Stockholm 1912, der das Eiserne Kreuz erster Klasse im W1 erhielt und laut Herberger „der Beckenbauer meiner Jugend war“, musste als Jude während der Nazibarbarei Deutschland verlassen, gelangte über GB nach Kanada. Herberger pflegte mit Gottfried Fuchs ab 55 eine Brieffreundschaft. Als 72 das Olympiastadion in München mit dem Spiel gegen die SU eingeweiht werden sollte, schlug Herberger dem DFB vor, Fuchs als Ehrengast nach München einzuladen. „Dies würde“, so Herberger, „als ein Versuch der Wiedergutmachung willfahrenes Unrechtes … überall in Deutschland ein gutes Echo finden.“ Der damalige DFB-Vize unseligen Angedenkens Neuberger lehnte mit Blick auf die „finanziell angespannte Lage des DFB“ ab, es könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden. Zwei Mitglieder des damaligen Vorstandes des DFB waren laut „SPIEGEL“ ehemalige NSDAP-Mitglieder, nämlich die Herren Deckert und Wolf, der Frankfurter Gramlich gar Mitglied der SS-Totenkopfverbände. Herberger konnte Gottfried Fuchs die schlechte Nachricht nicht mehr übermitteln, dieser war am 22.3.72 in Kanada verstorben.

Es bestätigt einmal mehr, dass die damalige DFB-Führung ein besonders geschichts- und schamloser Haufen war, besonders wenn man sich in Erinnerung ruft, mit welcher Bereitwilligkeit die Herren vom DFB ins damalige Folterland Argentinien gefahren sind und dann auch noch den ewigen Nazi Rudel ins Mannschaftsquartier eingeladen haben.

Quelle: ELF-FREUNDE VERLORENE HELDEN Die Vertreibung der Juden aus dem Deutschen Fußball nach 1933, S.14/15

 

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