Warum sozialdemokratische Politiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz oder Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nicht aussprechen wollen, dass die Ukraine den von Russland begonnen Krieg gewinnen muss, ist etwas sehr Deutsches. Der Grund für die hier weit verbreitete Ansicht, dass es im Krieg keine Gewinner gibt, hat mit der deutschen Geschichte und Schuldabwehr zu tun. Solche Sprüche aus dem Poesiealbum waren in der deutschen Nachkriegszeit Teil eines Minimalkonsens, dem auch die Täter zustimmen konnten: Jeder Krieg, nicht nur der verbrecherische Angriffskrieg, an dem sie teilgenommen haben, kennt nur Verlierer gibt. Das stimmt natürlich nicht: Den zweiten Weltkrieg haben Deutschland und seine Verbündeten verloren. Die Alliierten haben ihn gewonnen.
Und dieser militärische Sieg war nötig, denn ein Frieden unter der Besatzung der Deutschen war für die Menschen in den meisten eroberten Ländern schlimmer als der Krieg. Deutsche Besetzung bedeutete in allen Staaten die Ermordung der jüdischen Bevölkerung, in Griechenland eine Hungerkampagne der Wehrmacht, bei der 400.000 Menschen ermordet wurden und hinter den Fronten, besonders brutal im Osten, Verschleppung, Zwangsarbeit und Massenmord. Wenn Frieden Unterwerfung unter eine Diktatur bedeutet, kann er fürchterlicher sein als der Krieg. Die Ukrainer wissen das. Im Frieden ermordete Stalin Millionen Ukrainer durch verhungern, hinter der Front begingen die Deutschen ihre Verbrechen.
Der von Deutschland begonnen Krieg war ein Verbrechen, die militärische Reaktion der Alliierten und ihr Sieg ein Segen. Es waren nicht alle gleich im zweiten Weltkrieg: Der Wehrmachtssoldat kämpfte für ein brutales Regime, das im Falle seines Sieges weiter Millionen Menschen ermordet hätte, der GI für die Befreiung Europas die es nur durch eine deutsche Niederlage geben konnte,
Zuzugeben, dass ein militärischer Sieg etwas Gutes ist, dass er Menschenleben rettet, menschenwürdiges Leben erst ermöglicht, hieße in Deutschland, mit alten Gewissheiten zu brechen, mit einem Konsens, der in allen politischen Lagern viele Anhänger hat. Sich einzugestehen, dass ein militärischer Sieg etwas Gutes sein kann, hätte auch in der Gegenwart viele Konsequenzen: Der Maßstab an die Bundeswehr, die noch im letzten Sommer aus Afghanistan abziehen musste, wären höher. Wenn Sieg eine Option ist, hätte sich die Bundesregierung eingestehen müssen, dass der Krieg in Afghanistan, der ja offiziell nicht so genannt werden durfte, mit einer Niederlage endete. Aber auch die Debatten um die Ausstattung der Bundeswehr würden auf einer anderen Basis stattfinden: Eine Armee, die Kriege gewinnen soll hat ein anderes Selbstbild als eine Truppe, deren Aufgaben zumindest in ihren offiziellen Darstellungen irgendwo zwischen Technischen Hilfswerk und Sozialarbeitergruppe schwanken.
Poesiealbum Sprüche machen da das Leben leichter.
Es wird nur Verlierer geben.
Ich denke nicht, dass es einen klaren militärischen Sieg für die Ukraine geben wird.
Russland wird vermutlich den Wirtschaftskrieg verlieren – vorrausgesetzt – die deutsche Bevölkerung ist bereit, die negativen Auswirkungen mitzutragen.
Ich persönlich werde mir nun einen Schlafsach kaufen – für mein Schlafzimmer für den den kommenden üblen Winter.
Putin verspielt die Zukunft seines Landes, er selbst hat keine Zukunft mehr, auch wenn er im Amt bleibt.
Der Braindrain nach außen und innen wird Russland auf Dauer intensiver treffen, als die aktuellen Sanktionen.
Keiner weiß, was die Zukunft bringt. Aber dieser Blick in die Vergangenheit ist richtig.
„Eine Armee, die Kriege gewinnen soll hat ein anderes Selbstbild als eine Truppe, deren Aufgaben zumindest in ihren offiziellen Darstellungen irgendwo zwischen Technischen Hilfswerk und Sozialarbeitergruppe schwanken.“
Das haben Sie ebenso elegant wie richtig formuliert! Aber diese Geistesthaltung entspringt dem von Ihnen genauso treffend benannten Minimalkonsens.
„Die Ukraine muß den Krieg gewinnen“……..
Dieser Aussage fehlt, damit sie für mich verantwortungs- und handlungsrelevant sein könnte, der zusätzliche Halbsatz:
„….und das um jeden Preis“
oder
„aber nicht um jeden Preis“.