Der naive Staatshass der Schlankheitsideologen

Gute Infrastruktur kostet Geld Foto: Deutsche Bahn/PR

Mit guten Freunden streitet man am Liebsten, daher hier eine Replik auf die neoliberale Anti-Staat-Brandrede, die Stefan Laurin gestern bei den Ruhrbaronen gehalten hat. Von unserem Gastautor Andrej Reisin.

Gut, zugegeben, wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt, dort lebt, wohnt und arbeitet hat man wahrscheinlich mehr größenwahnsinnige Bürgermeister von kümmerlichen Kleinst-Kommunen und mehr verschwenderische Verwaltungen ehemaliger Großindustrie-Städte gesehen als überhaupt in eine Steuer- und Erwerbsbiographie passen. Und dennoch: In zentralen Punkten muss ich Stefan leider widersprechen:

1. Das beginnt bereist mit der Bemessung der Höhe der Steuereinnahmen anhand absoluter Zahlen. Stefan schreibt: „Dieses Land hat viele Probleme – zu geringe Staatseinnahmen gehören sicher nicht dazu. 584.620 Millionen Euro wird der Staat in diesem Jahr einnehmen. Rekord. Für 2013 werden übrigens über 600.000 Millionen Euro erwartet. Was ein weiterer Einnahmerekord wäre.“

Das jedoch ist reines Blendwerk, wie es auch der „Bund der Steuerzahler“ gerne vermeldet (der, nebenbei bemerkt, gemessen an seinen Mitgliedern – also denen, die er tatsächlich lautstark vertritt – eher „Bund der besserverdienenden Selbständigen, insbesondere Anwälte, Ärzte und Apotheker“ heißen müsste). Denn: Diese Zahlen sagen ohne Relation zur gesamtwirtschaftlichen Leistung nicht das Geringste aus. In einem Land mit Wirtschaftswachstum ist jedes neue Bruttoinlandsprodukt auch ein neuer „Rekord“, natürlich steigen symmetrisch dazu auch die Steuereinnahmen – genau wie mit der Inflation übrigens: Schon bemerkt? Strom, Milch und Benzin sind in den letzten 30 Jahren auch teurer geworden. Wäre ja blöd, wenn der Staat all diese Dinge mit den absolut selben Einnahmen von damals bezahlen müsste.

2. Daher: Die eigentliche Größe, mit der man die Steuerlast und die Steuereinnahmen sinnvoll ins Verhältnis setzt, ist die Steuerquote, also der Anteil des Gesamtsteueraufkommens am Bruttoinlandsprodukt. Diese liegt in Deutschland 2010 bei 22,1% – genaue Zahlen für 2011 liegen noch nicht vor. Damit aber befindet sie sich im internationalen Vergleich eher am unteren Ende der Skala: 2010 hatten innerhalb der EU nur fünf Länder eine noch geringere Steuerquote. Der EU-15-Durchschnitt lag 2009 fast sieben Prozent höher bei 28,6%, der OECD-Durchschnitt immerhin noch bei 25,8%.

Traditionell höher sind in Deutschland natürlich die Sozialabgaben für Rente-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Aber aus denen finanziert der Staat ja keine städtebaulichen Projekte, von daher waren sie in Stefans Text kein Thema – und sollen es auch hier nicht sein.

3. Interessant ist aber nicht nur die über die Jahre insgesamt nur unwesentlich veränderte Steuerquote (deren Rekord lag in Deutschland Anfang der 80er mal bei 24%, der niedrigste Wert waren 20% in 2004), sondern selbstverständlich auch die Verteilung der Steuern und Abgaben innerhalb dieser.

Und da gibt es deutliche Verschiebungen: So lag der Anteil der so genannten direkten Steuern (wozu vor allem die Einkommenssteuer zählt) in den Achtzigern noch bei fast 60%, mittlerweile sind es nur noch bei gut 50%. Maßgeblich dazu beitragen hat die Senkung des Spitzensteuersatzes von 56% auf 42% (gesenkt übrigens nach und nach unter Rot-Grün). Satt gestiegen sind dagegen die indirekten Steuern, allen voran die Umsatzsteuer (von 13% auf 19% innerhalb in der letzten 30 Jahren), aber auch Energiesteuer und Tabaksteuern. Der Unterschied: Diese Steuern belasten niedrige und mittlere Einkommen überproportional, weil diese fast komplett für Konsumgüter aufgewendet müssen.

Fazit

Irgendwo dazwischen, lieber Stefan, wird seit mittlerweile mehr als zwei Jahrzehnten das zerrieben, was sich eins „Mittelschicht“ nannte – also Leute, die von ihrem Arbeitslohn im Laufe eines Erwerbslebens ein Haus bauen, Kinder großziehen und in den Urlaub fahren konnten. Davon gibt es immer weniger: Die einen kriegen keine Kinder, die anderen kein Eigentum mehr finanziert und die dritten bringen im Urlaub das Ferienhaus, sowie das sonstige Erbe ihrer Eltern und Großeltern durch. Derweil steigt der Anteil am Gesamtbesitz der obersten 10% der Einkommensbezieher ebenso kontinuierlich wie die in Deutschland abgesetzten Stückzahlen von Porsche.

Berücksichtigt man darüber hinaus, dass dieser Staat mit seiner vergleichsweise eben äußerst niedrigen Steuerquote noch immer eine der anerkanntermaßen besten Verwaltungen der Welt unterhält, dass die Straßen, Schienen, Stromnetze und sonstige Infrastruktur verglichen mit einigen anderen „schlanken“ Staaten (USA? UK? Anyone wanna’ ride a train …?) in hervorragendem Zustand sind, was ja wiederum auch ein Teil des so genannten deutschen Wirtschaftswunders ist, dass Polizei und Feuerwehr kommen, wenn man sie ruft, dass es genug Krankenhäuser und flächendeckend exzellente medizinische Versorgung gibt, der kann sich ob Deiner Tirade gegen eben diesen Staat nur wundern, bzw. Anschauungsunterricht in Italien, Kalifornien oder Mexiko empfehlen.

Natürlich kann man sich über staatliche Geldverschwendung völlig zu Recht ärgern. Aber aufgrund absoluter Zahlen so zu tun, es sei einerseits Geld da wie Heu, das aber nur falsch verfüttert werde, während es gleichzeitig scheinbar nichts umzuverteilen gibt, ist schlichtweg eine abgefeimte Story aus der großen neoliberlalen Märchenfibel.

Andrej  Reisin ist Journalist und Mitherausgeber des Blog Publikative.

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Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@Andrej: Die Probleme der Mittelschicht und der sogenannte „Mittelschichtsbauch“ – die überproportionale Belastung durch Steuern, sehe ich auch. Sie kommt z.B. durch die geringeren Steuern auf Kapitalerträge zustande. Für deren höhere Besteuerung ich mich ja ausgesprochen habe. Ansonsten kann man diese Belastung auch durch Steuersenkungen abbauen. Aber der Punkt ist doch: Der Staat wird nei genug Steuern einnehmen, wenn es nicht zu einer Aufgabenkritik kommt – und zu einer Analyse des Staates und seiner Institutionen. Können wir uns 16 Bundesländer leisten – und wenn ja, wofür brauchen wir sie eigentlich? Warum subventioniert der Staat Penlder und Häuslebauer? Muss das sein? Bei Schulen, Kindergärten und Infrastruktur sind wir ja einer Meinung – aber Reihenhäuser und Bauern? Bevor man dem Staat mehr Geld gibt, was ich ja nicht ausgeschlossen habe, muss er seine Ausgaben in den Griff kriegen und bei seinem Ausgabeverhalten rationaler werden. Ansonsten versinkt das Geld in einem dunklen Loch.

Berlingonaut
Berlingonaut
12 Jahre zuvor

Meines Wissens subventioniert der Staat (also wir) nur Häuslebauer, die ihr Häusle vermieten, und zwar in Form von direktem Steuerabzug aller durch das Vermietungsobjekt entstehenden Kosten sowie der Darlehnszinsen. So gesehen könnte man daran wirklich sparen.

Die Eigenheimzulage des Staates (also unsere) zur Förderung von selbstgenutzem Wohneigentum wurde schon vor Jahren gestrichen.

Die Pendlerpauschale dient dazu, Menschen, die einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen müssen (!), den enstehenden finanziellen Nachteil auszugleichen und das ist auch gut so. Ich kann als Gesetzgeber nicht einerseits angesichts recht hoher Arbeitslosigkeit von den Bürgern mehr Flexibilität bei der Wahl des Arbeitsplatzes verlangen und sie andererseits in Form höherer Fahrtkosten bestrafen.

Die BRD ist ein Sozialstaat, so steht es im Grundgesetz. Und ein sozialer Staat kennzeichnet sich dadurch, dass er umverteilt; zu Lasten der Leistungsfähigen und zu Gunsten der Benachteiligten.

Ich stimme gern zu, dass unser Gesetzgeber bei den Ausgaben sparen, bzw. verantwortungsvoller mit den eingenommenen Steuern umgehen muss, aber dann bitte dort wo es angebracht ist, z.B. bei Bauvorhaben, die in der Regel doppelt so teuer werden wie ursprünglich geplant. Manche Kommunen, die z.B. ihre Stadtteilbibliotheken aus Kostengründen geschlossen haben, könnten sie fortführen, wenn sie denn endlich auf eine sparsame Straßenbeleuchtung umstiegen und die nächtliche Ampelschaltung umstellten.

Mein Fazit: Sparen ja und gern, aber bitte nicht bei denen, die sowieso schon unter der Umverteilung von unten nach oben leiden.

Mao aus Duisburg
Mao aus Duisburg
12 Jahre zuvor

Das eigentliche Problem ist, dass Stefan einmal mehr den Toskana-Liberalismus hoch hält, also diese Denkrichtung, die wenig mit einem Dahrendorf oder einem Mill zu tun hat, sondern sich eher am Gedankengut eines Möllemann und Rösler und Lindner orientiert – Schmalspurliberalismus halt. Durch die Zusammenlegung von Ländern erziele ich keine nennenswerten Einnahmen, noch nicht mal das Parlament wird ersatzlos gestrichen, sondern das einzige verbliebene Parlament wird einfach größer. Die Einsparpotenziale selbst in NRW, wenn man alle 5 Regierungspräsidenten abschafft, ist marginal. Das strukturelle Haushaltsdefizit von NRW liegt bei etwa 2 Mrd. Euro.

Ich stimme Stefan in einem zu: Der Staat hat, das wissen wir aus der Organisationtheorie, den Hang, sich selbst zu legitimieren, in dem er sich über Aufgaben definiert. Doch die Frage ist: Wer dringt denn darauf, dass der Staat neue Aufgaben übernimmt? Unter anderem Stefan Laurin selbst!

Stefan müsste es daher am besten wissen:

a) Der Envio-Skandal: Ist das Resultat des neoliberalen Stellenabbaus unter CDU und FDP. Seit Anfang an kritisiert Stefan diesen Umweltskandal und seine Entstehung. Er kennt die Hintergründe, er kennt die Ursachen, er kennt die Unterlagen. Er weiß, dass Envio das Resultat einer Ausdünnung der Umweltverwaltung war, weil nicht mehr vor Ort kontrolliert wurde, sondern vom grünen Behördentisch lediglich genehmigt wurde.

b) Die Banken-Krise: Ist das Resultat seines Schmalspurliberalismus, bei dem Deregulierung schon als programmatischer Ansatz bezeichnet wird.

c) Die Strompreis-Entwicklung: Seit den 70er Jahren steigen die Preise an, weil es keinen Wettbewerb gibt. CDU und FDP wollten diesen Wettbewerb weiterhin verhindern. Dann kam Fukushima. Also eher Klientelpolitik.

d) zur Pendler-Pauschale: Das ist so ein populistisches Argument, das keine Grundlage hat. Denn was würde denn etwa in NRW passieren, wenn es die Pendler-Paschaule nicht geben würde?!? Es würde eine Landflucht einsetzen, die Mietkosten in den Städten würden explodieren. Hart-IV und einkommensschwache Personen wären die Leidtragenden, die die Kosten nicht mehr bezahlen könnten und an den Rand der Stadt gedrängt werden. Das ist Deine Vorstellung von sinnvoller Politik? Zumal die Kosten letztlich beim Staat hängen bleiben würden. Ergo: Dann doch lieber in Form der Pendler-Pauschale sinnvoll einsetzen und eine landesweit Diversifikation erreichen.

e) die Liste der Absurditäten des von Stefan propagierten Schmalspurliberalismus ließe sich zweifelsfrei weiter fortführen.

Und um gleich Stefans pawlowschen Reiz-Reflex-Argumente vorwegzunehmen: Nein,ich bin nicht der Meinung, dass der Staat ein Frauen-Museum in Köln unterstützen muss. Das Problem: Diese Aktion stammt vom geistigen Übervater der nordrhein-westfälichen Liberalen in der Zeit unter CDU/FDP. Komisch! Selbst die Liberalen halten wohl nix von der Schlankheitsideologie mehr….. :-))))

Nix für Ungut! Mal wieder ein schönes Provo-Thema gesetzt 🙂

Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@Mao: Toskana? Wenn der böse Klimawandel kommt, ist es da doch bestimmt viel zu heiß 🙂
Zur Sache:
Envio: Ja, ein paar mehr Leute in diesem Bereich können nicht schaden, aber wenn die alten Abteilungsleiter bleibe, was ja der Fall ist, werden auch die nach dem Balu-Motto arbeiten: Probiers mal mit Gemütlichkeit. Wer Mist macht muss fliegen – auch im öffentlichen Dienst. Soweit ich weiß, haben sogar die Grünen Konsequenzen angemahnt, aber die SPD hielt ihre schützende Hand über die Versager.

Banken: Klar, Banken müssen pleite gehen können, aber Staaten sollten sich auch nicht durch Überschuldung in die Abhängigkeit der Banken begeben. Das haben Staaten wir Griechenland gemacht – durch einen aufgeblasenen öffentlichen Dienst zum Beispiel.

Pendler: Sinnvoll wäre ein Ausbau der öffentlichen Wohnungsbaus, gerne durch die Gründung von Genossenschaften. Allein aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen macht es keinen Sinn, das Leben auf dem Land zu subventionieren. Wer da leben will, soll die Kosten selbst tragen.

Strompreis: Die letzten Reste an Wettbewerb wurden mit dem EEG begraben. Der Staat gibt die Energieerzeugung durch Privilegisierung der Erneuerbaren vor, bevorzugt Hausbesitzer auf Kosten von Mietern. Grün pur – alles für den Gesamtschullehrer auf der eigenen Scholle 🙂

Noch was? Nö, das reicht dann erst einmal 🙂

Gerd Herholz
12 Jahre zuvor

#4 Stefan: Du schreibst: „aber Staaten sollten sich auch nicht durch Überschuldung in die Abhängigkeit der Banken begeben“. Das ist mal ein Satz von dir, den ich sofort und gern unterschreibe.
Wenn du jetzt noch recherchierst und darüber schreibst, wie Lobbyisten aus der Wirtschaft, Think Tanks, Hobbypolitiker, Ideologie-Verkäufer wie die Bertelsmann-Stiftung, wie Politik-Wirtschaft-Vernetzung, Medien, Korruption … systematisch ein politisches Klima hergestellt haben, das Überschuldung und neoliberale Politik (inkl. Deregulierungen, Privatisierungen, Steuersenkungen und -geschenke fürs große Geld) als Allheilmittel propagierten, dann wirst du mein „Lieblingsjournalist des Monats“. 😉

Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@Gerd: Privatisierung? Wo den gerade? Steag? Flughafen Dortmund? ECCE? RWE-Aktien der Städte? Hab ich was verpasst?

Mao aus Duisburg
Mao aus Duisburg
12 Jahre zuvor

@Stefan:

Strompreise: Ist falsch. Seit den 70er Jahren hat sich der Strompreis deutlich erhöht – beständig, kontinuierlich und ohne Schwankungen nach oben. Die Gründe sind klar: Rohstoffe. Schon jetzt wird Strom aus Erneuerbaren Energien an der Strombörse in Leipzig deutlich billiger gehandelt als Kohle und Gas.

Pendler: Ausbau ÖPNV – okay. Wohungsbau?!? Das passt jetzt aber nicht zum FDP-Gedankengut. Wohnungsbau zu fördern gleicht doch glatt einem versteckten Staats-Kommunismus. 🙂 Förderung halte ich aber für notwendig. Da stimme ich mit Dir überein. Nur: Das wird nicht reichen. Die Städte sind dicht! Die Preise steigen – auch mit Wohnungsbau. Daher: Entzerren.

Steag: Hier stimme ich voll zu. Das ist ein Desaster, ähnlich wie in Stuttgart.

igreen
igreen
12 Jahre zuvor

Jetzt stolpere ich schon wieder über diese 16 Bundesländer. Soweit mir noch bekannt war, hatte „die Politik“ von Brandenburg und von Berlin versucht ein gemeinsames Bundesland zu formen. Abgelehnt wurde das aber in einem Volksentscheid (von den BürgerInnen selber). Also alles auf „die Politik“ (was immer auch „die Politik“ ist) zu schieben ist auch nicht der richtige Weg. Politik kann nur einen Ausgleich von Wünschen, Ideen und Forderungen von 80 Millionen EinwohnerInnen erzeugen.

Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@Mao: Ich hab ja kein schlichtes Gemüt und denke in Parteistrukturen. Städtische und Staatliche Wohnungsbaugesellschaften halte ich für schwierig: Sie sind zum Teil Genossenversorgungsanstalten. Wohnungsbaugenossenschaften dagegen sind eine feine Sache, die Mieter sind die Besitzer und bestimmen selbst was da passiert.

Energiepreise: Zieh die Subventionen durch das EEG ab und keine Kilowattstunde Wind- und Solarenergie ist marktfähig. Bitte keine Taschenspielertricks 🙂

Helmut Junge
Helmut Junge
12 Jahre zuvor

„Energiepreise: Zieh die Subventionen durch das EEG ab und keine Kilowattstunde Wind- und Solarenergie ist marktfähig. Bitte keine Taschenspielertricks :-)“

Steinkohle wird aber auch subventioniert!
Und beim Atomstrom werden nie Entsorgungskosten oder gar Folgekosten bei Schäden mit berechnet. Eigentlich unbezahlbar, aber wird trotzdem von denen, die eigentlich immer nach einem freien Markt schreien, heftigst unterstützt.
Überhaupt sind genau die, die keinerlei staatliche Eingriffe haben wollen, auch diejenigen, die am meisten reglementieren, um dann allerdings mit den Fingern auf andere zu zeigen.

68er
68er
12 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin

„Öffentlicher Wohnungsbau“? Das von Ihnen?

Ich hätte nie gedacht, dass Sie die Geschäftsmodelle eines Albert Vietor (Neue Heimat) oder eines Heinz Hossiep (VBW) in diesem Zusammenhang zu neuen Ehren kommen lassen würden.

,-)

Stefan Laurin
Admin
12 Jahre zuvor

@68er: Natürlich nicht – ich hab mich für Genossenschaften und nicht für Gewerkschaftskonzerne oder VEBs ausgesprochen.

Eva
Eva
12 Jahre zuvor

Stimme grundsätzlich zu, doch in einem Punkt sehe ich es anders:
„Traditionell höher sind in Deutschland natürlich die Sozialabgaben für Rente-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Aber aus denen finanziert der Staat ja keine städtebaulichen Projekte, von daher waren sie in Stefans Text kein Thema – und sollen es auch hier nicht sein.“
Doch, ich finde, auch das wäre ein Thema, weil der Staat damit zwar keine städtebaulichen Projekte, aber in erheblichem Umfang Sozialleistungen finanziert. Diese Versicherungen versorgen ja auch Leute, die keine Beiträge zahlen können. In manchen Krankenkassen beispielsweise zahlen über 40% der Mitglieder gar nichts, erhalten aber die gleichen Leistungen wie die Beitragszahler. Gäbe es die staatlichen Versicherungen nicht, müsste die Versorgung dieser Leute aus Steuereinnahmen finanziert werden. Daher betrachte ich die Beiträge an die Sozialversicherungen als nicht anderes als eine Steuer. Wenn die Beiträge zu den Steuereinnahmen hinzugezählt werden würden, was für meine Begriffe korrekt wäre, dann ergäbe sich für den Staat eine wesentlich höhere Steuerquote als die offiziell genannten 22%.
Und was das angeblich so hervorragende Straßennetz in Deutschland betrifft: Mir scheint, Andrej, Sie waren lange nicht mehr im Ruhrgebiet.

Freidenker
Freidenker
12 Jahre zuvor

Wie konnte der geschätzte Herr Laurin auch nur dieses neoliberale Gedankengut (in Form einer „Brandrede“!) verbreiten; ist doch die soziale Kälte in diesem Land kaum noch zu ertragen (vielleicht bleibt deswegen auch die Erderwärmung aus).

Ich empfehle dem Autor des Beitrags, sich ein wenig in die Gesetze der Ökonomie einzuarbeiten, die auch der Staat außer Kraft setzen kann. Inflation z.B. ist die staatsverursachte Ausweitung der Geldmenge. Eine Folge (neben vielen unangenehmen anderen) ist ein Anstieg des Preisniveaus! Die Teuerung von Strom, Milch und Benzin haben zudem noch weitere Gründe: ebenso staatsgemachte natürlich. Die Milchpreise sind bauerngerecht gesteuert, Benzin ist über Mehrfachbesteuerung künstlich verteuert, Strom ist über Subventionen von Wind- und Solarkraft (EEG) und über alle sonstigen Klimarettungsmaßnahmen ebenso künstlich verteuert! Wo ist denn Neoliberalismus in Deutschland? Es gibt doch keinen Markt mehr: Arbeits“markt“, Energie“markt“, Finanz“markt“ sind Euphemismen – es gibt nichts, was nicht reguliert ist. Seit Ludwig Erhard verzerren immer mehr staatliche Vorgaben die Marktprozesse (Fehlallokationen sind die Folge) und zerstören natürliche Ordnungen.

Ihre Steuerquotenberechnung, Herr Reisin, wird ihnen in einigen Jahren beim Schönrechnen auch nicht mehr helfen, wenn die immer geringer werdende Anzahl der Nettosteuerzahler weiter ausgepresst wird und diesen aufgeblähten Wohlfahrtsstaat samt ihrer Staatsprofiteuere nicht mehr finanzieren können. Aber soweit wird es wahrscheinlich gar nicht kommen. Zuvor haben die Politeliten unsere Renten und Ersparnisse (und die unserer Kinder) in Brüssel verzockt

Das alles stört den Etatisten wenig. Denn der Staat ist gut, Individualismus und Marktwirtschaft ist böse!

Mao aus Duisburg
Mao aus Duisburg
12 Jahre zuvor

#9 Das ist ja gerade falsch! Derzeit liegt der Preis für EE-Strom unter dem Marktpreis (ergo: ist günstiger als Kohle). Das EEG garantiert aber die Differenz zum Marktpreis (ist ja der Anreizfaktor). Daher liegst Du falsch und ich als Taschenspieler richtig.

Und ursächlich hat das EEG mit der Preissteigerung nix zu tun:
comment image

DH
DH
12 Jahre zuvor

#14:
Man ist dann doch immer wieder auf Neuste erstaunt, was Menschen, die zumindest ganze Sätze bilden können, im 21. Jahrhundert, mitten in Europa, so alles an quasi naturreligiösem Aberglauben mit sich herumtragen: die Vorstellung etwa, „Markt“ und „Staat“ seien im real existierenden Kapitalismus tatsächlich so etwas wie natürliche Feinde; und der Staat zerstöre eine „natürliche Ordnung“ (!) – das ist, ich sage es frei heraus, schlicht faszinierend, vom kulturwissenschaftlichen Standpunkt betrachtet.

Es ist an der Zeit, dem „Neoliberalismus“, natürlich auf Staatskosten, ein Museum zu bauen.

Rudi Gems
Rudi Gems
12 Jahre zuvor

Insbesondere fehlt es an der Ehrlichkeit!

Deutschland, nimmt jährlich ca. 600 Milliarden an Steuern ein. Davon sind alleine Lohnsteuern ca. 140 Milliarden. Umsatzsteuern ca. 190 Milliarden. Bundessteuern, (Mineralöl, Kaffee, Sekt, Brantwein, Tabak, etc.) ca. 100 Milliarden. (Quelle Wikipedia)

Lediglich ca. 50 Milliarden, werden über die Einkommenssteuern eingenommen. Einkommenssteuern werden aber nicht alleine von den Vermögenden gezahlt. Dagegen, zahlen aber Vermögende, auch in die anderen Steuern ein. Nehmen wir also die 50 Milliarden als Grundlage, so beteiligen sich die Reichen, gerade mal mit 9%, an den Steuern. Einfach nur eine Frechheit.

Auch die Abgaben, über die Sozialversicherungen, sind nicht frei, von Ansprüchen der Regierungen. Alleine bei der Arbeitslosenversicherung, bleiben für die Versicherten, gerade mal ca. 30% der Gelder übrig. Der Rest, geht in die Kassen des Bundes. Das nennt man dann „arbeitsmarktpolitische Maßnahmen“. Auch bei der Krankenkasse, werden viele Aufgaben, die eigentlich Steuerzahlersache wären, auf die Versicherten abgedrückt, wie z.B. die Mitversicherung der Familien. Und bei den Renten, wird es ganz schräg. Hier sind es die Versicherungsfremden Leistungen, die eigentlich auch vom Steuerzahler bezahlt werden müssten. Wer hier keinen Klärungsbedarf sieht, will betrügen.

Jedenfalls, die Behauptung, „Reiche Einkommensbezieher, müssten sich überproportional an den Steuern beteiligen.“, dürfte in den Bereich der Fabeln und Märchen verwiesen werden. Auch die Behauptung im Eingangstext:

„So lag der Anteil der so genannten direkten Steuern (wozu vor allem die Einkommenssteuer zählt) in den Achtzigern noch bei fast 60%, mittlerweile sind es nur noch bei gut 50%.“

muss als reine Stimmungsmache (man könte es auch drastischer formulieren) gewertet werden. Das mag zwar im Bereich der Lohn- und Einkommenssteuern, zutreffen. Aber gemessen am Gesamtsteueraufkommen, dürfte es zwischen 9-11% liegen.

Grüße, Rudi Gems

Andrej Reisin
12 Jahre zuvor

@Stefan:
Natürlich kann man jederzeit darüber diskutieren, wofür der Staat sein/unser Geld ausgibt. Was mich stört, ist, so zu tun, als sei einerseits irgendwie „objektiv“ immer weniger Geld da (was nicht stimmt, so lange es ein Wirtschaftswachstum gibt), andererseits aber zu unterstellen, der Staat nehme trotzdem immer mehr ein, indem man einfach nur die absoluten Zahlen nennt.

Die Wahrheit ist: Das gesamtgesellschaftliche Vermögen hat sich trotz aller „Gürtel enger schnallen“-Propgaganda neoliberaler Populisten auch in den letzten 30 Jahren stetig vermeht, zum Teil (große Privatvermögen) sogar explosionsartig. Es ist nicht „immer weniger da“, es wird nur anders verteilt. Und natürlich kann man das (je nach politischer Ausrichtung) auch berechtigterweise kritisieren und eine neue Umverteilung fordern.

Der Staat hat nicht immer mehr Geld, nur weil die absoluten Einnahmen steigen, darum ging es mir vor allem.

@Eva:
Was die gesamte Abgabenquoe angeht, haben Sie Recht, diese ist in Deutschland vergelichsweise eher hoch (nicht so hoch wie in Skandinavien, aber höher als der jeweilige OECD und EU-Schnitt). Nur: Dafür haben wir halt zum Beispiel auch die Gesundheitsversorgung, die wir haben. Versuchen Sie mal, beim NHS in Großbritannien einen Arzttermin für eine „normale“, nicht notfallmäßige Behandlung zu bekommen. Da heißt es 3 Wochen warten oder Krankenhaus, auch bei Infektionen und auch bei Kinderärzten.

Oder versuchen Sie sich mal, in den USA privat so zu versichern, dass auch eine schwere, langwierige, kostenintensive Erkrankung inkl. Verdienstausfall so abgesichert ist wie hierzulande. Wenn Ihnen das überhaupt gelänge, würden Sie aber staunen, was das kostet. Diese Kosten müsste man bei ehrlicher Betrachtung mit einrechnen – und dann stünde die Quote in Deutschland auf einmal wieder erstaunlich gut da – abgesehen davon, dass die Mehrheit sich eine solche Absicherung gar nicht leisten könnte. Eben das nennt sich Solidarprinzip – und ja: Ich finde das gut und erhaltenswert.

Ich war erst kürzlich im Ruhrgebiet und fand vor allem den Verkehrsinfarkt zu Pfingsten niederschmetternd. Aber fahren Sie mal in die nicht mehr ganz so neuen Bundesländer: Da wissen sie dann auch, wo das Geld für Straßenbau in den letzten zwei Jahrzehnten maßgeblich hingeflossen ist (auch zu Recht). Insgesamt ist die genannte Infrastruktur im internationalen Verglweich aber in allen Bereichen nach wie vor absolut top, vor allem verglichen mit neoliberalen Vorzeigestaaten wie Großbrittannien. Wer dort regelmäßig Bahn fahren muss, wird die DB als absolute Offenbarung erleben.

@Freidenker: Haben Sie außer propagandistischen Worthülsen radikaler Marktschreier sonst noch was zu bieten? Die „Freiheit“, die sie meinen, ist die Freiheit des Sklavenhalters über seine Leibeigenen. Danke, das hatten wir schon und wir wissen auch bereits, wo es endet.

Gems: Sorry, aber Sie bringen bei Ihren Zahlen die Begrifflichkeiten dureinander:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/Standardartikel_Migration/2011/06/analysen-und-berichte/b04-struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen/struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen.html

Arnold Voss
12 Jahre zuvor

@ DH # 16

So realitätsfrei wie Freidenker schreibt hat er sich noch nicht einen einzigen Tag in seinem Leben dem sogenannten freien Markt stellen müssen. Da bin ich mir ganz sicher. Ich habe ihn mal hier im Blog gefragt, wovon er lebt. Er hat aber nicht konkret darauf geantwortet sondern stattdessen sehr wolkig herumschwadroniert.

Rudi Gems
Rudi Gems
12 Jahre zuvor

Teilzitat von Andrej Reisin:

Gems: Sorry, aber Sie bringen bei Ihren Zahlen die Begrifflichkeiten dureinander:“

Sorry, @ Andrej Reisin? Aber ich fürchte, der Einzige der hier Begrifflichkeiten durcheinander bringt, das sind Sie. Meine Zahlen, stimmen mit denen, die Sie in Ihrem Link genannt haben, überein. Sie hingegen, schreiben nur wirres Zeug.

Da sprechen Sie einmal, von Prozentsätzen, bei der Einkommenssteuer, die sich auf die Lohnsumme bezieht, obwohl in diesem Zusammenhang, der Anteil am Staatshaushalt wesentlich sinnvoller gewesen wäre. Und hier ist es eindeutig. Der Anteil der Einkommensmillionäre, am Staatshaushalt, liegt irgendwo, bei 9% bis 11%. Genau lässt sich das nicht ermitteln. Ihre 50% bis 60%, beziehen sich auf das Einkommen der Menschen und haben mit dem Prozentsatz des Staatshaushaltes gar nichts zu tun.

Genauso die Prozentsätze bei der Mehrwertsteuer, ihre 13% (angefangen hatte es übrigens in den Siebzigern, mit 10%) bis 19%, beziehen sich auch nicht auf den Staatshaushalt, sondern auf den Preis, wofür Waren (Dienste) gekauft werden.

Wer in dieser Art, Prozentsätze durcheinanderwirft, will blenden und nicht informieren. Der stellt sich dar, als wenn er nicht die geringste Ahnung von Prozentrechnung hätte. Und, der sollte vorsichtig sein, anderen das „Durcheinanderbringen von Begrifflichkeiten“ vorzuwerfen.

Ich bleibe dabei. Die Mehrwertsteuer macht ca. 30% des Staatshaushaltes aus. Bei der Lohn- und Einkommenssteuer, ist es in etwa genauso (und das entspricht auch dem Zahlenwerk, was Sie in Ihrem Link angegeben haben). Damit ist es eindeutig. Da die Einkommensteuer, ca. 10% des Staatshaushaltes ausmacht, (ein Drittel der Lohn- und Einkommenssteuer), liegt der Prozentsatz der Reichen, am Staatshaushalt, nicht höher als ca. 10%.

Bitte, wenn Sie bessere Zahlen haben, wo draus hervorgeht, das die Reichen sich am Staatshaushalt mit 50% beteiligen, dann rechnen Sie uns das hier bitte vor? Aber, tun Sie mir hier einen Gefallen, und versuchen Sie uns hier nicht zu veräppeln.

Grüße, Rudi Gems

Freidenker
Freidenker
12 Jahre zuvor

Fakten und Hinweise auf ökonomische Realitäten sind in Ihren Augen also „propagandistischen Worthülsen radikaler Marktschreier“. Sie, Herr Reisin, ersparen sich doch mit der vokabel „neoliberal“ jede substanzielle Auseinandersetzung mit Vorschlägen der Konkurrenz. Die Freiheit, die Sie meinen, sind die Schnipsel, die am Boden liegen bleiben, nachdem der Staat seinen Schnitt gemacht hat.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
12 Jahre zuvor

Witzig, wie man sich über solche Themen so streiten kann, obwohl beide Autoren im Tenor Recht haben.

Ja, man sollte Ausgaben kritisch hinterfragen. Vieles könnte gespart werden, ohne eine Verschlechterung der Lebensqualität zu veranlassen.

Ja, der Staat hat zu wenig Steuereinnahmen. Die zu niedrige Besteuerung einiger Formen oder den Steuernachlass als indirekte Subvention in manchen Bereichen könnten ohne Probleme behoben werden und würden einiges mehr an Steuereinnahmen bringen.

Weder wird aber „der Staat“ aber alle sinnlosen Ausgaben streichen, noch alle sinnlosen Steuerschlupflöcher/Subventionen streichen.

Arnold Voss
Arnold Voss
12 Jahre zuvor

@ Freidenker 21

Sie leiden unter einer seltsamen Personalisierungsucht. Der Staat macht keinen „Schnitt“ wie eine Person oder ein in personalem Besitz befindliches Wirtschaftsunternehmen.Im übrigen werden alle Staatseinahmen in der Regel wieder ausgegeben. Ihre Argumentation hat einen Grad an Unterkomplexität, dass eine sinnvolle Diskussion mit ihnen schlicht unmöglich ist.

Andrej Reisin
12 Jahre zuvor

@Gems/Freidenker:
Seufz, gleich zwei Vollzeit-Ideologen auf den gegenüberliegenden Ufern des Stroms der reinen Wirtschaftslehre. Können Sie sich nicht aneinander abarbeiten statt an mir?

Gems:
Schauen Sie sich Abbildung 4 in dem verlinkten Dokument an. Was sehen Sie dort? Zwei Kurven mit direkten und indirekten Steuern. Anfang der 80er lag der Anteil ersterer bei ca. 60%, heute bei ca. 50%. Was steht in meinem Text? Genau das. Meine Angaben gene nur diesen Kurvenverlauf wieder und sonst gar nichts. Wenn man direkte und indirekte Steuern dann aufdröselt, kommt man zu den jeweils gut 30%, die Einkommensteuer und Umsatzsteuer einzeln betrachtet jeweils ausmachen. Kein Wort davon widerspricht meinem Text. Sie tun so, als stünde in meinem Text, die Einkommensteuer habe einen Anteil von 50% am BIP oder noch besser am Staatshaushalt. Mitnichten, nada, niente! Da steht „Anteil der so genannten direkten Steuern (wozu vor allem die Einkommenssteuer zählt)“. Und zwar Anteil am Gesamtsteueraufkommen!

Hinzu kommt, dass Sie sich (zumindest eingangs) auf die „Lohnsteuer“ beziehen, während sich mein Text auf die gesamte „Einkommensteuer“ bezieht, unabhängig von der Art der Beschäftigung. Genau so, wie auch das BMF (Abb 2. und 3.) den Anteil der gesamten Einkommenssteuer ausweist und nicht der „Lohnsteuer“. Na, immer noch so sicher, dass Ihre Begrifflichkeiten stimmen? Ich bezog mich – genau wie es im Text steht – also auf a) die gesamte Einkommensteuer und b) alle direkten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Grundsteuer, Gewerbesteuer und Erbschaftsteuer). Deren Anteil lag mal bei 60% und liegt heute bei 50%. Und dieser Vorgang hat vor allem die Bezieher hoher Einkommen und Besitzer großer Vermögen massiv entlastet, während umgekehrt die Erhöhung der indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Tabaksteuer, sowie die übrigen Verbrauchsteuern) kleine und mittlere Einkommen überproportional belastet hat. Gar nicht so schwer, oder?

Wie kommen Sie darauf, ausgerechnet mein Text wolle suggerieren, dass „die Reichen“ sich überproportional am Steueraufkommen beteiligten? Der Satz, den Sie vermeintlich „zitieren“ (besser: unterstellen): „Reiche Einkommensbezieher, müssten sich überproportional an den Steuern beteiligen.“, steht da überhaupt nicht, nirgendwo. Ich frage mich ernsthaft, ob Sie die Zielrichtung meines Textes (in etwa: „Lieber Stefan, es gibt durchaus Dinge, die man umverteilen könnte“), überhaupt verstanden haben oder ob Sie einfach mal in ideologischer Vollverbelndung irgendwas hingekritzelt haben, ohne den Text überhaupt zu lesen. Einen schönen Tag noch.

Freidenker:
Nennen Sie mir eine Stelle in ihrem Sermon, die auch nur im Ansatz das enthält, was man gängigerweise „Argument“ nennt. Sie bezeichnen Ihre Propaganda als „wirtschaftliche Realität“, ohne auch nur im Ansatz zu sagen, worin diese vermeintliche Realität bestehen soll. Ist Ihnen angesichts des vehementen Streits unter führenden Wirtschaftswissenschaftlern eigentlich jemals der Gedanke gekommen, dass es möglicherweise keine einfache „Realität“, bzw. „Wahrheit“ auf diesem Feld gibt? Sondern, dass es sich um ein hochgradig umstrittenes Terrain handelt, dass stark von unterschiedlichen ökonomischen und politischen Meinungen, Theorien und Ideologien geprägt ist? Sie schreiben:

„Ihre Steuerquotenberechnung, Herr Reisin, wird ihnen in einigen Jahren beim Schönrechnen auch nicht mehr helfen, wenn die immer geringer werdende Anzahl der Nettosteuerzahler weiter ausgepresst wird und diesen aufgeblähten Wohlfahrtsstaat samt ihrer Staatsprofiteuere nicht mehr finanzieren können. Aber soweit wird es wahrscheinlich gar nicht kommen. Zuvor haben die Politeliten unsere Renten und Ersparnisse (und die unserer Kinder) in Brüssel verzockt.“

Das sind alles reine Worthülsen und Propagandafloskeln, zum einhunderttausendunddröflten Mal von Ihresgleichen vorgetragen. Präsentieren Sie doch mal ein paar konkrete Zahlen zu Ihrem imaginären „Wohlfahrtsstaat“ oder sagen Sie doch mal, ob sich die Vermögensverteilung in den letzten 25 Jahren nicht massiv zugunsten der obersten 1-10% verschoben hat? Ihre sogenannten „Nettosteuerzahler“ (ein weiterer Begriff aus der ideologischen Waffenkammer ihrer Freunde bei „eigentümlich frei“) werden nicht ausgepresst, sondern eine extrem wohlhabende Klientel macht sich die ohnehin vollen Taschen auf Kosten aller anderen immer voller. Der gesamte Rest hat weniger, egal wie man dazu steht. Das DIW hilft Ihnen gerne mit Zahlen weiter:
https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.357516.de

Ansonsten streiten Sie sich doch wie gesagt mit Herrn Gems, da haben Sie Ihr „Match“ gefunden.

Mit herzlichen Grüßen
Andrej Reisin

Rudi Gems
Rudi Gems
12 Jahre zuvor

Entschuldigung Andrej Reisin? Hast Recht! habe deinen Text, völlig falsch verstanden.

Grüße, Rudi Gems

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