Die SPD ist keine pazifistische Partei, obwohl Pazifisten in unseren Reihen sind, die, wie ich hoffe, weiter geachtet werden. Das, was in Deutschland Friedensbewegung heißt, wird falsch übersetzt, sowohl ins Italienische wie ins Französische, wenn es undifferenziert als pazifistische Bewegung dargestellt wird.
In einem SPIEGEL-Interview machte Willy Brandt, vor etwas über 35 Jahren diese Aussage.
Bei der aktuellen Entwicklung der SPD dürfte Willy Brandt, momentan, vermutlich zusammen mit Herbert Wehner, Helmut Schmidt und Egon Bahr im Grabe rotieren.
Dr. Rolf Mützenich (SPD, stellvertretender Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion für die Bereiche Außenpolitik, Verteidigung, Menschenrechte und Wirtschaftliche Zusammenarbeit) hat heuer, nach Beschuss von Tankern (Mutmaßlich durch iranische Revoltuitionsgarden.) und dem Abschuss einer amerikanischen Drohne, zur Irankrise geäußert.
Bei einer Krise, die es ohne den europäischen bzw. deutschen Sonderweg in der Iranpolitik gar nicht geben würde, wäre es vielleicht mal an der Zeit zu schweigen. Zumindest für die SPD.
Als Augusto Pinochet gegen die sozialistische, demokratisch gewählte, Regierung von Salvador Allende geputscht hat, war ich etwas über ein Jahr alt. Dieser, durch die USA unterstützte, Staatsstreich war mit Sicherheit keine Sternstunde amerikanischer Außenpolitik: Regimegegner wurden ermordet. Bis heute ist das Schicksal tausender Menschen, die während der Militärdiktatur in Chile verschwanden, ungeklärt. Die Militärjunta ermordete mehr als 3000 Menschen. Die Situation in Chile im Jahre 1986/1987 war Teil meiner damaligen Politisierung:
Trotz der Stützung des Regimes durch die USA: Die Menschenrechte in Chile wurden in Deutschland durch die SPD und die CDU thematisiert. Heiner Geißler legte sich 1986 mit der Junta an. Ebenso Willy Brandt:
Der Besucher aus der Bundesrepublik war an der Paßkontrolle des Flughafens „Comodoro Arturo Merino Benitez“ von Santiago gestoppt worden. Nur knapp 15 Minuten lang durfte er im Transitraum mit Valdes sprechen, dann mußte er an Bord seiner Maschine zurück. Zum Abschied umarmten sich die beiden Männer. „Don“t give up, Gabriel“, ermunterte die im Staat des Diktators Pinochet unerwünschte Person den Chilenen. Ihr Name: Willy Brandt.
(Quelle: SPIEGEL, 04.08.1986)
Was Willy Brandt (SPD) oder andere führende Mitglieder der SPD im Jahre 1986 niemals gemacht hätte: Pinochet zum Geburtstag des Putsches zu gratulieren. Im Namen des deutschen Volkes. Heute wäre das leider anders.
Klar: Die Menschenrechte waren noch nie die oberste Priorität in der deutschen Außenpolitik. Oft geht es um die Politik des Machbaren. Und um kleine Schritte: Wandel durch Annäherung. Aufweichung. Der stete Tropfen höhlt den Stein.
Die sozialdemokratische Haltung zum Iran ist ein einziges Trauerspiel.
Angenommen: Pinochet wäre heute noch an der Macht und würde Menschen foltern und einsperren. Und Nachbarstaaten destabilisieren, Kriege führen und Terrorismus unterstützen. Und die USA hätten sich von diesem Staat, der kalte Krieg ist zu Ende, abgewandt:
Die Sozialdemokratie würde in diesem Falle wohl kaum Glückwünsche an das Regime aussprechen.
Beim Iran handelt die SPD da anders: Vermittlung über Alles!
Iran: Der blinde Flecken der sozialdemokratischen Außenpolitik
Die Menschenrechtslage im Iran als verbesserungswürdig zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Iran ist Hauptsponsor des Terrorismus in der Region: Der Palästinensische Islamische Dschihad wird, ebenso wie die Hisbollah und die Hamas, durch das Regime in Teheran unterstützt. Zugleich ist Iran im jemenitischen Bürgerkrieg und in Syrien de facto kriegsführende Partei.
Trotzdem schlagen die Sozialdemokraten, bei aller berechtigter Kritik, die man an Trump üben kann, lieber auf den verbündeten NATO-Partner ein. So z.B. Ralf Stegner:
Die Außenpolitik unter Heiko Maas (SPD) zum Nahen Osten ist mehr als verwirrend. Da wird vom Außenminister die unfaire Behandlung Israels in der UNO kritisiert. Was Heiko Maas (SPD) verschweigt: Das deutsche Abstimmungsverhalten ist ein Teil des Problem. Ein Antrag der FDP, dieses Verhalten zu korrigieren wurde im Bundestag abgeschmettert. Niels Annen (SPD), Staatsminister im auswärtigen Amt, begründet dieses Verhalten mit dem Argument, dass man sich so den Einfluss auf die Resolutionen sichere – und sie dann inhaltlich abschwäche. Auf die Problematik der innerdeutschen Kriminalität bezogen, würde diese Taktik bedeuten:
Die Polizei sollte kriminelle Clans oder die Mafia nicht mehr bekämpfen, sondern sich kriminell agierenden Familien anschließen und so deren Position von innen schwächen.
Die Tatsache, dass bei der Diskussion um ein Hisbollah-Verbot in Deutschland zwischen „politischen“ und „militärischen“ Arm der Terrororganisation unterschieden wird, ist ein Armutszeugnis: Nicht mal die Hisbollah selbst nimmt diese Differenzierung vor. Noch so ein deutscher Sonderweg.
Auf der Reise durch den Nahen Osten hat Niels Annen (SPD) diese Woche den Dialog mit der „kritischen Zivilgesellschaft“ in Israel hervorgehoben:
Niels Annen (SPD), der im Februar in der iranischen Botschaft den Geburtstag der islamischen Revolution im Iran mitfeierte, macht sich für mehr Menschenrechte in Israel stark: Eine reife Leistung! Zur gleichen Zeit wird man, wegen Aktivitäten die nicht mit dem islamischen Sexualkodex im Einklang stimmen, im Iran gehängt oder gesteinigt.
Dieses Appeasement ist eine Einbahnstraße.
Das Argument, sich mit einem Regime ins selbe Boot zu setzen um „Dialogkanäle“ offen zu halten ist eine Einbahnstraße. Von Kritik an der Hamas oder vom Palästinensischen Islamischen Dschihad, wegen Menschenrechten im Gazastreifen, liest man selten.
Wie die PR-Strategie von Niels Annen und Heiko Maas (SPD) aussieht, falls mal irgendwann der Iran mit der Meldung „Wir haben die Atombombe.“ an die Öffentlichkeit geht: Möge dieser Tag niemals kommen.
Dr. Rolf Mützenich, SPD, heute:
Was die Region jetzt vor allem braucht ist Deeskalation und Dialog. Deutschland muss auch im Rahmen der Europäischen Union aktiv werden, um die tiefen Gräben zu überbrücken und Gesprächskanäle zu öffnen. Es geht jetzt darum, der internationalen Diplomatie in dieser gefährlichen Situation eine Chance zu geben, um der drohenden Kriegsgefahr aktiv zu begegnen.
Das ist, sorry, Bullshit: Der Iran, die Hisbollah, die Hamas und der Palästinensiche Islamische Dschihad sind die größten Feinde des Friedens. Menschenrechte existieren im Einflussbereich des Irans und der von ihm unterstützen Organisationen nicht. Die Vernichtung Israels steht nach wie vor auf der Agenda des Iran.
Appeasement heute, ist genauso falsch wie das Appeasement damals:
Beim Münchner Abkommen 1938.
Wohin diese falsche „Friedenspolitik“ führte, ist bekannt.
Krieg ist Scheiße. Darüber braucht man nicht zu diskutieren.
Aber der Pseudo-Pazifismus der SPD führt genau zu diesem.
Pazifismus (Definition auf Wikipedia):
Unter Pazifismus (von lat. pax, „Frieden“, und facere, „machen, tun, handeln“) versteht man im weitesten Sinne eine ethische Grundhaltung, die den Kriegprinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauerhaften Frieden zu schaffen. Eine strenge Position lehnt jede Form der Gewaltanwendung kategorisch ab und tritt für Gewaltlosigkeit ein.
Für die „Friedenspolitik“ die von der SPD heute betrieben wird, greift diese Bezeichnung nicht mehr. Pazifismisus (Als Mischung aus Pazifismus und Misuse, englisch für „falscher Gebrauch“.) bietet sich als neue Wortschöpfung an.
Optionen in der Irankrise:
Was, eventuell, in der Irankrise funktioniert. Eventuell…
Aber auf jeden Fall eine sichere Option ist als Appeasement:
Sanktionieren. Isolieren. Klare Kante zeige gegen Extremismus.
Harte Haltung zeigen gegenüber dem Regime im Iran.
Heiko Maas, Niels Annen, Dr. Rolf Mützenich:
Beenden Sie dieses Trauerspiel der sozialdemokratischen Außenpolitik!
Mich würde mal sehr interessieren, was sich denn der Autor dieser Zeilen wünscht?
Flächendeckende Bombardements des Iran unter Beteiligung deutscher Kampfflieger?
Gar der Einmarsch von Alliierten Bodentruppen?
Oder lieber die Saudis weiter aufrüsten und sie den Drecksjob machen lassen?
Hat ja alles immer super funktioniert (z.B im Irak, Libyen und Jemen)*Ironie off
Und wie Willy Brandt sich heute positionieren würde, weiß kein Mensch, daher sollte man ihn auch nicht instrumentalisieren (schon gar nicht als Nicht-Sozialdemokrat).
Kriegstreiber war Willy jedenfalls nicht, dem Motto „Wandel durch Annäherung“ konnte er dagegen geschichtlich belegt viel abgewinnen…
Dieser Stegner ist urkomisch. Natürlich kann es keine militärische Beteiligung Deutschlands geben. Dazu bräuchte es ein einsatzfähiges Militär und das hat Deutschland nicht mehr.
@Joe:
Nein. Keine Bombardierung und kein Einmarsch sondern das genaue Gegenteil: Konsequente Durchsetzung einer "harten" Linie in Sachen Sanktionen um den Iran an den Tisch zu holen damit dass Atomprogramm auf Eis gelegt wird. Wenn es dafür inzwischen nicht schon zu spät ist.
Oder wie es im Beitrag steht:
"Sanktionieren. Isolieren. Klare Kante zeige gegen Extremismus."
Ohne die Wischi-Waschi-Haltung der Europäer und der Deutschen der letzten Jahre, gäbe es die aktuelle Krise überhaupt nicht. Und ja: Das Aufrüsten der Saudis (Dieses Jahr gingen da immerhin „sondergeschützte Geländewagen“ für über 800.000 Euro hin!) ist auch ein Fehler: Die Tinte auf dem Exportstop für Saudi-Arabien wegen der Ermordung von Jamal Khashoggi ist ja noch nicht trocken.
Die deutsche Haltung – Glückwünsche, Verständnis, keine Sanktionen – lässt die Sache eskalieren.
Ein Einmarsch von Truppen ist, siehe Irak, keine Option.
Trump ist nicht kalkulierbar. Und es gibt für die deutsche Regierung keinen Grund, sich Trumper als der Trump zu verhalten, zumal sich Trump mit niemanden abspricht, nicht mal mit sich selbst.
@Helmut Junge:
"Nicht mal mit sich selbst." 😀
Ich finde zu Trump eine Aussage sehr passend, die hat Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, zu ihm gemacht: Trump sei ein erster Linie ein "Dealmaker" und kein "Krieger" (https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/tagesgespraech/swr-tagesgespraech-mit-norbert-roettgen-cdu-trump-ist-dealmaker-nicht-krieger/). Nach dem Abschuss der amerikanischen Drohne wurde der Vergeltungsschlag ja durch Trump – mit Hinblick auf die menschlichen Opfer die im keinen Verhältnis zur verlorenen Drohne stehen abgebrochen: Unkalkulierbar und Kriegstreiberei ist anders.
https://www.sueddeutsche.de/politik/trump-iran-usa-drohne-vergeltung-1.4493448
@Peter Ansmann, nein, Kriegstreiber ist er vermutlich nicht. Hab ich auch nicht mit "unkalkulierbar" gemeint. "Dealmaker"? Hält er sich an abgeschlossene Deals?
Der Golf von Hormuz ist die vielleicht wichtigste Wasserstraße der Welt und für die Welt. Führt Trump dort Krieg ist die zivile Nutzung nicht mehr möglich. Das gibt Ärger mit fast allen Verbündeten. Massiven Ärger, der viel mehr kostet als nur ein paar Hundert Menschenleben. Dazu kommt, daß dieser Golf selbst dann nicht sicher ist, wenn Trump den Iran bis auf die Grundmauern plattbomben würde. Das wurde ihm wohl gesagt. Etwas spät vielleicht.
@Helmut Junge:
Meine Kritik an der SPD ist nicht als "Lob" für Trump zu verstehen. Es wurde, im April 2015, ein Abkommen mit einem Staat geschlossen der Terror unterstützt, die Vernichtung Israels auf seiner Agenda hat (Und dies offen propagiert.) und es mit Menschenrechten nicht so genau nimmt.
Eine klare Linie der Europäer, der Amerikaner und der "besorgten" Nachbarn des Irans (Auch Saudi-Arabien ist ja nicht begeistert von den aktuellen Versuchen des Iran die Macht in der Region auszubauen und den Einfluss des iranischen Way of Life auszuweiten.), dazu zähle ich jetzt auch mal Israel, das ja direkt vom Mullah-Regime bedroht wird, hätte diese Zuspitzung vermieden.
Wir (Die Deutschen und die Europäer) sind nicht ganz unschuldig an der aktuellen Entwicklung.
@Peter Ansmann, ich mag das Mullahregime nicht. Da mußt du mich nicht erst überzeugen. Und auch über die Schuld der europäischen Regierungen sind wir ähnlicher Meinung. Auch darüber, daß Israel vor der Agression der Mullahs geschützt werden muß, sind wir uns einig. Aber du glaubst offenbar wie viele Linke (ähnlich wie die Rechten) an die militärische Überlegenheit des Westens, und daran, daß alles im militärischen Sinn machbar sein würde. Das ist meiner Meinung nach kaum noch der Fall.
Es fehlen für solche Kriege dem Westen die jungen Männer, die voller Freude ins Gefecht ziehen, während die waffentechnische Unterlegenheit der anderen Seite durch solche Wahnsinnigen fast aufgehoben wird. Das konnte, wer es sehen wollte, in Syrien sehen. Gegen den Iran finden sich nicht genügend Freiwillige, um das Land zu erobern und besetzt zu halten. Und die zivile Schifffahrt im Golf steht schnell still, wenn es für deren Besatzung zu risikoreich wird. Die fahren dann nicht mehr. Darum wird Trump versuchen mit den Mullahs einen Deal zu machen, der dann als großartig gilt. Aus seiner Sicht zumindest. Das muß er machen, wenn er wirklich keinen Krieg will. Das Problem dabei ist, daß die Mullahs schwierige Partner sind. Trump wird so manchen enttäuschen, der über die menschenverachtende Seite der Mullahs auch nur eine Sekunde nachdenkt. So schätze ich das ein. Es wird nicht leicht für Trump. Wenn er nämlich einen Weg ohne Deal, aber auch ohne Krieg gehen will, sehen es all seine Gegner als Schwäche. Er kann auch nicht bis zur Wahl nur bellen, ohne zu beißen.
Bullshit!
"Bei einer Krise, die es ohne den europäischen bzw. deutschen Sonderweg in der Iranpolitik gar nicht geben würde, …": Welcher Sonderweg ist gemeint? Es gab einen Vertrag, den auch die USA unterzeichnet und ratifiziert haben, der einseitig durch die US-Administration gekündigt wurde, während alle anderen Teilnehmer an diesem Vertrag festhalten wollen. Also: Wer geht hier einen Sonderweg?
Fakt ist: Das Atomabkommen untersagt nicht Raketenprogramme nicht explizit. Jedoch wird dem Iran im Abkommen die Entwicklung und der Bau von Raketen, die Atomsprengköpfe tragen könnten, untersagt. Der Vertrag wurde also bereits im März 2016 durch die damaligen Raketentests gebrochen.
Der von Teheran, anlässlich der Feierlichkeiten der islamischen Revolution, vorgestellte Marschflugkörper "Hoveizeh" (Riad und Jerusalem sind mit dieser Waffe zu erreichen!) ist ebenfalls ein Verstoß gegen das Atomabkommen: Die Staaten, die auf eine Rettung des Abkommens setzen, dürften im Februar 2019 von der Vorstellung des Waffensystems nicht begeistert gewesen sein.
Das trotzdem versucht wird, trotz der Menschenrechtslage im Iran, dieses Abkommen zu retten und die Sanktionen nicht aufrechtzuerhalten ist ein Sonderweg.