Nach nur 13 Monaten im Amt tritt Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin zurück und schafft es hierbei, zu ihrer langen Liste mangelhafter Qualifikationen und Kenntnisse nun auch noch fehlende Selbstreflexion hinzuzufügen. Die mediale Fokussierung auf ihre Person mache es unmöglich für sie, das Amt weiterhin zu bekleiden. Von Selbstkritik fehlt jede Spur.
Das Problem sind jedoch nicht die Medien, das Problem ist die Art und Weise, wie in Deutschland viel zu häufig politische Mandate verteilt werden. Politischer Aufstieg gelingt in deutschen Parteien insbesondere damit, möglichst wenigen im Weg zu stehen und neuerdings auch, indem man einfach das passende Geschlecht hat. Insbesondere SPD und Grüne forderten früh, dass das Kabinett paritätisch zu besetzen sei und da Christine Lambrecht nicht nur über die passenden Geschlechtsmerkmale verfügt, sondern sich auch nicht schnell genug geduckt hat, wurde sie Verteidigungsministerin. Das Verteidigungsministerium war hierzu prädestiniert, lag es doch seit Ende des kalten Krieges in einer Art Dornröschenschlaf, dessen praktische Relevanz immer weiter abnahm. Insbesondere innerhalb der politischen Linken schien es ausgemachte Sache zu sein, dass die Zeit militärischer Konfrontationen und der Notwendigkeit einer glaubhaften Abschreckung längst vorüber sei.
Der Überfall Russlands auf die Ukraine sowie die zunehmende chinesische Aggression gegenüber Taiwan strafte innerhalb von nur 12 Monaten alle pazifistischen Träumer Lügen. Das Verteidigungsministerium wurde schlagartig zu einem der wichtigsten Ministerien der Bundesrepublik und Aushängeschild der deutschen Wehrfähigkeit im Rahmen der NATO. Genau 580 km sind es vom deutschen Grenzort Görlitz bis Dobromyl in der Ukraine. 580 km von der deutschen Grenze bis in ein Kriegsgebiet. Was vor einem Jahr noch völlig undenkbar erschien, der Einsatz deutscher Panzer und deutscher Soldaten zur Verteidigung des Bündnisses, ist heute ein ganz realistisches Szenario. Im konkreten Fall würde es bedeuten, Menschen unter Waffen in den Einsatz zu schicken, wohlwissend, dass vermutlich nicht alle wieder nach Hause kommen. Jeder Soldat weiß, dass Krieg gefährlich ist.
Die Aufgabe des Verteidigungsministers ist es eben nicht eine x-beliebige Rolle auszufüllen, sondern, mit der notwendigen Autorität und Fachexpertise ausgestattet, die Truppe technisch qualifiziert in Kampfbereitschaft zu versetzen und menschlich mit Respekt zu führen. Der gelernten Juristin Lambrecht gelang nichts davon. Mehr noch sorgte die Frau Ministerin mit ihren Auftritten regelmäßig für Spott und Häme und unterminierte so jegliche Autorität und Glaubwürdigkeit.
Auf Fotos entstand regelmäßig der Eindruck, Lambrecht verstehe die Bundeswehr als großen Spielplatz, auf dem sie gerade das Kind mit dem Ball sei. Dass Lambrecht selbst dabei vollkommen merkfrei im luftleeren Raum agierte, belegte zuletzt das Video ihrer Neujahresansprache. Übertönt von Windgeräuschen und Böllern erzeugte die Neujahresansprache den Eindruck, die Verteidigungsministerin habe sich zu einer spontanen Aufzeichnung mit einem sehr günstigen Smartphone entschieden. Vielmehr aber noch kam ihr offenbar selbst nicht in den Sinn, sich das Machwerk vor der Veröffentlichung einmal anzuschauen – und seitens ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schien der Amtsrespekt soweit verflogen, dass man sie ins offene Messer laufen ließ. Es war der sinnbildlich letzte Akt eines Scheiterns, das stellvertretend für zahlreiche ministeriale Peinlichkeiten in den letzten Jahren steht. Am Ende hatte Olaf Scholz keine andere Wahl mehr, als die Ministerin von einem Rücktritt zu überzeugen. Die undankbare Aufgabe übernahm Lars Klingbeil, der Lambrecht heute Morgen noch „große Rückendeckung“ zusicherte, was im Polit-Sprech für vollkommenen Vertrauensverlust steht.
Es liegt an Olaf Scholz, den Posten nun mit jemandem zu besetzen, der das verlorene Vertrauen der Truppe und der NATO-Partner wiederherstellen, die Wehrfähigkeit Deutschlands zur glaubhaften Abschreckung ausbauen und dabei zeitgleich nachweisen kann, dass politische, mediale und fachliche Kompetenz einander nicht ausschließen.