Sie alle kennen das Prinzip des Staubsaugers. Es geht darum im Raum verstreute Partikel in ein einziges Gehäuse zu bringen und sie dort nicht wieder herauszulassen. Setzen sie nun den Schmutz für Kaufkraft bzw. ihr Portmonee dann haben sie das Prinzip des überdachten Einkaufszentrums. Natürlich kommen sie als Person da auch wieder heraus, aber ihr Geld bleibt drin. Nicht unbedingt alles aber doch so viel davon wie möglich. Und sie gehen natürlich freiwillig da rein. Denken sie.
Stimmt auch irgendwie. Wenn sie wissen was sie kaufen wollen und denken, dass sie das da drin kriegen können, klar. Wenn sie nur mal schauen wollen, was es so gibt, dann sieht die Sache aber etwas anders aus. Dann sind sie sozusagen in der Kaufschwebe. Und genau da setzen die Experten des Staubsaugereffektes an. Psychologen habe nämlich herausgefunden, dass Menschen dann am meisten zu kaufen bereit sind, wenn sie nicht genau wissen was, ja, ob sie überhaupt was kaufen wollen. Vorausgesetzt man geht mit diesem Schwebezustand richtig um bzw. man bringt die potentiellen Konsumenten da rein und hält sie darin.
Stadtsoziologen nennen das auch gerne den Zustand bzw. die Bewegung des Flanierens. Wobei sie damit aus ihrer Sicht natürlich nicht unmittelbar das konsumieren verbinden. Für sie ist diese Tätigkeit vielmehr der wahrnehmende Genuss der Stadt als solcher. Die Vielfalt der Menschen, der Gebäude, der Straßen, der unterschiedlichen Begegnungen und Situationen die sie bietet. Urbanität eben. Etwas wonach sich viele Menschen offensichtlich sehnen. Nicht unbedingt jeden Tag, aber doch immer wieder. Der traditionelle Sog in die Innenstadt ist nichts anderes als die Lust an eben dieser Erlebnisdichte, zusammengesetzt aus Vielfalt und Überraschung.
Diese kann allerdings auch negative Elemente enthalten die in den letzten Jahrzehnten fast überall auf der Welt zugenommen haben. Kriminalität, Armut, Zerstörung, öffentlich und lautstark ausgetragene Konflikte, Vernachlässigung und Vandalismus um nur die wesentlichen zu nennen. Sie können für den kritischen und an der Welt wirklich interessierten Beobachter durchaus interessant, ja spannend sein, dem Konsum sind sie auf jeden Fall abträglich. Sie (zer)stören den Zustand neugieriger und zugleich unbewusster Kaufbereitschaft, den sogenannten Flow des konsumbereiten Flaneurs.
Shopping-Malls machen im verkaufspsychologischen Kern nichts anderes als diesen Wahrnehmungsfluss wieder herzustellen bzw. seine Behinderung erst gar nicht aufkommen zu lassen. Sie schaffen, sofern sie in der Innenstadt angesiedelt sind, eine Art urbanen Schonraum der zugleich ausschließlich dem Konsum dient, ohne dass den Menschen dort das Gefühl gegeben wird, sie ständen unter irgendeinem Kaufzwang. Im Gegenteil, es werden Aufenthaltsqualitäten geschaffen, deren Nutzung nicht bezahlt werden muss und die den Eindruck eines öffentlichen Lebens erwecken, obwohl sie komplett unter privater Kontrolle stehen.
Stadt wir sozusagen konflikt- und störungsfrei simuliert, wird nur noch Anmutung, aber nicht mehr Zumutung. Eine Art Lenor-Fassung von Urbanität die sich deswegen auch von der realen Urbanität, d.h. von ihrem räumlichen Umfeld deutlich sichtbar abgrenzen muss. Die wahrnehmungsmäßig einen Innenraum produzieren muss, um den Menschen das Gefühl zu geben, vor eben diesem als mehr oder weniger gefährlich empfundenen Außenraum in Sicherheit gebracht worden zu sein. Zumindest auf Zeit. Für die Investoren soll diese Zeit natürlich möglichst lang sein. Auf jeden Fall lang genug, bis aus der latenten Kaufschwebe der manifeste Akt des Konsumierens geworden ist.
Innendrin herrscht entsprechend das Verführungskalkül vor. Das gilt natürlich in jedem gut gemachten Einzelhandelsgeschäft oder Kaufhaus. Hier jedoch wird im Innen zugleich ein Außen produziert. Das Gefühl immer noch auf der Straße oder auf einem Platz zu sein, d.h. noch entscheiden zu können, ob man in ein Geschäft wirklich rein geht. Ein grandioser Wahrnehmungstrick um den Schwebezustand der Kaufbereitschaft ohne das lästige Kaufzwanggefühl störungsfrei auf Dauer zu stellen.
Dass man in dieser Schwebe dann auch schon konsumieren kann, gehört zum simulierten Stadtgefühl dazu. Ein Eis oder einen Snack auf der Hand, und das bei jedem Wetter, verbunden mit dem Eindruck trotzdem irgendwie draußen zu sein, lässt genau diesen relaxten Zustand aufkommen in dem man die Aufmerksamkeit wirklich auf jedes Schaufenster richten kann, und die liegen in einer Mall eins neben dem anderen. Nach dem Prinzip: Die Vielfalt innerhalb der Ketten ist auch eine. Deren Flächen sind zwar komplett durch genormt, dürfen aber nach Vorne ihr Markengesicht zeigen um so etwas wie eine abwechslungsreiche Fassade zu simulieren.
Das Angebot dahinter ist konsequent am Mainstream orientiert, kein Produkt der höchsten (Prada und Konsorten) und er untersten (KiK und Konsorten) Klassifizierung, um die insgesamt größtmögliche Käufergruppe, die natürlich genau dazwischen liegt, anzulocken und damit den entsprechend hohen Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche zu sichern. Kein schräger Laden weit und breit. Nichts was sich nicht schon am Massenmarkt etabliert hat. Dazu an den Ankerpunkten, wie in der richtigen Stadt, ein, zwei klassische Kaufhäuser als Haupt-Attraktoren. Da drüber ein einheitliches Centermanagement, da drunter oder daneben umsonst Parken und für alles ein einheitliches megaprofessionelles Marketing. Und fertig ist die fast risikofreie Gelddruckmaschine.
Um das funktionieren dieser Maschine, und nur darum, geht es den Investoren, weil sie nun mal Investoren sind. Deswegen sind Shopping-Malls, egal ob auf der grünen Wiese oder innerhalb der Städte, weltweit eines der sichersten und profitabelsten Geldanlagen. Das ist a)grundsätzlich nicht verwerflich und b) sind unsere Innenstädte in den letzten Jahrzehnten wirklich von den Bewohnern wie den Politikern vernachlässigt worden. Bei Ersteren dadurch, dass sie anscheinend jede Achtung vor dem gemeinsamen und von allen finanzierten öffentlichen Raum verloren haben. Bei Zweiteren dadurch, dass sie gemeint haben, es reicht, ganze Innenstädte mit Tiefgaragen zu unterkellern um immer noch mehr Autofahrer statt realer Bewohner in die Zentren zu locken.
Shopping-Malls sind im psychologischen Kern nicht mehr und nicht weniger als ein Produkt unserer aller Angst vor dem Fremden, dem unvorhersehbaren Konflikt, dem Chaos des Unkontrollierbaren, der Gefahr und negativer Beeinträchtigung als solchen, die sehr wohl auch die innerstädtischen Naturkräfte wie Regen, Kälte und Schnee mit einschließen. Mit einem Satz: sie geben vor, uns vor den negativen Seiten des urbanen Lebens zu schützen, die sich gerade in einer dicht besiedelten Innenstadt, erst recht in ihrem heutigen Zustand, konzentrieren können.
Darin liegt ihr äußerer fast unbewusst wirkender Staubsaugereffekt, der verbunden mit dem was in ihnen geboten wird, zum perfekten Geldsauger wird. Die Menschen fliehen sozusagen in die Mall hinein. Mitnichten fühlen sie sich von außen in sie hinein geschoben. Und ihre Verteidiger weisen zu Recht auf diese Freiwilligkeit ja diese positive Anziehungskraft hin. Andererseits können Malls genau deswegen nicht wirklich in den Stadtraum integriert sein, egal was ihre Marketingexperten und städtebaulichen Chefideologen erzählen.
Natürlich muss wegen eben dieser Anziehungskraft dieser Konsum-Staubsauger genügend Öffnungen haben. Aber eben nicht zu viele, denn sonst kann aus dem Staub- kein Geldsauger werden. Am liebsten wäre den Investoren deswegen ein oder zwei oder auch drei weit sichtbarer Eingänge, dafür aber nur ein einziger Ausgang. Da wo beim richtigen Staubsager nur noch die gereinigte Luft, sprich Leute mit leeren Geldbörsen rauskommen. Das allerdings würde das Freiwilligkeitsgefühl auf dem das Mall basiert, komplett untergraben. Obendrein reichen 2-3 Öffnungen bei der angestrebten Menge der Besucher auch praktisch oft nicht aus.
Durchgesetzt hat sich deswegen in der Innenstruktur bei den größeren Malls in der Regel der altbekannte Kreuzgang. Oft zweistöckig um die Umsatzfläche zu verdoppeln ohne das Prinzip des Staubsaugers zu beeinträchtigen. Egal wo man hier rein kommt, man hat mindestens einmal längs oder aber einen ganzen Kreuzwinkel abzulaufen ehe man wieder in den umliegenden Stadtraum entlassen wird. Hinzu kommt am Kreuzungspunkt, dass man hier, wenn man weiter nur geradeaus oder nur in ein Richtung abbiegt, das Gefühl bekommt, man hätte vielleicht etwas verpasst.
Zur Verstärkung dieses Effektes werden die oben erwähnten klassischen Kaufhäuser genau an den jeweiligen Enden der Geraden als besondere Anziehungspunkt postiert. Das nennt man einen sogenannten Einkaufsknochen. Zwei Knochen kreuzweise das Einkaufskreuz. Was den Staubsaugereffekt betrifft, gehen dann fast alle Besucher den ganzen Kreuzweg der, bei entsprechender Größe der Mall, ohne weiteres auch aus einem Doppelkreuz bestehen kann, ab, bevor sie den Gesamtkomplex verlassen.
Bei dem so optimierten Innenraum haben Architekten außerhalb der Dekoration und der Kreuzungsgestaltung kaum einschneidende Gestaltungsmöglichkeiten. Es sein denn, die städtebauliche Rahmensituation verlangt nach Krümmungen in der Geraden oder der Investor verlangt zusätzlichen und außergewöhnlichen Platzsituationen wie z.B. die Coca-Cola-Oase im CentrO. Ob dabei dann gute Architektur rauskommt, steht hier nicht zur Debatte bzw. auf einem anderen Blatt. Systemkonform ist sie aber auf jeden Fall.
Nach außen hatte die Architektur einer Mall, zumindest innerhalb der Stadt, auf Grund der zunehmenden Kritik, in den letzten Jahren die Aufgabe, Integration zu simulieren. Sie soll also einerseits sichtbar machen, dass der Gesamtkomplex zur Stadt gehört, andererseits aber dafür sorgen, dass alle Passanten in die angestrebte Sogwirkung geraten, sprich den schon vorhandenen Stadtraum verlassen um sich möglich lange im Inneren des Staubsaugers aufzuhalten. Die innerstädtische Mall hat im Ergebnis dadurch zwar mehr Eingänge bekommen, ihre Fassade aber blieb nach außen hin weiterhin verschlossen. Genau wie ihre Vorgänger auf der grünen Wiese, die sich häufig als Containerarchitekturen nicht mal die Mühe einer auch nur simulierten Fassade machten. Wer einmal drin ist, soll danach nichts mehr von der Umwelt mitbekommen außer dem Himmel. Und den natürlich durch Glas.
Da taucht dann das alte städtebauliche Prinzip der Passage auf. Die Tradition der europäischen Urbanität lässt grüßen. Häufig auch in dem Land wo diese Art des Einkaufszentrums erfunden wurde, den USA. Nur dass der amerikanische Einfluss dazu geführt hat, dass es sich nur noch um die Simulation einer Passage handelt. Um ihre Privatisierung und damit um ihre Abwendung von der öffentlichen Stadt. Und natürlich um ihre Optimierung an den Umsatzzielen der Investoren die wiederum ihre Mieteinnahmen und damit ihr Gewinne maximieren.
Nachdem dem der bekannteste Bürgermeister Deutschlands, Klaus Wowereit, bei einer Stadtrundfahrt durch sein Berlin schockiert vor der monströs dekorierten, in altrosa gefärbten und zugleich fast völlig geschlossenen Betonfassade des ALEXA (Einkaufszentrums) nahe dem Alexanderplatz stand (und so tat, als hätte er dessen Gestaltungspläne nie zu Gesicht bekommen), müssen nun die Mall-Architekten neben der Integration auch noch Transparenz simulieren.
Am Limbecker Platz in Essen hatte man das noch nicht nötig. Mit Marilyn Monroes fallendem und schwingenden (Fassaden)Kleid hat man dort vielmehr geschickt, und mit dem bei solchen Gebäuden mittlerweile üblichen ästhetischen Überhöhungsgequatsche, den Blick zurück in die bzw. von innen auf die umgebende Stadt verhindert. Wie das Problem bzw. die Aufgabe der Transparenz allerdings bei dem neusten Projekt der ECE in Bochum gelöst werden soll ist mir bislang schleierhaft. Mit dem Mund wird es von Seiten des Investors ECE schon versucht. Bin gespannt wie das dann real in Stein, Glas und Stahl aussehen wird. Eine anspruchsvolle architektonische Aufgabe ist es aber auf jeden Fall.
Nochmal zum Schluss. Ich habe nichts gegen Investoren und nichts gegen Gewinne und nichts gegen hohe Einzelhandelsumsätze. Im Gegenteil. Eine Stadt, und vor allem eine Innenstadt lebt (auch) davon. Sie ist allerdings viel mehr als das. Sie ist der zentrale Aufenthalts- und Ausstellungsort und damit das identitätsstiftende Herzstück einer Gemeinde aus freien Bürgern und damit ein öffentliches Gut allererster Priorität. Es wird höchste Zeit, dass das alle Bürger und ihre politischen Vertreter und auch die Investoren wieder begreifen!
@ Arnold Voß
Sehr guter Artikel !
Sehr gut getroffen finde ich das, Zitat:
„Shopping-Malls sind im psychologischen Kern nicht mehr und nicht weniger als ein Produkt unserer aller Angst vor dem FREMDEN, dem unvorhersehbaren Konflikt, dem Chaos des Unkontrollierbaren, der Gefahr und negativer Beeinträchtigung als solchen, die sehr wohl auch die innerstädtischen Naturkräfte wie Regen, Kälte und Schnee mit einschließen. Mit einem Satz: sie geben vor, uns vor den negativen Seiten des urbanen Lebens zu schützen, die sich gerade in einer dicht besiedelten Innenstadt, erst recht in ihrem heutigen Zustand, konzentrieren können.“
Daraus ergibt sich für mich die „Unmöglichkeit“ von Shopping-Malls:
„Flanieren“ bedeutet für mich zu allererst, das „Fremde“, Neue, Unbekannte, zu entdecken. Und das gibt es in Shopping-Malls nicht.
Den Genuss, das FREMDE zu entdecken, schildert in unnachahmlicher Weise Irmgard Keun in ihrem Buch „Das kunstseidene Mädchen“:
…………………………………………………..
»Und es wohnt doch im Haus von uns unten Herr Brenner, der kann nichts mehr sehen und keine Geschäfte und karierten Lichter und moderne Reklame und nichts. Denn er hat die Augen verloren im Krieg.
(…)
Ich sammle Sehen für ihn. Ich gucke mir alle Straßen an und Lokale und Leute und Laternen. Und dann merke ich mir mein Sehen und bringe es ihm mit.
(…)
Fragt er mich: „Liebe Volksliederstimme, wo warst du heute?“
„Ich war – auf dem Kurfürstendamm.“
„Was hast du gesehen?“
Und da muß ich doch viele Farben gesehen haben:
„Ich habe gesehen – Männer an Ecken, die verkaufen ein Parfüm, und keinen Mantel und kesses Gesicht und graue Mütze, – und Plakate mit nackten rosa Mädchen – keiner guckt hin – ein Lokal mit so viel Metall und wie eine Operation, da gibt es auch Austern – und berühmte Photographen mit Bildern in Kästen von enormen Leuten ohne Schönheit. Manchmal auch mit.“
Es kriecht eine Kakerlake – ist es immer dieselbe? – und ein Mief in der Stube – werden wir eine Zigarette –
„Was hast du gesehen?“
„Ich habe gesehen – ein Mann mit einem Plakat um den Hals: »Ich nehme jede Arbeit« und »jede« dreimal rot unterstrichen – und ein böser Mund, der zog nach unten mehr und mehr – es gab eine Frau ihm zehn Pfennig, die waren gelb, und er rollte sie auf das Pflaster, das Schein hat durch Reklame von Kinos und Lokalen. Und das Plakat war weiß mit schwarz drauf. Und viele Zeitungen und sehr bunt und das Tempo rosa-lila und Nachtausgabe mit rotem Strich und ein gelber Querschnitt – und sehe das Kempinsky mit edlem Holz und Taxis davor mit weißen Karos und Chauffeure mit eingekicktem Kopf, weil sie ja immer warten. Und von innen Spiegel und was von Klub. Und Menschen eilen. Und Vorgärten von Kaffees, die sind ein Winter und drinnen Musik. Und auch mal Bars und ein großes Licht hoch über der Erde von Kupferberg Sekt – und einer mit Streichhölzern und auf der Erde mit schwarzen Beinen – quer übers Pflaster und Schachteln von Streichhölzern, die sind blau mit weiß und kleiner roter Rand –“
„Was siehst du noch, was siehst du noch?“
„Ich sehe – gequirlte Lichter, das sind Birnen dicht nebeneinander – Frauen haben kleine Schleier und Haar absichtlich ins Gesicht geweht. Das ist die moderne Frisur – nämlich: Windstoß – und haben Mundwinkel wie Schauspielerinnen vor großen Rollen und schwarze Pelze und drunter Gewalle – und Schimmer in den Augen – und sind ein schwarzes Theater oder ein blondes Kino. Kinos sind ja doch hauptsächlich blond – ich rase da mit und in meinem Feh, der ist grau und weich – und ganz rasende Füße, meine Haut wird rosa, die Luft ist kalt und heiße Lichter – ich sehe, ich sehe – meine Augen erwarten ein Ungeheures – ich habe Hunger auf was Herrliches und auch auf mein Rumpsteak so braun mit weißem Meerrettich und so Stäbchenkartoffeln, das sind in die Länge gezogene Bratkartoffeln – und manchmal liebe ich ein Essen so, dass ich es in die Hand nehmen möchte und reinbeißen und nicht immer essen mit Messer und Gabel –“
„Was siehst du noch, was siehst du noch?“
(…)«
Der Artikel ist klasse!
Aber doch noch eine Anmerkung: Meine empfindlichen Ohren meinen, dass sie Ohrstöpsel brauchen, wenn ich so einen Schonraum (weitab von Vandalismus, Demos usw.) betrete. Im Café eines Essener Einkaufzentrums (alles geöffnet zur Ladenpassage hin) mussten wir uns am Tisch fast anschreien. Auf der Rückfahrt mit dem PKW verzichteten wir auf Musik. Endlich, (bis auf das Motorengeräusch …) Stille! …
Toller Essay! Hier noch ein paar aktuelle Zahlen zum Thema, warum Shopping-Malls so erfolgreich sind? Nach einer aktuellen Studie des – privaten – Instituts für Gewerbezentren, Starnberg, wurden in Deutschland – regionale Daten für das Ruhrgebiet kenne ich leider nicht. – 644 Shopping-Center ab einer Geschäftsfläche von 8.000 m² ermittelt: „Die gesamte Fläche dieser Center beläuft sich auf rund 16 Mio. m². Berücksichtigt sind hierbei die Flächen für Einzelhandel, Dienstleistung, Gastronomie und Freizeit/Entertainment. Differenziert nach Bundesländern hält Nordrhein-Westfalen mit 110 Centern und einer Gesamtfläche von rund 2,75 Mio. m² den Spitzenplatz. Das Bundesland Bayern steht an zweiter Stelle, gefolgt von Sachsen und Berlin.“
Nach dieser Untersuchung werden im Zeitraum 2011 bis 2015 bundesweit mindestens 80 weitere Shopping Center geplant! Und der Trend ist klar: mehr Aufenthaltsqualität, mehr in die Innenstadt. Bereits heute liegen über 40% dieser Konsumtempel in der Innenstadt – und lediglich 6, 7% auf der „grünen Wiese“ beziehungsweise auf dem platten Land. Der Rest verteilt sich auf Innenstadtrandlagen (6,2%), Stadtteile (28,1%) und den Stadtrand (18,6%).
Das Umsatzvolumen der Shopping Center liegt bundesweit bei rund 3,2 Milliarden Euro – mehr wird nirgendwo im Handel umgesetzt. Nur damit man mal eine Vorstellung von der Größe dieses Marktes bekommt…
Warum so negativ. Seit der industriellen Entwicklung im Ruhrgebiet investieren ausländische Unternehmer in dieser Region erfolgreich. Sie brachten und bringen heute noch Kapital, technisches know-how und Innovation mit ins Ruhrgebiet. In der vorindustriellen Zeit waren im Ruhrgebiet kleine, unbedeutende Dörfer.
Statt Pessimismus, Stadtplaner müssen neue Ideen für die sich dauernd ändernde Strukturen entwickeln.
Dieser urbane Schonraum kommt vor allem dadurch zustande, dass innerhalb der Center Sicherheitsdienste dafür sorgen, dass nicht gebettelt oder geschnorrt wird.
Pech allerdings, dass sich im Gegenzug diese „Klientel“ vor den Eingängen der Center konzentriert.
@ Mir
Ja, nur dagegen sein reicht nicht. Wenn sie wissen wollen, was man anders machen könnte, lesen sie das, was ich dazu mit drei anderen Fachleuten geschrieben hat. Das Buch kriegen sie bei Amazon: Das CESA-Konzept – Centrenentwicklung durch Standortallianzen.
Investitionen sind nicht schon deswegen gut, weil sie Gewinn bringen. Das hat nichts mit Pessimismus zu tun sondern mit der Frage nach dem Nutzen. Die Nutzenfrage wiederum hängt in diesem Fall mit dem zusammen, was Stadt ist bzw. sein soll, und das ist nicht nur eine private Entscheidung und kann es auch nicht sein.
Im Ruhrgebiet hat man sich angewöhnt, schon dankbar zu sein, wenn hier überhaupt Jemand investieren will. Das muss nicht so sein. Fahren sie z.B. mal nach Maastricht und kucken sich dort die Innenstadt an. Diese Stadt setzt Maßstäbe auch für neue innerstädtische Investitionen. Einschließlich eines Einkaufszentrums.
a) ist das keine Masche
b) ist das nur ein Resultat über 40 Jahre Marktforschung in den USA
c) 😉
Links anne Ruhr (14.04.2011) / Tipps anne Spree (re:publica XI)…
Noch wochenlanges warten, bis Straßenstrich-Schließung rechtens ist (DerWesten) – Bezirksregierung bewilligt eine Erhöhung des Kreditrahmens für das Musikzentrum (Ruhr Nachrichten) – Jetzt geht es doch – und die …
@ Erika
Genau so ist es. Shopping Malls sind ein ausgeklügeltes System. Es ging mir darum die Logik dieses Systems aufzuzeigen. Und es hat ein lange Geschichte, aber das wäre an dieser Stelle dann doch zuviel gewesen.
Danke für den Literaturhinweis.
In Maastricht war ich schon zwei Mal – leider nur an Sonntagen – zum flanieren in der City.
So wie die Pferdemärkte im Ruhrgebiet verschwunden sind, wird es wohl auch die Innenstädte ergehen. Da sie zu viel, zu klein, nicht konkurrenzfähig und unattraktiv sind, trotz Stadtmarketing.
Die Werbepsychologie über Shopping-Center-Projekten ist interessant, aber im Prinzip nichts neues. Tatsache ist, das Ruhrgebiet muß offen bleiben für anderes. Das Nutzen von Kapital, Technologie bringt auch neue Kultureinflüsse mit, was schon immer hier im Revier passiert ist.
Die erwähnte Stadt Maastricht ist in der Tat eine Vorzeigestadt. Wir (Fam. u. ich) sind immer wieder gern dort. Wegen der schönen Atmosphäre (entspannt – niederländisch, europäisch, weltoffen – ok plakativ, aber so empfinde ich es), wegen der vielen Geschäfte (allerd. waren wir bisher nur kurz im E.-Zentrum – wir haben unsere Stammgeschäfte in den Gassen, trinken Cappucino, ein Bierchen an der Maas – und wir essen natürlich vlaai, wer vlaai nicht kennt, muss mal hinfahren und kosten …). In Maasstricht hat die Stadt gewissermaßen Charakter, ein Gesicht, ist individuell. Alt u. neu gehört zusammen – und das, wie wir finden, sehr harmonisch. Alte Kirchen sind z. Teil noch kirchl. genutzt, zum Teil umgestaltet, z.B. zu einer Buchhandlung. Und die Umgestaltung erfolgte auf interessante Weise.
Ich fand dies im net über Maastricht:
https://www.vsu-euro.de/informationen/artikel_maastricht.htm
@ 10 Arnold Voss,
ja mir gefiel ihr Beitrag sogar außerordentlich, es hat mir Spass gemacht ihn vollständig zu lesen. In diesem Sinn, mehr von Ihnen. 🙂
[…] offene Bauweise oder nicht – Einkaufszentren beleben keine Innenstädte, sie saugen deren Publikum auf und erweisen sich als Citykiller. Das ist in Leverkusen und Essen so, wird in Dortmund ab […]