Der STEAG-Deal

Utz Kowalewski Foto: Privat
Utz Kowalewski Foto: Privat

Die Linke war in den Stadträten eine der Parteien, die sich dafür eingesetzt haben, dass die STEAG in öffentlicher Hand bleibt und nicht an private Konzerne oder Finanzinvestoren veräußert wird. Einziger öffentlicher Bieter war ein Konsortium aus 7 kommunalen Unternehmen, darunter mit einer Beteiligung von je 18% die Dortmunder Stadtwerke und die Dortmunder Energie und Wasser (DEW21). In Dortmund haben SPD, CDU und Die Linke den Erwerb der ersten 51% und auch die Regelungen zum Erwerb der zweiten 49% beschlossen, gegen die Stimmen der Grünen und der FDP/Bürgerliste. Damit sind die Arbeitsplätze bei STEAG in der Region Ruhr und im Saarland langfristig gesichert worden, zumal Die Linke in den Begleitanträgen durchgesetzt hat, dass betriebsbedingte Kündigungen bei STEAG auszuschließen sind und diese Position auch von der IG BCE vertreten wird. Von unserem Gastautor Utz Kowalewski, dem Fraktionsvorsitzenden der Linken im Dortmunder Rat.

Demokratische Kontrolle und Transparenz

Bereits bei der Bearbeitung eines Gutachtens im Auftrags der Linken zeigte sich, dass es mit der Transparenz bei der STEAG und bei den jeweiligen kommunalen Beteiligungsunternehmen nicht weit her ist. Sagten anfänglich die Arbeitnehmervertreter ihre Mitarbeit zu, so kam es letztlich dazu nicht. Man fürchtete offensichtlich eine öffentliche Diskussion.

Demokratische Defizite traten auch im Rahmen der Entwicklung eines sogenannten Strategiepapieres hervor. Ein recht hochgestochener Begriff für ein nicht rechtsverbindliches Papier, in dem ausnahmslos bereits im Kaufvertrag für die STEAG festgehaltene Positionen erneut niedergeschrieben wurden. Das Papier sorgte in den Medien für viel Aufregung, da es in den Zeitraum der Ablösung des bisherigen Aufsichtsvorsitzenden Janning (CDU) aus Duisburg durch seinen Dortmunder Kollegen Pehlke (SPD) fiel. Deutlich wurde dabei, dass sowohl STEAG als auch die IG BCE fürchten, dass die beteiligten Kommunen künftig die Kontrolle über das erworbene Beteiligungsunternehmen ausüben könnten – eine absurde Position vor dem Hintergrund der Besitzverhältnisse. So war von der IG BCE nicht verhinderbar, dass weiterhin die kommunalen Stadtwerke den Aufsichtssrat der STEAG führen. Diskussionen über Uneinigkeiten zwischen den Stadtwerken selbst erscheinen vor diesem Hintergrund wie ein Ablenkungsmanöver.

Doch auch die Debatte um die Einrichtung eines von den Räten beschlossenen STEAG-Beirates zeigt die Probleme der demokratischen Kontrolle auf. Hatten die Räte noch einen Fachbeirat unter Einbeziehung von Verbraucherinitiativen beschlossen, so zieht sich STEAG auf die Position zurück, einfach einen bereits bestehenden Beirat der Großkunden (RWE, Eon, etc.) um die gleiche Anzahl an Landtagsabgeordneten aufzustocken. Damit wird der Beirat als gesellschaftliches Diskussionmoment bereits vor seiner Konstituierung auf Linie gebracht und potentiell kritische Diskussionen abgewürgt. Vor allem aber wird den Kommunalpolitikern, deren Aufgabe es ist, die Handlungen der kommunalen Stadtwerke in den jeweiligen Aufsichtsräten, aber auch in den Beteiligungsausschüssen der Räte zu kontrollieren, die Informationsgewinnung bewußt erschwert.

Umweltpolitische Aspekte

Als Kohleverstromer steht STEAG natürlich vor dem Hintergrund des Klimawandels in der öffentlichen Diskussion. Aber auch der Bereich des Kohlehandels und das Verhalten der großen Minengesellschaften im Hauptabbaugebiet Kolumbien gegenüber der Bevölkerung und der dortigen Regenwaldgebiete ist zu Recht in der Kritik. Dennoch bietet die Tatsache, dass STEAG ein mehrheitlich öffentliches Unternehmen ist, die Möglichkeit politisch Einfluss zu nehmen – dies jedenfalls mehr als es bei privaten Konzernen der Fall wäre. So sind über die Begleitanträge der Linken in den Räten eine Verpflichtung der STEAG auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen einher gegangen. Auch der Verkauf der STEAG-Anteile am atomaren Zwischenlager Ahaus ist auf kommunalen Druck aus Dortmund und Bochum zustande gekommen. Dennoch ist eine komplette Beendigung der „Nuklear Services“ der STEAG nicht wünschenswert, denn die Ingenieurfähigkeiten in diesem Bereich sind für den Atomausstieg in Deutschland unverzichtbar. Umso wichtiger auch für die Glaubwürdigkeit der STEAG ist es, dass sich der Konzern nicht an der Bewirtschaftung und den Aufbau atomtechnischer Anlagen im In- und Ausland beteiligt und in diesem Bereich eine saubere Weste hat.

Große Potentiale bietet STEAG im Bereich der Fernwärme. Zusammen mit Gas- und Dampfkraftwerken (GUD) läßt sich hier insbesondere im Ruhrgebiet ein Wirkungsgrad erreichen, der selbst über moderste Kraftwerkstechnolgie anderer Konzerne nicht zu erzielen ist. Hier liegt insbesondere regionalwirtschaftlich für das Ruhrgebiet eine große Chance. Daher erheben Die Linke  auch die Forderung an die Landesregierung für den Standort Herne eine Finanzierungssicherheit für den Bau neuer GUD-Anlagen zu sorgen, die angesichts der gegenwärtigen Bedingungen im Bund schwer zu amortisieren wären.

Und auch im Bereich der erneuerbaren Energien wird STEAG mittelfristig eine große Rolle spielen. Im Bereich Biomasse, Grubengas und Erdwärme, aber inzwischen auch im Bereich Sonnenenergie und Windkraft gehört STEAG zu den Großen der Branche und wird in den nächsten Jahren große Summen in diese umweltfreundlichen Energieträger investieren und zwar in erheblich großerem Umfange als es die Stadtwerke in Eigenregie leisten könnten.

Wirtschaftlichkeit

Im Dezember 2012 hat die STEAG ihre neue Mittelfristplanung beschlossen. Begleitmusik dazu sind einige erfreuliche Ereignisse. Zunächst ist es STEAG gelungen das Bahnstromgeschäft zu übernehmen. Damit tritt eine Bestandsgarantie von das Kraftwerk Lünen bis 2018 ein und eine gesicherte lukrative Vermarktung für die STEAG. Auch hinsichtlich der von RWE gekündigten Lieferverträge gibt es positives: 93% sind bereits weitervermarktet worden, so dass STEAG sich sogar leisten konnte eine Offerte der RWE zurückzuweisen, die Verträge zu veränderten Konditionen wieder aufzunehmen – oder anders ausgedrückt: RWE hat sich verzockt.

Riskobehaftet ist die Situation um das Kraftwerk Walsum. Hier wurde bereits eine bilanzwirksame Rückstellung gebildet. Damit einhergehende Gerüchte, dass wegen dieser Rückstellung die Ausschüttungen an die Kommunen aus der Substanz erfolgten, sind unkorrekt. Im besagten Geschäftsjahr wurde die Rückstellung aus dem Gewinn der ersten Jahreshälfte vollzogen und die Ausschüttung aus dem Gewinn der zweiten Jahreshälfte. Inzwischen deutet sich aber auch hier eine Entspannung an. Die ersten Regresszahlungen der Evonik laufen ein, der neue Kessel beim Kraftwerk Walsum scheint auch nach Aussagen des TÜV zu funktionieren, so dass mit einer Inbetriebnahme noch in diesem Jahr zu rechnen ist. Mittelfristig hat der Tanker STEAG nach den gegenwärtigen Entwicklungen keine Schlagseite, sondern fährt in sicherem Gewässer.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
4 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
11 Jahre zuvor

Soweit ja alles Argumente *für* die neue Wasser-Richtlinie der EU, die genau diese generelle Intransparenz bei kommunalen Beteiligungen deutlich anprangert.

Inwieweit eine vage „Entspannungs-Andeutung“ aber ein „sicheres Fahrwasser“ sein soll, erschließt sich dem Steuer- und Gebührenzahler erneut nicht. Künstliche Lebenserhaltung eines kranken Konzerns, der von seiner ebenfalls stark angeschlagenen Ex-Mama verstoßen wurde, löst keine Probleme.

Utz Kowalewski
Utz Kowalewski
11 Jahre zuvor

Nee, Transparenz wird ja durch Privatisierung nicht größer sondern kleiner. Versuchen sie doch mal an die Mittelfristplanung von EHP, Remondis oder Hinduja zu kommen, die ja alle Mitbewerber um die STEAG waren, oder diese Unternehmen im Sinne des öffentlichen Interesses zu beeinflussen.

Wieso ist STEAG Ihrer Meinung ein kranker Konzern ? Kann ich so nicht erkennen.

Littmann
Littmann
11 Jahre zuvor

Unternehmen sollen ihren Job machen und nicht für Politiker als deren Bühne dienen. Anders lassen sich die Zeilen des Linken-Autors leider nicht zusammenfassen.

Auch betriebswirtschaftlich sollte der Autor nachsitzen.
Steag hat sich mit Buchhaltermethoden reicher gerechnet als es ist. Man prüfe nur mal die Einzel- und Konzernabschlüsse von Steag und der KSBG.
Und wenn man Bilanzen lesen kann (was natürlich nicht so einfach ist und insbesondere beim Steag-Konzern schon durch mehrere Wechsel der Rechnungslegungssysteme erschwert wird – ein Schelm, wer Böses hierbei denkt !!!) der wird erkennen, dass hier leider die Ausschüttungen für die Stadtwerke aus den Rücklagen (nicht Rückstellungen, dies ist etwas anderes) finanziert wurden.

Mittefristplanung von Steag: Sicher sind Planungen immer vernünftig. Und typischerweise sollte ein Unternehmen seine Planungen auch nicht an das schwarze Brett hängen, damit sie der Wettbewerb alles liest …

Wenn man aber meint, dass (auch nicht öffentliche) Planungen auch immer Realität werden und man sie deshalb schon als bare Münze nehmen kann, ist vielleicht in der sozialistischen Planwirtschaft doch besser aufgehoben. Dort hält sich die Planung vielleicht etwas mehr an den Plan als die Realität .. (dachte schon einst die DDR ).

Die von der EU-Kommission ins Gespräch gebrachte Wasserrichtlinie der EU: Na, immerhin hat das deutsche Kartellamt doch zu Tage gefördert , dass die Wasserpreise teilweise von kommunalen Unternehmen völlig überhöht sind. Wobei solche Verhaltensweisen mit Sicherheit keine Frage der Eigentümerschaft sind, sondern von Check und Balance.

trackback

[…] Der STEAG-Deal (Ruhrbarone) – Gastbeitrag von Utz Kowalewski, dem Fraktionsvorsitzenden der Linken im Dortmunder […]

Werbung