Der Tankwart wird mein bester Freund

Blau in blau: Tesla tankt Strom an neuer ARAL-Schnellladesäule (Foto: Roland W. Waniek)

Lange, lange Zeit bin ich nicht mehr bei ARAL gewesen… heute fuhr ich aber aus reiner Neugier mit meinem Tesla zu der neuen Schnell-Ladestation für Elektro-Autos in Bochum. Denn das, was ARAL kürzlich stolz verkündete, ließ mich aufhorchen: Deutschlands größte Tankstellenkette bietet neben Benzin und Diesel nun auch Mobilstrom an – quasi als dritte Säule. Die Konkurrenz vom anderen Antriebs-Ufer soll auch an den blau-weißen Zapfhahn gelockt werden. Diese stellt nämlich die Systemfrage in der mobilen Kraftstoffversorgung. Das ölige Standbein des bisherigen Geschäftsmodells von ARAL ist mittelfristig in Gefahr. ARAL – früher deutsch, heute britisch – packt jetzt auch das Elektron in den Tank.

ARAL Flagship-Store

Die Tankstelle am Castroper Hellweg in Bochum ist sowas wie der Flagship-Store des ebenfalls in Bochum ansässigen Unternehmens. Großzügig angelegt, modern, hell und mit supermarktähnlichem Shopcafé sowie sauberen Kundentoiletten ausgestattet ist dieser Hort automobilen Durstes. Strategisch gut gewählt ist sein Standort, an der Abfahrt Bochum-Gerthe der Autobahn A43, einer der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen im Ruhrgebiet. Direkt angrenzend ein Fast-Food-Restaurant US-amerikanischer Provenienz für Hühnchen-Liebhaber. Hier probiert die ARAL AG den Umschwung zur Elektromobilität aus.

 

Kilowatt satt: Tesla lädt auf (Foto: Roland W. Waniek)

 

Kilowatt satt

Auf elektromobile Menschen warten zwei in ARAL-blau-weiß getauchte Schnellladesäulen, alles neu, schön und klinisch sauber. Mit Bedienung über großem Touchscreen und bildungsneutraler Menüführung per Piktogrammen. Sie bieten eine Ladeleistung von satten 160 kW an. Üblich sind hierzulande im urbanen Bereich Ladestationen mit maximal 22 kW, nur ganz wenige bieten mehr Kilowatt. Über 100 kW gibt es fast nur entlang der Autobahnen. Allerdings gehören die allermeisten dieser Stationen der Firma Tesla und jene erlaubt nur Tesla-Modellen das Aufladen. ARAL bedient hingegen jede Automarke. Im Ruhrgebiet haben wir bisher nur fünf Standorte mit mehr als 100 kW Ladeleistung, Bochum ist jetzt der sechste. Zum Vergleich: eine Wohnung mit üblicher Haustechnik hat einen Leistungsbedarf von 14,5 kW elektrischen Stroms.

Von Null auf Hundert in sechs Minuten

Mit den neuen Ladestationen, so ARAL, bekommt ein E-Auto innerhalb von gut sechs Minuten Strom für eine Reichweite von hundert Kilometern. Und weil sie von 160 auf 320 kW aufrüstbar seien, sei sogar die Aufladung bis 80 Prozent der Batteriekapazität innerhalb von 10 bis 15 Minuten möglich. Da horcht der gedulderprobte Elektro-Fahrer aber auf. Endlich ist die Augenhöhe in Sicht mit der Verbrenner-Fraktion, wenn es um die Dauer der Boxenstopps geht.

 

Adapter first: Zuerst den Adapter holen gehen – den braucht der Tesla S (Foto: Roland W. Waniek)

 

Adapter first

Aber erst musste ich an der Kasse den sogenannten CHAdeMO-Adapter ausleihen, weil die ARAL-Ladestation nicht den älteren Schnellademodus meines Tesla S unterstützt. Dies können bislang nur die Tesla-Supercharger. Das Zwischenstück schlummerte noch jungfräulich in seiner Originalverpackung, ich war also der Erste. Für das neuere Tesla Model 3 ist es nicht mehr notwendig, ARAL-Lader und Auto können direkt miteinander. Gleiches gilt für alle E-Fahrzeuge mit dem neuen Europa-Standardanschluss CCS.

Von den versprochenen 160 kW Ladeleistung blieben dann noch rund 40 kW über – der Adapter kann halt nicht mehr –  aber immerhin deutlich mehr als die meist üblichen 11 und 22 kW an innerstädtischen Ladestationen. Die 40 Minuten Ladezeit vertrieb ich mir mit einer politisch korrekten Zero-Cola und internetsurfen. Fast-Food verweigere ich aus esskultureller Selbstachtung.

Weder voll noch leer

Wäre meine Batterie ganz leer gewesen, so hätte ich zum Vollladen rund eindreiviertel Stunde gebraucht. Mit dem neuen Tesla Model 3 ist das hier in gut einer halben Stunde machbar. Aber das ist Old-School-Benzin-Denke, da man als Elektro-Fahrer sein Auto nie leerfährt und (fast) nie volllädt. Man lädt und immer nur so viel nach, wie man bis zum Ziel oder zur nächst geplanten Zwischenstation braucht. Ganz vollladen macht man normalerweise nur über Nacht oder vor Antritt einer langen Fahrt. Für Kurz- und Mittelstrecken reicht eine Teilladung völlig aus.

 

Schnellladesäulen mit Touch-Screen (Foto: ARAL)

 

Eins plus Vier

Von der neuen Ladestation in Bochum – ARAL nennt sie liebevoll Ultraschnellladesäule – verspricht sich der Konzern Erkenntnisse über das Ladeverhalten seiner Kunden. Auch will er seine  E-Geschäftsprozesse ausprobieren. Es ist also eine reine Pilotstation. Weitere vier werden folgen, an Standorten in Baden-Württemberg, Bayern, Meckpomm und Sachsen.

Für Bochumer Elektro-Fahrer ist die neue Schnell-Station eine feine Sache – und kostenlos ist das Laden obendrein, vorerst zumindest. Gut gemacht, ARAL!

 

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Ke
Ke
5 Jahre zuvor

2 Tonnen Leergwicht , 40 Minute Ladezeit, volles Aufladen fast 2 Stunden.

Ist nichts für mich und klingt auch nicht besonders sinnvoll, so viel Autogewicht bei den Randbedingungen.

Jürgen
Jürgen
5 Jahre zuvor

Weshalb kostet der Strom nichts? Eigentlich geht es doch darum, generell den Energieverbrauch in unseren Landen zu reduzieren. Mit solch einem Modell regt man doch gerade dazu an, den Energieverbrauch zu erhöhen?

Arnold Voss
Arnold Voss
5 Jahre zuvor

Wie hoch ist der regenerative Energieanteil beim Aral-Strom? E-Mobilität macht nur Sinn, wenn der möglichst hoch ist.

Bernd
Bernd
5 Jahre zuvor

Wie süß & rührend: ein Jubelperser lobt Tankstellenkonzern und Elektroautohersteller.

ke
ke
5 Jahre zuvor

@2 R Waniek

Für die paar KM Reichweite sind mir 2 Tonnen Leergewicht zu viel Das ist eine ökologische Katastrophe, so viel Gewicht und Material zu bewegen. Mich nervt das Tanken nach aktuell 800 km Reichweite schon.

Mal sehen, wann die ersten Klagen kommen, wenn Stromstärken von 200 A beim Schnellladen genutzt werden.

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