Der Trainingsauftakt beim BVB war mir noch nie so egal!

Sebastian Kehl muss unangenehme Fragen beantworten. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Heute ist Trainingsauftakt beim BVB. Nach der extrem bitter verpatzten Meisterschaft Ende Mai, hält sich meine Vorfreude auf die Saison 2023/24 noch immer in argen Grenzen. Und das liegt nicht nur an der historischen Peinlichkeit, die ich wie alle BVB-Fans am 34. und letzten Spieltag beim Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 miterleben musste.

Schon seit Jahren gelingt es dem BVB immer weniger meine volle Fußballleidenschaft, die ich einzubringen bereit wäre, für sich zu gewinnen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Eine auf dumme Art und Weise verspielte Meisterschaft könnte ich dem Klub verzeihen, wenn das Team, das für die Borussia aufläuft, denn durch Kampf und Leidenschaft mein Herz für sich gewonnen hätte. Das war aber nicht nur in der Vorsaison längst nicht mehr vollumfänglich der Fall. Dieser Prozess der Entfremdung, der läuft bei mir schon länger.

Nun bring es natürlich nichts in Dortmund immer von der Ära unter Trainer Jürgen Klopp zu reden. Das ist mir schon klar. Doch gerade in Bezug auf diese Entfremdung, komme ich hier an dieser Stelle an den Klopp-Jahren nicht vorbei.

Denn was hat den BVB der Jahre 2008 bis 2015 ausgemacht? Es war die begeisternde Entwicklung, die dieser Verein unter Coach Klopp genommen hat. Aus einem Durchschnittsteam der ersten Liga wurde eine europäische Spitzenmannschaft. Und auch das krisenhafte letzte Klopp-Jahr, als die Schwarzgelben zum Jahresbeginn noch am Tabellenende lagen, sich dann aber noch in die Euro League und ins DFB-Pokal-Finale kämpften, war ein Bestandteil dieser Entwicklung, bei dem die Fans das Team leidenschaftlich unterstützten.

Damals formte Klopp in Dortmund ein Team, das unter ihm stetig wuchs, sich auf vielen Ebenen entwickelte. Solche  Beobachtungen macht man als BVB-Anhänger inzwischen schon seit Jahren nicht mehr. Bestenfalls stagniert das Team, in vielen Bereichen geht es auch abwärts mit dem Klub, wie der Vergleich auf europäischer Ebene zeigt, wo der BVB zuletzt Mühe hatte die K.o.-Phase in der Champions League zu erreichen. Ein Einzug in die Runde der letzten vier scheint derzeit illusorisch.

Woran liegt das? Meiner Meinung nach hat sich der BVB selbst in eine unnötig devote Position als Außenseiter gebracht, indem er sich schrittweise in die Rolle eines Ausbildungsvereins für die ‚Großen‘ manövriert hat. Wenn ich jeden Sommer die besten Spieler gehen lasse, fällt es naturgemäß schwer sich als Team sportlich weiterzuentwickeln.

Eine längerfristige Entwicklung, so wie sie unter Klopp gelang, wird so unmöglich. Zudem fällt es dadurch den Anhängern immer schwerer sich mit den Spielern wirklich zu identifizieren. Das ist auch in diesem Sommer nicht anders. Identifikationsfiguren wie Jude Bellingham und Raphaël Guerreiro ziehen zu lassen, um sie durch die bei Fans umstrittenen Charaktere wie Ramy Bensebaïni und  Felix Nmecha zu ersetzen, fördert nicht gerade die Liebe der Fans zu ihrer Mannschaft. Zudem lassen solche Entscheidungen einen als Beobachter an der Gründlichkeit der einst bei der Borussia beschworenen charakterliche ‚Überprüfung‘ bei Neuzugängen zumindest zweifeln.

Das Ergebnis ist eine Mannschaft, die zwar wirtschaftlich Gewinn erwirtschaftet, die Herzen der Fans aber immer schwerer bzw. seltener erobern kann. Eine so unglücklich verpasste Meisterschaft, wie sie der FC Bayern München dem BVB im Mai quasi auf dem Silbertablett angeboten hat, verstärkt diesen Entfremdungsprozess der Dortmunder Anhänger mit dem eigenem Team zusätzlich, weil die Spieler diese gefühlt recht leichtfertig ‚weggeworfen‘ haben.

Bei der Borussia müssen sie sich daher nicht wundern, wenn der Verein bei immer mehr Fans so die ‚echte Liebe‘ verspielt!

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