Kürzlich stolperte ich über einen interessanten, alten Zeitungsartikel, den ich ganz zufällig fand. Er stammte aus dem Jahre 1998 und schwelgte in den höchsten Tönen vom damals gerade frisch geplanten ‚neuen Dortmunder Hauptbahnhof‘, dem sogenannten ‚UFO‘.
Der futuristisch anmutende Plan, ein gigantischer neuer, in seiner äußeren Form tatsächlich an ein riesiges UFO erinnernder Prachtbau sollte, den Planungen von 1998 nach, bereits Dortmund-Besucher ab dem Jahr 2002 in seinen Bann ziehen.
Als ‚Bahnhof der Zukunft‘ bezeichnete der damalige Bahnchef Johannes Ludewig das riesige Bauwerk, welches neben seiner futuristischen Hülle aus Glas und Stahl der Region als ‚unbegrenztes Freizeitobjekt‘ dienen sollte. Die Kosten veranschlagte man seinerzeit auf stolze 850 Millionen Mark.
Auf insgesamt acht Etagen sollten dem erlebnishungrigen Besucher der Westfalenmetropole neben einem Reisezentrum auch Shopping-Malls, Gastronomie und eine spektakuläre Disco auf dem Dach der Anlage in ca. 55 Metern Höhe geboten werden.
Tatsächlich konnte ich mich, nach Entdeckung des Zeitungsausschnitts, plötzlich auch wieder an diese hochtrabenden Pläne aus den 1990er-Jahren erinnern. Ich erinnere mich auch noch daran, dass die ursprünglichen Pläne dann im Laufe der Jahre mehrfach ‚abgespeckt‘ wurden.
Und schaut man auf das heutige Erscheinungsbild des Bahnhofs, und vergleicht es mit den Plänen von vor 14 Jahren, dann wird einem noch einmal sehr bewusst welch gigantischen ‚UFO-Crash‘ Dortmund seither erleben musste.
Der derzeitige Zustand des Hauptbahnhofs unterscheidet sich optisch ja kaum vom ursprünglichen Zustand damals.
Klar, die alte Fassade wurde vor 2-3 Jahren etwas ‚aufgehübscht‘, innen sieht es aber nach wie vor trostlos und dreckig aus.
Abhilfe wird diesbezüglich derzeit zwar in Aussicht gestellt, mit den ehemals hochfliegenden Plänen des ‚UFO‘s hat die traurige Realität 2012 aber rein gar nichts mehr zu tun.
Und das, obwohl der ‚Bahnhof der Zukunft‘ eigentlich schon vor inzwischen 10 Jahren hätte fertiggestellt sein sollen.
Was für ein wahrhaft gigantischer Traum der Verantwortlichen da inzwischen geplatzt ist, das zeigt ein kurzer Blick auf Traum und Realität…
Dazu „Die Überbauung des Dortmunder Hauptbahnhofs – Raumplanerische Überlegungen zu einem Großprojekt“ der TU Dortmund
In Essen gab es auch gigantische Pläne für den Bahnhof und sein engeres Umfeld. Am Ende wars dann erheblich schlichter. Die fehlenden Investoren und das knappe Budget der Bahn haben so am Ende in Material und Form der Erneuerung für eine gewisse Ähnlichkeit sowohl des Essener, des Bochumer als auch des Dortmunder Hauptbahnhofs gesorgt, wobei Letzterer eindeutig noch Nachholbedarf im Innenbereich hat. Man kann das Ganze mit etwas Wohlwollen sogar als geschlossenes Erscheinungsbild bezeichnen.
Die „Idee“ vom Shopping-Center mit Gleisanschluss sollte schnellstens begraben werden. Die DB, die meines Wissens immer noch uns gehört, kannibalisiert damit als Immobilienhai die Innenstädte und den Einzelhandel. Dabei bereichert sie ihn fast überhaupt nicht, weil die Ladenmieten, die sie in ihren „Bahnhöfen“ verlangt, offensichtlich von inhabergeführten Geschäften mit originellem statt standardisierten Waren- und Fressangebot nicht bezahlt werden können. So einen Industriescheiss kaufe und esse ich nicht und zusätzlich ärgert mich, wenn ich vor lauter Warenangebot keine Fahrplaninformationen mehr finde. Wenn zwar alle Läden vermietet, Bahnsteiguhren aber kaputt sind. Bahnsteigkneipen wie sie lange noch in Essen und Dortmund existierten (sogar mit Zapfanlage, Heizung und Sitzmöbeln ohne Vergitterung!), sind verschwunden und Bahnsteig-„beamte“ sowieso. Beim Reisenden entsteht so nur Hass. Man stört irgendwie beim Geschäftemachen, wenn man gefahren werden will.
Dieses Unheil hat meines Wissens in Leipzig angefangen. Von dem „Erfolg“ war die DB wohl so besoffen, dass sie es bei allen Bahnhöfen, die sie nicht sowieso verfallen und zusammenbrechen lassen will, nachmachen wollte. Was daraus geworden ist, kann man in Köln, Düsseldorf und Essen besichtigen. Das Dortmunder „UFO“ hätte wohl sowas werden sollen, wie das CentrO oder der Essener Limbecker Platz. Finanzkrisen haben doch auch gute Seiten.
@Martin Böttger: Im Fall des Dortmunder Hbf war es aber die Bahn, die die hochtrabenden Mall-Träume des portugisischen Möchtegern-Investors gründlich zerpflückte, weil der eben keine Ahnung von Bahnhof und Bahnbetrieb hatte. Die DB AG hat auch jetzt nicht vor, dort ein Shopping-Paradies zu errichten. Es bleibt beim Kleinhandel und der City-Einzelhandel hat der Bahn dies auch gedankt.
Die Einzigen, die eine Shopping-Mall dort immer geil fanden, waren Sierau & Co.
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