Regierungen in der ganzen Welt beobachten sehr genau, wie sich der Westen angesichts der Bedrohung der Ukraine durch Russland verhält. Steht er zu seinen Freunden?
Es war keine gute Zahl, die das britische Wirtschaftsmagazin Economist in der vergangenen Woche veröffentlichte: Es gibt immer weniger Demokratien. 2021 lebten nur noch 45,7 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Form der Demokratie. 2020 waren es 49,4.
Norwegen, Neuseeland und Finnland bilden die Spitzengruppe der drei demokratischsten Staaten der Welt. Den letzten Platz belegt Afghanistan, in dem ein Haufen islamistischer Barbaren die westlichen Truppen im vergangenen Jahr aus dem Land jagte. Deutschland liegt auf Rang 15 zwischen Luxemburg und Südkorea. Israel, von Amnesty International unlängst als Apartheidstaat gebrandmarkt, steht übrigens auf Platz 23 und damit vor Spanien, den USA und Portugal.
Die Ukraine schafft es nur auf Platz 89. Kein gute Wertung, aber unter den ehemaligen Sowjetrepubliken, die nicht in die Europäischen Union oder die NATO aufgenommen zu werden, ist es die Spitzenposition. Und sie liegt vor dem NATO-Partner Türkei (103) und Russland (124).
Eine gefestigte Demokratie wird eine Gesellschaft nicht über Nacht. Demokratisierung ist ein langwieriger Prozess, bei dem es immer wieder zu Rückschlägen kommen kann. Vor allem, wenn ein Land wie die Ukraine dauerhaft militärisch bedroht wird und Ziel hybrider Kriegsführung ist. Aber die Ukraine hat sich auf den Weg in Richtung einer freien Gesellschaft begeben.
Die Zahlen des Economists zeigen, dass es immer weniger Staaten gibt, die das tun. Das chinesische Modell einer Entwicklungsdiktatur ist für viele Autokraten attraktiv. Und wer sich dafür entscheidet, sein Land einfach brutal wie ein Mafiaclan zu regieren, kann auf Russland zählen: Syriens Diktator Baschar al-Assad schützte Putin mit Bomben, in Kasachstan schlugen russische Truppen im Januar einen Aufstand nieder. Aber es ist klar: Russland steht zu seinen Verbündeten.
Regierungen von Staaten auf der ganzen Welt, die sich wie die Ukraine auf den Weg Richtung Freiheit gemacht haben, werden sehr genau beobachten, wie sich die westlichen Staaten im Fall der Ukraine verhalten. Dass die Garantie, die Unversehrtheit ihrer Grenzen zu schützen, welche die USA, Großbritannien und Russland damals der Ukraine gaben, als das Land 19994 freiwillig auf seine Atomwaffen verzichtete, nicht das Papier wert war, auf dem sie stand, ist seit 2014 klar als Russland sich die Krim nahm und im Donbass eine Marionettenregierung einsetzte.
Nun geht es um die staatliche Existenz, die Frage, ob es die Ukraine in wenigen Wochen noch geben wird, ob Russland sich das ganze Land einverleibt oder einen Reststaat übrig lässt. Das Signal an alle anderen Staaten wäre klar: Der Westen lässt euch hängen, er wird euch nicht helfen, wenn es darauf ankommt. Versucht es erst gar nicht mit der Demokratie. China und Russland bieten euch Alternativen. Geht ihr den chinesischen Weg, ist sogar etwas Wohlstand drin. Entscheidet ihr auch für das russische Modell, bleibt euer Volk zwar arm, aber ihr als Diktatoren könnt weiter euren Spaß haben und ruhig schlafen.
Die Idee der Demokratie ist nur attraktiv, wenn sie zu Freiheit, Entwicklung und Wohlstand führt. Und klar ist, dass die demokratische Staatengemeinschaft zusammenhält. Wenn Demokratien außerhalb von Bündnissen wie der EU und der NATO immer in Gefahr sind, Opfer von Autokraten zu werden, ist sie es nicht.
Es gibt einen Wettbewerb der Systeme. Die freien Gesellschaften hat gute Chancen, sich in ihm zu behaupten. Die meisten wohlhabenden Staaten sind Demokratien, ihre Bürger sind meist glücklicher als andere.
Aber in diesem Wettbewerb werden sich die Demokratien nur durchsetzen, wenn sie ihn gewinnen wollen und selbstbewusst für ihr Gesellschaftsmodell eintreten, es nicht als eines von vielen sehen, sondern als das, was es ist: Die bislang beste und erfolgreichste Idee, wie Menschen ihr Leben gemeinsam gestalten können. Und sie die Länder verteidigen, die dieser Idee folgen.
Final geht es darum, wer sich Menschen mit Waffen entgegenstellt.
Dafür braucht man auch wirksame Mittel, d.h. eine starke Armee bzw. im lokalen Bereich eine Polizei, die auch eingreift und nicht zu viele Sachen durchgehen lässt. Die lokalen Gang-Bosse, Warlords etc. sind auf größerer Ebene dann Staatenlenker, die gemerkt haben, dass sie mit Gewalt ihre Ziele erreichen.
In vielen Ländern hat der Westen eingegriffen, und es sind auch viele BW Soldaten gestorben.
Nur schaffen es die Bevölkerungen eben sehr oft nicht, sich danach selber zu organisieren. Hier muss auch das Volk einen Willen zeigen. Was ist bspw. in Afghanistan, Mali, ….
In Fällen, wo größere Länder kleinere bedrohen, helfen Bündnisse und die Weltgemeinschaft, die eben Grenzen zieht bzw. isoliert. Hier gibt es viel Potenzial nach oben.
Was ist bspw. der Autor bereit persönlich zu investieren, um die Ukraine zu schützen? Würde er persönlich die Ukraine bei einem Einmarsch unterstützen?
Ich war zu Zeiten der Kuwait Besetzung beim Bund. Da hat Deutschland bspw. auch den Nato Partner Türkei unterstützt und dessen Grenzen gesichert.
Friedensaktivisten haben dagegen protestiert.
Tit for Tat wurde einfach zu oft durch komplettes Entgegenkommen ersetzt. Die Ergebnisse sehen wir im kleineren Bereich wie in der Weltpolitik.
Es muß heißen: Es gibt immer weniger Menschn in Demokratien, Stefan.
Ich habe mit dem Artikel mehrere Probleme: Es ergibt sich nicht daraus, welche konkrete Schlussfolgerung der Autor aus seiner Analyse zieht, tatsächliche Feststellungen sind zumindest fragwürdig und für die Beurteilung wesentliche Gesichtspunkte sind nicht genannt worden.
Was soll der Westen denn machen? Für die Ukraine in den Krieg ziehen? In einen Atomkrieg? Soll der Ukrainekonflikt den Ausgangspunkt für den 3. Weltkrieg liefern? Soll so der Westen zur Ukraine stehen?
Wie haben denn die Taliban den Westen aus Afghanistan vertrieben? Der Westen hat Afghanistan verlassen, und in das militärische Vakuum sind die Taliban lediglich nachgestoßen. Zwar war das nicht gerade entschlossene Verhalten der afghanischen Regierungstruppen verständlich, weil sie mit Luftunterstützung durch den Westen nicht mehr rechnen konnte. Aber auch während der "Besetzung" Afghanistans haben Afghanen offen erklärt, dass sie mit der Talibanherrschaft glücklicher waren als mit dem Westen. Jetzt haben die Afghanen, was sie wollten, nämlich ein islamisches Paradies.
Das begeistert mich übrigens noch immer: In Afghanistan haben wir ein Vorher-Nachher-Beispiel für alle postkolonialen Spinner, die im Westen die Wurzel alles Übels sehen.
Was im Artikel unterschlagen wurde, sind zwei Tatsachen, die es für mich unmöglich machen, für die Ukraine eintreten zu wollen:
Erstens:
Die Ukraine ist nicht Mitglied der NATO. Deutschland ist zu einem wie auch immer gearteten Verteidigungsbeitrag für ein anderes Land nur verpflichtet, wenn es ein NATO-Land ist. Daher stellt sich zum Beispiel die Frage gar nicht erst, ob ein Verteidigungsfall gem. Art. 5 NATO-Vertrag vorliegt.
Zweitens:
Bislang hat uns Russland nicht genötigt, sehr wohl aber die Ukraine. In der Zeit ab 2008 hat die Ukraine immer wieder versucht, uns in ihren Streit um Sonderpreise und Schulden in der Gaskrise mit Russland hineinzuziehen? Gerade im Winter hieß es nicht nur, dass die Ukraine die Lieferungen an Deutschland (und den Westen) unterbinden würde, die Ukraine hat das auch mal getan. Wir haben keinen Anlass, diese Epresserbande zu unterstützen.
Zum Abschluss: Russland hat geographisch die ganze Bude offen, und das sowohl in den napoleonischen Kriegen als auch im 2. Weltkrieg zu spüren bekommen. Ich kann schon nachvollziehen, dass schon die bloße Möglichkeit für Befürchtungen sorgt, wenn der feindliche Block NATO auf die eine oder andere Weise auf 400 km an Moskau heranrückt.
MW hat der Westen und Rußland 1992 oder 93 eine Garantie für die territoriale Unversehrtheit der Ukraine abgegeben. Im Gegenzug haben die Ukrainer die Atomwaffen ebgeliefert. Die werden sich heute wohl fragen, was die Worte des Westens denn wert sind. Mit Atomwaffen ginge es denen jetzt besser.