Es wäre keine neue Erkenntnis, dass von Menschen getätigt wird, was technisch möglich ist. Gründe lassen sich immer finden, seien es auch vorgeschobene, technische Erfindungen faszinieren zunächst einmal: der Wow-Faktor wird rational viel zu häufig unterschätzt.
Zum Wow-Faktor gehören jedoch auch mögliche Resultate. Hälse glatt und fast ohne spürbaren Widerstand durchschneiden bzw. -hacken zu können, eine ganze Stadt zu pulverisieren, das sind erhebende Momente, die „Wow“ rufen lassen, „Wow, wow, das gibts ja gar nicht“ und leicht dazu führen können, es gleich noch einmal zu tun: „Wow“.
Wegweisende technische Entwicklungen haben sich inzwischen verändert, beziehen sich nicht mehr nur auf analoge Waffen, vom Schwert bis zur Atombombe, sondern auf digitale Umgebungen. Zu hacken bezieht sich u.a. auf die Öffnung von Zugängen in digitale Umgebungen, um an fremde Informationen heranzukommen, auch Menschen abhören zu können, telefonisch als auch im Internet, all dies lässt den Wow-Faktor in gleicher Weise sprießen. Es gehört zur Freiheit der Menschen, sich dieses „Wow“ zu gönnen, unabhängig von irgendwelchen Rechtslagen. Es wird von Hormonen unterstützt, von Ausschüttungen, die sozial gezogene Grenzen einfach übertünchen, als hätte jemand LSD geschluckt: „Wow“.
In früheren Jahrhunderten wurden Menschen gerne als vernunftbegabt beschrieben, besonders von Seiten der Philosophie. Dies könnte man durchaus weiterhin tun, zu beachten wäre jedoch: begabt sind Menschen zu allerhand, und ‚Vernunft‘ ist eindeutig nicht zu fassen, am verhaltensrelevanten Wow-Faktor würde dies nichts ändern.
Beschrieben wurde der Wow-Faktor kürzlich in Bezug auf Künste („Der Wow-Faktor. Eine weltweite Analyse der Qualität künstlerischer Bildung“ von Anne Bamford), es wäre jedoch naiv, den erreichbaren Wow-Effekt auf Kunstkomsumtionen zu beschränken. Ohne „Wow“, so ließe sich vermuten, läuft gar nichts, oder nur „unter ferner liefen“.
In Verhaltenszusamnenhängen ließe sich ‚Vernunft‘ vermutlich angemessen mit ‚Moral‘ oder ‚Gerechtigkeit‘ präzisieren. Doch dazu muss eine Software geschrieben und geladen werden, die nicht nur Fehler enthalten kann, sondern erst über Jahre internalisiert werden muss, um verhaltensrelevant werden zu können, während der Wow-Faktor eine einfache biologische Grundlage hat: die hormonelle Steuerung – „Wow“. Ein Claim wie „Ehe für alle“, um ein praktisches Beispiel anzuführen, setzt auf einen Wow-Effekt, obgleich es mit Sicherheit Menschen gibt, die mit einer Ehe nichts anfangen können. Und die politischen, im deutschen Bundestag begonnenen Diskussionen über Sterbehilfe, könnten die eventuell in einen Claim münden wie: „Tod für alle“? – „Wow“.
Die in den letzten Jahrzehnten erlebnisorientierter gewordenen Life-Styles begünstigen die Relevanz des Wow-Faktors, in welche konkreten Richtungen auch immer. Nicht gelernt wurde hingegen, den Wow-Faktor zu lenken! Dazu bedüfte es wahrscheinlich keiner erst zu entwickelnden, papiertrockenen und prinzipienliebenden ‚Moral‘, sondern einer speziellen Aufmerksamkeit, die den Wow-Faktor schlicht einbezieht. „Wow“.