Der zweite Weltkrieg – Der „Sitzkrieg“ und ein Plan


Hitler mit Generälen bei Lagebesprechung Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1971-070-61 Lizenz: CC-BY-SA 3.0


Sitzkrieg, Phoney War oder Drôle de guerre, den komischen Krieg, nannten die Beteiligten die Zeit zwischen Oktober 1939 und Mai 1940, für Skandinavien galt das nur bis zum 09: April. Doch es war nur der Schein einer seltsamen Periode eines europäischen Kriegs, der in der Praxis nicht stattfände.

Das Weltbild musste einzig nach Westen gerichtet sein, um dies so zu sehen. Hitlers Besatzungspolitik in Polen kostete nicht weniger Menschenleben, als die kriegerischen Handlungen zuvor. Vom ersten Tag an begann ein bis zu diesem Zeitpunkt einzigartiges Morden in Polen, das von SS-Truppen mit Hilfskräften durchgeführt wurde. Einsatzgruppen nannten sie sich, Heydrich hatte sie durch das Reichssicherheitshauptamt aufstellen lassen unter aktiver Mitwirkung seines Verwaltungschefs Werner Best. Ihre Aufgabe bestand darin, dem polnischen Volk seine Grundlage zu nehmen. Ein neues Polen war nicht vorgesehen, seine Einwohner sollten den Status von Sklaven in einem germanischen Reich bekommen.

Volksdeutsche Einwohner wurden im zynisch sogenannten Selbstschutz organisiert, sie halfen. Gezielt wurde die Oberschicht des Landes durch willkürliche Erschießungen dezimiert. Professoren, Lehrer, Intellektuelle, Pfarrer, Unternehmer, Adlige. Es war die erste große Mordaktion.

Polen war aufgeteilt worden, Ostoberschlesien und der sogenannte Warthegau wurden annektiert. Hier begann zügig eine grauenvolle Vertreibung der Bevölkerung, bei der sich besonders der Gauleiter des Warthegaus, Greiser, hervortat. Die Polen und jüdischen Einwohner sollten im neu geschaffenen Generalgouvernement konzentriert werden, das Hitlers oberster Rechtswahrer und einstiger Anwalt Hans Frank als Gouverneur von Krakau aus führte. Frank wird zum Schlächter werden. Die Juden wurden vom ersten Moment an misshandelt, diskriminiert, zur Zwangsarbeit unter entwürdigenden Bedingungen gezwungen. Ostpolen hatten, wie im Hitler Stalin Pakt vereinbart, die Sowjets übernommen, die NKWD war unverzüglich daran gegangen, mit der üblichen Methode von Terror, Erschießungen und GULAG. Die Verluste an Menschenleben stiegen schnell.

Ein einziges Mal im gesamten Krieg protestierte die Wehrmacht unter dem Generalobersten Blaskowitz, der Oberbefehlshaber Ost war. Nachdem seine Denkschriften, die sich vornehmlich mit den Auswirkungen der Morde auf die Moral der Truppe beschäftigten, andere Einwände wären von vornherein chancenlos gewesen, zunehmend Hitler wie seinen Vorgesetzten auf die Nerven gingen, wurde er abgesetzt, kaltgestellt und mit Besatzungskommandos beschäftigt. Nie wieder wird sich die Wehrmacht offiziell gegen die Vernichtungspolitik stellen.

Mit dieser Politik allerdings brachte sich Hitler um jede Chance, sich im Westen zu einigen. Die Westmächte hatten zwar den Polen versprochen, zwei Wochen nach der Mobilisierung einzugreifen, zu diesem Zeitpunkt aber waren die polnischen Fronten zerschlagen worden und die Sowjets marschierten im Rücken ein. Tatsächlich war Polen nicht mehr zu helfen. Außer einem Minimaleinmarsch ins Saarland, nachdem die Wehrmacht sich zurückgezogen hatte, erfolgte nichts. Dies war die vermutlich katastrophalste Fehlentscheidung des Krieges. Im September 1939 verfügte der deutsche Oberbefehlshaber West über gerade 100.000 Mann, selbst die frisch mobilisierte französische Armee überschritt die Millionenstärke. Die Deutschen verschossen fast ihre ganze vorhandene Munition in Polen. Sie wären ohne Möglichkeit gewesen, sich zu wehren. Überstürzt füllten sie ihre Truppen schon September durch Verlegungen auf, die Franzosen räumten ebenso kampflos die Saarzone, wie sie sie besetzt hatten.

Die nach dem ersten Weltkrieg eine Offensive gar nicht mehr kennende Mentalität der Generalität Frankreichs war froh, mit dem polnischen Zusammenbruch einen Grund zu haben, nicht mehr handeln zu müssen und sich hinter den sicheren Festungsanlagen der Maginot Linie zu verschanzen. Die Grenzsicherung gegenüber Belgien übernahm das im Vergleich zum ersten Weltkrieg kleine britische Expeditionskorps unter Lord Gort. Oberbefehlshaber war der Franzose Maurice Gamelin, eine verhängnisvolle Entscheidung. Gamelin vereinigte alle Eigenschaften, die eine Niederlage programmierten. Seine Grundeinstellung war in den Stellungschlachten des ersten Weltkrieges stehen geblieben, moderne Kriegsführungen lehnte er ab, mit eigenständigen Panzerverbänden vermochte er nichts anzufangen und eine chronische Krankheit der peinlichen Art schwächte ihn und seine Entscheidungskompetenz. Der Stillstand hinter seinen Festungswerken, der es ermöglichte, entweder auf die Deutschen zu warten, die sich dort blutige Niederlagen holen würden oder in Ruhe Jahre spätere Offensiven zu planen, wird ihm gefallen haben.

Nicht alle dachten so. Adolf Hitler drängte zum sofortigen Angriff auf Frankreich, fast wäre es am 5. November 1939 zum Bruch mit der Generalität gekommen, diese aber zogen den Schwanz ein und gehorchten trotz der festen Überzeugung, dass dies in einem Desaster enden würde. Hitler war rastlos, es trieb ihn vermutlich der Gedanke, dass er nach Polens Ende vor der Situation stand, Krieg im Westen zu führen und von Stalin als Verbündetem abhängig zu sein, wo er doch Lebensraum im Osten erobern wollte und gern mit den Briten verbündet gewesen wäre. Chamberlains von ihm unerwartete Kriegserklärung, hatte seine gesamte Kriegskonzeption am dritten Kriegstag zerstört. Er musste einen Weg finden, dies zu korrigieren, das konnte nur die Zerschlagung Frankreichs und ein Siegfrieden über die Briten sein. Dann erst konnte er sich seinem ureigenen Krieg zuwenden, dem Vernichtungskrieg im Osten, wollte er keinen Zweifrontenkrieg riskieren und auf Stalins Rohstoffe, besonders das kaukasische Öl verzichten.

Stalin wusste das und konnte gelassen Schritt für Schritt daran gehen, seine ihm von den Deutschen zugestanden Einflussgebiete auch praktisch einzunehmen. Es waren nicht nur die Gebiete Polens, das er bis zum Bug besetzt hatte, es waren auch die baltischen Staaten und die östlichen Gebiete Rumäniens, die sich Bessarabien nannten und heute unter dem Namen Moldawien einen selbstständigen Staat bilden. Er begann mit Finnland. Als die Finnen ein Ultimatum verstreichen ließen, ihm Gebiete abzutreten, griff er sie kurzerhand und unüberlegt im beginnenden Winter an und scheiterte anfangs unter katastrophalen Verlusten. Von da an würde seine Armee unterschätzt werden. Deutsche wie Westmächte glaubten, die nach den Säuberungen der Führung geschwächte Rote Armee bestünde aus unfähigen Generälen und Soldaten mit miserabler Moral. Sie hatten den finnischen Krieg sich nicht näher angesehen. In warmen, hervorragend getarnten, gut ausgebauten Verteidigungsanlagen ließen die Finnen die durch undurchdringliche Wälder bei -40° und kälter schutzlos anrennenden Sowjets verbluten. Unter diesen Bedingungen wären nicht nur die Sowjets gescheitert. Der finnische Widerstand aber fand nicht nur eine ungeheure Sympathie bei den Westmächten, sondern ließ beim hellsichtigsten der alliierten Führer eine Idee reifen. Es war der erste Lord der Marine, der unerbittliche Appeasementgegner Winston Churchill, den Chamberlain zu Kriegsbeginn in sein Kabinett berufen hatte.

Seekrieg wurde geführt. Die Deutschen versuchten zu Wasser eine Blockade der britischen Inseln zu errichten, sie waren bemüht, die erfolgreiche englische Strategie des ersten Weltkrieges umzudrehen. Sie taten es mit Kaperschiffen über Wasser, das waren sowohl ihre Panzerschiffe als auch umgebaute Frachtschiffe als Hilfskreuzer, die erfolgreich operierten, wenn sie auch im Gesamtkontext eher Nadelstiche versetzten. Sie taten es mit U-Booten und obgleich sie nur eine geringe Zahl bei Kriegsbeginn zur Verfügung hatten, zeigten diese bereits, wozu sie fähig sein könnten. Eines drang sogar in den Flottenstützpunkt von Scapa Flow, um ein Schlachtschiff zu versenken. Churchills Aufgabe war eine Herausforderung.

Wrack der Graf Spee Foto: Unbekannt Lizenz: Gemeinfrei

Eine Episode des Seekrieges dieser Zeit war der Einsatz des Panzerkreuzers Graf Spee im Südatlantik. Er wurde von einem Mann geführt, der ganz und gar hoffnungslos nicht in diese Zeit und schon gar nicht in Hitlers Kriegsmarine passte. Kapitän Hans Wilhelm Langsdorff versuchte sich an der Unmöglichkeit im blutigsten Ringen der Weltgeschichte Krieg nach Möglichkeit ohne Tote zu führen und dabei den altmodischen Traditionen der kaiserlichen Marine treu zu bleiben. Dass er dabei nicht von vornherein als Don Quichotte endete, lag an seinen Fähigkeiten, die ihn neun britische Frachtschiffe aufbringen ließen, die Beute an Bord bringen und die Besatzungen in Gefangenschaft zu überführen, bevor er sie versenkte. Er narrte Churchill, dessen Admiral Harwood ihn sehr spät ausfindig machen konnte. Langsdorffs Traditionalismus brachte ihn dazu, das Gefecht zu führen, obwohl er sich mit überlegener Geschwindigkeit hätte aus dem Staub machen können. Er beschädigte die Schiffe seiner Gegner, eines schwer, die Graf Spee erhielt Treffer, die sie zwangen, zur Reparatur in den Hafen von Montevideo einzulaufen. Hier gewann die britische Diplomatie. Sie brachte das mit Großbritannien sympathisierende neutrale Uruguay dazu, der Graf Spee ein Ultimatum zum Auslaufen zu stellen, ohne mehr als notdürftig repariert zu sein und der Geheimdienst suggerierte Langsdorff, vor Montevideo lägen wesentlich mehr Schiffe als Harwoods Gruppe auf der Lauer.

Hitler erwartete den großen Untergang, das erste Mal im Krieg kam dieses Motiv. Die Graf Spee sollte in einem heroischen Kampf untergehen. Langsdorff hingegen litt schon unter den Toten der ersten Auseinandersetzung. Sinnloses Sterben verabscheute er. Er ließ das Gros seiner Besatzung unauffällig in das gegenüberliegende Buenos Aires bringen, lief aus, in Mitten der Bucht stieg er mit dem Rest der Besatzung in die Boote und versenkte sein Schiff selber. Das Marineoberkommando tobte, seine Seeleute hatte er gerettet, sie verlebten gute Jahre in Argentinien, nicht wenige blieben für immer dort. Langsdorff aber erschoss sich, sich offen gegen die Nazis zu stellen, war ihm nicht gegeben. Seine Gefangenen wurden mit einem Transporter namens Altmark zurückgebracht, der sich in eine norwegische Bucht flüchtete, als die Briten seiner Gewahr wurden.

Churchill ließ eine gewaltige Parade zur Stützung der Moral abhalten. Während die französischen und britischen Soldaten in Frankreich sich im kalten Winter durch die Zeit froren, deutscher Lautsprecherpropaganda ausgesetzt, entwickelte Churchill einen Plan, die Deutschen an ihrer Schwachstelle zu packen, ihrer Rohstoffknappheit.

Außer Stalins Lieferungen waren es die Erze Schwedens, von denen die deutsche Kriegswirtschaft abhängig war. Was also, wenn der Westen Finnland über norwegische Häfen Waffenhilfe leistete und gleichzeitig so ihre Benutzung für den deutschen Nachschub sperrte? Als die Sowjets die Finnen nach einer neuerlichen Offensive im März zum Frieden zwangen, fiel der Vorwand weg, aber der Gedanke blieb. Die Briten schalteten um, sie verminten norwegische Gewässer, um die Deutschen zu provozieren und einen Anlass zu schaffen. Sie enterten die Altmark in norwegischen Gewässern und bereiteten die Besetzung norwegischer Häfen vor.

Admiral Raeder, der die deutsche Kriegsmarine führte, hatte schon vor dem Krieg Denkschriften ausgearbeitet, die beinhalteten, dass Deutschland im Kriegsfalle Atlantikhäfen bräuchte und da die vollständige Eroberung Frankreichs nicht vorstellbar war, empfahl er die Besetzung Norwegens. Die zunehmenden Konflikte in Norwegen machte auch Hitler nervös, Neutralitätsskrupel hatte er keine. Um der englischen Überlegenheit zur See zu entgehen, durfte es nur nicht vorher bekannt werden. Es gelang.

Die Deutschen besetzten Dänemark als Aufmarschbasis am 9. April und drangen in den Oslofjord vor. Ihre Schiffe setzen entlang ganz Norwegen Truppen an den Häfen ab. Über Land waren die Städte angesichts der Geografie schwer erreichbar, unter Kriegsbedingungen nicht. Der dänischen wie norwegischen Regierung wurde angeboten, gegen Einstellung des Widerstandes eine eigene Regierung zu behalten und nach dem Krieg wieder selbstständig zu werden. Angesichts der vollkommenen Aussichtslosigkeit akzeptierten die Dänen, Norwegen aber entschied sich zum Kampf. Den Zusicherungen Hitlers dürften beide nicht geglaubt haben.

Bis Narvik gelangen den Deutschen alle Anlandungen, aber sie zahlten einen hohen Preis. Bereits im Oslofjord verloren sie den schweren Kreuzer Blücher, vor Narvik ihre modernen Zerstörer. Die Überwasserflotte hatte Schläge erhalten, die nicht ersetzbar waren. Die Briten nämlich, anfangs düpiert, hatten nach den erste Berichten über deutsche Bewegungen ihre Flotte in Fahrt gesetzt, bei Narvik traf sie auf ihren Feind, nicht nur die Versenkung der Zerstörer war ein Erfolg, sondern sie setzen eigene Truppen ab, die in schweren Kämpfen Narvik von den Deutschen zurück eroberten und den ersten alliierten Sieg in Europa feiern konnten. Mehr allerdings nicht. Die Narvik Bastion blieb isoliert und auf die komplizierte Versorgung über See angewiesen. Ihre Räumung war eine Frage der Zeit.

Die Niederlage des Gesamtunternehmens brachte die Regierung Großbritanniens ins Wanken. Chamberlain, dem Mann des Appeasements wurde das Versagen angelastet. Er trat zurück, damit sich eine Allparteienregierung bilden konnte. Sein Nachfolger wurde Churchill. Am 10. Mai.

Am 10. Mai aber sollte sich ein Plan entfalten, der beinahe Europas Verhängnis geworden wäre.

Die deutsche Kriegsplanung bestand aus einer Weiterentwicklung des bereits im ersten Weltkrieg gescheiterten Schlieffenplans. Diesmal unter Einschluss der Niederlande. Die Heeresgruppe B unter dem Generalfeldmarschall von Bock sollte durch die Niederlande weit umfassend über Belgien nach Frankreich vordringen, von der Kanalküste nach Südosten schwenken, die britische-französische Hauptmacht einklemmen und der Maginot Linie in den Rücken stoßen. Die Heeresgruppe A, die sich südlich anschloss, sollte vor einem Einbruch nach Deutschland sichern, die Heeresgruppe C die Stellungen entlang des Rheins vor der Maginot Linie halten.

10. Mai 1940: Landung deutscher Fallschirmjäger bei Den Haag Foto: H. Lamme – Nationaal Archief Lizenz: CC BY-SA 3.0 NL

Es war exakt die Angriffsplanung, auf die Alliierten eingestellt hatten. Ihre Aufstellung war defensiv, im Falle eines Angriffs durch das neutrale Belgien sollten die Britischen Truppen im Norden nach Belgien einrücken und die angreifenden Deutschen entlang des Flusses Dyle stoppen und in einen Stellungskrieg verwickeln. Südlich davon würde ungeeignetes Gelände entlang der Ardennen keinen Angriff möglich machen, danach schloss sich die Maginot Linie an, die unüberwindlich wäre. Beide Seiten hätten den Krieg miteinander im Sandkasten führen können.

Auch wenn er laufend neue Angriffstermine bestimmte, die durch des Wetters wegen abgesagt wurden, so war Hitler von den Ideen oder besser der Ideenlosigkeit seines Generalstabs nicht überzeugt. Er war nicht der einzige. Der Chef des Generalstabs der Heeresgruppe B, von Manstein, arbeitete eine höchst originelle Alternative aus. Zum Schein sollte der Angriff über Holland erfolgen. Der tatsächliche Angriffsschwerpunkt aber sollte bei der Heeresgruppe A sein, hier würden sich die Panzertruppen konzentrieren und durch die angeblich undurchdringbaren Ardennen gegen die schwache Front bei Sedan die Maas als letztes natürlich Hindernis überqueren und dann zum Kanal nach Norden stoßen, die Hauptmacht Großbritanniens und Frankreichs. Der deutsche Generalstab war wenig begeistert. Im Wissen um Hitlers Spielernatur wurde von Manstein nach Stettin wegbefördert.

Deutsche Panzer I und Panzer II in einem Wald im Mai 1940 Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-382-0248-33A / Böcker Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Es mag auf den ersten Blick rätselhaft erscheinen, warum Halder und von Brauchitsch so reagierten. War es der Wunsch, nicht durch eine bessere Idee bloßgestellt zu werden? Oder das wohlmeinend unterstellte Motiv, Halder, der Hitler hasste, wollte diesen scheitern lassen, zugunsten eines dann erträumten Friedens?

Wenn Mansteins berühmter Plan zusammengefasst würde, käme folgendes dabei heraus:

Eine Angriffsmacht soll über mehr als 100km vollkommen ungeeignetes Gelände binnen höchstens 48 Stunden auf nur einer einzigen Straße überwinden, zu einem Fluss vordringen, ihn überwinden und danach ungehindert von weiteren natürlichen Hindernissen dem Feind im Hinterland den tödlichen Stoß versetzen.

Wer Kennern des 2. Weltkriegs dieses Szenario ohne weitere Erklärung vorlegte und die Frage stellte, um welches Unternehmen es sich handelte, müsste erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass es darauf zwei Antworten gäbe. Manstein großen Plan, der ihn in die Geschichte als einen genialen Strategen eingehen lassen wird und Montgomerys Katastrophe bei Arnheim, die ihm zeitlebens anhängen wird. Über Erfolg und Misserfolg eines derartigen Hasardspiels entscheidet vor allem die Reaktion und Kriegskunst des Gegners. Es ist anzunehmen, dass Halders Bedenken hier begründet waren, auch wenn seine eigenen Vorschläge ebenso der sichere Weg ins Verderben waren.

Es war der 10. Januar 1940, als Hitler erneut den Westfeldzug befahl, diesmal für den 17.1. Ein Major Reinberger sollte dazu Planungen von Münster nach Köln bringen und ließ sich befehlswidrig dorthin fliegen. Sein Pilot, der Flugplatzkommandant Hönemanns verlor die Orientierung, der Motor vereiste, er musste notlanden, unten erkannte er, dass sie in Belgien waren, bei Mechelen. Es gelang nicht die Pläne, die die ganze fantasielose deutsche Offensivplanung enthielten, zu verbrennen, sie fielen in belgische Hände. Die Briten und Franzosen probten daraufhin im Einverständnis mit den Belgiern die Besetzung der Dyle Linie, als wollten sie den Deutschen ihre Strategie vorführen. Hitler befahl spontan, den Angriff vorzuverlegen, gewann aber Einsicht und ließ sich über seinen Chefadjutanten Schmundt mit Manstein bekannt machen. Es war wie erwartet nach Hitlers Geschmack. Der Fall Gelb, wie die noch nüchterne Sprache der Generalstäbler das Unternehmen nannte, hatte seinen neuen Plan.

Manstein sollte mit der Durchführung nichts zu tun haben, aber der Panzerführer Guderian war genau der Mann dafür. Hans Oster, jener unerbittliche Nazigegner aus der Abwehr warnte seinen Kontakt, den niederländischen Militärattaché Sas und nannte den Angriffstermin, den 10. Mai. Er hatte bei jedem vorgesehenen Datum gemacht. Hitler hatte den Angriff 29mal verschoben. Niemand glaubte mehr Osters Warnungen. In den Morgenstunden sprangen deutsche Fallschirmjäger über den neutralen Niederlanden und Belgien ab.

Das Unheil begann.

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