Seit Mittwoch ist dieses Land also offiziell in einem wieder strengeren ‚Lockdown‘ angekommen, weil die Zahlen, die mit der Corona-Pandemie verbunden sind, trotz des wochenlangen, milderen Wellenbrecher-Lockdowns zuvor, wieder besorgniserregend ansteigen. Und das ausgerechnet so kurz vor dem Jahresende.
Die mit dieser Zeit traditionell verbundenen Festivititäten, wir können sie weitestgehend abschreiben. Leider! Und doch ist das ganze wohl alternativlos, wenn wir unser Gesundheitssystem in den kommenden Tagen und Wochen am Ende doch nicht überlasten wollen. Die Situation ist also dramatisch. Eigentlich zumindest.
Denn in der Praxis hat sich auch durch die Verschärfung der Einschränkungen im Alltag offenkundig gar nicht so viel verändert. Ein kurzer Blick durch die Innenstädte der Region zeigt jedenfalls, dass wir von dem Stillstand, der im März und April herrschte, noch immer meilenweit entfernt sind.
So wunderte ich mich bei einem ersten Einkauf am Mittwoch schon, dass diesmal Blumenläden, Haushaltswarenhändler usw. geöffnet waren. Nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Läden war in der Mitte der Woche noch zusätzlich in den Lockdown gegangen. In der örtlichen Fußgängerzone war, im Vergleich zum Frühjahr, dadurch auch noch jede Menge los.
Ein Bild, das sich auch auf den Straßen in ähnlicher Art und Weise wiederspiegelte. Herrschte hier im April noch gähnende Leere, merkte man, zumindest in meinem Falle, kaum etwas vom strengen Lockdown. Es gab sogar die üblichen Staus zur Rush-Hour am Morgen.
Lockdown? Man musste schon genauer hingucken, wenn man den denn überhaupt an Details erkennen wollte.
Auch ohne teure Studien und Analysen ist für den interessierten Laien zu erkennen, dass das Land sich offenbar noch immer nicht ausreichend verändert hat, um die Situation vom Frühjahr wieder herzustellen. Und diese war damals erforderlich um die Pandemie derart wirksam auszubremsen.
Wie wir die Zahlen von diesem deutlich höheren Sockel aus wieder auf vergleichbare Werte herunterführen wollen, ohne uns auch vergleichbar zu beschränken, ist mir ein Rätsel.
Doch nicht nur die Situation in den Innenstädten und auf den Straßen ist in Lockdown zwei nicht mehr mit der Lage aus der ersten Welle zu vergleichen.
Die Leute zeigen sich zudem zu bemerkenswerten Teilen im Hinblick auf das Problem stark abgestumpft. Traf man in Frühjahr noch vielfach Leute, die regelrecht Angst vor einer Corona-Infektion hatten, was ihr Tun entsprechend veränderte, ist dies aktuell offensichtlich wesentlich seltener der Fall.
Anders ist es jedenfalls wohl nicht zu erklären, warum sich viele Zeitgenossen noch immer nicht an die AHA-Regeln halten. Immer wieder sieht man Leute ohne Maske, die viel zu nah zusammenstehen. An den Schulen sind teilweise noch immer gefährlich anmutende Szenen auf den Pausenhöfen zu sehen.
Und das Alles sieht man, ohne danach zu suchen. Man bemerkt es einfach, wenn man sein Auge einmal etwas schweifen lässt.
Und die Ordnungshüter? Sie sind nicht bzw. kaum einmal zu sehen. Hier in der Kleinstadt zumindest nicht.
Es scheint niemand die geltenden Regeln wirklich entschlossen durchsetzen zu wollen oder zu können.
Auf einer großen Sportanlage in der Nähe meiner Wohnung wird seit Tagen auch immer wieder Fußball gespielt und trainiert. Und das, obwohl das in diesen Zeiten im Freizeitbereich seit Wochen schon gar nicht mehr statthaft ist. Interessiert das jemanden? Offenbar nicht.
Mir bereitet all dies aktuell große Sorgen. Ich fürchte, all dies wird uns in noch größere Schwierigkeiten bringen. Und leiden tun darunter in erster Linie dann einmal mehr die ‚braven‘ Leute, die, die sich an die sie selber einschränkenden Regeln halten, die deren Läden vom Lockdown tatsächlich dichtgemacht wurden, deren Existenzen aktuell schon gefährdet werden und es zu tausenden schon sind.
Dieses Land im Dezember 2020, es lässt mich ein Stück weit verständnislos zurück. Wir machen es uns schwerer als es sein müsste. Durch pure Unvernunft!
Es gibt Verordnungen. Es geht um viel.
Dass sich Polizei und Ordnungsämter komplett aus der Kontrolle und Durchsetzung verabschiedet haben, geht nicht.
Ich habe auch noch keine Security vor den Läden entdeckt, so dass auch im Geschäftsbereich ein Durchsetzen der Regeln nicht passiert.
Der Staat versagt komplett.
Es geht nur darum, Nichtstun nach Trump'scher Technik als erfolgreiches Handeln zu verkaufen.
Im journalistischen Bereich werden die Pressemitteilungen gedruckt. Ein Hinterfragen gibt es kaum noch.
Wir werden lange im Lockdown bleiben.
Die alten Menschen werden weiter nicht ausreichend geschützt, das führt im nächsten Schritt zu gefuellteren Intensivstationen und Toten. Aktuell waren in NRW über 40 Prozent der Toten Altenheimbewohner.
So darf man nicht mit oft hilfebedürftigen Menschen umgehen.
Also ich sehe sehr viele Menschen, die sich an die Regeln halten. Da haben wir eine andere Erfahrungswelt.
Wie es in Gelsenkirchen oder Essen in der Fußgängerzone derzeit aussieht, kann ich nicht beurteilen, weil ich dort seit Wochen nicht durchgelaufen bin.
Also nur Supermarkt und Drogeriemarkt. Da tragen alle Maske (sogar über Mund UND Nase!), aber die Sache mit dem Abstand von 1.50 m haben erstaunlich viele Leute immer noch nicht kapiert. Und ich habe den Eindruck, dass hat weniger mit Schusseligkeit zu tun, das passiert uns allen mal, wenn wir ehrlich sind. Das scheint so eine allgemeine Haltung zu sein: Ich mache genau so viel, wie vorgeschrieben ist und keinen Deut mehr, und das auch nur, wenn ich erwischt werden kann, also jeder sieht auf den ersten Blick, ob ich eine Maske aufhabe, aber den Abstand misst bestimmt keiner nach, jedenfalls nicht das Personal im Super- oder Dorgeriemarkt, dass schon wieder auf Trab sein muss, um die Regale mit dem Klopapier aufzufüllen.
So weit im Kleinen.
Im Großen machen es "Experten" wie Douglas vor, die allen Ernstes Läden offen halten wollten, weil sie ja auch Drogerieartikel verkaufen (als wäre nicht die Pulle Chanel DAS Last-minute-Geschenk schlechthin und entsprechend dickes Gewühle im Laden zu erwarten), immer schön nach dem Motto: Yeah! Wir haben ein Schlupfloch entdeckt! Wir können Vorschriften umgehen!
Es ist ein sehr widersprüchliches Bild. Auf der einen Seite sieht man sehr viele Menschen, die sich bemühen, sich keine Infektion einzufangen, und vermeiden, selber als potenzielle Infektionsquelle aufzutreten.
Dann findet man wieder Personen und Milieus, die sich aus welchen Gründen auch immer, nicht darum scheren (Unwissen über die Gefährlichkeit und Übertragbarkeit?, fehlende konkrete Ansprache?, pure Arroganz und aktive Leugnung).
Man bekommt mit, Regierungen und Verwaltungen beschließen, verordnen, verbieten und schließen. Nur, wirklich durchdacht, konsequent, an einem Strang ziehend ist das alles nicht.
Das macht sich an so Kleinigkeiten bemerkbar, wie (im Sommer berichtet) dass die Bundespolizei ist in die Information und Lenkung von Reiserückkehrern nicht eingebunden. Oder, auch hier berichtet, Kreis Recklinghausen, in einer Gemeinde sehr hohe Infektionszahlen, in der anderen Gemeinde, Ergebnis, da ja der gesamte Kreis Recklinghausen moderat betroffen ist, passiert in der besonders betroffenen Gemeinde nichts.
Man muss doch nur mal schauen, wie unterschiedlich die Handhabung der Fragestellung Kontaktperson 1. Grades oder 2. Grades und die Anordnung von Quarantäne zwischen den Kommunen ist.
Da hat man sich monatelang gestritten, ob auch private veterinärmedizinische Labors die Analyse von Proben potenziell erkrankter Personen eingebunden werden sollen. Argument einzelner Humanmediziner: Die können das nicht, die halten die notwendigen hygienischen Standards nicht ein. So ein Quatsch, wenn im Pferdestall ein 100.000 EUR-Pferd steht, wird man erpicht sein, nicht durch eine versaute Probe den Wert des Tieres zu gefährden. Letztlich ging es nur darum, die Pfründe für die humanmedizinischen Großlabore nicht zu verwässern.
Man kann eine Unmenge solcher Kleinigkeiten zusammentragen, die einen zum Ergebnis kommen lassen: Organisierte Unzuständigkeit und Klientelwirtschaft.
Wie Herr Patzwaldt richtig feststellt, es scheint niemand die geltenden Regeln wirklich entschlossen durchsetzen zu wollen oder zu können.
Neuestes Beispiel: Aufsicht über Pflegeheime, hier hat sich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), der auch eine Art Heimaufsicht darstellt, seit der Pandemie aus den Pflegeeinrichtungen verabschiedet. So heißt es beim MDK Nordrhein:
"Aufgrund der hohen Corona-Fallzahlen werden die Regel- und Wiederholungsprüfungen zunächst bis zum 15. Januar 2021 verschoben."
Bis zum 15. Januar sind die Pflegeheime leer, wenn das mit den Erkrankungen in diesen so weitergeht.
Wenn nur nach Aktenlage und Telefoninterview bewertet wird, aber nicht vor Ort kontrolliert wird, ist klar, dass Heimbetreiber weiter bei der notwendigen Ausstattung mit Schutzmaterialien und der Einhaltung grundsätzlicher Hygienevorschriften sparen und schludern.
Verantwortung………..
Mehr denn je wäre es derzeit naheliegend, über "Verantwortung" nachzudenken , u.a. darüber, ob und inwieweit die Verantwortung des Einzelnen vor seinem Gewissen mehr ist als "ein frommer Wunsch" bzw. mehr sein sollte als ein solcher , um dann nicht nur registrieren und darüber diskutieren zu können bzw. zu müssen, ob , wie mir scheint, es heutzutage in der Tat mehr und mehr an "Verantwortungsbewußtsein" mangelnd oder ob Verantwortung nur noch als lästiges Tribut einer Minderheit sog. Gutmenschen zugeschrieben werden kann, also sozusagen nur noch störendes Relikt in einer Gesellschaft gilt, , in der die Menschen, jedenfalls eine relevante Mehrheit von ihnen, sich als bedingungslose Egoisten in ihrem Denken und Tun leiten lassen vom Prinzip des größtmöglichen individuellen Gewinnes – Gewinn an Macht, Gewinn an Ansehen, Gewinn an Wohlstand, Gewinn an Aufmerksamkeit, Gewinn an….
Das zu denken, das zu bedenken kam mir 'mal wieder und jetzt besonders nachdrücklich in "Zeiten der Corona- Pandemie "den Sinn, u.a. angesichts zahlreicher Wortmeldungen – u.a. hier bei den Ruhrbaronen – und angesichts des alltäglichen Verhaltens der Menschen im öffentlichen Raum und im privaten Umfeld -nicht aller Menschen, aber vieler -m.E. zu vieler-.
Uns was folgt daraus?
Ich würde mir wünschen, daß sich jeder (ich schließe mich ein) mehr denn je und kritischer denn je tagtäglich bei seinen Worten und Taten stets seiner Verantwortung erinnert -sich selbst und damit gegenüber jedem Anderen- und sich primär ihr verpflichtet fühlt und nicht primär dem eigenen Ego, z.B. dann, wenn es konkret um "das Impfen" geht, um das Ob, um das Wie, um die zeitliche Reihenfolge der zu Impfenden usw. oder darum, welche ideellen und materiellen Bedürfnisse es verdienen, ob ihrer Befriedigung bevorzugt oder vernachlässigt zu werden.
Die Erfüllung dieses meines Wunsches könnte , so meine ich, nicht nur dem auf die Corona-Pandemie bezogen Denken, Reden und Handeln ein "anderes Fundament" geben als es das derzeit bestehende zu sein scheint, sondern dazu beitragen, über grundlegende Mängel des menschlichen Miteinanders im 21. Jahrhundert nachzudenken -in den Familien, in anderen kleinen menschlichen Gemeinschaften, in den Kommunen, auf staatlicher Ebene, national und international, z.B. auch dann, wenn es um die Zerstörung der Umwelt geht, in der wir Menschen zu leben haben , wenn es darum geht, ob in Deutschland rd. 2, 5 Mio Kinder in Armut zu leben haben, wenn es darum geht, daß stündlich weltweit tausende Kinder verhungern, wenn es….
Weihnachtsgedanken, Weihnachtswünsche….?
Mag so aussehen, aber darum geht's mir nicht.
Allen "Ruhrbaronen", wie schon 'mal gewünscht, ein besinnliches, ein friedliches Weihnachtsfest und für 2o21…….???? Möge sich eine große Zahl von Wünschen, von Erwartungen der "größtmöglichen Zahl" von Menschen erfüllen.
Dir auch 'Alles Gute', Walter! Bleib gesund!
@ Walter Stach
Dir und den Ruhrbaronen ebenfalls geruhsame Feiertage und einen guten Rutsch. 2021 kann nur besser werden. 🙂
Das zum Teil schlechte Management der Corana-Krise sollte nicht mit Individual- Moralisieren beantwortet werden. Auch Schuldzuweisungen an den einzelnen nutzen hier kaum etwas.
Man sollte zu allererst Festhalten: Das über Monate Fehlen von FFP 2 Masken, keine wirklichen Schutzmassnahmen in den Seniorenzentren, Schulen weiterhin mit Klassen bis zu 30 Schülern,
es gibt noch viele Beispiele, sind Teilursachen der Ausbreitung des Virus.( Auch die geringe Verwendung der Schnellteste). Zudem ist Herbst und Winter die Jahreszeit der viralen Infekte ´verschiedener Art. Zudem sind uns auch viele Fakten der Ausbreitung unbekannt, auch die Durchseuchung der Bevölkerung ist völlig unklar. Ich finde das die Stadt Tübingen hier zielführend gehandelt hat, immer neue Drohkulissen aufzubauen. Es ist nicht die Zeit eine wirklich Beurteiling von Ursache und Wirkung durchzuführen es aber auch nicht immer der andere…
#5
Gute Wünsche, Herr Stach!
Gute Wünsche für alle Artikelverfasser und Kommentar-Schreiber (und für die *innen auch, klar …)!