Mythen. Man denkt sofort an die Drachen des Mittelalters oder die Riesen der Antike. Ärgerlicherweise gibt es sie weiterhin – die Energiewende ist durchsetzt mit Mythen. Und die Ergebnisse sind verheerend.
Deutschland hat nicht mehr genug installierte steuerbare Leistung. Die hohen Strompreise resultieren aus einer verfehlten Politik, die installierte Leistung hat abschalten lassen, ohne für Ersatz zu sorgen. Das ist kein Mythos, das ist die Realität. Der Mythos lautet, dass es anders wäre.
Die regelmäßig erreichte Spitzenlast in Deutschland beträgt 75 GW.
Installiert, Stand heute, haben wir in Deutschland:
Wasserkraft: 6,4 GW
Biomasse: 9 GW
Braunkohle: 15,9 GW
Steinkohle: 16 GW
Öl: 4,5 GW
Erdgas: 36,7 GW
Sonstige: 3 GW
Insgesamt etwa 91 GW.
In der Auflistung fehlen Wind & PV – die sind in der Dunkelflaute nicht verfügbar.
Nun ist es so, dass nicht immer alle Blöcke verfügbar sind. Revisionen, Defekte, Wartungsintervalle. Etwa ~15 % der installierten Leistung fehlen dauerhaft, jede andere Planung wäre einfach unseriös.
Dann verbleiben 77 GW. Und jetzt ist es so, dass wir keine Kupferplatte haben, sprich: Es gibt Widerstände im Netz, die aus unterschiedlichen Spannungsebenen resultieren etc. Kalkulieren wir realistisch mit Übertragungs- und Umspannverlusten von 5 %, dann verbleiben etwa 73 GW an Leistung. Hinzu kommt, dass die Netztopologie diverse Speiseszenarien gar nicht zulässt, aber vernachlässigen wir das hier einmal.
Ergo: Einfach Leistung summieren und abgleichen, das ist grob fahrlässig und falsch. Das ist eine Milchmädchenrechnung, die in eklatantem Maße auf fehlende Physikkenntnisse hinweist.
Nein. Deutschland hat nicht genügend installierte Leistung, um sich in der Dunkelflaute sicher selbst zu versorgen.
Und nein, die Erzählung von den Speichern ist auch unzulässig. Diese Speicher müssten ja zunächst auch einmal gebaut werden und dann geladen werden, dazu bedarf es Leistungsüberschüssen. Überschüsse, die in Mangelphasen nicht bestehen. Mal ganz von den Dimensionen zu schweigen, die hier notwendig wäre.
In der Presse war zuletzt von 161 GW an Netzanfragen die Rede. Wer aus der Praxis kommt weiß: Anfragen sind noch lange nicht gebaut. Wenn am Ende 1/3 realisiert wird, dann ist das viel. Aber gehen wir einmal von 50 % Realisierungsquote aus, das ist das Doppelte dessen, was das Ministerium Habeck bis 2045 erwartet und einer Speichertiefe von 3 Stunden (das ist viel), dann wären dies 240 GWh an Speicherkapazitätet. In der aktuellen Situatun bedeutet das: etwa 3 Stunden Lastbedarf oder 24 Stunden ohne Importe. Und dann sind die Speicher leer.
Und das, wenn diese riesige Menge, jenseits der Prognosen und schneller als erwartet gebaut und angeschlossen wird.
Deutschland fehlt CO2-neutrale/arme, steuerbare Leistung. Das ist die einfache, ehrliche Antwort. Alles andere sind Märchen.
Und diese Märchen kosten die deutsche Industrie aktuell bis zu 960 € pro MWh. Natürlich werden Strompreise an der Börse ermittelt und nicht von Kraftwerksbetreibern vorgegeben. Das Merit-Order Prinzip tut hier sein übriges. Wenn das Angebot aber zu knapp ist und künstlich verteuert wird, dann ist Ergebnis teurer Strom.
Mittlerweile führt diese Politik der Mangelwirtschaft auch zu erheblichen, diplomatischen Verstimmungen.
Schwedens Energieministerin ist „stinksauer“ auf die Deutschen.
Norwegens Energieminister spricht von einer „beschissenen Situation“ und will prüfen lassen, ob man die Energielieferung über Seekabel nach Deutschland beenden kann.
Deutschland verzockt hier aktuell im großen Stil das Vertrauen unser europäischen Nachbarn.
Ist das echt der Weg? Soll das Deutschlands Bild in Europa sein?
Wer CO2-Neutralität ernst meint, der hört jetzt auf damit, Märchen zu erzählen.