Deutschlands Träume haben keine Zukunft

John Lydon 1977 mit den Sex Pistols Foto: Koen Suyk; Nationaal Archief, Den Haag, Rijksfotoarchief: Fotocollectie Algemeen Nederlands Fotopersbureau (ANEFO), 1945-1989 – negatiefstroken zwart/wit, nummer toegang 2.24.01.05, bestanddeelnummer 928-9663 – Nationaal Archief Lizenz: CC0 1.0

Man kann sich über die Bedeutung der 1977 veröffentlichten Single „God safe the Queen“ ebenso trefflich streiten wie über die der Sex Pistols. „God safe the Queen“ war nicht ihre erste Single und die Pistols nicht die erste Punkband. Im New Yorker Club CBGB traten ab 1974 Bands wie Television, Suicide und Blondie auf, standen Musiker wie Richard Hell und Patti Smith auf der Bühne. Doch es war nicht der Akademikersohn Richard Hell und sein  ohne Zweifel verehrungswürdiges Stück „Blank Generation“, welches das Lebensgefühl einer vom frühen Punk beeinflussten Generation auf den Punkt brachte, sondern John Lydon. Der in Armut in den Londoner Slums aufgewachsene Lydon, auch bekannt unter seinem Künstlername Johnny Rotten, der eine Anspielung auf seine schlechten Zähne war, textete in „God safe the Queen“:

„There’s no futureIn England’s dreaming God save the Queen

No futureNo futureNo future for you“

Für Lydon, der das Texten immer ernst nahm und ein begeisterter Leser ist, sind diese Zeilen ohne jeden Nihilismus. In seiner Autobiografie „Anger is an Energy“ schreibt er: „In »God Save The Queen« hieß es »No future«, weil du so was erst mal aussprechen musst, um eine Zukunft zu haben.“

Heute muss man nüchtern feststellen, dass es Deutschlands Träume sind, für die es keine Zukunft gibt. Wenn Klaus Müller (Grüne), der Chef der Bundesnetzagentur, sagt, dass Strom bald günstiger wird, widerspricht er den Prognosen des Bundeswirtschaftsministeriums, das davon ausgeht, dass der Strompreis, nach einem kurzfristigen, leichten Rückgang, in Deutschland im Jahr 2042 bei über 40 Cent die Kilowattstunde liegen wird.

Bei der Digitalisierung liegt Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern, auch in Europa, weit zurück. Bei Kerntechnologie, IT oder Gentechnik hat das Land den Anschluss längst verloren. Nun folgt die Automobilindustrie: Während in San Francisco mittlerweile vollautonome Taxen von Tochterunternehmen von Google und General Motors unterwegs sind, ist man hierzulande noch im Versuchsstadium. Mit jeder Stunde, in der die autonomen Taxen in San Francisco unterwegs sind, sammeln sie die Daten die benötigt werden, um ihre selbstlernenden Systeme zu verbessern. Der Abstand zu deutschen Herstellern wird nun in immer höherer Geschwindigkeit größer werden.

Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel trotz starker Zuwanderung, eine mittlerweile tief verankerte Technologiefeindlichkeit, eine vor allem auf den eigenen Ausbau bedachte, alles erstickende Bürokratie und klagefreudige, von viele Medien hofierte NGOs: Es macht tatsächlich viel Sinn, das alte Sex Pistols Stück wieder einmal zu hören. Es ist allemal klüger als die Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der ein neues, grünes Wirtschaftswunder verspricht. An das glaubt auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm nicht. Der WAZ sagte sie: „In einer Phase mit sehr geringem oder sogar negativem Wachstum müssen sich die Menschen auf Härten einstellen. Es kommt zu realen Einbußen.“ Der deutsche Traum eines grünen, woken und wohlhabenden Musterlandes, nach dem sich andere Staaten begeistert richten werden, ist dabei, zu zerplatzen.

Nichts spricht dafür, dass die Politik vorhat, darauf schnell und entschlossen zu reagieren: Das Bildungsniveau sinkt weiter, Bürokratie wird nicht abgebaut und während die Zuschüsse für die Entwicklung von Quantencomputern gekürzt werden könnten, wird sich das Füllhorn staatlicher Mittel weiter über grüne und woke NGOs ergießen.

Auch ohne prophetische Gaben ist klar, wie die Zukunft aussehen wird: Die Verteilungskämpfe werden zunehmen. Zum Beispiel auf dem Wohnungsmarkt, wo der Bau von Wohnungen nicht mit der wachsenden Zahl an Menschen mithält. Hohe Energiepreise werden dafür sorgen, dass die Menschen sparen müssen, um durchzukommen. Ihr Lebensstandard wird spürbar sinken. Wenn die Deindustrialisierung irgendwann dazu führen wird, dass ein bekanntes Unternehmen wie zum Beispiel Volkswagen ein Werk schließt, wird die Stimmung sich schnell und stark verschlechtern. Dazu kommt, dass jede Reise ins Ausland, wie Alexander Neubacher im Spiegel treffend beschreibt, zu einer Lektion in Sachen Demut wird: „Als Deutsche waren wir es lange gewohnt, in anderen Ländern Europas vielleicht nicht geliebt, aber immerhin bewundert zu werden. Das hat sich nach meinem Eindruck verändert. Erstaunt stellen wir fest, dass nicht nur das Wetter und das Essen in anderen Ländern besser ist als bei uns, sondern auch die Schnellzugverbindung, der Handyempfang, die digitale Bezahlmöglichkeit.“ Länder wie die Schweiz und Teile von Nordeuropa seien zudem „für deutsche Normalverdiener praktisch unbezahlbar geworden.“

Die Politik, nicht nur die der Ampel, steuert das Land unverdrossen in eine Ära, deren größter Profiteur die rechtsradikale AfD sein wird. Und das wird so lange weiter gehen, bis sich die anderen Parteien daran erinnern, dass Wohlstand eine der Grundlagen für eine stabile Demokratie ist und ihre Aufgabe darin besteht, Wirtschaftswachstum und technischen Fortschritt zu ermöglichen und nicht zu verhindern. Aber um das zu erkennen, muss man vielleicht wirklich erst einmal öfter laut „No Future“ rufen, denn Wut ist tatsächlich eine Energie.

 

 

 

 

 

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
2 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
LibertyLoveIt
1 Jahr zuvor

Deutschland hat auch mit das teuerste Internet der Welt und das schlechteste aller Industrie Nationen.

Deutschland hat mit das teuerste Mobilfunknetz. Aber die Leute stehen drauf.

Die Politik fragt : “ Wollt Ihr die höchsten Kosten ? “ und alle Mitläufer schreien „Jaaaa“.

Es ist etwas kulturelles, was einem jeden Tag durch den Staatsfunk und den Kindern in den Schulen eingetrichtert wird. Tief in der Deutschen Psyche steckt dieser Schwachsinn. Wenn man dann nicht über den Tellerrand schauen darf, hält man dieses Raubrittertum für normal. Aber wir bewegen uns immer schneller auf das Ende dieses Systems zu.
Wie in einer Diktatur, welche die Opposition verbietet , reden Spitzenpolitiker davon die Opposition zu verbieten. Als würde man dadurch die Probleme lösen.

Yuri Bezmenov………

DSJXz56XcAEWhAp.jpeg
LibertyLoveIt
1 Jahr zuvor

„Germany comes 49th out of 53 in the Expat Insider 2023 survey — ranking among the least attractive expat destinations. When starting life in Germany, expats face big challenges due to the country’s lack of digitalization, the inflexible bureaucracy, and the tense situation in the housing market.“ 

https://www.internations.org/expat-insider/2023/germany-40368#:~:text=Germany%20comes%2049th%20out%20of,situation%20in%20the%20housing%20market

Werbung