Die AfD war in Waltrop: Was vom erwarteten Spektakel am Ende übrig bleibt

Während Gauland in der halbleeren Waltroper Stadthalle noch spricht, tobt auch in der Innenstadt beim Bürgerfest nicht gerade der Bär. Foto: Robin Patzwaldt

Knapp 24 Stunden sind inzwischen vergangen seit die AfD, die im örtlichen Stadtrat gar nicht vertreten ist, ausgerechnet in der provinziellen Waltroper Stadthalle ihre im Vorfeld vielbeachtete, da nach eigener Aussage größte Hallenveranstaltung des Jahres in NRW abhielt und dabei parallel auf ein buntes Bürgerfest gegen Rassismus und für Toleranz traf.

Der Kollege Peter Ansmann, mit dem ich gestern vor Ort war, hat das Erlebte aus seiner Sicht, wie ich finde, sehr schön bei uns hier im Blog der Ruhrbarone zusammengefasst.

Es ist für mich spannend zu sehen, wie unterschiedlich so ein Tag doch auf die Leute wirken kann. Peter war gestern erstmals in Waltrop und hatte für diesen Tag somit völlig andere Voraussetzungen als ich, der ich inzwischen schon seit 1973 in Waltrop lebe.

Peter hat auch die mediale Vorgeschichte hier am Ort naturgemäß nicht mitbekommen können, seinen Blickwinkel auf die Veranstaltungen so natürlich etwas anders positioniert, als das bei mir am Donnerstag der Fall war.

Dementsprechend möchte ich an dieser Stelle jetzt auch noch kurz ein paar Zeilen meinerseits zum Besten geben. Einfach, weil mein persönliches Erleben rund um die Geschehnisse sich etwas anders darstellt:

Die örtliche Lokalzeitung und diverse Internetforen vermittelten mir in den vergangenen Tagen hier in Waltrop den Eindruck, als wäre die Stimmung ungewöhnlich emotional und engagiert. Die Mobilisierung vor Ort war bei beiden Veranstaltungen dafür recht mau. Laut Polizeiangaben rund 300 AfD-Anhänger und rund 350 Gegendemonstranten waren in Anbetracht der Erwartungshaltung für beide Seiten sicherlich kein Ruhmesblatt.

Weder die AfD noch die Organisatoren von ‚Waltrop bekennt Farbe‘ konnten in die örtliche City holen, wer ihnen im Hintergrund noch im Vorfeld so zahlreich den Rücken zu stärken schien. Dafür mag es unterschiedliche Gründe geben.

Klar, es war Donnerstag, also ein normaler Werktag. Das ist nicht ideal um schon zwischen 16 und 20 Uhr ein politisches Zeichen zu setzen. Und doch gab es sicherlich im Hintergrund noch ganz andere Gründe um die magere Beteiligung zu erklären.

Ein wichtiger Grund ist sicherlich die ungewöhnlich große Aufregung im Vorfeld der Veranstaltungen selber. Viele Bürger hatten mit körperlichen Auseinandersetzungen gerechnet. Das haben mir etliche Waltroper im persönlichen Gespräch bestätigt.

Nicht umsonst richtete sich auch die örtliche Stadtverwaltung offenkundig auf die möglichen Gefahren des Tages ein, indem sie zum Beispiel hunderte Pflastersteine, die im Zusammenhang mit der aktuell laufenden Neupflasterung von Teilen des Waltroper Marktplatzes vor Ort lagerten, gerade noch rechtzeitig abtransportierten ließ.

Auch grundsätzlich an der AfD-Veranstaltung interessierte Zeitgenossen sagten mir im Vorfeld, dass sie lieber nicht dorthin kommen würden, da sie mit Gewalt rechnen würden.

Die Tatsache, dass die AfD schon im Vorfeld angekündigt hatte Besucher überhaupt nur nach Voranmeldung oder Vorlage eines Personalausweises am Eingang in die Halle lassen zu wollen, trug sicherlich ebenfalls mit dazu bei, dass nur rund die Hälfte der erwarteten Teilnehmer am Ende tatsächlich den Weg in die frisch renovierte Halle fand.

Das Alles spricht nicht für den Umgang, der aktuell in politischen Fragen miteinander gepflegt wird.

Sieht man es positiv, dann war sicherlich auch die geringe Teilnehmerzahl ein wichtiger Grund dafür, dass beide Veranstaltungen letztendlich völlig friedlich über die Bühne gingen, abgesehen von ein paar harmlosen Wortgefechten, keine größeren Probleme erkennbar wurden.

Wenn aber von rund 350 ‚Gegendemonstranten‘, die ein Zeichen gegen die AfD setzen wollten, auch wenn die Organisatoren des Bürgerfestes das Wort AfD offiziell vermieden, laut Polizeiangaben alleine gut 50 aus dem Umfeld der vor Ort niemals zuvor größer in Erscheinung getretenen Organisation ‚DIE PARTEI‘ stammen, und diese dann auch noch ganz vorne an der Schnittstelle zur AfD platziert sind, dann wirft das kein allzu gutes Bild auf die Entschlossenheit und die Motivation der Waltroper Bürgerschaft.

Schließlich hat Waltrop rund 30.000 Einwohner. Und dann bringt ein breites Bündnis der Bürgerschaft über viele Parteien und Organisationen gerade einmal 300 Waltroper auf die Straße?

Wo war denn der im Vorfeld angekündigte entschlossene Widerstand der breiten ‚Bürgerschaft‘ gegen Extremismus? Rechnet man Organisatoren, Lokalpolitiker und Schüler ab, dann bleibt da nicht viel.  Im Internet waren viele Waltroper im Vorfeld offenbar deutlich aktiver, als dann am Ende in der eigenen Fußgängerzone.

AfD und Bürgerschaft enttäuschten folglich. Einziger Gewinner des Tages war aus meiner Sicht daher ‚DIE PARTEI‘, die in Waltrop das Zeichen des Tages gesetzt hat und als einziger Protagonist in Sachen Teilnehmerzahl und Engagement positiv von sich reden machte.

Der Umgang mit der AfD war und bleibt somit insgesamt schwierig. Auch in Waltrop!

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Peter Ansmann
Admin
5 Jahre zuvor

@Robin: Kann sein, dass die erwartete Menge des Protestes geringer war, weil es medial vielleicht nicht richtig kommuniziert wurde? Während meiner 5 Minuten bei der Pressestelle der Polizei haben drei (!) Passanten gefragt was los sei um dann bei Nennung "AfD" angewidert die Augen zu verdrehen. Also keine Fans der AfD – und total überrascht von diesem Event.

Über Berichterstattung in der Waltroper Lokalpresse kann ich ja nichts sagen: Bin dafür ja weit weg vom Schuss.

Amsel Peter Werner
Amsel Peter Werner
5 Jahre zuvor

Naja, die 350 Gegendemonstranten sind leicht übertrieben. 150 bis maximal 200 trifft eher zu.

Peter Ansmann
Admin
5 Jahre zuvor

@Armel Peter Werner: Diese Zahl stammt von der Pressestelle der Polizei.

Helmut Junge
Helmut Junge
5 Jahre zuvor

Leute in einer Halle zu zählen ist einfach. Leute, die sich frei bewegen und sogar kommen und gehen, ist sehr viel schwieriger. Kann jeder mal selber versuchen.

Amsel, Peter
Amsel, Peter
5 Jahre zuvor

Das Thema AFD wird einfach zu sehr hochgekocht. Die Zahl der Anwesenden sagt doch schon vieles aus, egal ob die Schätzungen falsch oder annähernd richtig sind. Zum Glück verlief alles friedlich.

Branko Schnettker
5 Jahre zuvor

Ich möchte daran erinnern, dass ein Bürgerfest keine Gegendemo ist. Das Fest begann um 15 Uhr und endete gegen 22 Uhr. Zwischen 15 und 20 Uhr waren kontinuierlich zwischen 250 und 500 Menschen am Kiepenkerl. Die meisten hielten sich dort etwa eine Stunde auf, so dass über die Zeit ein enormer Durchlauf war. Rechnet man es hoch, waren es deutlich über 1000 Leute, die den Weg zum Kiepenkerl gefunden haben. Essen und Getränke waren schon deutlich vor dem Ende der Veranstaltung ausverkauft! Für Waltroper Verhältnisse ist das ein enormer Erfolg für eine Veranstaltung in der Innenstadt, die an einem Werktag stattfand. Viele der Anwesenden hatten sich sogar extra Urlaub genommen. Wenn auch nur zwei der anwesenden Kinder so etwas zu einer weltoffenen Gesellschaft gelernt haben, hat sich die Veranstaltung gelohnt!

Elke Binder
5 Jahre zuvor

Die Waltroper sind klüger als gedacht. Belanglosen Politikern wird eben
kein falscher Medienrummel geboten um eine Wichtigkeit zu erfinden, die
es nicht gibt. Dummschwätzer brauchen keine politische Medienpräsenz .
Gute politische Lösungen hingegen schon, meine ich.

Andreas Walgenbach
Andreas Walgenbach
5 Jahre zuvor

@Branko Schnettker, sehe ich auch so. Es war ein kommen und gehen am Kiepenkerlbrunnen, viele haben gezeigt wofür sie stehen, ich fand es beeindruckend. Toll was in kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde. Ein Zeichen für Demokratie, ein Miteinander auch wenn man in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung ist, der große gemeinsame Nenner war zugegen. Denke das über den Tag mehr als 1000 Einwohner vor Ort waren, bei der größten Veranstaltung an diesemTag in Waltrop.

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[…] bei uns am Ort eigentlich bisher gar nicht wahrnehmbar aktiv gewesen. Doch sie hatte an diesem Tag als einzige Partei genug ‚Arsch‘ in der Hose. Und das ist dann doch irgendwie ein ganz schöner Grund, warum sie sich meine Stimme diesmal […]

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[…] der Partei in der örtlichen Stadthalle aufrief, dazu die ungeliebten Gäste durch ein Bürgerfest ‚für Toleranz‘ zu provozieren, vermieden jedoch eine direkte Konfrontation. Sogar der Name AfD fiel damals in […]

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[…] auch wenn diesmal alles offensichtlich eine Nummer kleiner ausfallen wird als 2019, kochen die Emotionen bei Lokalpolitikern und Teilen der Bevölkerung erneut hoch. Bis zu 100 […]

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