Dass die Haltung von Migranten zu Israel, Holocaust und Kolonialismus stärker berücksichtigt werden müsse, ist eine der Grundforderungen derjenigen im neuen Historikerstreit, die sich an der angeblichen Provinzialität der deutschen Erinnerungskultur stören. Dass auch andere Ansichten von Migranten aus der islamischen Welt oder des subsaharischen Afrikas mehr beachtet werden sollen, hört man indes selten.
Im Neuen Historikerstreit, in dem es um die Bedeutung des Holocausts in der Geschichts- und Erinnerungskultur der westlichen Welt und Deutschlands insbesondere geht, wird kaum eine Gruppe so stark instrumentalisiert wie Migranten. Sie hätten, vor allem wenn sie aus der muslimischen Welt oder aus Staaten stammen, die vom Westen kolonisiert waren, ein ganz anderes Geschichtsbild als das in Deutschland offiziell dargestellte: Für sie sei nicht der Holocaust das zentrale historische Ereignis, sondern die mit der Kolonisation verbundenen Erfahrungen oder die Auseinandersetzungen mit Israel.
Dies müsse nun zum Anlass genommen werden, die angebliche Provinzialität der deutschen Erinnerungskultur hinter sich zu lassen. Themen wie die kolonialen Verbrechen müssten denselben Platz im Geschichtsbewusstsein erhalten wie der Holocaust, denn wie dieser würden sie zur deutschen Geschichte gehören. Auch müsse sich Deutschland globalen kritischen Diskursen über die Politik Israels öffnen, was durch einen in diesem Land angeblich vorherrschenden „Katechismus“, wie der australische Historiker Dirk Moses es kürzlich formulierte, verhindert werden würde. Eine Folge des Katechismus wäre, dass Anhänger der BDS-Kampagne, deren Ziel die Vernichtung Israels durch wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Boykott nicht staatlich unterstützt werden würden, weil dies der Bundestag – und zahlreiche Städte und Länder – untersagen.
Es ist beeindruckend, wie sehr sich Menschen wie Dirk Moses, Aleida Assmann und Michael Rothberg darum sorgen, dass Migranten sich in Deutschland nicht zurechtfinden, weil ihrer Erfahrungswelt, ihr Wissen und ihre Werte hier nicht ausreichend gewürdigt, ja anerkannt würden. Per Leo ist sogar der Ansicht, man solle muslimische Jugendliche, die gegen Juden hetzen, besser nichts als antisemitisch bezeichnen, denn ihre Äußerungen seien vom arabisch-israelischen Konflikt geprägt und nicht vom Hass gegen Juden an sich.
Erstaunlich ist, dass sich diese tiefe Sorge nur auf die mangelnde Offenheit Deutschlands und andere westlicher Staaten bezieht, hier den Holocaust relativieren, die Vernichtung des einzigen jüdischen Staates fordern und eine neue Version des altbekannten „Kauft nicht bei Juden“ bewerben zu können.
Andere Haltungen, die viele Menschen haben, die aus der muslimischen Welt oder dem subsaharischen Afrika eingewandert sind, scheinen nicht so beachtenswert. Die Ansichten, die viele Menschen aus dem globalen Süden haben, sind zum Teil konservativ bis reaktionär, wenn es um Homosexualität oder der Gleichberechtigung von Frauen geht, zum Teil typisch für Aufstiegswillige, was wiederum optimistisch stimmen sollte. Im Dezember schrieb ich in diesem Blog über die Ergebnisse des World Values Survey:
Folgt man den Ergebnissen des World Values Surveys, der auch Menschen in Afrika fragt, was ihnen wichtig ist und für welche Werte sie eintreten, ergibt sich für Freunde postmodernen Denkens ein Bild des Grauens: Die große Mehrzahl der Afrikaner, egal ob Christen oder Muslime, ist streng gläubig. Sie haben einen großen Stolz auf ihre noch jungen Nationen. Ihren Kindern wollen sie vor allem Werte wie Fleiß und Gehorsam mitgeben. Neben Homosexuellen zu wohnen lehnen die meisten von ihnen ebenso ab wie Alkoholiker oder Drogenabhängige in ihrer Nachbarschaft.
Aber diese Einstellungen sind weder für Moses, Rothberg oder Assmann beachtenswert. Sie teilen sie sicher nicht, sie können sie auch nicht nutzen. Es geht ihnen also nicht um die Ansichten und Werte der Menschen, für die sie sich angeblich einsetzen, weil sie unter einem scheinbar allmächtigen Katechismus leiden, sondern einzig und allein um den Aspekt, der sich gegen Israel und den Westen einsetzen lässt.
Und die Ansichten der vielen anderen Migranten, die keine Antisemiten sind, im Westen leben wollen, einfach nur auf ein besseres Leben, ein gutes Einkommen, ein schönes Auto und einen großen Fernseher hoffen, sind ihnen vollkommen egal.
Neben dem kaum verhohlenen Antisemitismus und seiner Nutzung als Instrument im Kampf gegen Westen und Aufklärung ist das sicher einer der fragwürdigsten Aspekte der aktuellen Debatte: Menschen, von denen die meisten hergekommen sein dürften, weil sie materiell leben wollen wie wir und die man, wie es einmal der Psychologe Ahmad Mansour vorschlug, mit den Worten „Achtung, Sie betreten jetzt Europa. Herzlich willkommen. Sie sind endlich in Sicherheit. Aber: Hier sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Hier herrscht Meinungsfreiheit. Hier führen Menschen ein selbstbestimmtes Leben. Und hier wird Ihre Tochter mit 18 Jahren Sex haben dürfen, wenn sie das möchte.“ begrüßen sollte, weil all das zur Erfolgsgrundlage der westlichen Gesellschaften gehört, werden sie in ihrem antisemitischen häufig Weltbild bestärkt, um sie als Zeugen eines kruden Weltbildes missbrauchen zu können, in dessen Zentrum der Hass auf Israel, den Westen und die Aufklärung stehen.
Auf den Punkt!! Danke!!
Jedenfalls frage ich mich nun, sind Muselmanen die Angst vor der Gewalt und dem Terrorismus des Islamischen Staates haben eigentlich auch islamophob ?
@ Tahta Gedik In den KZs wurden Häftlinge, deren Tod durch Entkräftung, Hunger oder Krankheit bevorstand Muselmanen genannt. Dies wiederum, so der berichtet der Autor von "Die Juden in der arabischen Welt", ließ Muslime glauben, die erin Paris traf, es handele sich um Moslems, die zusammen mit Juden in den KZs gequält und ermordet wurden.
Ist die Bezeichnung Muselmanen überhaupt noch erlaubt, politisch korrewkt?