Das seltsame Happening hatte ein weiterer wichtiger Mitstreiter Leo Bauers organisiert, eine gewisser Eckehard Pietschner, kurz Epi genannt. Er war im damaligen Team um Leo Bauer so etwas wie der Vertreter der bildenden Kunst, obwohl er nie selbst als Künstler ausgebildet worden war. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich als Künstler berufen zu fühlen, und das in den verschiedensten Sparten. Hatte Joseph Beuys, der Düsseldorfer Kunstprofessor, nicht den Bruch mit der bürgerlichen Kunst proklamiert und erklärt, jeder sei ein Künstler?
Begonnen hatte seine Malerkarriere allerdings erst richtig, nachdem er nach einem Banküberfall im Knast gelandet war. Davon allerdings wusste keiner, als er mit den in der Haft fertig gestellten Werken auf den „freien Markt“ in Bochum trat. Er fiel jedoch weniger durch seine Gemälde als durch eine ganz neue Art der Verbindung von Kunst und Galerie auf. Er gründet die wohl erste Mietgalerie Deutschlands und das in unmittelbarer Nähe zum Club am Nordring, in ebenfalls leer stehenden Räumlichkeiten. Künstlern, die, wie er selbst, wohl nie eine Chance zur Ausstellung ihrer Werke hatten, vermietete er Wandflächen oder, je nach Größe des Artefakts, Teile der Wand. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie man von diesen Kunstprojekten leben sollte.
Als Leo Bauer auf Epis neue Galerie aufmerksam wurde, bot er ihm den Club selbst als Ausstellungsraum an und organisierte sogar zusätzliche Flächen, in dem er den Club vergrößerte. Die ersten Ausstellungen waren schon deswegen ein Erfolg, weil ja die Kunst, und das war neu, zum Konsumenten kam, und nicht umgekehrt. Später allerdings wurde auch der herrschende Kunstbetrieb der Stadt auf diese neue Galerie aufmerksam. So musste sie auch bald einen Namen haben und sie bekam ihn: Spektrum. Dieser machte der Galerie in der Folgezeit nicht nur alle Ehre, sondern führte auch zu einer neuen Namensgebung für das gesamte Etablissement.
Auch der Veranstaltungsbereich wuchs erneut. Leo Bauer und Epi trauten sich zusammen an immer größere Events. Das erste Konzert in der Ruhrlandhalle fand mit dem damals äußerst populären Politbarden Franz Josef Degenhardt statt. Später folgten unter anderem Konzerte mit der Deutschrocklegende Udo Lindenberg, mit Otto und Hannes Wader. „Damals“, erinnert sich Bauer, „war die ganze Musikerszene noch nicht so abgehoben. Wir machten die Verträge zum Teil mit den Musikern selbst, und nach dem Konzert ging man zusammen in die Kneipe. Einen Starkult wie heute gab es nicht. Mir gefiel der enge persönliche Kontakt zu den Bands. Als das Ende der 70er Jahre aufhörte und einen Auftritt zu organisieren genau so ein Geschäft wurde, wie der Handel mit Gebrauchtwagen, hörte ich damit auf.“
1972 war auch Bauers Zeit im Club Liberitas zu Ende. Zwei Jahre vorher übernahm er gemeinsam mit Epi das Intime Stübchen, das seitdem und bis heute Pinte heißt und die erste, studentisch geprägte Kneipe in der Innenstadt war. Das war der Beginn von Bauers Karriere als Gastronom. „Vorher war alles mehr oder weniger ein Hobby. Der Spaß war wichtiger als der kommerzielle Erfolg. Die Pinte sollte zwar Spaß machen, aber auch Geld einbringen“, so Bauer. Die zuvor etwas puffig anmutende Bar wurde an nur einem Tag umgebaut: Der Plüsch flog raus, und die Wände wurden mit braunen Abfallsäcken tapeziert. 1972 eröffnete Bauer gemeinsam mit Epi im Erdgeschoß des Handelshofes den Treffpunkt, dessen erster Geschäftsführer der Saber wurde, der später viele weitere Lokale wie die Kokille, Waldhaus und das Tiramisu betrieb. Ein Jahr später wurde dann der Club am Hellweg gegründet.
In der Zwischenzeit waren nicht nur die Studentenzahlen in Bochum gestiegen, es gab auch immer mehr Kneipen, die sich dieser Klientel annahmen. Zwei weitere Studentenkneipen waren unweit vom Jazz-Club Backofen in der Nähe der Uni eröffnet worden: Das Quartier Latin und das Rubpub. In der Innenstadt war mittlerweile neben dem Club am Hellweg das Oblomov eröffnet worden. Es wurde vor allem von politisierten Studenten besucht, die keine Lust mehr auf das Universitätsviertel hatten, das in den 60er Jahren rund um die Uni mit dem Charme ostdeutscher Plattenbausiedlungen errichtet worden war.
Zu einem weiteren Anziehungspunkt in der Innenstadt war dann 1977 das Mandragora geworden. Es führte in Deutschland eine Neuerung auf den Speisekarten ein: Crêpes. Sie traten ihren Siegeszug durch die Republik von Bochum aus an. „Damals gab es keine Crêpes in Deutschland, und nach dem Erfolg im Mandragora nahmen viele andere Kneipen Crêpes auf die Speisekarte.“ Und Leo Bauer versorgte als Importeur für Crêpe-Equipment die anderen Gastronomen im ganzen Land mit der notwendigen Ausstattung.
Dass mit dem Mandragora die Keimzelle des Bermudadreiecks entstanden war konnte damals allerdings noch niemand ahnen, denn hier wurde die das B3E später prägende Außengastronomie erfunden.(Hierzu mehr in einem späteren Kapitel.) Genauso wenig konnte sich jemand zu diesem Zeitpunkt vorstellen, dass Herbert Grönemeyer, der dort auftrat, zum internationalen Film und Gesangsstar werden würde. Oder das gut 20 Jahre später eine andere Karriere im „Mandra“ beginnen würde. 1996 trat der heutige Teenagerschwarm Sasha dort auf, nachdem er im Biercafé reüssiert hatte. Er war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch Sänger des Duos Hin und Hair Schmitz.
Mehr zu dem Thema:
Teil 1: Die B3E-Story – oder wie das Bochumer Szeneviertel namens Bermudadreieck entstanden ist
Teil 2: Die B3E-Story 2: Entstanden aus dem Nichts?
Teil 3: Die B3E-Story Teil 3- Vom proletarischen Moltkeviertel zur Bochumer Studentenbewegung
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