Wie schon erwähnt hatte Leo Bauer 1969 zusammen mit seinem Partner Ulrich Heerde schon 1969 seine erste GmbH gegründet, um dem Club Liberitas nicht nur eine Schankkonzession sondern dem Ganzen auch eine finanzielle Ordnung zu geben. Etwas zunächst Chaotisches auf sichere Füße zu stellen und dies stabil zu halten, war von Anfang an das große Talent des jungen Betriebswirts und gelernten Bankkaufmanns. Durch seine berufliche Erfahrung brachte er zugleich Theorie und Praxis in positiver Weise zusammen.
Bauer brachte das ins Team ein, was seinen häufig eher künstlerisch oder einfach nur alternativ gesinnten Freunden meistens fehlte: Realismus und ständige Kontrolle der Ausgaben und Einnahmen. „Das BWL-Studium“, so Bauer heute, „hat mir aber geholfen, viele Anfängerfehler zu vermeiden und ein vernünftig geführtes Unternehmen aufzubauen.“ Der Betriebswirt war ständig auf der Hut, behielt die Lage im Griff und versuchte, Fehler, wenn möglich, von vornherein zu vermeiden.
Das entsprach – bei aller unverhohlenen Zuneigung zu kreativen und ungewöhnlichen Menschen in seiner Umgebung – auch eher seinen ganz persönlichen Charakterzügen. Seine Durchsetzungsmethode war dabei weniger der elegante, öffentliche Auftritt vor Publikum, sondern das unmittelbare Gespräch, die persönliche und notfalls auch harte Auseinandersetzung hinter verschlossenen Türen und das, was man heute vornehm „Netzwerkarbeit“ nennt und früher treffender „Strippenziehen“ hieß.
Die dazu notwendige Härte und Selbstdisziplin war seinen Partnern trotz freundschaftlicher Beziehung und Verbundenheit häufig nicht gegeben, und so blieb nicht nur bei seiner ersten GmbH, „Club Liberitas – Gesellschaft zur Förderung kultureller Veranstaltungen“ zum guten Schluss nur er selbst und die Institution über. Egon Mai trennte sich und übernahm das Café de Paris am Nordring, nannte es in Punkt um. Es wurde schnell zur Kifferhochburg und verschwand innerhalb kurzer Zeit samt Wirt von der Bildfläche.
Die Gaststätte im Handelshof galt als herunter gekommenes Lokal. Der Eigentümer des Hauses, die Stadt Bochum, wünschte sich dort endlich wieder ein gutbürgerliches Restaurant in ihren Räumen. Bauer hatte Interesse an dem Lokal, wusste jedoch, dass er keine Chance hatte, den Betrieb zu bekommen. Liselotte Schrecker, die Wirtin des damals bekannten Lokals Hufeisen, wurde von Bauer und Epi mehr oder weniger die Rolle des Aushängeschilds zugedacht, denn Leo Bauer und Epi wollten natürlich kein gutbürgerliches Restaurant eröffnen, was Schrecker klar war.
Die Idee war, den alten Club Liberitas an einen neuen und von der Lage her für Musik- und Kulturveranstaltungen weniger durch Wohnnachbarn gestörten Ort zu verlegen, der zugleich zentraler in der Stadt lag. Der Name des neuen Lokals sollte Treffpunkt werden. Der Grund für den neuen Namen: Seit den 50er Jahren prangte an der Fassade eine Leuchtreklame mit dem Schriftzug „Treffpunkt Bochum“. Aufwendige und teure Werbung konnte sich das Trio so sparen.
Zum Auseinanderbrechen des Dreierteams kam es, als Leo Bauer im Jahre 1972 auf Grund eines schweren Autounfalls für mehrere Monate ins Krankenhaus musste. Das organisierende und vermittelnde Medium zwischen der resoluten und älteren Wirtin Schrecker und dem freakigen Lebenskünstler Epi war nicht präsent und die Gegensätze konnten unmittelbar aufeinander prallen. Als Leo Bauer aus dem Krankenhaus kam, waren Epi und Liselotte völlig zerstritten, und der Laden stand kurz vor dem Aus. Bauer entschloss sich, nun auch die neue GmbH zu übernehmen und alleine weiter zu steuern.
Epi eröffnete kurz darauf zusammen mit seiner Freundin Renate das legendäre Kleine Café in der Brüderstraße und avancierte zum indisch angehauchten Guru der aufkeimenden Hippieszene. Später verfolgte er seinen alten Kunsthandwerkertraum und gründete zusätzlich eine kleine, aber feine Firma, in der er anspruchsvolles Holz-Kinderspielzeug entwarf und herstellte. Sein Berater, Vertriebsmanager und spiritueller Schüler wurde kein geringerer als der ältere Bruder des heutigen Popstars und damaligen Jungkünstlers Herbert Grönemeyer, Wilhelm. Epi brachte es in späteren Jahren unter dem Namen Balavat innerhalb der Kunstszene zu einem gewissen Ruhm und verlegte später seinen Wohnsitz nach Berlin wo er heute noch künstlerisch tätig ist.
Der Treffpunkt brummte wieder, genau wie der Club am Hellweg. Nun wurde umfirmiert: Die alte Club Liberitas GmbH wurde 1972 zur Heba Konzert GmbH. 1974 eröffnete Leo Bauer auch noch das Kabaukum im Universitätsviertel.
Seine weitere Expansionsstrategie bezog sich jedoch von da an nicht nur auf das Engelbertviertel. Im Universitätsviertel eröffnete er 1981 das Le Clochard und 1984 übernahm er das den herunter gekommenen Backofen und wandelte ihn zum Filou um. Im selben Jahr baute Leo Bauer den ehemaligen Ticketshop des Schauspielhauses an der Ecke des Handelshofes zur Viktoriastraße hin zum Treibhaus um und nimmt so zusammen mit dem Mandragora die gesamte Front des Hauses zum Konrad-Adenauer-Platz ein.1989 wandelte er das von ihm 1981 eröffnete Grannys Rockcafé an der Ferdinandstraße zum Café Ferdinand um.
Den wichtigsten ökonomischen Schritt jedoch macht Leo Bauer, als er sich zwei Jahre zuvor den Standort am Konrad-Adenauer-Platz auch als Immobilie sicherte. Im Jahre 1987 erwarb er das Gebäude des Handelshofes, das seit dieser Zeit auf Grund der kommenden gastronomischen Entwicklung des Bermudadreiecks nicht nur eine enorme Wertsteigerung erfahren hat, sondern auch als Vermietungsobjekt reichlich Früchte trägt. Etliche, szenenahe Bochumer Unternehmen haben, wie z.B. die Bochum Total Veranstalter Cooltour, bis heute dort ihre Büros. Die Tatsache allerdings, dass Leo Bauer davor und danach kein großes Interesse mehr an einer weiteren Ausdehnung seiner Gastronomiebetriebe im Engelbertviertel selbst zeigte, machte sich nicht nur Alex Schüler und seine Logos-Partner zu nutze.
Was jedoch alle Pioniere des Bermudadreiecks mittlerweile begriffen hatten war, dass die eigene Immobilie die beste Sicherheit vor Mietsteigerungen für das dort inittierte und umgesetzte Gewerbe war. Die Grundstückseigentümer im ehemaligen Engelbertviertel hatten nämlich schon länger begriffen, dass die neuen, vor allem gastronomisch orientierten, Mieter ihre Umsätze und damit in der Mehrzahl auch ihre Gewinne permanent erhöhten und wollten ihren Teil an diesem zunehmenden wirtschaftlichen Erfolg haben.
Das genau, was schon Karl Marx als Monpolrente bezeichnet hatte und was bis heute nichts anderes bedeutet, als dass letztlich die besondere Nutzungslage im Stadtgebiet die Höhe der Miete bestimmt, konnte von den neuen und immer selbstbewusster werdenden Junginvestoren letztlich nur durch die Einheit von Immobilien- und Gewerbebesitz unterlaufen werden.Eine Strategie die auch die Logos-Leute zunehmend beherrschten, ja die jenseits der Gastronomie das Geschäft mit Immobilien zu einem wichtigen Teil ihrer ökonomischen Entwicklungskonzeption werden ließ.
Mehr zu dem Thema:
Teil 1: Die B3E-Story – oder wie das Bochumer Szeneviertel namens Bermudadreieck entstanden ist
Teil 2: Die B3E-Story 2: Entstanden aus dem Nichts?
Teil 3: Die B3E-Story Teil 3- Vom proletarischen Moltkeviertel zur Bochumer Studentenbewegung
Teil 6: Die B3E-Story 6 – Vom Club Liberitas zum Mandragora
Teil 7: Die B3E-Story Teil 7: Vom Appel zum Sachs
Teil 8: Die B3E-Story 8 – Die 80ger Jahre und die Entstehung der Szenemagazine
Teil 9: Die B3E Story 9 – Die Rolle der Bochumer Stadtverwaltung
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